LG Potsdam – Az.: 6 O 2/17 – Urteil vom 16.02.2018
1. Das Versäumnisurteil vom 5. Januar 2018 wird im Tenor zu 1 mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass Zinsen aus dem Betrag von 6.478,50 € erst ab dem 9. Juli 2016 zu zahlen sind und Zinsen aus dem Betrag von 627,50 € erst ab dem 9. Februar 2017.
Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 6.478,50 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Restwerklohn aus einem Hausbauvertrag betreffend ein Grundstück in Mahlow.
Mit „Hausbauvertrag“ vom 18. Juli 2014 verpflichtete sich die Klägerin zur Errichtung einer „Stadtvilla ‚Town T1′“ ohne Keller auf dem Grundstück des Beklagten in Mahlow zu pauschal 121.590 €. Im Vertrag heißt es zum Thema „Heizung“. „In Abstellräumen (HAR) oder anderen Nutzräumen wird kein Heizkörper installiert.“ Die Parteien vereinbarten sodann als Mehrleistungen den Einbau einer Fußbodenheizung im Erdgeschoss und Obergeschoss anstelle von Heizkörpern und den Einbau einer zusätzlichen Dusche. Zu der Fußbodenheizung heißt es ergänzend: „Abstellräume erhalten keine Fußbodenheizung.“ Die Parteien vereinbarten weiter eine zusätzliche Außenzapfstelle zu brutto 325 €, eine Estrichbewährung im Erdgeschoss und im Bad des Obergeschosses zu brutto 487 €, eine elastifizierte Wärmedämmung der Außenwand zu brutto 450 € und den Einbau des Lüftungssystems Regel-Air zu brutto 399 €.
Die Schlussabnahme fand am 18. Februar 2016 statt. Im Protokoll ist unter anderem festgehalten, dass sich im Obergeschoss zwei bodentiefe Türelemente befänden ohne französischen Balkon; die Klägerin werde prüfen, ob dies zu ihrem Leistungsumfang gehöre. Es seien Restforderungen der Klägerin in Höhe von 7.435,55 € offen.
Mit Schlussrechnung vom 31. Dezember 2015 rechnete die Klägerin die letzte Rate in Höhe von 6.079,50 € ab und erinnerte den Beklagten an die Zahlung des bereits laut Abnahmeprotokoll noch offenen Betrages von 7.435,55 €.
Der Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 27. April 2016 auf, die französischen Balkone anzubauen. Zudem fehle im Hauswirtschaftsraum die Fußbodenheizung, so dass der Raum ab -1 °C Außentemperatur eisig kalt sei; es werde sich Feuchtigkeit sammeln und Schimmel bilden. Mit Schreiben vom 17. Juni 2016 wiederholte er sein Vorbringen. Die Klägerin hätte darauf hinweisen müssen, dass der Hauswirtschaftsraum als Abstellraum im Sinne des Vertrages gelte.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2016 forderte die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung von 6.478,50 € bis zum 8. Juli 2016 und mahnte ihn mit Schreiben vom 28. Juli 2016 mit letztmaliger Frist bis zum 12. August 2016. Mit Anwaltsschreiben vom 7. November 2016, gerichtet an die Adresse des Bauvorhabens, mahnte die Klägerin den Betrag erneut an und setzte eine letzte Frist – auch für die Zahlung der zugleich geltend gemachten Anwaltskosten von 627,50 € – bis zum 18. November 2016.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe auf die Gesamtforderung von 123.251 € bislang lediglich 116.772,50 € gezahlt, so dass noch 6.478,50 € offen seien, die Klageforderung. Den Mängelbehauptungen des Beklagten tritt sie wie folgt entgegen: Im Hauswirtschaftsraum sei nach dem Vertrag keine Fußbodenheizung zu verlegen. Die Parteien hätten dies am 22. September 2014 ausdrücklich so vereinbart, da es sich bei dem Hauswirtschaftsraum um einen in der gedämmten Hülle gestalteten Innenraum handele, für den weder nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik noch nach den für das Heizungsgewerk bestehenden DIN das Einbringen einer Fußbodenheizung vorgesehen oder erforderlich sei. Ein Außengelände bzw. Balkon sei ausdrücklich nicht vereinbart worden angesichts der Fenster mit einer Brüstungshöhe ohne Absturzgefahr. Bei der Änderung der Brüstungshöhe hätten die Parteien eine „Absturzsicherung in Eigenleistung“ vereinbart.
Sie ist der Ansicht, die Restvergütung sei mit der Abnahme des Hauses am 22. Februar 2016 fällig geworden. Der Beklagte sei daher jedenfalls am 22. November 2016 in Zahlungsverzug gewesen. Er habe deswegen auch die Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, zu verzinsen ab Ablauf der in dem Rechtsanwaltsschreiben vom 7. November 2016 gesetzten Frist, das dem Beklagten zugegangen sei. Auch stünden ihr Verzugszinsen für die von ihr verauslagten Gerichtskosten zu.
Die Klägerin hat mit ihrer am 8. Februar 2017 zugestellten Klage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 6.478,50 € nebst Zinsen und Anwaltskosten sowie die Feststellung der Verzinsungspflicht des Gerichtskostenvorschusses beantragt. Gegen den im Termin vom 5. Januar 2018 säumigen Beklagten ist an diesem Tag Versäumnisurteil dieses Inhalts erlassen worden. Er hat gegen das ihm am 18. Januar 2018 zugestellte Versäumnisurteil am 30. Januar 2018 Einspruch erhoben.
Die Klägerin beantragt, den Einspruch des Beklagten zurückzuweisen und das Versäumnisurteil vom 5. Januar 2018 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, ohne den Nachweis der Schlussrechnung sei die Klage ohnehin unschlüssig. Die – ihm nicht zugegangene – Schlussrechnung sei zudem nicht prüffähig. Von einer Abnahme könne angesichts der gravierenden Mängel nicht gesprochen werden. Die Klägerin habe weder die zugesagte Fußbodenheizung im Hauswirtschaftsraum verlegt – die nach den Regeln der Technik erforderlich sei, zumal es sich bei dem Raum nicht um einen Abstellraum im Sinne des Vertrages handele –, noch die französischen Balkone verlegt bzw. montiert. Das Prospekt weise solche Balkone aus; das von der Klägerin herangezogene „Baudurchspracheprotokoll“ vom September 2014 erscheine manipuliert angesichts dessen, dass ausgerechnet die maßgebliche Seite 6 ein anderes Datum und die Aufschrift „Neue Version“ trägt.
Entscheidungsgründe
I.
Der rechtzeitige und formgerechte Einspruch des Beklagten hat das Verfahren gemäß § 342 ZPO in den Stand im Zeitpunkt vor der Säumnis zurückversetzt.
II.
Die ohne weiteres zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet und nur in den Nebenforderungen teils unbegründet.
1.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Restwerklohn gemäß § 631 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift wird der Unternehmer durch den Werkvertrag zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet und der Besteller im Gegenzug zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der Hausbauvertrag ist ein Werkvertrag. Die Klägerin macht die vereinbarte Vergütung geltend, soweit sie nicht durch Erfüllung untergegangen ist gemäß § 362 BGB.
Die Klageforderung ist auch fällig. Nach § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Vergütung bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Weitere Voraussetzungen bestehen ohne eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien – die auch in der Einbeziehung von Regelwerken wie etwa der VOB/B bestehen kann – nicht. Eine solche ist hier nicht vorgetragen oder sonst erkennbar. Auf die Vorlage der Schlussrechnung und die umstrittene Frage ihrer Prüffähigkeit kommt es damit nicht an.
Die damit allein erforderliche Abnahme ist erfolgt. Der Beklagte hat am 18. Februar 2016 die Abnahme des Werks erklärt. Da die Abnahme stets schon dann erklärt ist, wenn der Besteller zum Ausdruck bringt, das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß zu billigen, schließt die Rüge von Mängeln die Abnahme nicht aus (BGHZ 54, 352/354). Es kann auch angesichts des Gesamtvolumens des Bauvorhabens nicht davon gesprochen werden, die Vielzahl der gerügten Mängel lasse erkennen, dass der Beklagte das Werk gerade nicht als im Wesentlichen vertragsgemäß billige. Denn das Abnahmeprotokoll verweist nur auf angebliche Mängel eines Waschbeckens, die angeblich fehlenden französischen Balkon, teils nachzujustierende Fenster und Türen sowie eine eventuell geschuldete Pflegemilch zur Nachbehandlung der Innentreppe. Das sind letztlich Kleinigkeiten, von den französischen Balkonen abgesehen, die aber für sich eben nur einen gegebenenfalls nachzuarbeitenden Mangel darstellen können.
Dem Kläger steht auch kein Zurückbehaltungsrecht wegen noch ausstehender Mangelbeseitigungsarbeiten zu. Zwar kann nach § 641 Abs. 3 BGB der Besteller, wenn er die Beseitigung eines Mangels verlangen kann, nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten. Ein Mangelbeseitigungsrecht des Beklagten ist aber nicht ersichtlich.
Die von ihm bereits bei der Abnahme als fehlend gerügten französischen Balkone sind tatsächlich nicht geschuldet. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sieht solche nicht vor. Zwar mögen sie in dem Verkaufsprospekt der Klägerin abgebildet sein. Dass es sich hierbei angesichts der zahlreichen möglichen Ausstattungsvarianten nicht um eine verbindliche Baubeschreibung handelt, ergibt sich letztlich von allein, jedenfalls aber aus dem Zusatz „Ausstattungsvariante“ auf dem illustrationshalber eingefügten Bild. Zudem sind dem Vertrag selbst Pläne beigefügt, die als Individualabrede ohnehin vorgingen. Sie sehen solche Balkone gerade nicht vor. Wann die Klägerin in Abweichung hierzu die Montage solcher Balkone versprochen haben soll, hat der Beklagte nicht darzutun vermocht. Er ist insbesondere nicht hinreichend ihrem substantiierten und mit der Anlage K12 unterlegten Vortrag entgegen getreten, die Parteien hätten bei einer Änderung der Fenster eine „Absturzsicherung in Eigenleistung“ vereinbart.
Aber auch das unstreitige Fehlen der Heizung im Hauswirtschafts- bzw. Hausanschlussraum stellt keinen Mangel der klägerischen Leistung dar. Denn auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass diese Leistung geschuldet war. Nach § 633 Abs. 2 BGB ist ein Werk nur mangelhaft, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, hilfsweise die nach dem Vertrag vorausgesetzte, bzw. diejenige, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
Nach dem Vertrag ist in diesem Raum ausdrücklich keine Heizung, und damit auch keine Fußbodenheizung einzubauen. Nach dem gesetzlich angeordneten Vorrang der Vereinbarung kommt es auf die vorausgesetzte oder übliche Beschaffenheit damit schon grundsätzlich nicht an. Allenfalls kommt ein Anspruch des Bestellers gegen den fachkundigen Unternehmer auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss in Betracht, wenn dieser den Besteller pflichtwidrig nicht darauf hinweist, dass das von ihm ausdrücklich Gewollte nicht dem Üblichen entspricht und deshalb die Gefahr besteht, dass es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht eignet (vgl. BGH NJW 2014, 3511 m. Anm. Kesselring). Das aber setzte voraus, dass ein Hauswirtschaftsraum nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik tatsächlich stets oder jedenfalls in einem Fall wie dem Vorliegenden ebenso beheizt sein muss wie die übrigen Räume auch, etwa weil – wie hier – das Haus nicht unterkellert und deshalb die Gefahr eines Wärmeverlustes nach unten besteht.
Eine solche Regel konnte vorliegend aber nicht festgestellt werden. Der insoweit beweisbelastete Beklagte hat den ihm obliegenden Beweis nicht geführt. Er hat den hierfür erforderlichen Vorschuss (§§ 379, 402 ZPO) nicht innerhalb der ihm gesetzten, auf seinen Antrag hin sogar verlängerten Frist gezahlt. In diesem Fall unterbleibt die Beauftragung des Sachverständigen (§§ 402, 379 Satz 2 Halbsatz 1 ZPO), ohne dass es einer Androhung dieser Folge bedürfte (§ 231 Abs. 1 ZPO). Das Beweismittel ist damit zwar nicht präkludiert. Die Partei ist nicht gehindert, den Sachverständigen im Termin zu stellen oder bis zur letzten mündlichen Verhandlung den Antrag auf Einholung eines Gutachtens aufrechtzuerhalten. Das Gericht kann aber, wenn es den Beweisantrag nicht stattgeben will, diesen unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 ZPO zurückweisen, das heißt wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts mit der Zulassung eine Verzögerung eintritt und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Daneben kann die Nichtzahlung des Vorschusses als Hindernis im Sinne des § 356 ZPO angesehen werden. Die Norm soll Verzögerungen der Beweisaufnahme entgegenwirken. Deshalb kann nach fruchtlosem Ablauf der Beibringungsfrist, ohne dass es einer weiteren Fristsetzung bedarf, das Beweismittel gemäß § 356 ZPO nur benutzt werden, wenn es nach der freien Überzeugung des Gerichts das Verfahren nicht verzögert (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2008 – 4 U 119/08, BeckRS 2009, 03609). So liegt der Fall hier. Die erst ab der Einzahlung des Kostenvorschusses am 8. Januar 2018 mögliche Beweiserhebung verzögerte das Verfahren im genannten Sinne. Eine Beauftragung des Sachverständigen und die Erstattung des Gutachtens durch ihn wäre bis heute nicht möglich gewesen. Das Fristversäumnis beruhte zudem auf grober Nachlässigkeit im erwähnten Sinn, nachdem Gründe für das verspätete Einzahlen nicht ersichtlich sind.
2.
Die Zinsen und die Rechtsanwaltskosten sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu entrichten bzw. zu ersetzen. Zahlungsverzug ist allerdings in der Hauptsache erst am 9. Juli 2016 eingetreten auf die Mahnung mit Fristsetzung bis zum 8. Juli 2016, § 286 Abs. 1 BGB. Hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten fehlt es an einer nachgewiesenermaßen vor Klagerhebung zugegangen Mahnung, so dass sie erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen sind gemäß §§ 288, 286 Abs. 1 Satz 2 BGB.
3.
Die im Antrag zu 3 begehrte Feststellung kommt nicht in Betracht, da es insoweit an einer Anspruchsgrundlage fehlt (vgl. OLG München, BeckRS 2016, 108976 = NJW-RR 2017, 437). Die entgegenstehende, von der Klägerin zitierte ältere Rechtsprechung vermag nicht zu überzeugen. Letztlich liegt ein Verzugsschaden vor, der aber nicht in dieser Höhe zu verzinsen wäre. In Betracht kommt insoweit der Ersatz entgangenen Gewinns, soweit ein Kläger verzugsbedingt verpflichtet ist, Gerichtskosten vorzuschießen und deshalb das hierfür erforderliche Geld nicht gewinnbringend anlegen kann. Es ist aber nicht dargetan oder sonst offenbar, dass der Klägerin eine Geldanlage mit einem Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz möglich (gewesen) wäre.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Die Streitwertbemessung folgt § 43 Abs. 1 ZPO.