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Werkvertrag – Restwerklohnanspruch bei Aufrechnung von Schadensersatzansprüchen

LG Düsseldorf – Az.: 41 O 75/10 – Urteil vom 15.11.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 37.452,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 0 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.481,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 0 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Beide Streithelfer tragen die Kosten ihrer Streithilfe jeweils selbst.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das im Spezialtiefbau und Brunnenbau agiert. Die Beklagte ist ein Wohnungsbauunternehmen. Sie errichtete zur Zeit der Klageerhebung ein Wohnobjekt mit Tiefgarage auf dem Grundstück T-Straße in Z. Die Beklagte ließ das zuvor dort stehende Bestandsobjekt, welches mit dem Nachbarobjekt auf dem Grundstück Y1 eine gemeinsame Giebelwand aufwies, abreißen. Eine Unterfangung des Nachbarobjektes war notwendig. Zwischen den Parteien wurde am 0 ein Werkvertrag geschlossen, wonach die Klägerin für die Beklagte bei diesem Bauvorhaben Verbau- und Hochdruckinjektionsarbeiten (Unterfangungsarbeiten) erbringen sollte; auf Bl. 3 d. A. wird Bezug genommen. Als Vergütung wurde ein Pauschalfestpreis von 105.882,36 EUR netto vereinbart.

Bestimmte Leistungen, insbesondere die Unterfangungsarbeiten, sind durch die Klägerin erbracht worden. Die Parteien streiten darum, ob diese vertragsgemäß waren. Eine Nachverdichtung von Trägerstandorten hatte die Klägerin zunächst nicht vorgenommen. Zwischen den Parteien war streitig, ob diese Leistung Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung war. Zwischenzeitlich ist die Nachverdichtungsleistung erfolgt.

Im Vorlauf der Baumaßnahmen wurde seitens der Beklagten die „Baugrundtechnische Untersuchung für das BV Y1“, erstellt durch das Büro X3, beauftragt (Bl. 432 d. A.). Des Weiteren beauftragte die Beklagte den Streithelfer X4, der seine statischen Berechnungen jedenfalls teilweise auf das Gutachten aus dem Hause X5 (Anl. SH 1, Bl. 186 d. A.).

Die Abrissarbeiten am Gebäude Y2 wurden im Zeitraum vom 0 durch die Streithelferin X durchgeführt.

Die Beklagte ließ zum Zwecke der Beweissicherung innerhalb des Nachbargebäudes Y1 dieses durch das Sachverständigenbüro X6 – für dieses war der Zeuge X7 tätig – untersuchen, um bestehende Schäden und Risse von neuen Schäden und Rissen abgrenzen zu können. Unter anderem wurde während der Abbrucharbeiten das T erstellt, welches die Altschäden, die den Bewohnern der Y1 bekannt waren, dokumentiert und auf Besichtigungen vom 0 beruht (Anlagenkonvolut B22).

Ein Gutachten zur Feststellung des Gesamtschadens und seiner Ursachen wurde durch das Institut für Erd- und Grundbau X8 erstellt (Anlage B1). Es erfolgte eine Dokumentation der außen feststellbaren Risse. Die Beweissicherung durch das Büro des Baugrundgutachters X8 begann erst während der Abrissarbeiten.

Schon vor Beginn des Abbruchs und der Trennung der Gebäude durch die Beklagte um den 0 waren Schäden an der gemeinsamen Giebelwand vorhanden. Es existieren zudem Bilder ungeklärter Herkunft mit Datum 0, welche die Giebelwand einschließlich eines Risses darstellen (vgl. Anlage B 22 Gutachten Nr. 5387e Anhang). Die Trennung der Gebäude erfolgte in der 29. Kalenderwoche 0, also zwischen dem 0. Die Beklagte stellte danach einige Risse im Nachbargebäude Y1 fest. Dazu zählten im 1. OG Schäden an der Innenwand neben dem Durchgang sowie hinter dem Schrank im Wohnzimmer, im 2. OG war am 0 ein Riss in der Giebelwand erkennbar, am 0 vergrößert.

Am 0 war der oberirdische Abbruch beendet. Nach Abbruch des Bestandsgebäudes traten Risse an der Gebäudeinnenwand sowie der straßenseitigen Außenwand des Nachbarobjektes auf. Eine Beweissicherung vor Beginn jeglicher Arbeiten wurde nicht durchgeführt, sondern erst, als die Abrissarbeiten schon im Gange waren (Bl. 472 d. A.).

Am 0 (Bl. 64 d. A.) begann die Klägerin mit den Bohrarbeiten für den Verbau, am 0 mit den Unterfangungsarbeiten.

Am 0 sandte die Beklagte ein Schreiben an die Klägerin, in dem dieser eine Schadensmitteilung gemacht wurde und die Klägerin um Leistung einer Sicherheit in Form einer Bürgschaft auf erstes Anforderung über 35.000,00 EUR „zur Vermeidung der Ausübung von Zurückbehaltungsrechten“ ersucht wurde.

Mit Schreiben vom 0 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass sie am 0 zur Durchführung der Arbeitsraumverfüllung/-verdichtung erschienen sei und eine zugesagte Baufreiheit nicht vorgefunden habe. Sie forderte die Beklagte zur Mitteilung eines neuen Termins zur Durchführung der Arbeiten auf. Diese Arbeiten sind nach dem – nunmehr übereinstimmenden – Vortrag der Parteien inzwischen von der Klägerin durchgeführt worden.

Die Klägerin mahnte mit Anwaltsschreiben vom 0 die Zahlung eines Schlussrechnungsbetrages von 42.192,46 EUR an und setzte eine Zahlungsfrist auf den 0.

Mit Anwaltsschreiben vom 0 erklärte die Klägerin, dass behauptete Verhandlungen zwischen den Haftpflichtversicherern gescheitert seien und nunmehr Klage erhoben werde.

Die Klägerin behauptet im Wesentlichen, sie habe die Verbauarbeiten zur Sicherung der Baugrube und die Hochdruckinjektionsarbeiten zur Absicherung der Nachbarbebauung vollständig und mangelfrei ausgeführt und mit Schlussrechnung vom 0 in Rechnung gestellt.

Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 42.192,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 0 zu zahlen, hiervon einen Betrag in Höhe von 5.000,00 EUR Zug um Zug gegen Nachverdichtung der verfüllten Trägerstandorte. Ferner hat die Klägerin zunächst beantragt, festzustellen, dass die Beklagte mit der Entgegennahme der Nachverdichtung der verfüllten Trägerstandorte im Annahmeverzug ist sowie die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.481,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 0 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1.   die Beklagte zu verurteilen, an sie 42.192,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 0 zu zahlen;

2.  festzustellen, dass die Beklagte mit der Entgegennahme der Nachverdichtung der verfüllten Trägerstandorte im Annahmeverzug ist;

3.  die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.481,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 0 zu zahlen.

Die Beklagte und die beiden Streithelfer beantragen,  die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt die Beklagte,

1.  die Klägerin zu verurteilen, an sie 128.038,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 0 zu zahlen;

2.  festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten auch allen weiteren Schaden zu ersetzen, der auf die von der Klägerin mangelhaft durchgeführte Vertragsleistung, insbesondere die Unterfangungsarbeiten zurückgeht.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe die beauftragten Arbeiten nicht entsprechend den Regeln der Technik durchgeführt und am Nachbargebäude erhebliche Rissschäden verursacht. Sie ist der Ansicht, aus diesem Grunde sei die klägerische Leistung auch nicht abnahmefähig. Die Ursächlichkeit der klägerischen Arbeiten sei durch das Gutachten des Institutes für Erd- und Grundbau X8 festgestellt. In „engstem und unmittelbarstem zeitlichen Zusammenhang“ mit dem Beginn der Unterfangungsarbeiten am 0 hätten sich Rissschäden am Nachbarobjekt Y1 „sprunghaft verstärkt“ und „bedrohliche Ausmaße“ angenommen.

Am 0 sei festgestellt worden, dass sich früher festgestellte Risse erweitert hätten und einige Risse neu hinzugekommen seien. Dies betreffe die Risse an der Innenwand im 1. und 2. OG sowie die Ecke Straßenwand/Giebel. Im Dachgeschoss seien Absenkungen des Fußbodens festzustellen.

Ab dem 0 habe es verstärkt Meldungen über Risse und Schäden an Fenstern im Bereich des Erkers, Risse im Erdgeschoss und Beanstandungen der betroffenen Bewohner gegeben, dass sich Fenster nicht mehr ordnungsgemäß schließen ließen. Im Erkerbereich des ersten bis dritten OG sowie im Dachgeschoss seien Risse gemeldet worden. Im Wesentlichen handele es sich um vier Schadensbereiche: (i) die Gebäudeinnenwand und die straßenseitige Außenwand, (ii) ein vertikaler Riss auf der Giebelwand, (iii) Schäden im Bereich des Erkers zur Gartenseite und (iv) Schäden im 3. OG und im DG. Auf S. 8 -12 und die dazugehörigen Fotos der Anlage B 1 wird Bezug genommen. Die Schäden des ersten Bereiches seien auf den Abbruch zurückzuführen, der Schaden des zweiten Bereiches sei ein alter Riss, der bereits vor der Baumaßnahme bestanden habe und nie fachmännisch beseitigt worden sei. Der „dem Riss innewohnende Schadensmechanismus“ sei durch die Abbrucharbeiten, „insbesondere aber durch die Düsenstrahlarbeiten der Klägerin wieder in Bewegung geraten“ und „verstärkt“ worden. Die Schäden des dritten Bereichs gingen ursächlich auf die Unterfangungsmaßnahmen zurück. Die Schäden des vierten Bereichs seien zwar nicht anhand der Rissstruktur zu erklären, aber aufgrund des zeitlichen Verlaufs durch die Unterfangungsarbeiten ursächlich bedingt. Auf Bl. 26 d.A. wird Bezug genommen. Andere Ursachen für den Schaden, insb. die Baugrunderkennung und die statische Berechnung seien ausgeschlossen.

Die Ausführungsarbeiten der Klägerin wiesen Auffälligkeiten und Unregelmäßigkeiten auf. Das Injektionsmaterial sei von unterdurchschnittlicher Festigkeit gewesen. Auch sei an Position 2 Nr. 2 entgegen der Pflicht, zwei Säulen zu erstellen, nur eine Säule erstellt worden, was aufgrund der örtlichen Lastkonzentrationen besonders riskant gewesen sei.

Die Beklagte ist der Ansicht, aus der Schlussrechnung sei maximal ein Betrag in Höhe von 30.041,65 EUR brutto berechtigt.

Die Beklagte erklärte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten am 0, der Klägerin am 0 zugegangen, laut Empfangsbekenntnis ihrer Prozessbevollmächtigten, die Aufrechnung mit Forderungen aufgrund von Schäden, die auf Fehlern der Klägerin basieren würden. Hierzu führt sie aus, die Unterfangungsarbeiten der Klägerin seien für die entstandenen Schäden ursächlich. Sie ist der Ansicht, dies gehe aus dem Schadensbericht des Institutes für X8 hervor. Es seien zwar im Zeitraum des Abrisses zwischen Mitte Juli und Anfang 0 bestimmte Risse festgestellt worden, eine erhebliche Zunahme der Rissschäden sei aber in engstem und unmittelbarstem zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Unterfangung Anfang 0 eingetreten.

J.H. X ist mit Schriftsatz vom 0 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelferin beigetreten. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 0 Herrn PD Dr.-Ing. habil. X8, Y2, Z2 den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelfer beigetreten.

Die Streithelferin X8 schließt sich dem Vortrag der Beklagten zur alleinigen Ursächlichkeit der Klägerin für die Schäden an. Sie behauptet, schon vor Beginn der Abbrucharbeiten in ihrem ersten Prüfbericht (SH-1) empfohlen zu haben, hochbelastete Querwände dahingehend zu überprüfen, ob eine gesonderte Unterfangung notwendig war. Dies sei nicht erfolgt.

Der Streithelfer Herr X8 macht sich den Vortrag der Beklagten, dass ausschließlich klägerische Arbeiten für Schäden verantwortlich sind, zu Eigen. Er behauptet, seine erbrachten Leistungen seien mängelfrei gewesen und vom Prüfingenieur freigegeben worden. Dem Schadensbericht sei zu entnehmen gewesen, dass aufgrund der nicht zutreffenden Annahmen bezüglich der Standsicherheit des Gebäudes Y1 eine angepasste Bewertung notwendig gewesen wäre, die nicht durchgeführt worden sei. Seine statistische Berechnung sei richtig und nicht schadensursächlich gewesen. Nach den Entwicklungen bei den Abbrucharbeiten, unter anderem dem Abriss des Giebels, hätte er einer Unterfangung nicht mehr zugestimmt. Der Streithelfer sei erst nach Neubebauung des Kellers über Schäden unterrichtet worden, eine vereinbarte Rücksprache und einstweilige Einstellung der Bauarbeiten sei trotz der Abweichungen von der Planung nicht erfolgt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen X11 vom 0 nebst seiner mündlichen Anhörung in den Terminen zur mündlichen Verhandlung vom 0 (vgl. Bl. 507 d.A.), vom 0 (vgl. Bl. 640 d.A.)  und vom 0 (vgl. Bl. 768 d.A.). Ferner hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X9, X10a und X14 am 0 sowie durch Vernehmung des Zeugen X7 am 0. Auf die Protokolle zu den mündlichen Verhandlungen vom 0, 0 und vom 0 wird Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und beider Streithelfer wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen der Parteien und der Streithelfer ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Klage und Widerklage sind zulässig. Die Klage ist teilweise begründet, die Widerklage unbegründet.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Beklagten vom 0 (Bl. 792 d.A.).

Im Einzelnen liegen der Entscheidung folgende Erwägungen zu Grunde:

A. Zur Klage

I.

Die Klage ist zulässig. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf folgt aus der in Ziffer 12.2 des zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrages niedergelegten Gerichtsstandsvereinbarung.

II.

1. Klageantrag zu 1. (Zahlung von 42.192,46 EUR)

a.

Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Werklohn gemäß § 631 Abs. 1 2. HS BGB besteht lediglich in Höhe von 37.452,98 EUR.

Ein Werkvertrag (Anlage B15) über die Erbringung von Verbau- und Unterfangungsarbeiten liegt vor. Die Klägerin hat auch im Zeitraum August/September 0 Arbeiten auf der Baustelle der Beklagten vorgenommen.

Auszugehen ist von dem Betrag, der aus der Schlussrechnung ersichtlich wird. Es obliegt zwar grundsätzlich der Klägerin, prüffähig darzulegen, wie sich die Klageforderung zusammensetzt, da nicht der gesamte unstreitig vereinbarte Pauschalpreis von 105.882,35 EUR netto geltend gemacht wird. Die Klägerin bezieht sich mit ihrem Klageantrag aber auf die von der Beklagten in Anlage B 16 vorgelegten Schlussrechnung und macht sich die darin enthaltenen Tatsachen zu Eigen. Aus der insoweit maßgeblichen Schlussrechnung ergibt sich eine anfängliche Forderung von 135.996,59 brutto.

Hierauf hat die Beklagte unstreitig 94.652,60 EUR gezahlt. Demnach bestand dem Grunde nach ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 42.192,46 EUR

b.

Der Anspruch ist auch fällig.

Grundsätzlich wird die Vergütung nach § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB erst mit Abnahme des Werkes fällig.

Es kommt im Ergebnis nicht darauf an, ob eine Abnahme erfolgt ist oder die Beklagte zur Abnahme verpflichtet war, denn zwischen den Parteien ist durch die vorliegende Prozesssituation ein reines Abrechnungsverhältnis entstanden, in dem es im Wesentlichen allein um die Verrechnung von Vergütungsansprüchen der Klägerin mit Schadensersatzansprüchen der Beklagten geht (vgl. dazu z.B. BGH NJW 2005, 3574). Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien sind auch die zunächst fehlenden Nachverdichtungsarbeiten von der Klägerin inzwischen erbracht worden. Der Werklohn ist auch ohne Abnahme fällig und es findet eine Abrechnung der beiderseitigen Ansprüche statt, wenn der Auftraggeber nicht mehr Erfüllung, sondern nur noch Schadensersatz verlangt (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 – VII ZR 315/01, BauR 2003, 88 = ZfBR 2003, 140; Urteil vom 16. Mai 2002 – VII ZR 479/00, BauR 2002, 1399 = ZfBR 2002, 676; Urteil vom 23. Juni 2005 – VII ZR 197/03, Volltext über juris).

c.

Die Werkleistung der Klägerin ist auch nicht mangelhaft gemäß § 633 BGB.

Ein Mangel liegt vor, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit, die nach Vertrag vorausgesetzte Beschaffenheit oder die für die gewöhnliche Verwendung geeignete oder übliche Beschaffenheit aufweist.

Ansatzpunkt für eine Mangelhaftigkeit im Gutachten des Sachverständigen X11 könnte eine fehlende zweite Säule im Rahmen der Unterfangungsarbeiten darstellen. Das Fehlen derselben konnte der Sachverständige in seinem Gutachten allerdings nicht zweifelsfrei feststellen. Auch eine eventuelle Mangelhaftigkeit des Injektionsmaterials konnte nicht bewiesen werden (s.u. 2. b) aa)). Jedenfalls hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 0 erklärt, dass die Leistung der Klägerin nicht unbrauchbar ist. Im Übrigen wurde die Bebauung durch die Beklagte zwischenzeitlich vollständig erstellt und die Beklagte hat auch nichts von weiteren Rissen vorgetragen.

d.

Gegenüber der dem Grunde nach entstandenen Werklohnforderung von 42.192,46 EUR kann die Beklagte Abzüge in Höhe von 4.739,48 EUR geltend machen. Im Einzelnen setzt sich dieser Abzug zusammen aus vertraglich vereinbarten Abzügen für eine Bauwesenversicherung und einen Skonto in Höhe von 5 % der Abrechnungssumme.

aa.

Laut Ziffer 9.2.1 des Bauvertrages ist die Klägerin lediglich zur Übernahme von 0,5 %, nicht aber 5 % der Bauleistungsversicherungen verpflichtet. Ausgehend von einem Bruttorechnungsbetrag von 135.996,59 EUR ergibt sich ein Anteil der Klägerin von 679,98 EUR, der von der Klageforderung abzuziehen ist.

bb.

Laut Ziffer 12.3.1 des Bauvertrages gilt ein Skonto von 3 % als vereinbart, wenn die Zahlung auf die prüffähige Schlussrechnung innerhalb von 20 Werktagen erfolgt. Die Beklagte hat hier vorgetragen, dass zumindest eine Teilzahlung innerhalb der 20 Werktage erfolgt ist. Die Klägerin hat dies nicht bestritten.

Demnach ist ein Betrag von 4.059,50 EUR abzuziehen.

cc.

Laut Ziffer 5.2 der Vertragsbedingungen der Beklagten für die Ausführung von Bauleistungen (Anlage 2 zum Bauvertrag) war die Beklagte ursprünglich berechtigt, einen Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5 % der geprüften Bruttoschlussrechnungssumme vorzunehmen. Mittlerweile ist die Gewährleistungsfrist jedoch abgelaufen, so dass die Beklagte hierfür keinen Abzug mehr vornehmen kann.

dd.

Einen Abzug in Höhe von 5.000 EUR, der wegen zunächst nicht erbrachter Leistungen zur Nachverdichtung der verfüllten Trägerstandorte herrühren könnte, kann die Beklagte nicht vornehmen, da diese Arbeiten mittlerweile unstreitig von der Klägerin erbracht worden sind. Somit wurde, wenn die Leistung der Nachverdichtung nicht von Anfang an geschuldet war, zumindest konkludent um diese Leistung erweitert, so dass auch die Vergütung zu erbringen ist.

Zwischenergebnis:

Es besteht eine Klageforderung in Höhe von 37.452,98 EUR.

2. Hilfsaufrechnung der Beklagten

Die Beklagte kann gegenüber diesem Werklohnanspruch der Klägerin nicht mit Erfolg aufrechnen.

a.

Die Beklagte hat erklärt, sofern „wider Erwarten“ von einer Abnahme ausgegangen werden könne, rechne sie gegenüber der aus ihrer Sicht richtigen Rechnungshöhe mit ihren Schadensersatzansprüchen in gleicher Höhe auf. Dies stellt eine Hilfsaufrechnung im Prozess dar. Vorliegend wird zwar nicht „von einer Abnahme ausgegangen“, es wird aber unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH auf das Erfordernis der Abnahme verzichtet, da die Beklagte im Wesentlichen nur noch Schadensersatzansprüche als Gegenansprüche geltend macht. Diese Fälle sind gleich zu behandeln, sodass die prozessuale Bedingung, unter deren Vorbehalt die Aufrechnung erklärt wurde, hier eingetreten ist.

Die Beklagte rechnet mit Schadensersatzforderungen auf, und zwar In Höhe der Kosten für die beiden Gutachten des Sachverständigen X11b und des Institutes für Erd- und Grundbau X8. Die übrigen Ansprüche sind Gegenstand der Widerklage.

b.

Der Beklagten stehen wegen der beiden Gutachten keine aufrechenbaren Gegenansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Darlegungs- und beweisbelastet ist insoweit die Beklagte.

Die Beklagte ist der Ansicht, ihr stünden Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Kosten für die seitens der Beklagten durchgeführten bzw. beauftragten Beweissicherungen, baulicher Maßnahmen, der Bauleitung sowie Kosten der Rechtsberatung in Zusammenhang mit den Schäden zu, da die Klägerin die von ihr durchgeführten Arbeiten nicht mangelfrei und entsprechend den Regeln der Technik erbracht habe. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs sind von ihr aber nicht bewiesen.

aa)

Eine Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB liegt nicht vor.

Unstreitig ist zunächst, dass die Klägerin Verbau- und Unterfangungsarbeiten an dem streitgegenständlichen Objekt durchgeführt hat. Unstreitig ist auch, dass bereits vor Durchführung der Arbeiten seitens der Klägerin Schäden am Nachbarobjekt, insbesondere Risse, entstanden waren. Es steht ebenfalls zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Abschluss der Arbeiten durch die Klägerin weitere Risse aufgetreten sind.

Die Beklagte legt aber schon nicht dar, welche Teile oder Ausführung der klägerischen Werkleistung eine Pflichtverletzung darstellen könnte. Es überzeugt nicht, dass eine Pflichtverletzung in der nach dem Gutachten des Sachverständigen X11 festgestellten nicht ganz fachgerechten Ausführung liegen soll. Ein an dieser Stelle unterstelltes „Absacken“ des Hauses oder eine Bewegung des Hauses, die zu Verformungen und Rissen führte, konkretisiert die Beklagte nicht.

Das Sachverständigengutachten stellt einige Unzulänglichkeiten bei der Durchführung der Unterfangung fest. So sei die gewählte Rammsondierung aus Sicht des Sachverständigen kein probates Mittel gewesen und die – allerdings vom Ingenieurbüro X12 gewählte – Abschlusstiefe nicht dem damaligen Zeitpunkt gültigen DIN 4020-2003-09 entsprechend. Das Gutachten stellt allerdings lediglich fest, dass die durchgeführten Aufschlussarbeiten generell unangemessen bzw. unzulässig sein könnten, um ein sicheres Bauen zu gewährleisten, jedoch keine konkreten nachlässigen Handlungen geschweige denn eine Ursächlichkeit dieser Handlungen für die Schäden (s.u. bb).

Der Sachverständige X11 konnte nicht bestätigen, dass die Klägerin die Verbau- und Unterfangungsarbeiten entsprechend dem „Stand der Technik“ durchführte. Dies beruht aber ausdrücklich auf der lückenhaften Dokumentation und Unstimmigkeiten sowie einer nicht belegten Zulassung der Klägerin. Er konnte somit umgekehrt auch nicht bescheinigen, dass die Arbeiten nicht dem „Stand der Technik“ entsprachen. Es wird keine einzige Handlung genannt, die konkret ein pflichtwidriges Verhalten darstellt. Somit scheitert die Beweisführung der Beklagten schon hier. Wenn sich die Beklagte in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 0 darauf bezieht, dass die Arbeit der Klägerin im Sachverständigengutachten als „vogelfrei“ bezeichnet wird, bezieht sich dies auf die messtechnische Überwachung, nicht aber auf die schlechte Durchführung einzelner Unterfangungsarbeiten. Dass der Klägerin bei den ihr obliegenden Arbeiten konkrete Fehler unterlaufen sein sollten, konnte der Sachverständige auch im Rahmen seiner ergänzenden mündlichen Begutachtung in der mündlichen Verhandlung vom 0 nicht bestätigen.

Weiterhin konnte die im Gutachten des Büros X13 (B1, S. 22) festgestellte Mangelhaftigkeit des Injektionsmaterials nicht bewiesen werden. Selbst wenn demnach ein Bohrkern eine unterdurchschnittliche Festigkeit aufwies, wird dies vom Büro X13 selbst als unproblematisch eingestuft. Das Gericht folgt insofern ebenfalls der überzeugenden Ausführung des Sachverständigen X, dass mangels technischer Informationen eine Fehlerhaftigkeit des verwendeten Injektionsmaterials nicht bewiesen werden kann.

Es kann ebenfalls nicht mit abschließender Sicherheit angenommen werden, dass die Klägerin nur eine Säule anstelle von zweien erstellte und dass dies ein besonders riskanter Vorgang gewesen wäre. Wiederum ist die Dokumentation unzureichend.

Zudem sagt auch der Sachverständige aus, dass die Unterfangungsarbeiten, die die Klägerin durchführte, keineswegs wertlos seien. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass die Bebauung mittlerweile fertig gestellt ist und benutzt wird.

bb)

Zudem hat die Beklagte insbesondere das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer – zugunsten der Beklagten an dieser Stelle unterstellten – Pflichtverletzung der Klägerin und einem der Beklagten entstandenen Schaden nicht bewiesen.

(1)

Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass die Risse im Nachbargebäude in engem Zusammenhang mit den Arbeiten der Klägerin entstanden sind. Hier verbleiben Zweifel, so dass das Gericht nicht gemäß § 286 ZPO vom Vorliegen dieser Tatsache überzeugt ist.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist das Gericht der Überzeugung, dass gegen eine erwiesene Kausalität vor allem spricht, dass a) unstreitig schon vor den Arbeiten der Klägerin Risse im Bestandsgebäude vorhanden waren und dieses vorgeschädigt war und b) nicht frühzeitig mit einer Dokumentation bzw. dem Rissmonitoring begonnen wurde (erst am 0, siehe Gutachten X13, B1, S. 6), so dass der Zusammenhang zwischen den Unterfangungsarbeiten und möglicher neuer oder vertiefter Risse zweifelhaft bleibt.

Es ist davon auszugehen, dass während des Bauvorhabens Schäden am Nachbarobjekt Y1 entstanden sind bzw. vertieft wurden. Es fehlt jedoch am Beweis durch die Beklagte, dass diese Schäden auf die Arbeiten der Klägerin zurückgehen und dass die Klägerin sich pflichtwidrig verhalten hat. Das Gutachten des Büros X8 beschränkt die Behauptung der Ursächlichkeit der klägerischen Arbeiten für Schäden am Nachbarobjekt von vornherein auf einzelne Schadensbereiche, nämlich im Bereich des Erkers zur Gartenseite und Schäden im 3. OG und im DG. Die Schäden an Gebäudeinnenwand und straßenseitiger Außenwand sind nach den Ausführungen im Privatgutachten aus dem Büro X8 auf den Abbruch zurückzuführen, und sind somit auch nach dem Beklagtenvortrag nicht durch die Klägerin verursacht worden.

Der vertikale Riss auf der Giebelwand hat bereits vor Durchführung der klägerischen Arbeiten bestanden, wie das Gutachten des X8 belegt, das als klägerischer Parteivortrag zu werten ist. Dieser Riss sei nie fachmännisch beseitigt worden. Die Beklagte muss sich entgegenhalten lassen, dass sie diesen Riss vor Beauftragung der Klägerin kannte oder kennen musste. Der Ansicht des Gutachtens aus dem Büro X8, der „dem Riss innewohnende Schadensmechanismus“ sei durch die Abbrucharbeiten, „insbesondere aber durch die Düsenstrahlarbeiten der Klägerin wieder in Bewegung geraten“ und „verstärkt“ worden, kann nicht gefolgt werden. Selbst wenn man diese Bewertung aber zugrunde legen könnte, so wäre der Schaden trotzdem nicht der Klägerin anzulasten. Denn die Klägerin hat substantiiert dargelegt, dass die Beklagte zugesichert hat, dass die Bestandsbebauung unterfangungsfähig sei und dass systembedingte nicht vermeidbare Bewegungen aufgrund der Leistungen der Klägerin der Beklagten bekannt seien (s.u. (3)). Auf Bl. 145 d. A. wird Bezug genommen. Von dieser Freistellung ist auch der bestehende Riss in der Giebelwand erfasst, der der Beklagten vor Beauftragung der Klägerin bekannt gewesen sein muss.

Die Schäden des dritten Bereichs gingen, so das Gutachten aus dem Büro X8, ursächlich auf die Unterfangungsmaßnahmen zurück. Die Schäden des vierten Bereichs seien zwar nicht anhand der Rissstruktur zu erklären, aber aufgrund des zeitlichen Verlaufs durch die Unterfangungsarbeiten ursächlich bedingt. Auf Bl. 26 d.A. wird Bezug genommen. Andere Ursachen für den Schaden, insb. die Baugrunderkennung und die statische Berechnung seien ausgeschlossen.

Dem kann das Gericht nicht folgen. Aus keinem Gutachten der Anlage B22 wird eine Zuordnung zwischen den Schäden und den einzelnen Bautätigkeiten ersichtlich. Auch nach der überzeugenden Aussage des Sachverständigen X11 können die Schäden nicht aus einer einzelnen Handlung abgeleitet werden. Das Gutachten kann nicht bestätigen, dass die Nachbarschäden aufgrund des zeitlichen Verlaufs durch die klägerischen Arbeiten ursächlich bedingt sind (S. 35). Insbesondere treten demnach Verformungen ggf. auch zeitlich versetzt auf, so dass sie nicht unmittelbar der klägerischen Tätigkeit zugeordnet werden können.  Zudem bezieht sich das Gutachten fast ausschließlich auf Innenschäden. Dass dann Schäden im 3. Obergeschoss des Hauses Y1 erfolgt sind, kann nicht den Unterfangungsarbeiten zeitlich zugeordnet werden. Der Glaubhaftigkeit des Gutachtens aus dem Büro X8 steht zudem entgegen, dass dieses von der Beklagten beauftragt wurde.

Sämtliche Gutachten des Büros X6 stellen lediglich neue Risse und Veränderungen fest, behaupten aber nicht, dass diese auf die Arbeiten der Klägerin zurückzuführen seien. Zudem sagt schon das Gutachten Nr. 5387 a/09 auf Blatt 5, dass die erste Besichtigung des Zeugen X7a erst nach Beginn der Abrissarbeiten erfolgte. Auch die Aussage des Zeugen X7a in der mündlichen Verhandlung vom 0 (auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen, vgl. Bl. 768 d.A.) konnte keine Kausalität beweisen, sie ist vielmehr nicht ergiebig. Der Zeuge X7a war ehemals Mitarbeiter im Büro X6, das die Beweissicherungsfeststellungen im Auftrag der Beklagten getroffen hat. Der Zeuge hat zugegeben, dass er selbst die Baulücke und das Giebelwandgebäude von außen nur einmal aus einer Entfernung von ca. 30 Meter gesehen hat. Er war auch nicht in zeitlicher Nähe am Bauvorhaben.

Zudem bestehen Widersprüche in der Fotodokumentation und den Angaben zur Anwesenheit am Bauvorhaben des Zeugen, die er sich selbst, jedenfalls nun nicht mehr, erklären kann. Dort habe man „irgendwelche Risse“ gesehen. Ob diese Risse vor oder nach den Bauarbeiten entstanden sind, konnte der Zeuge nicht sagen und erst recht nicht, dass diese auf die Unterfangungsarbeiten der Klägerin zurückzuführen wären. Auch nach Vorlage bestimmter Bilder aus der Dokumentation konnte er sich nicht genau erinnern, an der Baustelle gewesen zu sein oder Bilder aufgenommen zu haben. Er betonte nochmals, dass für die Annahme, dass die Schäden im Zusammenhang mit den Unterfangungsarbeiten stünden, eine nähere Untersuchung erforderlich gewesen sei, die seines Wissens nach niemals erfolgte. Der Zeuge konnte sich insbesondere auch nicht daran erinnern, warum er in seinen Berichten die Unterfangungsarbeiten im Zusammenhang mit den Schäden nannte oder wann die Mitarbeiter seines Büros zur Besichtigung des Bauvorhabens vor Ort waren.

Die Aussage des Zeugen Dipl.-Ing. X9 vermag das Gericht ebenfalls nicht von einer Kausalität zu überzeugen. Herr X9 zeigte in der mündlichen Verhandlung vom 0 einige Gedächtnislücken und Unsicherheiten. Zwar ist seine Aussage dahingehend aufzufassen, dass die Rissschäden an dem Giebel, die im Gutachten MBI Nr. 5387b/09, Blatt 6 dargestellt sind, schon vor dem Abbruch vorhanden waren. Dass diese alten Risse einen Schadensmechanismus enthielten, der durch die Arbeiten der Klägerin aktiviert wurde, wie im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 0 behauptet, kann dadurch allerdings nicht bewiesen werden. Der Zeuge X9 benannte auch konkret keine Handlung, die diesen Zusammenhang nachvollziehbar erscheinen lassen würden. Zudem war die Aussage des Zeugen X9 dadurch belastet, dass er von der Beklagten selbst beauftragt wurde. Seine Aussage lässt aber auch so schon keine Annahme einer adäquat kausalen Schadensverursachung zu. Er gab zuletzt sogar zu, dass eine Schadensfeststellung mangels einer Vermessung nicht möglich war (auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 0 (vgl. Bl. 640 d.A.) wird Bezug genommen).

Der Zeuge Dipl.-Ing. X10a war zur Zeit der mündlichen Verhandlung noch angestellter technischer Leiter und Prokurist bei der Beklagten und nach Ansicht des Gerichts ebenfalls nicht unbelastet in seiner Glaubwürdigkeit. Überdies bestätigt seine Aussage ebenfalls, dass die soeben thematisierten Risse schon deutlich vor Beginn der Baumaßnahme vorhanden waren. Er konnte auch überzeugend darlegen, dass er während der Arbeiten der Klägerin Beschwerden der Nachbarn erhielt. Dieser rein zeitliche Zusammenhang reicht aber noch nicht aus, um eine Kausalität zu beweisen. Er hat eben keine ergiebige Aussage dazu getätigt, ob eventuell neu entstandene Risse konkret auf die Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen sind; auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 0 (vgl. Bl. 640 d.A.) wird Bezug genommen.

Der Zeuge X14 machte ebenfalls hinsichtlich der Kausalität keine ergiebige Aussage in der mündlichen Verhandlung vom 0. Er behauptet lediglich, dass neue Risse im Zeitraum der Unterfangung entstanden wären. Er legt, wie schon der Zeuge X10a, dar, dass Beschwerden von Nachbarn erst nach Beginn der Unterfangungsarbeiten der Klägerin begannen. Er hat aber gerade nicht erklärt, dass diese Schäden mit Sicherheit vorher nicht vorhanden waren oder dass diese von den Arbeiten der Klägerin herrühren; auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 0 (vgl. Bl. 640 d.A.) wird Bezug genommen.

(2)

Dem Beweis der Kausalität der Unterfangungsarbeiten für die Schäden steht insbesondere auch die unzulängliche Beweissicherung während der Abrissarbeiten entgegen: Weder fand eine vermessungstechnische Aufnahme vor, während oder nach der Baumaßnahme des Bestandsgebäudes statt, noch eine durchgängiges Rissmonitoring. (SV Gutachten X11, dort S. 26).

Zu dem Verlauf der Abrissarbeiten lagen keine Unterlagen für das Sachverständigengutachten vor und während der Abrissarbeiten nahm die Beklagte keine messtechnische Beweissicherung zu den Schäden im Nachbargebäude vor (SV Gutachten, S. 19). Besonders schwer wiegt, dass im Zeitraum der Unterfangung keine Rissmonitore eingesetzt wurden und keine vermessungstechnische Aufnahme der Gebäudebestände erfolgte, eine Schwingungsmessung während der Abrissarbeiten fand ebenfalls nicht statt (SV Gutachten S. 20). Dass Nachbarn während der Unterfangungsarbeiten Risse gemeldet haben sollen, kann ebenfalls keine Kausalität beweisen. Der allgemeinen Erfahrung nach finden sich an Gebäuden mit Vorbelastungen wie dem der Y1 häufig Risse, die dann erst aufgrund eines bestimmten Anlasses eine Beachtung finden. Zudem kann eine Rissbildung auch noch auf den weiteren Abrissarbeiten beruht haben.

Fest steht lediglich, dass es vor den Unterfangungsarbeiten bereits Schäden am Bauwerk Y1 gab und diese sich „über den Zeitraum der Unterfangung wohl verstärkten bzw. „neue“ Schäden auftraten“ (Gutachten S. 20). Diese sehr vage Formulierung lässt noch nicht einmal zwingend den Schluss zu, dass überhaupt gravierende neue Schäden auftraten, geschweige denn den Schluss auf eine Kausalität der Unterfangungsarbeiten. Vielmehr stellte der Gutachter X ausdrücklich fest, dass die zeitliche und bauliche Veränderung nicht auf den Verursacher der Schäden schließen lässt (SV Gutachten S. 29). Gerade auch die festgestellten Unzulänglichkeiten hinsichtlich der Aufschlussarbeit werden in seinem Gutachen nicht im Zusammenhang mit den entstandenen Schäden diskutiert (SV-Gutachten S. 25), sondern nur das Entfernen der Fundamentüberstände und der überstehenden Unterfangung.

(3)

Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich auf einen Beweis des ersten Anscheins hinsichtlich der Ursächlichkeit der klägerischen Arbeiten für die entstandenen Schäden berufen.

Der Beweis des ersten Anscheins erlaubt bei typischen Geschehensabläufen den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs ohne exakte Tatsachengrundlage auf der Grundlage von Erfahrungssätzen. Er setzt einen Sachverhalt voraus, bei dem nach der Lebenserfahrung aus bestimmten Handlungen auf das Hervorrufen bestimmter Folgen oder für ein Ereignis auf die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden kann. Dabei muss es sich um einen Vorgang handeln, bei dem es durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit bekannt ist, dass ein Geschehen nach einem bestimmten Muster abzulaufen pflegt (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.08.2009, BeckRS 2010, 00348 = BauR 2010, 474; vgl. auch BGHZ 100, 214, 216 = NJW 1987, 1944; BGH NJW 2001, 1140, 1141; Musielak/Foerste, ZPO, 8. Auflage 2011, § 286 Rn. 23 m.w.N.). Ein solcher feststehende Sachverhalt, der aufgrund eines typischen Geschehensablaufes den Schluss auf die (pflichtwidrige) Verursachung der hier vorliegenden Folgen rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Die Besonderheiten des Falles finden sich nicht in den von der Beklagten zitierten Entscheidungen wieder.

Aus der Entscheidung des BGH vom 19.04.1991, NJW 1991, 2021, lassen sich keine für die Beklagte günstigen Schlüsse ziehen. In der Entscheidung heißt es: „Werden bei der Aushebung und Sicherung einer Baugrube DIN-Normen nicht beachtet, so spricht eine widerlegliche Vermutung dafür, daß im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Aushebung auf einem Nachbargrundstück entstandene Schäden auf die Verletzung der DIN-Normen zurückzuführen sind. Ein wegen der Schäden in Anspruch genommener Beklagter hat darzulegen und zu beweisen, daß die Schäden nicht auf die Verletzung der DIN-Normen zurückzuführen sind.“

Dem lag aber die Überzeugung des Gerichtes zugrunde, dass der Vortrag des Klägers, die Baugrube sei nicht entsprechend den einschlägigen DIN-Vorschriften angelegt worden, durch den gerichtlichen Sachverständigen bestätigt worden sei. Hier ist eine Verletzung von DIN-Normen, insb. DIN 4123, nicht dargetan.

Zwar hat das OLG Düsseldorf in der von der Beklagten zitierten Entscheidung vom 19.02.1999 die Ansicht vertreten, dass die Tatsache, dass es im Anschluss an Ausschachtungen auf dem betreffenden Grundstück zu Senkungen des angrenzenden Nachbargiebels gekommen war, die ein Sachverständiger als „ungewöhnlich hoch“ bezeichnet habe, nach den Regeln des Anscheinsbeweises die Feststellung rechtfertige, dass bei der Vertiefung des Grundstücks des Beklagten nicht für eine genügende anderweitige Befestigung des Nachbargrundstücks gesorgt worden sei (Rz. 10 des Urteils). Allerdings konnte das OLG Düsseldorf in der zitierten Entscheidung von feststehenden Tatsachen ausgehen, die im vorliegenden Verfahren nicht bewiesen sind. So war auf in den Prozess eingebrachten Lichtbildern zu sehen, dass die Giebelwand „stellenweise“ nicht vollflächig unterfangen war und „bis zu armgroße Hohlräume“ zwischen Giebelfundament und Unterfangung vorlagen, die die nicht ordnungsgemäße Ausführung der Unterfangung bestätigten. An einer vergleichbaren Sachlage fehlt es hier. Somit fehlt es aber an einer entscheidenden unstreitigen Tatsachengrundlage, die den Schluss auf bis dato unbewiesene Tatsachen (eine Pflichtverletzung der Klägerin sowie eine daraus kausal folgende Verursachung der Schäden am Nachbargrundstück durch mangelhafte Unterfangungsarbeiten der Klägerin) im Wege des Anscheinsbeweises rechtfertigen würde.

Die von der Beklagten zitierte Entscheidung BGH VersR 1966, 165 ist für den vorliegenden Fall ohne Relevanz, da dort die Verkehrssicherungspflichten des Abbruchunternehmers konkretisiert werden. Die Klägerin war hier nicht als Abbruchunternehmerin eingeschaltet, sondern sollte im Auftrag der Beklagten die nach dem Abbruch erforderlichen Unterfangungsarbeiten durchführen. Anzeichen eines gefährlichen baulichen Zustandes waren für die Klägerin, anders als im zitierten Urteil, nicht zu erkennen. Sie konnte sich hier auf die bauseitigen Vorgaben stützten, die eine Unterfangungsfähigkeit belegten (Bl. 145 d.A.) Zwar ist es zutreffend, dass die Klägerin während der Arbeiten stets zu prüfen hat, ob die getroffenen Maßnahmen den konkreten Umständen genügen, d.h. ob die Arbeiten gefahrlos durchgeführt werden können. Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, dass sich während der Arbeiten der Klägerin Umstände herausgestellt hätten, die eine Reaktion der Klägerin erforderlich gemacht hätten.

Nach Überzeugung des Gerichtes ist bei dem vorliegenden Bauvorhaben in einem dicht bebauten Gebiet wie Z, bei dem Gebäude Wand an Wand stehen – das abgerissene Objekt wies mit dem Nachbarobjekt eine gemeinsame Giebelwand auf – nicht von der feststehenden Tatsache, dass die Klägerin Unterfangungsarbeiten durchgeführt hat und dem feststehenden Schaden, zu schließen, dass andere Umstände als die Arbeiten der Klägerin für die entstandenen Schäden ursächlich waren. Die Unterschiede zu den von der Beklagten beigebrachten Sachverhalten aus den zitierten Urteilen wurden dargelegt. Entscheidend ist darüber hinaus, dass vorliegend bereits vor Durchführung der klägerischen Arbeiten Risse vorhanden waren und dass vor der Durchführung der klägerischen Arbeiten weitere Risse auftraten.

Darüber hinaus fällt ins Gewicht, dass das Gutachten des sachverständigen Zeugen X8 auf Grundlage von Ortsbegehungen erstellt wurde, die erst zweieinhalb Monate nach Beginn der klägerischen Unterfangungsarbeiten, nämlich am 0 bzw. 0 und 0 (Seite 7 des Gutachtens X8) durchgeführt wurden. Es ist naheliegend, dass in der Zwischenzeit auch Handlungen Dritter auf der Baustelle zu den weiteren Schäden geführt haben könnten.

Zuletzt entkräftet auch der Sachverständige X11 die Annahme eines Anscheinsbeweises. Nach seinem Gutachten und seiner mündlichen Stellungnahme, verursachte nur das Zusammenspiel aller Arbeiten sowie der Ausgangszustand der Gebäude die Schäden und die Zuordnung einzelner Handlungen zu konkreten Schäden war aufgrund der mangelnden Beweissicherung unmöglich (s.o.).

(4)

Die Unterfangungswirkungen könnten somit höchstens als mitursächlich bewiesen werden. Auch der Sachverständige beurteilt es als eher wahrscheinlich, dass die Vorarbeiten, insbesondere der Abriss, so auf das Gebäude Y1 eingewirkt haben, dass die Schäden auch durch diese herrühren könnten.

Jedoch verlangt der Rechtsgedanke des § 830 BGB auch eine Gesamtkausalitätseignung (vgl. z.B. Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 830 Rn. 73): Das bedeutet, dass der einzelne in Frage stehende Ursachenbeitrag die Fähigkeit besitzen muss, den Gesamtschaden allein zu verursachen (BGH NJW 1976, 1934; BGH NJW 1994, 932; 1996, 3205). Die Unterfangungsarbeiten müssen demnach jedenfalls theoretisch dazu fähig gewesen sein, den Gesamtschaden allein zu verursachen. Dies kann hier durch das Sachverständigengutachten und nach der Beweisaufnahme nicht angenommen werden. Es steht vielmehr zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Schadensbild durch mehrere Umstände wie die Vorschäden, die Abrissarbeiten etc. gemeinsam entstanden ist, also eine kumulative und keine alternative Kausalität vorliegt. Hier kann somit nicht bewiesen werden, dass auch nur ein Teilschaden ausschließlich auf die Handlung der Klägerin zurückzuführen ist. Nach Ansicht des Sachverständigen sind sämtliche Schäden vielmehr Summe „des durchgeführten Abrisses, Unterfangungsarbeiten (Bohren, Düsen), Ankerarbeiten (Bohren, Verpressen, Spannen), Unterfangungsarbeiten (abfräsen), Fundamentbearbeitung (abstemmen) und Neugründung im belasteten und bisher geringer belasteten Bereich.“ Zudem sei die Verträglichkeit des Altbestandes mit in die Gesamtbetrachtung aufzunehmen (SV Gutachten S. 26).

(5)

Selbst wenn man unterstellen würde, die Unterfangungsarbeiten seien mitursächlich im Sinne des § 830 BGB für die Schäden gewesen, waren sie jedoch nicht adäquat kausal. Es kommt für die Annahme einer haftungsbegründenden Kausalität eben nicht darauf an, ob ein Verhalten des Schädigers die Rechtsgutverletzung verursacht hat, sondern ob diese auf der Pflichtverletzung beruht, sie also bei sorgfaltsgemäßem Handeln nicht eingetreten wäre (vgl. z,B. BGH NJW 2009, 3878, 3790). Selbst wenn man unterstellen würde – was beides, wie festgestellt, schon nicht nachgewiesen werden kann -, dass die Klägerin pflichtwidrig handelte und ihre Handlugen kausal für die eingetretenen Schäden waren, kann es jedenfalls nicht bewiesen werden, dass bei pflichtgemäßem Arbeiten der Klägerin die Schäden nicht eingetreten wären. Laut dem Sachverständigengutachten ziehen bei Unterfangungsarbeiten selbst bei der (hier erfolgten) Wahl eines schonenden Verfahrens die erforderlichen Umlagerungsarbeiten „unweigerlich“ Setzungen nach sich (SV Gutachten S. 23, 25). Verformungswirkungen seien „immer zu erwarten“ (SV Gutachten S. 34). Selbst bei „sorgfältigster und behutsamster Ausführung einer Unterfangung sei davon auszugehen, dass „natürliche“ Verformungswirkungen in Größenordnung von etwa 1 bis 2 cm auf den zu unterfangenden Bestand einwirken.“ (SV Gutachten S. 35). Der Sachverständige Herr X11 hat bei persönlicher Befragung am 0 (auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen, vgl. Bl. 768 d.A.) dem Gericht überzeugend bestätigt, dass Unterfangungsarbeiten niemals „zum Nulltarif“ vorgenommen werden können. Dies gilt insbesondere, wenn die Bestandsbauwerke Vorbelastungen aufweisen, was vorliegend „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ der Fall war.

cc.

Selbst bei unterstellter Kausalität gemäß § 830 BGB führt eine Gesamtbetrachtung der mehreren Gesamtschuldner dazu, dass die Klägerin hier nicht „haftet“, sondern die Beklagte, der Abbruchunternehmer und der Statiker nach dem Gedanken der §§ 840 Abs. 3, 254 BGB verantwortlich sind.

(1)

Aus dem Gutachten geht hervor, dass nicht nur die Beklagte, sondern auch die beiden Streithelfer den Schaden deliktisch verursacht haben (s.u. (2), (3)). Dadurch werden sie zu einer Zweckgemeinschaft verbunden und haften nach § 840 BGB als Gesamtschuldner.

Im Innenverhältnis sind nach ständiger Rechtsprechung die jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensteile gemäß dem Rechtsgedanken des § 254 BGB maßgeblich (stRspr seit RGZ 75, 251 (256); vgl. etwa BGH NJW 1954, 875; BGH NJW 1965, 1177; BGH NJW 1969, 653; BGH NJW 1972, 1802; BGH NJW 1980, 2348). Dies kann auch zu einer völligen Freistellung eines im Außenverhältnis verantwortlichen Schädigers im Innenverhältnis führen, wenn die Verursachungs- und Verschuldensanteile des einen Beteiligten die des anderen krass überwiegen (vgl. z.B. BGH NJW 1955, 1314; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 840 Rn. 15f. m.w.N.).

(2)

Die Beklagte selbst verletzte ihre Pflichten und muss sich ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB anrechnen lassen (vgl. z.B. Palandt-Sprau, BGB, 75. Aufl., § 840 Rn. 6; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 840 Rn. 24). Die Beklagte hatte die Pflicht übernommen, ein unterfangungsfähiges Gebäude zur Verfügung zu stellen. Die Pflichtübernahme der Beklagten wird schon dadurch deutlich, dass sie es übernahm, im Vorfeld der Baumaßnahme Herr Dr.-Ing. X14 mit einem Gutachten zur Standsicherheit des Gebäudes Y2 zu beauftragen. Hier hätten schon kritische Details, die eine Unterfangung riskanter werden lassen, wie die Einschaligkeit, der vorgeschädigte Giebel und schon vorhandene Risse, berücksichtigt werden müssen. Die Beklagte beauftragte das Ingenieurbüro X im Vorfeld der Baumaßnahmen mit einer baugrundtechnischen Untersuchung (Bl. 432 d. A.). Der daraus erfolgte Abschlussbericht entsprach nicht dem Anforderungsprofil eines Baugrundgutachtens gemäß DIN 4020 (SV Gutachten S 38). Der von dem X15 vorgelegte Erläuterungsbericht berücksichtigte insbesondere nicht, dass der Baugrund erheblich vorbelastet war (S. 25). Dies ist der Beklagten gemäß § 278 BGB zurechenbar, da sie die Verantwortung für die baugrundtechnische Untersuchung innehatte. Die Beklagte gibt im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 0 auf S. 6 selbst zu, dass die von ihr beauftragten Planer und Unternehmen nicht ordnungsgemäß erfüllt hätten. Damit liegt die Verantwortung für die Schäden in ihrer Sphäre.

Der Beklagten oblag unstreitig die Projektsteuerung und Bauplanung. Die Aussage des Zeugen X10a in der mündlichen Verhandlung vom 0 (auf das Protokoll (vgl. Bl. 640 d.A.) wird Bezug genommen) belegen, dass Projekte der Beklagten stets mit technischen Leitern, Projektleitern und Oberprojektleitern der Beklagten betreut wurden. Schon im Vorhinein hätte die Beklagte sicher stellen müssen, dass eine sachkundige Person das Gebäude daraufhin untersucht, ob es Verformungen, die im Laufe von Abriss- und Unterfangungsarbeiten zwangsläufig entstehen, aushält. Spätestens, als während der Abrissarbeiten die ersten Verformungen beobachtet wurden, hätte die Beklagte reagieren müssen. Ihr ist nicht lediglich vorzuwerfen, dass kein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet wurde, wie es die Beklagte im nachgelassenen Schriftsatz vom 0 behauptet. Vielmehr hätte die gesamte Baumaßnahme unterbrochen und den Umständen angepasst werden müssen. Die im Vorfeld eingeholten fachlichen Gutachten und Empfehlungen wurden jedoch nicht abgeglichen oder angepasst. Die Unterfangung wurde ohne Anpassung an die neuen Erkenntnisse, insbesondere der schon bestehenden Rissschäden am Nachbarhaus, fortgesetzt. Sogar nach dem Ablösen der Giebelwand, was als signifikante Entwicklung während der Arbeiten zu bewerten ist, wurde dieses nicht in den entsprechenden Bericht aufgenommen und die Baumaßnahme unterbrochen. Möglicherweise war der Beklagten der Zeitplan und der Baufortschritt der Baumaßnahme wichtiger.

Wenn die Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 0 (S. 6) behauptet, es sei ihr nicht vorzuwerfen, die Arbeiten nicht gestoppt zu haben, da ihr niemand einen Hinweis darauf gegeben hatte, ist dies schon nicht nachvollziehbar, da sie um die gemeldeten Schäden wusste und auch eine erweiterte Beweissicherung begann. Dass die Arbeiten deswegen auch nicht wie geplant fortgesetzt werden konnte, hätte sich ihr also aufdrängen müssen. Insgesamt ist von einer mangelhaften Betreuung, Begutachtung, Beweissicherung und Reaktion auf die laufenden Abrissarbeiten auszugehen, die auf eine deutlich überwiegende Verantwortlichkeit der Beklagten schließen lassen. Das unverändert nach so gravierenden Erkenntnisse die Arbeiten auf Basis veralteter und damit nicht zutreffender Randbedingungen und Planungsmaßnahmen ausgeführt und beauftragt wurden, belegt ein grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten, die eine schadensfreie Ausführung der Unterfangung für die Klägerin unmöglich machte (SV Gutachten S. 29). Die Aussage des Zeugen X10a in der mündlichen Verhandlung vom 0 zeigt sogar, dass während der Unterfangungsarbeiten, als schon erste Probleme und Veränderungen des Gebäudes Y1 erkennbar wurden, der Angestellte der Beklagten, Herr X14, vor Ort war, und die Arbeiten fortsetzt wurden.

Die Streithelferin X muss sich ebenfalls vorwerfen lassen, dass sie, als während der Arbeiten die Einschaligkeit bemerkt wurde sowie der Giebel abriss und erste Schäden auftraten, die Arbeiten fortsetzte und nicht auf die Klägerin sowie die Beklagte in der Hinsicht einwirkte, dass das Vorhaben abgebrochen und an die neuen Umstände angepasst werden musste. Zudem ist das Gericht davon überzeugt, dass die Abrissarbeiten der Streithelferin X (mit-)ursächlich für den Schadensfall waren; auf die Aussage des Sachverständigen X11 in der mündlichen Verhandlung vom 0, siehe Protokoll Bl. 640 d.A., wird Bezug genommen.

Auch der Statiker – der Streithelfer Herr X8 – befasste sich im Vorlauf der Baumaßnahmen mit statischen Berechnungen zu den Unterfangungskörpern. Selbst wenn ihm die tatsächlichen Gegebenheiten, insbesondere die Tatsache, dass nur eine Wand vorhanden war, nicht bekannt waren, durfte er sich nicht auf das unzureichende Baugrundgutachten der X verlassen. Es gehört zu den Pflichten des Statikers, grundlegende Daten und Annahmen für die statischen Berechnungen zu überprüfen und gegebenenfalls vor Ort zu überprüfen. Herr X8 hatte sich zur Erstellung seiner statischen Berechnungen nichtmals zum Bauvorhaben begeben. Es kann allerdings nicht bewiesen werden, dass Herr X8 vor den Unterfangungsarbeiten von den Problemen währen des Abrisses, insbesondere des Ablösens des Giebels und der Zweischaligkeit, erfahren hat und – wie die Beklagte – unzureichend reagierte bzw. trotz widriger Bedingungen die Arbeit fortsetzen lies. Seine Verantwortlichkeit reduziert sich somit darauf, dass er die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und Daten nicht kontrollierte und tritt mithin hinter der der Beklagten und der Firma X, allerdings nicht der der Klägerin, zurück.

Alle handelnden Personen haben die Verformungszustände der einzelnen Bauphasen, Lastbilder oder Reaktionen des Neubaus sowie der Altbestände in keiner Weise auf die weiteren Arbeiten angepasst (SV Gutachten S. 37). Diese mangelnde Diskussion der bautechnischen Einflüsse auf den Alt- und Neubestand wurde vom Sachverständigen X11 als maßgebliche Schadensursache identifiziert.

Der Klägerin oblag hingegen nicht die Pflicht, das Gebäude hinsichtlich der Richtigkeit der ihr zur Verfügung gestellten Angaben und Planungen statisch zu überprüfen. Sie durfte vielmehr auf die Angaben des Statikers vertrauen. Die Erstellung des Standsicherheitsnachweises und die Gesamtplanung der Maßnahmen am Gebäude waren der Beklagten zugeordnet. Die Klägerin hat aufgrund des Gutachtens des Statikers gearbeitet. Wie bereits festgestellt, war es für die Klägerin aufgrund der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Gegebenheiten womöglich unmöglich, Unterfangungsarbeiten durchzuführen, ohne dass es zu Verformungen käme. Selbst wenn man von einem pflichtwidrigen Handeln klägerseits ausgehen würde, welches kausal die Schäden teilweise verursachte, tritt diese Pflichtwidrigkeit hinter den eklatanten Planungs- und Überwachungsfehlern der Beklagten sowie der Streithelfer zurück.

Die zitierte BGH Entscheidung der Beklagten (vgl. BGH BauR 2009, 515) ist nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, unterscheidet sie doch zwischen der Haftung des bauaufsichtsführenden Architekten und des Bauherrn. Sie bestätigt im Gegenteil sogar die herausragende Bedeutung der Bauaufsicht für den Schadensverlauf. Hier oblag die Bauaufsicht jedoch unstreitig der Beklagten. Der BGH hat auch für möglich gehalten, dass das Gewicht des Planungsfehlers im Verhältnis zum Ausführungsfehler eines Bauunternehmers derart überwiegen kann, dass der Mitverschuldensanteil des Bauunternehmers ganz zurücktritt (BGH NJW 1969, 653).

c)

Eine weitere aufrechenbare Forderung steht der Beklagten nicht zu. Da auch insoweit eine Pflichtverletzung der Klägerin ebenso wenig bewiesen ist wie ein Kausalzusammenhang zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung und den entstandenen Schäden, sind auch die grundsätzlich als Folgen der Beschädigung erstattungsfähigen Posten des Gutachtens X8 (soweit sie sich auch die Beweissicherung beziehen) nicht von der Klägerin zu tragen.

3.  Klageantrag zu 2.

Der Feststellungsantrag der Klägerin ist unbegründet.

Die Nachverdichtungsleistungen wurden mittlerweile unstreitig erbracht und von der Beklagten angenommen.

4. Klageantrag zu 3.

Der Zahlungsantrag zu 3. ist nur in Höhe von 1.481,00 EUR begründet gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB.

Die Kosten eines Mahnschreibens sind ein ersatzfähiger Verzugsschaden, sofern der Gemahnte zu dieser Zeit im Schuldnerverzug ist. Die Klägerin hat der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 0 eine Zahlungsfrist auf den X gesetzt. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte wegen vorangegangener Mahnungen der Klägerin im Schuldnerverzug. Die Beklagte wendet zu Unrecht ein, sie habe frühzeitig Zurückbehaltungsrechte geltend gemacht, da ihr ein fälliger, durchsetzbarer Gegenanspruch nicht zustand, was aber Voraussetzung für die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes ist. Der Gegenstandswert war aber zu hoch angesetzt, da die Klägerin von der Beklagten lediglich 37.452,98 EUR verlangen konnte. Auf Grundlage eines entsprechend herabgesetzten Gegenstandswertes ergibt sich grundsätzlich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 1.633,87 EUR, die Klägerin hat jedoch nur 1.481,00 EUR im Rahmen ihrer Klage beantragt. Da das Gericht jedoch nicht mehr zusprechen darf als beantragt, bildete der Antrag der Klägerin insoweit die Obergrenze des zuzusprechenden Betrages.

B. Widerklage

I.

Der Widerklageantrag zu 1) ist unbegründet.

Der Beklagten steht kein Anspruch auf Ersatz von Schäden gemäß § 280 Abs. 1 BGB gegen die Klägerin zu. Die Beklagte hat schon keine Pflichtverletzung der Klägerin bewiesen. Ebenso ist die Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung für die entstandenen Schäden nicht bewiesen. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Klage Bezug genommen.

II.

Der Widerklageantrag zu 2) ist unbegründet, denn auch insoweit fehlt es an der Ursächlichkeit zwischen Handlungen der Klägerin und den eingetretenen Schäden.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 101 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 2 ZPO.

D.

Streitwert:

Klage:    42.192,46 EUR

Widerklage:   128.038,63 EUR

Insgesamt:   170.231,09 EUR

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