OLG Dresden – Az.: 9 U 186/17 – Urteil vom 02.10.2018
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 22.12.2016, Az.: 41 HK O 117/13, wird zurückgewiesen.
II. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin der Klägerin trägt die Beklagte. Die Streithelferin der Beklagten trägt ihre Kosten selbst.
IV. Das Urteil des Landgerichts und das Urteil des Senats sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des für die jeweilige Gläubigerin aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Gläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss: Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf bis 400.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt Kostenvorschuss zur Beseitigung behaupteter Mängel an Dach- und Fassadenarbeiten, welche die Beklagte in ihrem Auftrag als Nachunternehmerin ausgeführt hat, und Feststellung einer weitergehenden Schadensersatzpflicht.
Im Mai 2011 wurde die Klägerin als Generalunternehmerin von der auf ihrer Seite dem Rechtsstreit beigetretenen Streithelferin mit dem Neubau einer Lagerhalle samt Verwaltung in R. beauftragt. Mit Nachunternehmervertrag vom 01.08.2011 beauftragte die Klägerin die Beklagte mit der Erbringung von Dach- und Fassadenarbeiten zum Preis von 745.726,06 EUR, die ihrerseits die auf ihrer Seite dem Rechtsstreit beigetretene Streithelferin verpflichtete.
Nachdem die Klägerin die Leistungen der Beklagten im Mai 2012 abgenommen hatte, rügte sie beginnend ab 04.03.2013 zahlreiche Mängel, deren Beseitigung die Beklagte ablehnte.
Das Landgericht hat auf der Grundlage des zwischen den Parteien geführten selbstständigen Beweisverfahrens, Az.: 41 HK OH 1/13, die behaupteten Mängel durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. T. I. begutachten lassen. Ausweislich seines schriftlichen Gutachtens vom 19.02.2015 fallen für die Beseitigung der Mängel einschließlich Planung und Überwachung Kosten in Höhe eines Betrages von insgesamt 190.100,00 EUR netto an, den die Klägerin als Kostenvorschuss verlangt. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle darüber hinausgehenden Aufwendungen und Kosten zu ersetzen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Mit Urteil vom 22.12.2016 hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Nachdem die Beklagte der Aufforderung der Klägerin zur Beseitigung der von ihr im Rechtsstreit bewiesenen Mängel innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist nicht nachgekommen sei, könne die Klägerin die Mängel auf Kosten der Beklagten beseitigen lassen und hierfür einen Kostenvorschuss verlangen, § 13 VOB/B i.V.m. § 637 Abs. 3 BGB. Darüber hinaus habe die Beklagte alle weiteren Aufwendungen und Kosten der Mangelbeseitigung sowie alle Mangelfolgeschäden zu ersetzen, da die Beklagte nicht dargelegt habe, dass sie kein Verschulden treffe. Das unstreitig abgenommene Werk der Beklagten habe die von der Klägerin unter Nr. 1 bis 7, 9, 10, 12, 14 bis 17 beschriebenen Mängel aufgewiesen, welche die Beklagte nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist beseitigt habe. Die Mängel stellten entweder eine Abweichung von der klägerseits genehmigten und zum Maßstab des Bausolls gemachten Werkplanung der Beklagten dar und/oder verstießen gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Eine Vereinbarung zur Abänderung der ursprünglich erstellten Detailplanung in den vom Sachverständigen festgestellten abweichenden Punkten habe die Beklagte nicht behauptet.
Hiergegen wenden sich die Beklagte und ihre Streithelferin mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Zur Begründung führen sie unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags im Wesentlichen aus, zu jedem der behaupteten und vom Sachverständigen festgestellten Mängel sei vereinbart worden, dass die Arbeiten so wie erfolgt ausgeführt werden sollten. Nachdem eine Decke im Rohbau eingestürzt sei, habe der Zeuge und Bauleiter der Klägerin K. vor Ort Änderungen angewiesen, um beschleunigt weiterarbeiten zu können. Hierdurch und durch die Abnahme und rügelose Zahlung sei das durch die ursprüngliche Detail- und Ausführungsplanung festgelegte Bausoll abgeändert worden. Im Übrigen sei die Beklagte mit erstmals in zweiter Instanz vorgelegtem Schreiben vom 07.06.2013 (Bl. 228 dA) im Einzelnen auf die Mängelanzeigen der Klägerin eingegangen und habe eine teilweise Überarbeitung angeboten.
Jedenfalls stehe der Klageforderung entgegen, dass die Klägerin den im Wege der Zwangsvollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts erlangten Betrag bislang nicht zur Beseitigung der behaupteten Mängel verwendet hat und daher nun den Vorschuss zurückzahlen müsse. Dieser Rückforderungsanspruch könne der Klageforderung im Wege des „dolo-agit“-Einwandes entgegen gehalten werden. Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit diesem Anspruch, weiter hilfsweise macht sie ihn widerklagend geltend.
Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen, das Urteil des Landgerichts Dresden vom 22.12.2016, Az.: 41 HK O 117/13, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Ferner beantragt die Beklagte im Wege der Hilfswiderklage, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 212.143,97 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2017 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Hilfswiderklage abzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend zum erstinstanzlichen Vortrag aus, sie habe die streitgegenständlichen Mängel bei Abnahme nicht gekannt. Auch wenn die bis zum 07.06.2013 gesetzte Frist zur Beseitigung des Mangels Nr. 1 „Wärmebrücken/Dachabdichtung“ nicht angemessen gewesen wäre, sei durch die Mangelbeseitigungsaufforderung vom 22.05.2013 eine angemessene Frist in Lauf gesetzt worden. Der Vortrag zu angeblichen Änderungsanordnungen der Beklagten sei unsubstantiiert. Jedenfalls habe es die Beklagte versäumt, ihrer Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht aus § 13 Abs. 3, § 4 Abs. 3 VOB/B nachzukommen. Der von der Beklagten der Klageforderung entgegengehaltene bzw. zur Aufrechnung gestellte Rückzahlungsanspruch bestehe nicht, da der Vorschuss noch nicht hätte eingesetzt werden müssen. Daher sei auch die Widerklage abzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben zu der Behauptung der Beklagten, die konkrete Ausführung beruhe auf Änderungsvorgaben der Klägerin, durch Vernehmung der Zeugen H., J., Hxx, K. und S..
In der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2018 haben die Parteien und die Streithelferin der Beklagten ihre Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen. Hinsichtlich der Einvernahme der Zeugen durch den Senat wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2018 verwiesen.
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet (unten 1). Gleiches gilt für die erstmals in zweiter Instanz erhobene Hilfswiderklage (unten 2).
1.
Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht antragsgemäß zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von insgesamt 190.100,00 EUR verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, darüber hinausgehende Aufwendungen und Kosten der Mangelbeseitigung sowie alle Mangelfolgeschäden zu erstatten.
a)
Nachdem die Beklagte der Aufforderung der Klägerin zur Beseitigung der von ihr im Rechtsstreit bewiesenen Mängel innerhalb angemessener Frist nicht nachgekommen ist, kann die Klägerin die Mängel gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B beseitigen lassen und hierfür entsprechend § 637 Abs. 5 BGB einen Kostenvorschuss verlangen.
Die Leistungen der Beklagten weisen die vom Landgericht festgestellten Mängel auf (unten aa). Dem Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Beseitigung dieser Mängel in der vom Sachverständigen in Ansatz gebrachten, erstinstanzlich zugesprochenen Höhe von 190.100,00 EUR steht weder entgegen, dass die Klägerin die Arbeiten der Beklagten abgenommen und Zahlungen geleistet hat, ohne zunächst die Mängel zu rügen, noch, dass die der Beklagten gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung kurz war und die Beklagte mit Schreiben vom 07.03.2013 teilweise Überarbeitung angeboten hat (unten bb). Ebensowenig steht ihm eine Einrede entgegen oder ist er durch Aufrechnung erloschen (unten cc).
aa)
Die Feststellungen des Landgerichts zu den einzelnen Mängeln sind nicht zu beanstanden. Die Werkleistung der Beklagten weist die vom Landgericht festgestellten Mängel auf, da die als Mangel Nr. 1 bis 7, 9, 10, 12, 14 bis 17 gerügten Leistungen nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen und/oder Verstöße gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik vorliegen, § 13 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 2 VOB/B.
(1)
Die von der Beklagten erstellte und von der Klägerin freigegebene Detailplanung bestimmt das Bausoll. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht bewiesen, dass die Parteien den Nachunternehmervertrag hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Planung abgeändert haben.
(a)
Dabei geht der Senat mit der Beklagten davon aus, dass der Zeuge K. als Bauleiter der Klägerin grundsätzlich bevollmächtigt war, ein rechtsgeschäftliches Angebot zur Änderung des Vertrages abzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2002, Az.: VII ZR 103/00 – juris). Dies ergibt sich aus der Regelung unter Ziffer 12 des Nachunternehmer-Verhandlungsprotokolls, ausweislich derer „Ansprechpartner beim HU für alle vertragsrelevanten Erklärungen … Herr K.“ war und wird auch von der Klägerin, die lediglich die Behauptung konkreter Änderungsanordnungen als unsubstantiiert bemängelt und inhaltlich bestreitet, nicht in Abrede gestellt. Damit konnte der Inhalt der Gespräche nicht dahingestellt bleiben und war die Einvernahme der Zeugen geboten.
(b)
Allerdings konnte sich der Senat von den behaupteten Änderungsvereinbarungen nicht überzeugen. Soweit die Aussagen der vernommenen Zeugen überhaupt inhaltlich ergiebig waren und die Behauptung der Beklagten zu auf der Baustelle erteilten Anordnungen betrafen, verblieben doch unabhängig von der Glaubwürdigkeit der Zeugen Zweifel; diese gehen zu Lasten der beweisbelasteten Beklagten.
(aa)
Der Zeuge H. hat ausgeführt, der Bauleiter der Klägerin, der Zeuge K., habe die nicht der Planung entsprechende Anbringung von Kappleisten genehmigt, da in der vorgefundenen Situation, in der die Schmetterlinge noch nicht befestigt waren, eine Fixierung der Abdichtungsfolie nur so sinnvoll möglich gewesen sei. Auch der Zeuge J. hat bestätigt, dass der Zeuge K. dem Vorschlag des Zeugen H., Kappleisten zur Fixierung der Dachfolie anzubringen, zugestimmt habe. Gleiches bestätigte der Zeuge Hxx.
Auf dieser Grundlage geht der Senat davon aus, dass es durchaus Gespräche auf der Baustelle gab, die auch das Dach betrafen. Allerdings wird darin – auch aus der insoweit maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers – nicht ohne Weiteres eine Anweisung bzw. eine Vereinbarung zu sehen sein, die von dem Willen getragen und damit geeignet war, eine abgestimmte Planung zu ändern. Vielmehr hätte es nahe gelegen, ja musste sich allen Beteiligten gleichsam aufdrängen, derartige Änderungen zu dokumentieren, sei es durch Protokollierung der Abreden, sei es durch Einzeichnung in die auf der Baustelle vorliegende Werkplanung. Dies gilt umso mehr, als alle Beteiligten wussten, dass ausweislich der Vertragskette die Klägerin ihrerseits der Generalunternehmerin und diese wiederum der Bauherrin gegenüber verpflichtet war. Einer von der Beklagten behaupteten mündlichen Erklärung des Bauleiters auf der Baustelle ist bereits auch aus Empfängersicht ein derart weitreichender Erklärungsgehalt kaum beizumessen.
Dass dies im vorliegenden Fall anders gewesen ist, konnte die Beklagte nicht beweisen. Auch wenn die Zeugen H., J. und Hxx davon ausgegangen sind, dass der Zeuge K. vor Ort auf dem Dach des neu errichteten Gebäudes mit der vorgeschlagenen Ausführung einverstanden war, lässt dies doch nicht den Rückschluss zu, dass hierdurch das vertraglich vereinbarte Bausoll neu definiert wurde. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Teilnehmer der Gespräche das hierfür erforderliche Bewusstsein hatten, rechtlich verbindliche Erklärungen abzugeben und eine bestehende vertragliche Vereinbarung abzuändern. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass eine vor Ort abgesprochene Lösung auch aus Sicht der Parteien nicht in die abgestimmte Planung eingreifen sollte. Dies belegt nicht zuletzt auch die Aussage des Zeugen K., es hätte ihm fern gelegen, die während seines Urlaubs freigegebenen Pläne eigenmächtig abzuändern, und ihm sei im Übrigen nicht bewusst gewesen, dass das Anbringen von Kappleisten eine Abweichung von den Plänen dargestellt hätte. Dem widerspricht nicht, dass er, wie der Zeuge S. ausgeführt hat, später gegenüber der Bauherrin die Art der Ausführung als einzig sinnvoll dargestellt hat. Nachdem wie geschehen (planwidrig) ausgeführt wurde, lässt die spätere Verteidigung gegenüber dem eigenen Vertragspartner nicht den Rückschluss auf eine im Vorfeld getroffene, die Planung abändernde Absprache zu.
Dies gilt auch für die von der Klägerin vorgelegten Bautagebücher, in denen sich diesbezügliche Festlegungen an keiner Stelle finden. Soweit die Beklagte meint, die Protokolle seien nicht vollständig, hat der Zeuge K. nachvollziehbar dargelegt, eine zeitliche Lücke beruhe darauf, dass witterungsbedingt über längere Zeit keine Arbeiten ausgeführt werden konnten. Jedenfalls könnte der Senat aus einer – zugunsten der Beklagten unterstellten – unvollständigen Vorlage nicht im Wege der ihm obliegenden freien Beweiswürdigung schließen, dass die von der Beklagten behaupteten Absprachen in den nicht vorgelegten Protokollen dokumentiert wären.
(bb)
Auch weitere Absprachen haben die Zeugen nicht bestätigt.
Im Übrigen widersprechen schon die zeitlichen Abläufe dem Vortrag, die Klägerin habe angewiesen, das Dach ohne Gefälle auszuführen. Entgegen dem vom Zeugen J. gefertigten Vermerk kann dies (rechtlich verbindlich) nicht am 02.08.2011 geschehen sein, da die Freigabe der Werkplanung Ende September 2011, also zeitlich später, erfolgt ist. Eine mündlich getroffene Vereinbarung wäre jedenfalls durch die spätere Werkplanung überholt.
(cc)
Ebensowenig lassen die Freigabe der Schlussrechnung durch den Zeugen K., die anschließende Zahlung und die vorbehaltlose Abnahme den Rückschluss zu, dass das Bausoll einvernehmlich abgeändert wurde. Insbesondere liegt in der Freigabe, der Bezahlung und der Abnahme weder eine den Vertragsinhalt abändernde Erklärung, noch die Anerkennung der Mangelfreiheit.
(2) Die Werkleistung der Beklagten weist die vom Landgericht festgestellten Mängel auf. Eine Vielzahl der Mängel beruht auf einem Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik und zugleich auf einer Abweichung von der ursprünglichen Detailplanung, andere nur auf einer Abweichung von der Planung, wieder andere auf Fehlleistungen bei der Ausführung. In allen Fällen ist die Leistung mangelhaft im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 2 VOB/B, und zwar auch, soweit der Beklagten lediglich ein Abweichen von der Planung vorzuhalten ist, unabhängig davon, ob die Abweichung objektiv ohne Nachteil für die vertraglich vorausgesetzte Vertragstauglichkeit ist (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Auflage, § 13 Abs. 1 Rn. 64f).
Wegen der einzelnen Mängel wird auf die zutreffenden und vollständigen, den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindenden Feststellungen des Landgerichts verwiesen. Hinsichtlich des Vorbringens in der zweiten Instanz wird wie folgt ergänzt:
Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass die bei Begutachtung des Mangels Nr. 1 festgestellte Perforierung der Dichtungsbahn, die auf die Befestigung der Schmetterlinge zurückgeht, einen Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik darstellt, § 13 Abs. 1 VOB/B. Dies hat der Sachverständige wiederholt und nachvollziehbar auf Seite 31 und Seite 19 seines Gutachtens dargelegt und in der mündlichen Anhörung vor dem Landgericht erneut bestätigt (Protokoll vom 09.12.2015, dort S. 3). Die Behauptung der Beklagten, die Befestigung der Schmetterlinge und die damit verbundene Perforierung der Dichtungsbahn habe der Sachverständige für zulässig gehalten, ist unzutreffend. Darüber hinaus weicht die Ausführung von der Planung und damit der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit ab, da die vorgesehene Dämmung und Dämmstoffkeile nicht aufgebracht wurden.
Entgegen der Berufung hat der Sachverständige zu Mangel Nr. 2 weder im schriftlichen Gutachten noch in seiner Anhörung (vgl. Protokoll S. 4, Bl. 266R dA) festgestellt, dass der Mindestabstand von durchgehend 30 cm, gemessen ab Kante des Dichtungsflansches, vorhanden gewesen sei. Er hat im Gegenteil eingeschätzt, „dass diese Mindestabstände zumindest teilweise nicht eingehalten sind“. Auch im Übrigen ist nichts gegen die schlüssige, auf dem Sachverständigengutachten basierende Feststellung im Urteil des Landgerichts, die Ausführung der Abdichtungsanschlüsse insbesondere an den Übergängen zu den Eckprofilen der Fassade verstoße gegen die allgemein erkannten Regeln der Technik, einzuwenden. Hinzu kommen die Abweichungen von der Planung.
Auch zu Mangel Nr. 3 hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die tatsächliche Ausführung von der Planung abweicht. Abändernde Vereinbarungen hat die Beklagte nicht bewiesen.
Gleiches gilt für Mangel Nr. 4. Auch hier wurde in mangelbegründender Weise von der Planung abgewichen.
Zu Mangel Nr. 5 hat das Landgericht, dem Sachverständigen folgend und von der Berufung nicht angegriffen, keine gesonderten Mängelbeseitigungskosten ausgewiesen, sondern auf die Kostenkalkulation für Mangel 1 bis 3 verwiesen.
Dies gilt auch für Mangel Nr. 6. Die zur Beseitigung dieses auf einem Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik beruhenden Mangels erforderlichen Maßnahmen sind in den vom Sachverständigen zu den Mängeln Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 ausgewiesenen Beseitigungsmaßnahmen enthalten.
Zu Mangel Nr. 7 beruft sich die Beklagte darauf, dass die Klägerin den von ihr erstellten Rohbau entgegen der ursprünglichen Planung ohne Gefälle erstellt habe und aufgrund ausdrücklicher Anweisung des Bauleiters K. eine Gefälledämmung nicht geschuldet gewesen sei. Dies steht ihrer Haftung jedoch nicht entgegen. Die freigegebene Werkplanung sah ein Gefälle von 2 % vor, das grundsätzlich schon bei dem von der Klägerin herzustellenden Betondach auszubilden war, ggf. aber – bei unzureichendem Gefälle des Betondachs – von der Beklagten durch eine entsprechende Gefälledämmung hergestellt werden konnte und musste. Auch wenn die Position Gefälledämmung nur als Eventualposition vereinbart worden war und es der Klägerin oblegen hätte, diese Position zu aktivieren, traf doch jedenfalls die Beklagte als Fachunternehmerin die Pflicht, die Klägerin auf die Erforderlichkeit der Aufbringung einer Gefälledämmung hinzuweisen, sei es wegen der gefällefreien und damit mangelhaften Vorarbeiten der Klägerin, sei es wegen einer behaupteten Anweisung des Bauleiters K., die Dämmung ohne Gefälle und damit entgegen den anerkannten Regeln der Technik auszuführen, § 4 Abs. 3 VOB/B. Wegen dieses Verstoßes gegen die ihr obliegende Hinweispflicht wäre auch eine behauptete Planänderung, die ohnehin von der ihr zeitlich nachfolgenden Detailplanung überholt worden wäre, nicht geeignet, die Beklagte von ihrer Haftung zu entbinden.
Die auch aus der Sicht des Senats zutreffende Feststellung des Landgerichts zu Mangel Nr. 9, die seitlichen Anschlüsse der Außenfensterbank zur Fassade seien mangels seitlicher Aufkantung der Abdeckung oder hochgeführter Abdichtung nicht entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik ausgeführt worden, greift die Berufung nicht an.
Gleiches gilt für die Feststellungen zu Mangel Nr. 10, der Knick im Fassadenelement stelle als optische Beeinträchtigung einen Mangel dar.
Hinsichtlich Mangel Nr. 12 verkennt die Berufung, dass die Beklagte die für ein einheitliches Erscheinungsbild erforderliche Herstellung optisch gleichartiger Stoßbereiche schuldet.
Mit der als Mangel Nr. 14 gerügten Verschmierung der Ränder der Befestigungspunkte der Dachabdichtung an den Brandwandabschnitten über dem Lichthof mit elastoplastischem Dichtstoff hat die Beklagte nach Einschätzung des Sachverständigen, die das Landgericht zu Recht geteilt hat, gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen.
Die ebensowenig zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts zu Mangel Nr. 15, Mangel Nr. 16 und Mangel Nr. 17 werden von der Berufung nicht angegriffen.
bb)
Der Einwand der Beklagten, die Klägerin könne Ansprüche nicht geltend machen, da sie die Mängel, insbesondere die von der ursprünglichen Planung abweichende Ausführung, gekannt und in deren Kenntnis die Abnahme erklärt sowie rügelos gezahlt habe, verfängt nicht. Dass und inwieweit der Klägerin im Zeitpunkt der Abnahme oder der vorbehaltlosen Zahlung die streitgegenständlichen Mängel positiv bekannt waren, ist weder ersichtlich, noch wird solches von der Beklagten substantiiert behauptet.
Ebensowenig steht die Kürze der Frist, die der Beklagten zur Mangelbeseitigung gesetzt wurde, dem Anspruch der Klägerin entgegen. Die Aufforderung im Schreiben vom 22.05.2013 (vgl. Anlage K4), die im Einzelnen aufgelisteten Mängel bis 07.06.2013 zu beseitigen, wäre selbst bei zu kurz gesetzter Frist nicht etwa unwirksam, sondern hätte allenfalls eine angemessene Frist in Gang gesetzt und ist erfolglos geblieben. Die Beklagte bestreitet noch heute das Vorliegen von Mängeln, so dass es auf das in zweiter Instanz erstmals vorgelegte Verhandlungsangebot vom 07.06.2013 hinsichtlich einzelner Mängel nach nunmehr über fünf Jahren nicht mehr entscheidend ankommt.
cc) Dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Kostenvorschusses steht kein Rückzahlungsanspruch der Beklagten entgegen, den sie der Klägerin als „dolo-agit“-Einrede oder im Wege der hilfsweise erklärten Aufrechnung entgegenhalten könnte.
Es ist zwar richtig, dass nach Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung ein Rückforderungsanspruch entsteht, wenn der Auftraggeber die Mängelbeseitigung nicht binnen angemessener Frist durchgeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.2010, Az.: VII ZR 108/08 – juris). Gegen diese Pflicht hat die Klägerin indes (bislang) nicht verstoßen, so dass jedenfalls derzeit kein Rückforderungsanspruch der Beklagten besteht. Die Klägerin hat den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag lediglich im Wege der Vollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts erlangt; dies führte nicht zur Erfüllung des Vorschussanspruchs und damit auch nicht zur endgültigen Befriedigung der Klägerin (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.1983, Az.: VIII ZR 315/81 – juris). Es ist nicht pflichtwidrig, wenn sie den Betrag noch nicht für die Beseitigung von Mängeln einsetzt, steht doch noch nicht rechtskräftig fest, ob die Beklagte tatsächlich für die Beseitigung der Mängel aufzukommen hat oder ob der Vorschuss aufgrund einer Klageabweisung in zweiter oder dritter Instanz zurückgezahlt werden muss. Anderenfalls wäre die Klägerin gezwungen, Mängel (auch z. B. rein optische Beeinträchtigungen) beseitigen zu lassen, obgleich sie diese ohne Erstattungsansprüche gegen die Beklagte nicht hätte beseitigen lassen.
b)
Zutreffend hat das Landgericht unter Ziffer 2 des Tenors des angegriffenen Urteils festgestellt, dass die Beklagte auch diejenigen Aufwendungen und Kosten zu ersetzen hat, welche über den Betrag von 190.100,00 EUR netto hinaus erforderlich werden, um die im selbstständigen Beweisverfahren mit eingeholtem Gutachten festgestellten Mängel am streitigen Objekt zu beseitigen.
Diese Haftung umfasst auch die unter Ziffer 3 des Tenors des angegriffenen Urteils festgestellte Verpflichtung zur Erstattung aller Mangelfolgeschäden, die der Klägerin aus einer Inanspruchnahme durch die Streithelferin auf Erstattung von Folgeschäden der Arbeiten zur Mängelbeseitigung entstehen.
2.
Die Hilfswiderklage ist zulässig, aber unbegründet.
a)
Die erstmals in zweiter Instanz erhobene Widerklage ist gemäß § 533 ZPO zulässig, da sie sachdienlich war und auf Tatsachen gestützt werden kann, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen hat.
b)
Wie bereits unter 1. a) cc) dargelegt steht der Beklagten jedoch derzeit kein Anspruch auf Rückzahlung des durch Zwangsvollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil des Landgerichts erlangten Betrages zu.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO war das Urteil ohne Sicherheitsleistung, jedoch mit Abwendungsbefugnis der Beklagten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Gründe, die es nach § 543 Abs. 2 ZPO erfordert hätten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Im Hinblick darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Die Festsetzung des Wertes des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 3, 39 Abs. 1 GKG. Die erstmals in zweiter Instanz hilfsweise erklärte Aufrechnung erhöhte den Streitwert gemäß § 45 Abs. 3 GKG, die Hilfswiderklage erhöhte den Wert hingegen nicht, da sie den denselben Gegenstand wie den der auch die Aufrechnung umfassenden Klage betraf, § 45 Abs. 1 S. 3 GKG.