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Werklohnklage – Beweislast bei fehlendem gemeinsamem Aufmaß

OLG Bamberg – Az.: 4 U 196/15 – Beschluss vom 11.04.2016

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 16.10.2015, Az. 23 O 984/09, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

2. Es ist beabsichtigt, den Wert des Berufungsverfahrens auf 37.189,39 € festzusetzen.

3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 09.05.2016.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Restwerklohn der Klägerin aus einem Einheitspreisvertrag über Erdarbeiten. Mit Vertrag vom 24.10.2005 verpflichtete sich die Klägerin zur Durchführung von Erdarbeiten an einem Bauvorhaben in X.. Die Parteien vereinbarten die Geltung der VOB/B. Die Abrechnung sollte nach Aufmaß auf der Grundlage einer Angebotssumme von 21.688,23 € netto (25.158,35 € brutto) erfolgen.

Die Schlussrechnung der Klägerin vom 15.03.2010 ging der Beklagten am 01.04.2010 zu. Sie weist einen noch zu zahlenden Rechnungsbetrag von 37.189,39 € aus. Hierbei sind bereits geleistete Abschlagszahlungen in Höhe von 17.411,77 € sowie ein Gewährleistungseinbehalt von 582,93 € berücksichtigt.

Die Beklagte verweigert die Bezahlung unter Hinweis auf fehlerhaft angesetzte Massen.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 37.189,39 € gerichtete Klage nur in Höhe von 119,39 € stattgegeben, sie im Übrigen jedoch abgewiesen. Der Anspruch in Höhe von 119,39 € resultiere daraus, dass die Beklagten entgegen der vertraglichen Vereinbarung den Gewährleistungseinbehalt aus der gesamten Abrechnungssumme statt lediglich aus den die Hinterfüllung betreffenden Beträgen berechnet habe. Im Übrigen sei die Klägerin den Beweis schuldig geblieben, dass die abgerechneten Massen dem Umfang der tatsächlich ausgeführten Leistungen entsprechen würden. Dies gelte auch für die dem Nachtrag 1 vom 25.04.2006 zu Grunde liegenden Arbeiten. Die Einvernahme der Zeugen habe nicht ergeben, dass ein gemeinsames Aufmaß vorgenommen worden sei oder die Beklagte das Aufmaß der Klägerin akzeptiert habe. Der Sachverständige habe die Richtigkeit des Aufmaßes nicht bestätigen können, was zu Lasten der Klägerin gehe. Die Klägerin habe auch nicht beweisen können, dass die Voraussetzungen für die Zahlung eines Werklohns für die als Nachtrag 2 ausgewiesenen Arbeiten vorliegen.

Hiergegen richtet sich die zulässige Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter verfolgt.

Sie führt an, die Entscheidung des Landgerichts sei bereits deshalb fehlerhaft, weil sich aus den von der Beklagten selbst anerkannten Massen ein verbleibender Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 18.037,34 Euro ergebe. Unabhängig davon sei die Beweiswürdigung des Landgerichts zu der Frage, ob ein gemeinsames Aufmaß genommen worden sei, fehlerhaft. Die Aussage A. sei nicht umfassend gewürdigt worden. Dieser habe angegeben, er sei von einer erfolgreichen Besprechung mit dem Zeugen B. ausgegangen. Die Beweislast treffe die Beklagte, weil sie Ausführungspläne zurückhalte, die zur Überprüfung durch den Sachverständigen erforderlich seien. Es liege daher eine Beweisvereitelung vor. Das Landgericht gehe zu Unrecht von einem erheblichen Bestreiten der Beklagten aus. Insoweit sei die Entscheidung des Kammergerichts vom 01.06.2007 (7 U 190/06) anwendbar. Demnach hätte die Beklagte ein eigenes nachvollziehbares Aufmaß vorlegen müssen. Es wäre auch Sache der Beklagten gewesen, für eine ausreichende Dokumentation zu sorgen. Das Landgericht verkenne zudem, dass nach den Angaben des Sachverständigen die Mengenberechnung und die Schlussrechnung der Klägerin insgesamt nachvollziehbar seien. Es sei lediglich unklar geblieben, wieviel Rotlage, Kies oder Lehm ausgehoben worden sei. Dies gehe jedoch nicht zu Lasten der Klägerin. Gegebenenfalls hätte das Landgericht eine Schätzung durchführen müssen. Völlig unbeachtet sei geblieben, dass die Beklagte einfach die von der Klägerin angesetzte mittlere Geländehöhe von 1,29 m durchgestrichen habe, ohne dies näher zu begründen. Bezüglich des Nachtrags 1 sei nicht § 2 Abs. 5 VOB/B einschlägig, sondern §§ 1 Abs. 4, 2 Abs. 6 VOB/B. Ein Vergütungsanspruch bestehe folglich auch ohne eine gesonderte Vereinbarung über die Höhe der Vergütung. Die von der Beklagten vorgenommenen Kürzungen würden kein erhebliches Bestreiten darstellen. Bezüglich des Nachtrags 2 sei der von der Klägerin angesetzte Einheitspreis laut Sachverständigengutachten angemessen. Die aus der Bepflanzung eines Grünstreifens resultierende Änderung des Transportwegs, die zu dem Nachtrag geführt habe, falle in den Risikobereich der Beklagten.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die gemäß § 511 ff ZPO zulässige Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Endurteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht, noch die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 513 Abs. 1, 529, 546 ZPO).

Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb erneute Feststellungen durch das Berufungsgericht gebieten. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen nur dann vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte aus der Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle erneuter Tatsachenfeststellungen die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGHZ 158, 269 ff. = NJW 2004, 1876 ff.; BGHZ 162, 313 ff. = NJW 2005, 1583 ff.; BGH NJW 2003, 3480 ff.).

Diese Voraussetzungen für den Wegfall der Bindung an die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen liegen hier nicht vor. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die sorgfältig getroffenen Feststellungen des Landgerichts zu erschüttern. Auch die vom Landgericht in rechtlicher Hinsicht gezogenen Schlüsse sind nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird in vollem Umfang auf die in jeder Hinsicht überzeugenden Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Hierzu ist im Einzelnen folgendes auszuführen:

1.

Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, unabhängig von der Beweislast bestehe bereits aufgrund der Zahlen der Beklagten ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 18.037,34 Euro.

Der Vortrag der Klägerin ist insoweit nicht schlüssig. Die Beklagte bestreitet, dass überhaupt ein über die geleisteten Vorauszahlungen hinausgehender Werklohnanspruch der Klägerin besteht. Soweit die Klägerin einen noch zu leistenden Betrag von 18.037,34 Euro errechnet, greift sie einzelne Zahlen aus dem Vortrag der Beklagtenseite heraus, soweit sich dies für sie günstig auswirkt. Gleichzeitig trägt sie jedoch vor, das Bestreiten der Beklagten sei „eklatant widersprüchlich und pauschal“ (S. 3, 7 der Berufungsbegründung). Es handle sich um „willkürliche Kürzungen“ (S. 7 der Berufungsbegründung). Die Zahlen sind daher bereits nach dem Vortrag der Klägerin nicht geeignet, einen Klageanspruch nachvollziehbar zu begründen. Zudem ist die schlüssige Darlegung der Höhe des geltend gemachten Werklohnanspruchs nicht Sache des Auftraggebers, sondern der Klägerin als Auftragnehmer.

Das Erstgericht hat daher völlig zu Recht eine Anspruchsprüfung dahingehend vorgenommen, ob ein gemeinsames Aufmaß vorliegt, ob ein erhebliches Bestreiten der von der Klägerseite angesetzten Massen gegeben ist und wer die Beweislast für die Richtigkeit der von der Klägerin angesetzten Massen trägt. Diese Prüfung hat das Erstgericht strukturiert und äußerst sorgfältig vorgenommen.

2.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Frage des Aufmaßes ist nicht zu beanstanden.

a)

Die Beweiswürdigung durch das Gericht bestimmt sich im Zivilprozess nach § 286 ZPO. Danach ist der Richter dazu aufgefordert, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Dies bedeutet, dass der Richter lediglich an die Denk- und Naturgesetze sowie die bestehenden Erfahrungssätze gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf und muss. Der Vorgang der Überzeugungsbildung ist nicht von objektiven Kriterien abhängig, sondern beruht auf Erfahrungswissen und Judiz des erkennenden Richters (vgl. BGH NJW 2008, 2845 m.w.N.; vgl. auch zum Ganzen Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl., § 286 Rn. 13 ff.). Nach § 286 Abs. 1 ZPO bezieht sich die Beweiswürdigung auf den gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung und des Vortrages der Parteien. Das Gericht beurteilt den Wert der einzelnen Beweismittel unter Berücksichtigung der ihnen eigenen Fehlerquellen (BGH NJW 1998, 2736). Die ausdrücklich in § 286 Abs. 1 ZPO vorgesehene Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung gibt dem Richter die Möglichkeit, unabhängig von Partei- und Zeugenstellung die Aussagen gegeneinander abzuwägen und zu bewerten (vgl. BVerfG NJW 2001, 2531; BGH NJW-RR 2006, 61; BGH NJW 2003, 3636).

b)

Die Beweislast dafür, dass ein gemeinsames Aufmaß vorliegt, liegt beim Auftragnehmer, der sich auf die ihm günstigen Wirkungen eines gemeinsamen Aufmaßes beruft. Der von der Klägerin benannte Zeuge A. hat angegeben, dass er das Aufmaß meistens alleine erstellt hat. Dies wird bestätigt durch die Angaben des Zeugen B.. Keiner der beiden Zeugen hat daher die gemeinsame Erstellung des Aufmaßes bestätigt. Diese Feststellung des Landgerichts wird von der Klägerin auch nicht explizit angegriffen.

c)

Soweit die Klägerin rügt, das Erstgericht habe die Aussagen des Zeugen A. nicht umfassend gewürdigt, betrifft dies die Frage, ob durch den Zeugen B. das vom Zeugen A. überwiegend einseitig gefertigte Aufmaß im Rahmen von Besprechungen als verbindlich anerkannt worden ist.

Diese Frage wird in den Urteilsgründen ausführlich erörtert (S. 13, 14 des Urteils). Hierbei wird auch die Aussage des Zeugen A. wiedergegeben, wonach für ihn klargewesen sei, dass er sich mit dem Zeugen B. hinsichtlich sämtlicher Aufmaße geeinigt habe. Dem werden jedoch die Angaben des Zeugen B. entgegengestellt, wonach es lediglich um das Prozedere gegangen sei. Das Erstgericht führt aus, die Angaben des Zeugen A. seien für die Annahme eines Anerkenntnisses aus seiner Sicht nicht ausreichend. Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich im Rahmen des vom Gesetz gewährten Freiraums der richterlichen Überzeugungsbildung. Hierbei ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass keinerlei schriftliche Erklärungen oder Hinweise auf eine Einigung über das gesamte Aufmaß vorliegen. Dies wäre jedoch nicht nur angesichts des Auftragsvolumens, sondern auch im Hinblick darauf zu erwarten gewesen, dass sich erhebliche Abweichungen im Vergleich zu den zunächst veranschlagten Massen ergeben haben. Zudem lassen sich der Aussage des Zeugen A. keine Äußerungen des Zeugen B. entnehmen, die auf eine verbindliche Einigung hindeuten. Der Zeuge A. gibt lediglich an, für ihn sei „klargewesen“, dass man sich geeinigt habe (S. 4 des Protokolls vom 18.02.2011, Bl. 67 d.A.). Die Argumente der Klägerin vermögen bei dieser Sachlage die schlüssig nachvollziehbar begründete Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu erschüttern.

3.

Die rechtliche Würdigung des Landgerichts, die Klägerin habe aufgrund erheblichen Bestreitens der Beklagten uneingeschränkt darzulegen und zu beweisen, dass die von ihr behaupteten Leistungen tatsächlich ausgeführt worden sind, ist zutreffend.

a)

Zwar sieht § 14 Abs. 2 VOB/B vor, dass die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen „möglichst gemeinsam“ vorzunehmen sind. Fehlt es an einem gemeinsamen Aufmaß, hindert dies den Auftragnehmer jedoch nicht an einer Abrechnung und steht auch der Prüfbarkeit der Abrechnung nicht entgegen. Der Auftragnehmer begibt sich lediglich der Vorteile eines vom beiderseitigen Einverständnis getragenen Aufmaßes und hat in diesem Fall vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die in der Rechnung geltend gemachten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind (BGH, Urteil vom 29.04.1999, VII ZR 127/98, Rz. 13; OLG Naumburg, Urteil vom 30.11.2007, 1 U 18/07, Rn. 23; Messerschmidt in Kapellmann/Messerschmidt, VOB/B, 5. Aufl., § 14, Rn. 47; Beck’scher VOB-Kommentar/Voit, 3. Aufl., § 14 VOB/B, Rn. 36; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 5. Teil, Rn. 220).

Anders als die Klägerin annimmt, genügt in diesen Fällen ein einfaches Bestreiten der Richtigkeit des Aufmaßes durch den Auftraggeber (OLG Naumburg a.a.O., Beck’scher VOB – Kommentar/ Voit a.a.O.; Hummel IBR 2011, 128).

Der weitergehenden Auffassung des KG Berlin (Urteil vom 01.06.2007, 7 U 190/06), wonach ein hinreichendes Bestreiten nicht vorliege, wenn weder ein eigenes Aufmaß vorgelegt noch sonst erläutert werde, weshalb das Aufmaß des Auftragnehmers falsch sein soll, kann nicht gefolgt werden. Denn der Auftragnehmer hat es in der Hand, den Auftraggeber rechtzeitig über den geplanten Aufmaßtermin zu informieren und so ein gemeinsames Aufmaß herbeizuführen. Verweigert der Auftraggeber eine Teilnahme unberechtigt, so trägt er in der Folge das Risiko der Nichterweislichkeit des Leistungsumfangs (BGH, Urteil vom 24.07.2003, VII ZR 79/02, Rn. 67). Es besteht daher kein Bedürfnis, dem Auftraggeber im Falle eines einseitigen Aufmaßes erhöhte Substantiierungsanforderungen aufzuerlegen.

b)

Unabhängig davon hat die Beklagte auch den vom Kammergericht Berlin postulierten Anforderungen an ein erhebliches Bestreiten Genüge getan. Das Kammergericht hat ausgeführt, das Gericht müsse durch den Vortrag des Auftraggebers in die Lage versetzt werden, überprüfen zu können, ob dem Aufmaß des Auftragnehmers ein schlichter Rechenfehler zugrunde liegt oder ob ein Sachverständiger sich mit dem streitigen Zahlenwerk befassen müsse (KG a.a.O., Rn. 10). Es hat weiter ausgeführt, dass die in der Berufungsinstanz mit handschriftlichen Korrekturen versehenen Aufmaßblätter der Klägerin als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen seien (KG a.a.O., Rn. 11). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte bereits in erster Instanz die mit Korrekturanmerkungen versehenen Aufmaßblätter der Klägerin, die der Schlussrechnung beigefügt waren, vorgelegt. Es bestand daher zu keinem Zeitpunkt Unklarheit darüber, ob ein bloßer Rechenfehler vorliegt oder die Richtigkeit der ermittelten Massen von einem Sachverständigen überprüft werden muss.

Unerheblich ist es, ob der Vortrag der Beklagtenseite die Anforderungen an eine nachvollziehbare Abrechnung erfüllt. Denn es ist Aufgabe des Auftragnehmers, den von ihm erhobenen Anspruch schlüssig darzulegen und nachzuweisen.

4.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts zu der Frage, ob ein entsprechender Nachweis durch die Klägerin erbracht werden konnte, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

a)

Der Sachverständige hat sowohl in seinem schriftlichen Gutachten vom 18.03.2011 (Bl. 210 bis 223 d.A.) als auch im Rahmen seiner Anhörung am 16.06.2015 (Bl. 357 – 360 d.A.) eindeutig erklärt, er könne nicht angeben, ob die von der Klägerin zugrunde gelegten Massen tatsächlich angefallen sind (S. 8 des Gutachtens, Bl. 217 d.A. und S. 3 des Protokolls, Bl. 358 d.A.).

b)

Ein Fall der Beweisvereitelung liegt nicht vor. Sie setzt ein missbilligenswertes Verhalten vor oder während des Prozesses voraus, durch welches die Beweisführung unmöglich gemacht oder erschwert wird (Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl., § 286, Rn. 14 a). Die Klägerin rügt, die Beklagte würde erhebliche Unterlagen zurückhalten, die dem Sachverständigen eine Überprüfung der tatsächlich angefallenen Mengen ermöglichen würde. Diese Rüge greift jedoch bereits deshalb zu kurz, weil der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt hat, dass auch die Übermittlung von Ausführungsplänen durch die Beklagte nicht die Überprüfung der tatsächlich angefallenen Mengen ermöglichen könnte (S. 4 des Protokolls vom 16.06.2015, B. 359 d.A.). Im Übrigen war die hinreichende Dokumentation der angefallenen Massen nach dem jeweiligen Baufortschritt Sache der Klägerin. Ihr obliegt die erforderliche „Beweis-Sicherung“ während der Leistungserbringung und sie hat das Risiko zu tragen, dass sie – im Falle eines fehlenden gemeinsamen Aufmaßes – die tatsächlich erbrachten Leistungen unter Umständen nicht mehr im vollen Umfang darlegen und beweisen kann (OLG Naumburg a.a.O., Rn. 23).

5.

Eine Schätzung der durch den Auftragnehmer tatsächlich erbrachten Mengen ist grundsätzlich nicht geboten. Sie ist im Ausnahmefall entsprechend § 287 ZPO nur dann veranlasst, wenn der Auftraggeber ein Aufmaß objektiv vereitelt hat und ein Aufmaß nunmehr nur noch mit unzumutbarem Aufwand genommen werden kann oder aufgrund des Baufortschritts nicht mehr möglich ist (Kniffka/Koeble, a.a.O., 5. Teil, Rn. 221). Diese Konstellation ist hier nicht gegeben.

Selbst wenn man jedoch mit der Klägerin davon ausgeht, dass eine Schätzung vorzunehmen sei, könnte dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn nach Angaben des Sachverständigen wäre anhand der vorliegenden Unterlagen nur eine grobe Schätzung möglich, durch die keine der beiden im Raum stehenden Sachverhaltsvarianten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnte. Hierauf hat das Erstgericht unter Ziffer A. I. 5 der Urteilsgründe zutreffend hingewiesen.

6.

Aus den oben unter Ziffer I.2 – I.5 genannten Gründen hat das Erstgericht auch zu Recht die Klage im Hinblick auf die Position Nachtrag 1 abgewiesen.

7.

Nicht zu beanstanden ist auch die Klageabweisung hinsichtlich des Nachtrags 2.

Das Landgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe nicht bewiesen, dass es tatsächlich zu einer Verlängerung oder Verdoppelung der Transportwege gekommen sei, die bei Vornahme der Kalkulation nicht erkennbar war. Über die vorgelegte Skizze (Bl. 226 d.A.) hinaus seien keine weiteren Beweismittel angeboten worden.

Die Berufungsbegründung zeigt nicht auf, wie das Landgericht zu weitergehenden Feststellungen hätte gelangen können. Weder werden Beweismittel benannt, deren Heranziehung durch das Landgericht geboten gewesen wäre, noch wird sonst ausgeführt, woraus die von der Beklagten bestrittene Verlängerung des Transportwegs abgeleitet werden soll. Ein Verfahrens- oder Rechtsanwendungsfehler ist daher nicht dargetan.

Die Berufungsangriffe der Klägerin bleiben daher ohne Erfolg.

III.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (vgl. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor.

Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (vgl. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass in einer solchen neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden könnten, die zu einer anderen Beurteilung führen würden.

Der Senat regt daher an, zur Vermeidung von Kosten die Berufung innerhalb offener Stellungnahmefrist zurückzunehmen, und weist in diesem Zusammenhang auf die in Betracht kommende Ermäßigung der Gerichtsgebühren (KV Nr. 1220, 1222) hin.

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