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VOB-Vertrag – Wann ist Werk mangelhaft?

LG Potsdam – Az.: 6 O 422/16 – Urteil vom 01.06.2018

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 22.870,36 € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2016.

2. Die Beklagten tragen die durch die Beauftragung des Gerichtsgutachters K entstandenen Kosten als Gesamtschuldner. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu einem Fünftel und die Beklagten als Gesamtschuldner zu vier Fünfteln.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

4. Der Streitwert wird abschließend festgesetzt auf 29.400,00 €.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von den Beklagten Vorschuss zur Mangelbeseitigung hinsichtlich von Estricharbeiten in seinem Haus in Caputh.

Mit VOB/B-Bauvertrag vom 21. August 2015 verpflichtete sich die Beklagte zu 1, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2 ist, zur Leistung von Estricharbeiten. Gegenstand war insbesondere die Verlegung von Designestrich. Als Estrichgüte war vereinbart „Designfloor Spezial anthrazit sandhell seidenmatt Sieblinie 0-2 mm“. Im Ergänzungsschreiben vom 7. September 2015 heißt es unter Punkt 8.: „Auf die Problematik der Lage der Lüftungsauslässe im Wohnzimmer sowie der zum Teil zu hohen Rohrverlegung im Bereich Küche und der damit verbundenen Gefahr der Rissbildung dort wurde der Bauherr hingewiesen. Der Bauherr trägt das Risiko.“

Die Beklagte zu 1 (einheitlich: die Beklagte) führte die Leistungen im Spätsommer und Herbst 2015 aus. Der Kläger verweigerte die Abnahme wegen Mängeln: Der Estrich habe eine Vielzahl von rauen und farblich abweichenden Flächen und Stellen aufgewiesen. Die Beklagte arbeitete von Ende Februar 2016 bis Anfang April 2016 nach. Mit Schreiben vom 13. April 2016 erklärte der Kläger, die Estricharbeiten im Erdgeschoss auch nach den Nacharbeiten nicht abnehmen zu können, da sie an zahlreichen – näher bezeichneten – Stellen Mängel aufwiesen, namentlich raue und farblich abweichende Flächen und Stellen. Er bat um Mitteilung, bis wann die Beklagte die weiterhin vorhandenen Mängel am Designestrich beseitigen werde. Mit Anwaltsschreiben vom 8. Mai 2016 forderte der Kläger die Beklagte zur Mangelbeseitigung bis zum 8. Juni 2016 auf und stellte in Aussicht, den Auftrag nach Fristablauf zu entziehen. Zugleich teilte er Schäden am Haus mit, namentlich abgerissene und beschädigte Fußleisten, Risse in der Wand am Treppenauge sowie Verunreinigungen von Wänden und Ablageflächen vor den Fenstern. Mit Schreiben vom 17. Juli 2016 kündigte der Kläger den Bauvertrag in Bezug auf den Designestrich.

Der Kläger holte ein Sachverständigengutachten zu den Estricharbeiten ein, das der Sachverständige G am 12. August 2016 zu Kosten von brutto 1.780,64 € erstattete. Danach weist der Estrich erhebliche optische und technische Mängel auf, die so nicht hinnehmbar seien. Eingebaut worden sei ein Estrich mit der Sieblinie bis 8 mm. Über die gesamte Fläche seien Löcher bis einer Breite von 10 mm und einer Tiefe von 5 mm und mehr sichtbar. Der Estrich sei damit nicht, wie vertraglich zugesichert, fein geschliffen worden. Der Estrich sei nicht sachgemäß entlüftet worden und zeige deswegen eine Wellenstruktur, die auch durch Überspachteln und Abschleifen nicht beseitigt worden sei. Im Bereich der Terrassentür sei eine Senke von 12 mm sichtbar. Auf der Fläche sein deutlich drei Risse zu sehen. An den Dehnprofilen und an den Randbereichen sei der Estrich ausgebrochen. Zur Sanierung sei es erforderlich, die Oberfläche komplett abzufräsen und neu aufzubringen zu einem Kostenaufwand von brutto 20.782,16 €.

Mit Schreiben 6. September 2016 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung des Vorschusses von 20.782,16 €, der Gutachterkosten von 1.784,46 € sowie von Anwaltskosten von 1.147,87 € bis zum 20. September 2016 auf.

Für den Designestrich ist noch Werklohn in Höhe von 282,27 € offen.

Der Kläger hat zunächst als Schadensersatz die Nettoreparaturkosten abzüglich des noch offenen Werklohns gefordert, die Gutachterkosten sowie die Kosten einer Überwachung der Mangelbeseitigungsarbeiten durch einen Architekten und Nutzungsentschädigung für den Zeitraum der Reparatur. Hilfsweise hat er Vorschuss hinsichtlich einzelner Mangelbeseitigungsarbeiten nach dem Gutachten Graupner im Bruttobetrag und hinsichtlich der übrigen Schadensersatz im Nettobetrag begehrt, und auch insoweit die Gutachter- und Architektenkosten sowie Nutzungsentschädigung.

Nunmehr fordert er als Vorschuss die Bruttoreparaturkosten von 20.782,16 € abzüglich des noch offenen Werklohns der Beklagten zu 1 von 282,27 €, die Gutachterkosten G von 1.784,64 € sowie die Kosten einer Überwachung der Mangelbeseitigungsarbeiten durch einen Architekten zu 3.927 € und die voraussichtlichen Kosten einer Ersatzwohnung für anderthalb Monate zu 2.550 €. Zudem fordert er jeweils hälftige außergerichtliche Anwaltskosten, die er nunmehr bezahlt habe.

Er behauptet, die Nacharbeiten der Beklagten zu 1 hätten zwar einige raue Stellen beseitigt, nicht aber zur Herstellung eines farblich homogenen und im Übrigen einwandfreien, DIN-gerechten Designestrichs geführt. Er ist der Auffassung, es obliege vor bzw. in Ermangelung der Abnahme der Beklagten, die Ordnungsgemäßheit ihrer Leistungen nachzuweisen. Das sei ihr aber nicht möglich. Der Estrich weise vielmehr die in dem Gutachten G angeführten Mängel auf, die einen Beseitigungsaufwand wie dort angegeben erforderten. Er könne auch einen Architekten zur Bauüberwachung heranziehen zu Kosten von netto 3.300 €, da er die Arbeiten nicht selbst ausschreiben und überwachen bzw. abnehmen könne. Ein Ausschleifen der Senke, wie von den Beklagten vorgeschlagen, könne nur zu einem noch größeren Schaden führen. Auch Designestrich sei optisch homogen ohne farbliche Schattierung oder Wolkenbildung. Im Gegenteil könne er für einen Quadratmeterpreis von 150,01 €/m² besondere optische Qualität des Fußbodens erwarten. Der Lieferschein beweise nicht den Einbau des Estrichs mit einer Siebgröße bis 2 mm. Ein solcher weise auch keinen höheren Porenanteil auf. Die Risse seien 1 mm breit und nur oberflächlich verspachtelt. Sie seien nicht zurückzuführen auf die zu hohe Lage der Rohre in der Küche. Er habe diese Rohre nach dem Hinweis der Beklagten auf die erforderliche maximale Höhe absenken lassen. Im Übrigen fehle eine Bedenkenanzeige gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B. Auch bei der Treppe weise der Estrich einen Riss und nicht nur eine Narbe auf. Das Überschleifen der Dehnprofile dürfe nicht zum Abbrechen der Randbereiche führen. Auch seien diese nicht mit Silikon zu verfüllen.

Er bedürfe einer Ersatzwohnung, da das in Rede stehende Haus nunmehr sein Wohnhaus sei. Ortsüblich sei eine Monatsmiete von 10 €/m² kalt, mithin bei 170 m² Wohnfläche 1.700 € im Monat bei anzusetzenden sechs Wochen Reparaturdauer. Tatsächlich dürfte der Mietpreis höher sein, da dieser Mietpreis nur gefordert würde für langfristige Anmietungen.

Hilfsweise sei ihm auch ein Schaden im Umfang der Beseitigungskosten entstanden, da sich der zu erwartende Verkaufspreis des Hauses um genau diesen Betrag mindern würde.

Die Haftung der Beklagten zu 2 stützt er auf §§ 161 Abs. 2,128 HGB.

Den zunächst erhobenen Vorwurf der Beschädigung bzw. Verschmutzung weiterer Teile der Wohnung im Zuge der Nachbesserungsarbeiten hat der Kläger im Folgenden nicht mehr verfolgt. Ebenso wenig hat er nach der Umstellung der Klage auf Vorschuss an dem zunächst noch gestellten Antrag auf Feststellung einer weiteren Schadensersatzpflicht der Beklagten festgehalten; hilfsweise hat er ihn für erledigt erklärt.

Er beantragt mit seiner am 1. Dezember 2016 zugestellten Klage nach teilweise Erweiterung und teilweise Erledigterklärung nunmehr:

1. Die Beklagten werden wie Gesamtschuldner verurteilt, an ihn 28.761,53 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

2. die Beklagten werden weiter wie Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 585,83 € als Nebenforderung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie treten der hilfsweisen Erledigterklärung bezogen auf den ursprünglichen Feststellungsantrag entgegen. Er sei ursprünglich unzulässig gewesen, da die davon erfassten Schäden nicht klar bezeichnet seien und die bereits entstandenen Schäden beziffert werden könnten. Die Klageumstellung im Folgenden sei kein erledigendes Ereignis.

In der Sache sind sie der Auffassung, das Fehlen der Abnahme stehe der Geltendmachung von Mängelrechten überhaupt entgegen. Es bestünden auch keine Mängel, der Kläger erhebe lediglich optische Beanstandungen, die aber aus der Spezifität des Designestrichs erwüchsen. Bei diesem seien farbliche Schattierungen, Wolkenbildung und Inhomogenität normal, worauf auch im Musterungsprotokoll hingewiesen werde. Entsprechendes gelte für Poren in der Oberfläche, die mit Spachtelmasse zu verschließen der Kläger ausdrücklich nicht gewünscht habe. Es sei Estrich mit einem Größtkorn von 2 mm geliefert und eingebaut worden. Einzelne größere Körner seien hierbei zulässig. Die bemängelten Poren seien typisch für Estrich dieser Art und fänden sich so auch beim Muster. Die Entlüftung sei ordnungsgemäß erfolgt, eine Wellenstruktur sei nicht vorhanden. Die Ebenheitstoleranzen nach DIN 18202 seien eingehalten mit Ausnahme des Türbereichs, wo sie geringfügig überschritten seien; hier sei die Senke auszufräsen zu Kosten von 1.333,76 €. Der eine Riss sei geringfügig; im Übrigen sei der Kläger auf die möglichen Rissbildungen im Küchenbereich hingewiesen worden. Sie seien Folge der zum Teil zu hohen Rohrverlegung im Küchenbereich. Im Bereich der Treppe weise der Estrich eine Vernarbung, keinen Riss auf. An den Dehnfugen und an den Randdämmstreifen müsse der Estrich mit Silikon verschlossen werden; das gehöre aber nicht zum Leistungsumfang der Beklagten zu 1. Eine Teilsanierung sei möglich. Die vermeintlichen Mängel seien vorprozessual nicht unter Ablehnungsandrohung angezeigt worden.

Da der Kläger sich offenbar selbst vertritt, falle auf die Anwaltskosten keine Umsatzsteuer an.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 5. Mai 2017 in der Fassung des Beschlusses vom 7. September 2017 durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des auch persönlich angehörten Sachverständigen Dr. K . Auf sein Gutachten vom 5. November 2017 wird ebenso verwiesen wie auf das Protokoll seiner Anhörung vom 2. März 2018.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist im nunmehrigen Antrag zu 1 zulässig. Das betrifft auch die darin liegende Umstellung der Klage im Sinne des Wechsels des geforderten Interesses vom Schadensersatzanspruch statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes auf den Vorschussanspruch. Diese Umstellung ist gemäß § 264 Nr. 3 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen, da der Lebenssachverhalt im Übrigen unverändert ist (vgl. BGH NJW 2018, 1463). Diese Änderung erfasst die zunächst noch neben dem Schadensersatz geforderte Feststellung eines weiteren Schadens, etwa eines möglichen Umsatzsteuerschadens (vgl. BGH NJW 2010, 3085/3086) durch den nunmehr einheitlich geltend gemachten Vorschussanspruch. Denn mit der Zuerkennung des Vorschusses unterliegt nicht nur der zugesprochene Betrag, sondern auch ein darüber hinaus benötigter Betrag wie bei einem Feststellungsurteil der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB (vgl. nur BGH NJW 2009, 60).

Gegen die Zulässigkeit des Antrags zu 2 bestehen ebenfalls keine Bedenken.

II.

Die Klage ist im Antrag zu 1 in Höhe von 22.284,53 € begründet, in Höhe von 6.477 € dagegen unbegründet.

1.

Der Anspruch des Klägers beruht in Höhe von 20.499,89 auf §§ 4 Abs. 7 Satz 3 und 8 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/B. Nach § 4 Abs. 7 Satz 1 VOB/B hat der Auftragnehmer Leistungen, die schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden, auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so kann ihm nach Satz 3 der Vorschrift der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen und erklären, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde. Nach der Entziehung des Auftrags ist der Auftraggeber nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/B berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen, doch bleiben seine Ansprüche auf Ersatz des etwa entstehenden weiteren Schadens bestehen. Nach allgemeiner Auffassung begründet dies auch einen Kostenvorschussanspruch des Auftraggebers für erforderliche Mangelbeseitigungsarbeiten, obgleich diese Bestimmung – wie die VOB/B ganz allgemein – den Vorschussanspruch zum Zwecke der Ersatzvornahme nicht eigens erwähnt (vgl. nur BGH NJW-RR 1989, 849 = BauR 1989, 462 und NJW 2018, 391 = BauR 2018, 510 m. w. N.).

Die Voraussetzungen dieses Anspruchs sind gegeben.

a)

Das Werk der Beklagten ist mangelhaft.

Nach dem hier maßgeblichen § 13 Abs. 1 VOB/B ist die versprochene Leistung dann mangelhaft, wenn sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart, so ist die Leistung zur Zeit der Abnahme nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann. Anhaltspunkte für den mit der Werkleistung zu erreichenden Standard können sich dabei auch aus dem vereinbarten Preis ergeben. Wer erheblich mehr als den verkehrsüblichen Preis zahlt, kann zumeist auch ein hochwertiges, die Anforderungen technischer Mindestnormen übertreffendes Werk erwarten (so zutreffend Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 633 BGB Rdnr. 16, unter Hinweis auf OLG Stuttgart NZBau 2007, 717/719).

Nach diesen Maßstäben ist die Leistung vorliegend mangelhaft. Sie entspricht nicht dem Vereinbarten. Vereinbart war ein „Design-Estrich“. Hierunter versteht die Praxis nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, die insoweit auch von keiner der Parteien in Zweifeln gezogen werden, einen Estrich, der „für sich steht“ und auf den keine weitere Oberfläche aufgebracht wird. Er weist deswegen eine besondere Optik und eine besondere Oberfläche auf, auf die es dem Erwerber bzw. Besteller regelmäßig besonders ankommt. „Design-Estrich“ muss mit anderen Worten nicht nur die für Estriche allgemein übliche Tragfähigkeit und Haltbarkeit aufweisen. Er muss vielmehr darüber hinaus auch in seinem „Design“, das heißt der Erscheinung seiner Oberfläche – haptisch wie optisch – den besonderen vertraglichen, sonst den üblichen Maßstäben genügen.

Dem genügt die Leistung nicht. Das hat die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts ergeben. Der Sachverständige Dr.-Ing. K hat in seinem genannten Gutachten und in seiner Anhörung am 2. März 2018 überzeugend folgende Mängel der Leistung der Beklagten dargelegt:

Unstreitig befindet sich zum einen im Estrich im Bereich der Terrassentür eine deutlich sichtbare Senke, deren Tiefe von 12 mm das Toleranzmaß von 5 mm deutlich überschreitet.

Der Estrich weist zum anderen über die gesamte Bodenfläche Löcher bis 7 mm Durchmesser und 5 mm Tiefe auf. Diese sind augenscheinlich durch das Herausbrechen von Körnern beim Schleifen des Estrichs entstanden und nicht lediglich zurückgebliebene Luftporen. Solche sind bei Estrichen wohl allgemein deswegen üblich, weil dem zu verarbeitenden Estrich zur Verbesserung seiner Fließeigenschaften ein Mittel beigegeben wird, das als „Luftporenbildner“ bezeichnet wird. Es führt dazu, dass der Estrich auch an der geschliffenen Oberfläche „Luftporen“ zeigt, das heißt kleinere Löcher von bis zu 1 mm Durchmesser. Um solche geht es hier nach den Angaben des Sachverständigen zur Größe und zum Erscheinungsbild der von ihm festgestellten Löcher nicht. Angesichts dessen kommt es auf die zwischen Parteien streitige Frage der Sieblinie und der hiernach zugelassenen Korngröße nicht entscheidend an. Auch wenn dem Estrich, wie die Beklagte wiederholt vorträgt, nach den von ihr und dem Hersteller herangezogenen technischen Regeln zur Betonverarbeitung in einem geringen Ausmaß größere Körner beigemengt werden dürfen, so dürfen sie doch jedenfalls bei einem Designestrich nicht zu deutlichen Ausbrüchen führen, wie sie hier dokumentiert sind.

Darüber hinaus sind im nordwestlichen Bereich des Wohnzimmers deutliche Farbunterschiede zu sehen, die Folge einer durch Abschleifen und Verspachteln beseitigten Wellenstruktur sind. Diese geht ihrerseits zurück auf die Schläge mit der Rakelstange, das heißt dem Werkzeug zum Entlüften und Glätten des Estrichs. Hierbei handelt es sich zwar nach den Angaben des Sachverständigen nicht um ein technisches Problem. Solche Farbunterschiede können nach dem von ihm herangezogenen Merkblatt auch für sich Folge der Bearbeitung des noch nicht getrockneten Estrichs mit der Rakelstange sein. Danach zeichnen sich die Schläge mit der Rakelstange gegebenenfalls deutlich in der Farbstruktur der Oberfläche ab. Farbabweichungen infolge dieses von ihm „Schwabbeln“ genannten Bearbeitung sind daher noch kein technischer Mangel. Sie können aber einen optischen Mangel darstellen, wenn die örtlichen Unterschiede in der Farbe nicht gewollt sind. So liegt der Fall hier. Die Farbunterschiede sind jedenfalls bei bestimmten Lichteinfallswinkeln deutlich zu sehen und auch vom Sachverständigen fotografisch dokumentiert. Sie stellen sich nicht zuletzt mit Blick auf den unstreitig gegenüber dem Üblichen erhöhten Preis des Estrichs als optische Beeinträchtigung dar, die in ihrem Ausmaß bereits als Mangel zu bezeichnen ist. Die Angabe der Beklagten, das mit dem Kläger vorab als maßgeblich vereinbarte Muster habe entsprechend ausgesehen, bezieht sich naturgemäß nicht auf die Wellenstruktur, die sie mit ihren Nacharbeiten gerade zu beseitigen versucht hat, und auf die dabei entstandenen Farbunterschiede, so dass dem Beweisangebot der Beklagten insoweit nicht nachzugehen war.

Hinzu kommt, dass der Estrich an den Dehnprofilen und an den Randbereichen ausgebrochen ist, und zwar an den Fugen um den Bodenauslass, an der Feldfuge zwischen Wohn- und Küchenbereich und an der Randfuge an der südlichen Terrassentür. Das ist dort unschädlich, da unauffällig, wo die Ränder üblicherweise noch mit Randblechen und dergleichen überdeckt werden. Das ist aber etwa bei der Feldfuge nicht der Fall.

b)

Der Kläger hat die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 8. Mai 2016 erfolglos zur Mangelbeseitigung aufgefordert.

c)

In der Folge hat der Kläger einen Anspruch auf Vorschuss der erforderlichen Mangelbeseitigungskosten. Als erforderlich sind nur geeignete, technisch sinnvolle und damit im Sinne der erstrebten Nachbesserung erfolgversprechende Maßnahmen anzusehen. Der Kostenvorschussanspruch umfasst auch die Aufwendungen für Baumaßnahmen, die über den eigentlich mangelhaften Leistungsteil des Auftragnehmers hinausgehen, deren Durchführungen aber zur Herstellung eines mangelfreien Werks notwendig sind. Da der Anspruch inhaltlich auf Vorschuss der voraussichtlichen Kosten gerichtet ist, können an die Darlegungen zur Anspruchshöhe nicht ebenso hohe Anforderungen gestellt werden wie beim Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten. Den Umfang des Kostenvorschusses kann der Auftraggeber daher durch eine plausible und schlüssige Kostenschätzung anschlagsweise darlegen. Entsprechend § 287 ZPO ist dem Gericht eine Schätzung des Betrags erlaubt, zumal eine überhöhte Schätzung keinen großen Schaden zum Nachteil des Auftragnehmers verursacht, weil ohnehin später nach erfolgter Mangelbeseitigung über den gezahlten Vorschuss abgerechnet werden muss (vgl. Ganten/Jansen/Voit, VOB/B, § 13 VOB/B Rdnr. 142).

Die nach diesen Maßstäben erforderlichen Kosten der Mangelbeseitigung hat der Sachverständige G nachvollziehbar mit 20.782,16 € angegeben. Der Gerichtssachverständige ist dem gefolgt, insbesondere auch was den Umfang der erforderlichen Arbeiten angeht. Er hat zwar angegeben, den einen Mangel der zu tiefen Senke vor der Terrassentür könne man auch mit einem großflächigen Ausschleifen beseitigen. Mit Blick auf die weiteren Mängel sei aber eine jeweils punktuelle Ausbesserung nicht ebenso günstiger als eine einheitlich Neuherstellung des Werks, die nicht zuletzt fachlich zu empfehlen sei. Das ist auch für das Gericht überzeugend.

Abzusetzen hiervon ist der unstreitig noch bestehende Restwerklohnanspruch der Beklagten zu 1 in Höhe von 282,27 €, so dass insoweit 20.499,89 € verbleiben.

2.

In Höhe von 1.784,64 € beruht der klägerische Zahlungsanspruch dagegen auf § 4 Abs. 7 Satz 2 VOB/B. Nach Satz 1 dieser Vorschrift hat der Auftragnehmer Leistungen, die schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden, auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen. Nach Satz 2 hat er zudem, soweit er den Mangel oder die Vertragswidrigkeit zu vertreten hat, auch den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Zu den danach zu ersetzenden Schäden gehören in erster Linie Mängelfolgeschäden, die eng und unmittelbar mit dem Mangel zusammenhängen, wie namentlich Kosten der Mangelbegutachtung durch einen Sachverständigen, sofern dessen Beauftragung zur zuverlässigen Sachaufklärung erforderlich war (vgl. Ganten/Jansen/Voit, VOB/B, § 4 VOB/B Rdnr. 176). Das ist bei den hier in Rede stehenden Gutachterkosten G der Fall. Anhaltspunkte für dem Kläger zurechenbare Mängel bestehen ebenso wenig wie für eine Unverwertbarkeit des Gutachtens. Im Gegenteil hat sich der Gerichtsgutachter in weiten Teilen auf dieses Gutachten gestützt und sich hierauf auch inhaltlich bezogen.

3.

Demgegenüber besteht ein Zahlungsanspruch des Klägers weder mit Blick auf die angeblich erforderlichen Hotelkosten bzw. Mietkosten für eine Ersatzsache noch für die geltend gemachten Kosten eines bauüberwachenden Architekten.

Zwar kann der für die Mängelbeseitigung erforderliche Betrag nach § 287 ZPO geschätzt werden, wobei Zweifel an der Höhe der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten nicht zu Lasten des Schädigers bzw. hier Werkunternehmers gehen dürfen. Es darf nur derjenige Betrag ausgeurteilt werden, der im Rahmen der vorzunehmenden Schätzung für die Mängelbeseitigung sicher anfällt. Das betrifft nicht nur die Kosten für die Maßnahmen am Bauwerk, sondern auch diejenigen Aufwendungen, die notwendig sind, um diese Maßnahme überhaupt zu ermöglichen. Insoweit wird es häufig nicht möglich sein, sichere Kosten festzustellen. Denn in den meisten Fällen ist nicht klar, inwieweit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls Kosten für eine Hotelnutzung anfallen werden, wenn die Mängelbeseitigung durchgeführt wird. Das betrifft sowohl die Notwendigkeit, die Räume insgesamt vorübergehend zu verlassen als auch die dadurch etwa entstehenden Kosten. Die Maßnahmen und Kosten müssen sich an den Möglichkeiten orientieren, die der Besteller im Rahmen der Schadensminderungspflicht nutzen muss (BGH NJW-RR 2003, 878).

Angesichts dessen lässt sich die Notwendigkeit der Hotelunterbringung bzw. Ersatzmiete nicht sicher feststellen. Sie hängt nicht nur von der konkreten Planung der durchzuführendenden Arbeiten ab, sondern auch davon, ob der Kläger den instand zu setzenden Gegenstand überhaupt nutzen will und kann, das heißt wie sich sein Nutzungsbedarf im Einzelfall während der noch nicht sicheren Entbehrung tatsächlich gestaltet (vgl. BGH NJW 1976, 1396). In Betracht kommt etwa eine Estrichsanierung in der Urlaubszeit des Klägers.

 

Ebenso wenig stellen sich die begehrten Kosten eines bauüberwachenden Architekten als für die Mangelbeseitigung im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B erforderlich dar. Die Arbeiten sind – bei sachgerechter Ausführung – nicht besonders schwierig und jedenfalls nicht besonders schadensträchtig in dem Sinne, dass sich Fehler der Handwerkerleistung erheblich auch auf andere Bauteile auswirken, wie es etwa bei Abdichtungsarbeiten und dergleichen angenommen werden muss. Die zu erbringenden Arbeiten gehören ungeachtet der kompliziert anmutenden Beschreibung durch den Kläger augenscheinlich zum Standard einer Estrichsanierung und damit zu dem Programm, das unproblematisch einer Fachfirma überlassen werden kann. Die Gutachten beschreiben das Leistungssoll zudem bereits recht ausführlich. Nicht jede Handwerkerleistung muss in der Ausführung minütlich überwacht und durch einen Sonderfachmann abgenommen werden. Auch haben weder der vom Kläger eingeschaltete Sachverständige G noch der Gerichtssachverständige Regiekosten für erforderlich gehalten.

4.

Der Antrag zu 2 ist zulässig und begründet; der Betrag von 585,83 € ist im Zahlungstenor zu 1 berücksichtigt. Der Anspruch gründet sich ebenfalls auf § 4 Abs. 7 Satz 2 VOB/B. Bei den Anwaltskosten handelt es sich um Rechtsverfolgungskosten, die als Schadensersatz neben der Leistung auch die dem sich selbst vertretenden Rechtsanwalt zu ersetzen sind (vgl. Palandt/Grüneberg, § 249 BGB Rdnr. 57). Die geltend gemachte Höhe ist ungeachtet der umstrittenen Frage der Umsatzsteuerpflicht wegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu beanstanden.

5.

Die Haftung der Beklagten zu 2 als Komplementärin der Beklagten zu 1 in entsprechender Höhe beruht auf §§ 161 Abs. 2,128 HGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 und 96 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

Die Streitwertbemessung folgt §§ 39 Abs. 1, 43 Abs.1 und 2 sowie 45 GKG und berücksichtigt zum einen, dass über den Hilfsantrag mangels Vorliegen seiner Voraussetzung und der Klageänderung nicht mehr zu entscheiden war, so dass im Antrag zu 1 nur einheitlich von maximal 24.698,92 € auszugehen war. Zum anderen wurde der Feststellungsantrag gemäß § 3 ZPO mit etwa 4.700 € bemessen, ausgehend davon, dass dieser sich im Wesentlichen die mögliche Umsatzsteuer auf die im Zahlungstenor nur mit dem Nettobetrag berücksichtigten Schadensbeseitigungsarbeiten sowie zudem die nur im Reparaturfall möglicherweise zu ersetzende Nutzungsentschädigung erstreckt, und ein Abschlag von 20 % geboten ist.

 

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