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Werkvertrag bei Einbauküche mit Montage: Anzahlung nach Rücktritt zurück?

Ein Kunde bestellte eine Einbauküche mit Montage für fast 27.000 Euro; doch der Händler forderte den Restbetrag von 13.475 Euro bar vor der Lieferung. Doch ein Gericht musste klären, ob diese hohe Vorkasse-Forderung rechtlich überhaupt zulässig war.

Zum vorliegenden Urteil 1 U 16/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
  • Datum: 25.07.2025
  • Aktenzeichen: 1 U 16/24
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Rücktrittsrecht

  • Das Problem: Ein Kunde bestellte eine Einbauküche mit Montage. Er weigerte sich, den Restpreis bei Anlieferung zu zahlen. Der Verkäufer verweigerte daraufhin die weitere Leistung.
  • Die Rechtsfrage: Ist ein Vertrag über die Lieferung und Montage einer Einbauküche ein Werkvertrag? Durfte der Verkäufer die Restzahlung bereits bei Anlieferung verlangen? Konnte der Kunde daher vom Vertrag zurücktreten und seine Anzahlung zurückfordern?
  • Die Antwort: Ja, der Kunde durfte vom Vertrag zurücktreten. Der Vertrag war ein Werkvertrag, bei dem die Zahlung grundsätzlich erst nach Abnahme der vollständig montierten Küche fällig wird. Die Klausel zur sofortigen Restzahlung bei Anlieferung war unwirksam.
  • Die Bedeutung: Bei Verträgen über komplexe Einbauküchen mit Montage muss der Kunde die Zahlung meist erst nach vollständiger Installation und Abnahme leisten. Vertragliche Klauseln, die eine frühere Zahlung verlangen, sind oft ungültig.

Der Fall vor Gericht


Wann muss eine Einbauküche bezahlt werden – bei Lieferung oder erst nach der Montage?

Ein Küchenstudio liefert eine brandneue, fast 27.000 Euro teure Küche. Der LKW ist da, die Monteure stehen bereit. Doch bevor auch nur ein Schrank ausgeladen wird, verlangt das Unternehmen vom Hausbesitzer die restlichen 13.475 Euro – in bar, auf der Stelle. Der Kunde weigert sich. Dieser Stillstand an der Haustür entwickelte sich zu einem jahrelangen Rechtsstreit und endete mit einer klaren Antwort des Oberlandesgerichts Schleswig auf die Frage: Wer muss wem zuerst vertrauen, wenn ein komplexes Projekt geliefert wird?

Ein Kunde fordert die Rückzahlung seiner Anzahlung für die Einbauküche, da der Lieferant den Werkvertrag nicht erfüllte.
OLG Schleswig: Bei maßgefertigter Einbauküche gilt Werkvertragsrecht – Zahlung erst nach Abnahme, Vorauszahlungsforderung unwirksam. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Die Antwort des Gerichts war unmissverständlich. Sie hing an einer einzigen juristischen Weichenstellung: Handelt es sich beim Kauf einer maßgeschneiderten Einbauküche um einen simplen Kaufvertrag oder um einen Werkvertrag? Ein Kaufvertrag regelt primär die Lieferung einer Sache. Ein Werkvertrag hingegen schuldet einen Erfolg – in diesem Fall die Herstellung einer funktionstüchtigen, passgenauen Küche.

Das Gericht stufte den Vertrag als Werkvertrag ein. Die Richter blickten dafür nicht nur auf den Kaufpreis, sondern auf den Schwerpunkt der gesamten Leistung. Es gab mehrere Planungstermine vor Ort. Ein großer amerikanischer Kühlschrank musste exakt eingepasst werden. Kernbohrungen für ein Abluftsystem waren nötig. Die Montagezeit war mit zwei Tagen veranschlagt. All diese individuellen Planungs- und Einpassungsarbeiten prägten den Vertrag. Die Lieferung der Einzelteile war nur ein Zwischenschritt zum eigentlichen Ziel: dem fertigen Werk. Diese Einordnung pulverisierte die Position des Küchenstudios. Denn für Werkverträge hat das Gesetz eine klare Regelung zur Fälligkeit der Bezahlung. Sie ist erst nach der Abnahme des fertigen Werks zu leisten.

Warum war die Zahlungsklausel im Vertrag unwirksam?

Im Vertragsformular des Küchenstudios stand der Satz, der den ganzen Streit auslöste: Der Restbetrag sei „bei Anlieferung in bar“ fällig. Eine solche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) muss einer strengen Inhaltskontrolle standhalten. Das Gesetz schützt Verbraucher vor Bestimmungen, die sie unangemessen benachteiligen.

Genau hier lag der Denkfehler des Unternehmens. Die Klausel durchkreuzte den Kerngedanken des Werkvertragsrechts. Das Gesetz sieht vor, dass der Handwerker oder Unternehmer in Vorleistung geht. Er muss sein Werk erst fertigstellen und dem Kunden zur Abnahme präsentieren. Erst wenn das Werk im Wesentlichen vertragsgemäß ist, wird der volle Lohn fällig. Dieser Mechanismus schützt den Auftraggeber. Er soll die Möglichkeit haben, die Leistung zu prüfen, bevor er die gesamte Summe bezahlt.

Die Forderung des Küchenstudios, schon vor dem Abladen und der Montage den vollen Preis zu kassieren, hebelte diesen Schutzmechanismus aus. Sie verlagerte das gesamte Risiko auf den Kunden. Das Oberlandesgericht wertete dies als eine Unangemessene Benachteiligung und erklärte die Klausel im Vertrag für unwirksam. Damit galt wieder die gesetzliche Grundregel: Erst die fertige Arbeit, dann das Geld. Das Küchenstudio hatte also kein Recht, die Zahlung vorab zu verlangen.

Hatte der Kunde das Recht, vom Vertrag zurückzutreten und seine Anzahlung zu fordern?

Nachdem die Lieferung am vereinbarten Tag gescheitert war, setzte der Kunde dem Küchenstudio über seinen Anwalt eine letzte Frist zur Lieferung und Montage. Das Unternehmen blieb stur und beharrte weiterhin auf seiner – wie das Gericht feststellte – unberechtigten Forderung nach Vorkasse. Selbst ein früheres Urteil, das die Firma zur Lieferung Zug um Zug gegen Zahlung verurteilte, änderte nichts an ihrer Haltung.

Damit waren die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Vertrag erfüllt. Der Kunde hatte dem Unternehmen eine klare Chance zur Nacherfüllung gegeben. Das Unternehmen hatte diese Chance verstreichen lassen, weil es auf einer rechtswidrigen Bedingung bestand. Die angebliche Aussage des Kunden, das Geld bekomme das Studio „sowieso nicht“, bevor die Küche nicht mangelfrei aufgebaut und geprüft sei, änderten daran nichts. Die Richter sahen darin keine endgültige Zahlungsverweigerung, sondern die nachvollziehbare Geltendmachung seiner Rechte.

Der Kunde erklärte daraufhin wirksam den Rücktritt vom Vertrag. Ein wirksamer Rücktritt wandelt das Vertragsverhältnis in ein Rückabwicklungsverhältnis um. Das bedeutet: Bereits erbrachte Leistungen müssen zurückgegeben werden. Die Konsequenz war zwingend. Das Oberlandesgericht Schleswig bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und verurteilte das Küchenstudio, dem Kunden seine Anzahlung von 13.475 Euro vollständig zurückzuzahlen.

Die Urteilslogik

Gerichte stärken die Verbraucherrechte, indem sie die Fälligkeit von Zahlungen klar an die vollständige und vertragsgemäße Leistung binden.

  • Werkvertragsprinzip bei komplexen Leistungen: Eine Leistung, die umfassende Planung, Anpassung und Montage erfordert, gilt als Werkvertrag; Kunden bezahlen diese erst nach der Abnahme des fertiggestellten Werkes.
  • Schutz vor unangemessenen AGB: Vertragsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine gesetzliche Vorleistungspflicht zum Nachteil des Verbrauchers umkehren, sind unwirksam.
  • Rücktrittsrecht bei Leistungsverweigerung: Beharren Unternehmer auf unberechtigten Forderungen und verweigern trotz Fristsetzung die vertragliche Leistung, können Auftraggeber vom Vertrag zurücktreten und ihre Anzahlung zurückfordern.

Dieses Urteil stärkt die Position von Auftraggebern und sichert die Einhaltung gesetzlicher Schutzmechanismen bei der Vertragsabwicklung.


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Experten Kommentar

Man stellt sich vor: Die Traumküche kommt, und der LKW-Fahrer will den Rest des Geldes, bevor überhaupt ein Paket vom Laster ist. Hier bestätigt das Gericht glasklar: Eine Einbauküche mit Montage ist ein Werkvertrag, bei dem die Zahlung erst nach erfolgreicher Abnahme der fertigen Arbeit fällig wird. Das ist eine wichtige Absicherung für Käufer, denn es schützt davor, für eine unfertige Leistung vorab zahlen zu müssen, und stärkt die Position bei Vertragsbruch oder dem Wunsch nach Rückforderung der Anzahlung.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie viel Anzahlung darf mein Küchenstudio maximal verlangen?

Das Gesetz schreibt keine feste Höchstgrenze für Anzahlungen bei Küchenverträgen vor. Der entscheidende Punkt ist: Als Werkvertrag ist die volle Zahlung erst nach vollständiger Montage und Abnahme der mangelfreien Küche fällig, nicht bereits bei Lieferung der Einzelteile. Anzahlungen sind üblich, doch der Großteil der Vergütung ist erst nach erbrachter Leistung geschuldet, was Kunden schützt.

Juristen nennen den Vertrag über eine Einbauküche typischerweise einen Werkvertrag. Der Grund dafür ist einfach: Es geht nicht nur um die Lieferung von Schränken, sondern um eine maßgeschneiderte Leistung, die Planung, Montage und die Schaffung eines funktionstüchtigen Ganzen umfasst. Die Regel lautet im Werkvertragsrecht unmissverständlich: Die gesamte Vergütung wird erst dann fällig, wenn das Werk vollständig erstellt, im Wesentlichen mangelfrei und vom Kunden abgenommen wurde (§ 641 BGB).

Es existiert zwar keine explizite gesetzliche Höchstgrenze für die Höhe einer Anzahlung. Allerdings ist klar, dass der Großteil der Zahlung, also der Restbetrag, erst nach dieser Abnahme geschuldet ist. Hohe Anzahlungen bedeuten für Sie ein erhebliches Risiko, insbesondere wenn das Küchenstudio insolvent wird. Der Kernschutz des Werkvertragsrechts liegt also im Prinzip: Erst die vollständige, mangelfreie Leistung, dann die volle Bezahlung. Unzulässige Klauseln, die dies vorverlagern, sind unwirksam, da sie den Verbraucher unangemessen benachteiligen.

Denken Sie an die Situation eines Malers, der Ihr Haus streichen soll. Auch er bekommt den vollen Preis erst, wenn die Wände fertig gestrichen sind und Sie mit dem Ergebnis zufrieden sind – nicht schon, wenn er die Farbeimer liefert. Genauso ist es bei Ihrer Küche.

Prüfen Sie unbedingt vor der Unterschrift Ihren Küchenvertrag genau. Achten Sie auf alle Klauseln zur Zahlungsfälligkeit und vermeiden Sie Vereinbarungen, die den gesamten Restbetrag oder die Gesamtsumme bereits bei Anlieferung oder vor der vollständigen Montage und Abnahme fordern. Solche Bestimmungen sind höchstwahrscheinlich unwirksam und nehmen Ihnen Ihr gesetzliches Prüfrecht.


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Kann ich die Restzahlung für meine Küche zurückhalten, wenn sie Mängel hat?

Ja, Sie haben das volle Recht, einen angemessenen Teil der Restzahlung zurückzuhalten, falls Ihre neu montierte Einbauküche Mängel aufweist. Der Grund dafür ist das geltende Werkvertragsrecht: Die volle Vergütung wird erst nach der vollständigen Abnahme eines im Wesentlichen mangelfreien Werks fällig, nicht bereits bei der Lieferung einzelner Teile.

Juristen nennen das Ihr Leistungsverweigerungsrecht. Dieser zentrale Schutzmechanismus im Werkvertragsrecht gibt Ihnen ein starkes Druckmittel an die Hand. Es stellt sicher, dass Sie nicht auf einem unfertigen oder mangelhaften Produkt sitzen bleiben müssen. Die vollständige Zahlung für die gesamte Einbauküche ist erst dann fällig, wenn das Werk vertragsgemäß errichtet, im Wesentlichen mangelfrei fertiggestellt und schließlich von Ihnen abgenommen wurde. Erst nach Ihrer Prüfung und Bestätigung der Leistung muss der Restbetrag beglichen werden.

Ein passender Vergleich ist der Kauf eines Neuwagens. Niemand würde den vollen Kaufpreis zahlen, wenn das Fahrzeug offensichtliche Kratzer oder fehlende Ausstattungsmerkmale bei der Übergabe aufweist. Ähnlich verhält es sich mit Ihrer Küche: Die Leistung muss erst stimmen, bevor das letzte Geld fließt.

Ganz entscheidend ist die Mängeldokumentation. Halten Sie jeden einzelnen Mangel detailliert fest: Machen Sie Fotos, notieren Sie präzise Beschreibungen und ziehen Sie bei Bedarf Zeugen hinzu. Wichtig ist auch, dass Sie nur einen angemessenen Betrag zurückhalten. Verweigern Sie nicht grundlos die gesamte Restzahlung, die den Wert des Mangels deutlich übersteigt. Andernfalls könnten Sie selbst in Zahlungsverzug geraten und unnötige rechtliche Probleme verursachen.


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Wie muss ich vorgehen, um bei Lieferverzug vom Küchenvertrag zurückzutreten?

Wenn Ihr Küchenstudio in Lieferverzug gerät oder die Montage verweigert, können Sie nicht sofort zurücktreten. Zuerst müssen Sie dem Unternehmen schriftlich eine klare, letzte Frist für die vollständige Leistungserbringung setzen. Erst wenn diese Frist fruchtlos verstreicht, beispielsweise weil das Studio auf unzulässigen Zahlungsbedingungen beharrt, dürfen Sie den Rücktritt vom Vertrag erklären und Ihre Anzahlung zurückfordern. Das sichert Ihre Rechte.

Juristen nennen das Setzen einer Nachfrist eine „Mahnung mit Fristsetzung“. Der Sinn dahinter ist, dem Küchenstudio eine letzte Chance zu geben, den Vertrag zu erfüllen. Das Gesetz verlangt diesen Schritt, um Sie als Kunden zu schützen und gleichzeitig dem Unternehmen eine Möglichkeit zur Nacherfüllung zu geben. Erst wenn diese nachweislich gesetzte Frist ohne Erfolg verstreicht, sind die rechtlichen Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Vertrag erfüllt.

Dies ist besonders relevant, wenn das Studio beispielsweise weiterhin auf einer vollständigen Vorkasse besteht, die im Falle eines Werkvertrags für eine Einbauküche oft unzulässig ist. Ihr Rücktritt wandelt das ursprüngliche Vertragsverhältnis dann in ein sogenanntes Rückabwicklungsverhältnis um. Das bedeutet, bereits erbrachte Leistungen – wie Ihre Anzahlung – müssen zurückgegeben werden.

Denken Sie an ein entscheidendes Fußballspiel: Bevor Sie den Schiedsrichter um einen Elfmeter bitten, muss das Foul klar erkennbar sein und der Gegner eine letzte Chance auf Fairplay gehabt haben. Genauso müssen Sie dem Küchenstudio die „Rote Karte“ (den Rücktritt) nicht vorschnell zeigen, sondern erst, nachdem es die „letzte Warnung“ (die Nachfrist) missachtet hat.

Formal korrektes Vorgehen ist entscheidend. Verfassen Sie umgehend ein Einschreiben mit Rückschein an das Küchenstudio. Darin rügen Sie den Lieferverzug oder die verweigerte Montage. Setzen Sie eine finale, angemessene Frist zur vollständigen Erfüllung des Vertrages, beispielsweise 10 bis 14 Tage. Weisen Sie explizit darauf hin, dass Sie bei Nichteinhaltung dieser Frist vom Vertrag zurücktreten werden. So schaffen Sie eine rechtssichere Basis für Ihre nächsten Schritte.


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Was passiert mit meiner Anzahlung, wenn das Küchenstudio insolvent geht?

Wenn Ihr Küchenstudio insolvent wird, ist Ihre Anzahlung erheblich gefährdet. Das Werkvertragsrecht sieht eigentlich vor, dass der Unternehmer in Vorleistung geht. Doch bei einer Insolvenz kehrt sich dieses Risiko um: Ihre Vorauszahlung wird zur ungesicherten Forderung in der Insolvenzmasse. Oft verlieren Sie dabei einen Großteil oder die gesamte Anzahlung.

Der vorliegende Kontextartikel behandelt zwar nicht direkt die Insolvenz eines Küchenstudios, beleuchtet aber den fundamentalen Schutz des Werkvertragsrechts. Juristen nennen das Prinzip, dass der Handwerker erst die Leistung erbringt und dann die volle Zahlung erhält, den Schutz des Auftraggebers. Diese Regelung minimiert Ihr Risiko, auf einem unfertigen oder mangelhaften Werk sitzenzubleiben.

Die Lage ändert sich jedoch drastisch, wenn das Unternehmen insolvent wird. Der Grund: Ihre Anzahlung wird dann zu einer Forderung wie die anderer Gläubiger. Sie müssen Ihre Ansprüche beim Insolvenzverwalter anmelden. Doch die bittere Realität ist oft, dass die vorhandene Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Gläubiger vollständig zu bedienen. In solchen Fällen erhalten Sie im besten Fall einen Bruchteil Ihrer Anzahlung zurück; im schlimmsten Fall ist das Geld komplett verloren.

Denken Sie an die Situation, wie bei einem großen Puzzle, dessen Einzelteile geliefert werden. Sie würden auch nicht den vollen Preis zahlen, bevor das Bild vollständig zusammengesetzt ist und Sie es begutachten konnten. Eine Anzahlung ist wie ein kleiner Vorschuss für die ersten Schritte, aber das Hauptgeld fließt erst, wenn das Werk vollendet ist. Geht der Puzzle-Hersteller pleite, bevor das Puzzle fertig ist, haben Sie nur einen Teil der Steine – und Ihr Vorschuss ist schwer wiederzubekommen.

Sollten Sie von einer drohenden Insolvenz oder gar der tatsächlichen Pleite Ihres Küchenstudios erfahren, handeln Sie sofort. Kontaktieren Sie umgehend einen Anwalt, der auf Insolvenzrecht spezialisiert ist. Sammeln Sie außerdem alle relevanten Unterlagen: Vertragsdokumente, Zahlungsnachweise Ihrer Anzahlung und jegliche Korrespondenz. Eigenmächtige Schritte sind hier riskant und könnten Ihre Position verschlechtern.


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Welche Zahlungsklauseln im Küchenvertrag sind rechtlich zulässig?

Rechtlich zulässig sind Zahlungsklauseln in Küchenverträgen, die die Fälligkeit des Gesamt- oder Restbetrags an die vollständige Abnahme der fertig montierten und im Wesentlichen mangelfreien Einbauküche knüpfen. Dies entspricht dem Schutzgedanken des Werkvertragsrechts, der Ihnen als Kunde ein Prüfrecht vor der vollständigen Bezahlung sichert. Unwirksam sind hingegen Klauseln, die eine vollständige Zahlung vor der eigentlichen Leistungserbringung verlangen.

Das deutsche Werkvertragsrecht ist hier eindeutig: Der Handwerker geht in Vorleistung. Er muss zuerst sein Werk erbringen. Erst wenn die vereinbarte Leistung vollständig und im Wesentlichen mangelfrei erbracht ist, wird der volle Lohn fällig. Eine Küchenmontage ist ein klassischer Werkvertrag. Ihr Küchenstudio schuldet Ihnen nicht nur die Lieferung von Einzelteilen, sondern die Montage zu einer funktionstüchtigen Küche.

Daher sind Klauseln, die den gesamten Restbetrag bereits bei der Anlieferung der Einzelteile oder gar vor der Montage fordern, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in der Regel unwirksam. Sie würden Sie als Verbraucher unangemessen benachteiligen. Das würde Ihr gesetzlich verankertes Recht untergraben, die Qualität der Arbeit vor der Bezahlung zu prüfen. Anzahlungen sind zwar üblich und zulässig. Aber der überwiegende Teil der gesamten Zahlung muss immer erst nach der vollständigen Leistungserbringung fällig werden.

Ein passender Vergleich ist der Autokauf: Sie würden auch nicht den vollen Kaufpreis zahlen, nur weil das Auto auf dem Transporter vor Ihrer Haustür steht. Erst nach der Übergabe, einer Probefahrt und der Feststellung, dass alles passt, erfolgt die vollständige Bezahlung. Bei Ihrer Küche ist es dasselbe: Das „fertige Werk“ ist die funktionale, montierte Küche, nicht nur der Teilesatz.

Prüfen Sie vor der Vertragsunterschrift jede einzelne Zahlungsklausel in den AGB Ihres Küchenvertrags akribisch. Achten Sie besonders darauf, dass die Fälligkeit des Restbetrags explizit an die Abnahme des montierten Werks gekoppelt ist. Formulierungen wie „Restbetrag bei Anlieferung in bar fällig“ sind kritisch; solche sollten Sie keinesfalls akzeptieren oder mit Ihrem Studio klären lassen, idealerweise mit rechtlicher Beratung.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Abnahme (des Werks)

Wenn von der Abnahme die Rede ist, meint man die förmliche Entgegennahme und Billigung eines fertiggestellten Werks durch den Auftraggeber. Das Gesetz sieht die Abnahme als Dreh- und Angelpunkt, denn erst mit ihr wird der Werklohn fällig und die Gewährleistungsfrist beginnt. Dieser Schritt soll dem Besteller die Möglichkeit geben, das Werk auf Mängelfreiheit zu prüfen.

Beispiel: Im vorliegenden Fall hätte das Küchenstudio die Abnahme der vollständig montierten Küche abwarten müssen, bevor es die Restzahlung fordern konnte.

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Inhaltskontrolle

Eine Inhaltskontrolle ist die gerichtliche Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), um sicherzustellen, dass diese den Verbraucher nicht unzulässigerweise benachteiligen. Der Gesetzgeber schützt Verbraucher davor, dass Unternehmen in ihren Standardverträgen einseitige, ungerechte Klauseln verstecken, die den Vertragspartner stark benachteiligen. Sie stellt ein wichtiges Instrument zur Wahrung der Fairness dar.

Beispiel: Die Klausel zur Vorkasse im Vertrag des Küchenstudios unterlag einer strengen Inhaltskontrolle und wurde vom Gericht als unwirksam erklärt.

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Nacherfüllung

Unter Nacherfüllung versteht man das Recht des Schuldners, einen Mangel zu beseitigen oder eine fehlende Leistung nachträglich zu erbringen, nachdem der Gläubiger ihn dazu aufgefordert hat. Bevor ein Vertragspartner vom Vertrag zurücktreten kann, muss er dem anderen eine letzte Chance geben, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dieses Recht soll eine schnelle und oft kostengünstigere Lösung von Problemen ermöglichen und den Vertrag nach Möglichkeit aufrechterhalten.

Beispiel: Der Kunde setzte dem Küchenstudio eine letzte Frist zur Nacherfüllung, indem er die Lieferung und Montage der Küche einforderte, bevor er den Rücktritt erklärte.

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Rückabwicklungsverhältnis

Ein Rückabwicklungsverhältnis entsteht, wenn ein Vertrag – oft durch einen Rücktritt – beendet wird und die bereits erbrachten Leistungen gegenseitig zurückgewährt werden müssen. Es dient dazu, die Parteien so zu stellen, als hätte der Vertrag nie bestanden. Jeder Vertragspartner soll erhalten, was er vor der Erfüllung des Vertrages besaß, um ungerechtfertigte Bereicherung zu vermeiden.

Beispiel: Nach dem wirksamen Rücktritt des Kunden vom Vertrag entstand ein Rückabwicklungsverhältnis, das das Küchenstudio zur vollständigen Rückzahlung der Anzahlung verpflichtete.

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Rücktritt vom Vertrag

Juristen sprechen vom Rücktritt, wenn ein Vertrag einseitig durch eine Willenserklärung aufgelöst wird, typischerweise wegen einer schwerwiegenden Vertragsverletzung des anderen Partners. Dieses Recht schützt den Vertragspartner, der nicht mehr am Vertrag festhalten möchte, weil die andere Seite ihre Pflichten massiv verletzt hat. Es ermöglicht, sich von einer gescheiterten Vertragsbeziehung zu lösen und Schadenersatzansprüche zu prüfen.

Beispiel: Der Kunde erklärte den Rücktritt vom Vertrag, nachdem das Küchenstudio trotz Fristsetzung weiterhin auf unberechtigter Vorkasse bestand und die Montage verweigerte.

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Unangemessene Benachteiligung

Eine unangemessene Benachteiligung liegt vor, wenn eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einen Vertragspartner entgegen Treu und Glauben einseitig und ohne sachlichen Grund benachteiligt. Das Gesetz will durch dieses Prinzip verhindern, dass ein wirtschaftlich stärkerer Anbieter seine Marktposition ausnutzt, um dem schwächeren Verbraucher unfaire oder riskante Bedingungen aufzuzwingen. Es sorgt für ein gerechtes Kräfteverhältnis.

Beispiel: Das Oberlandesgericht wertete die Forderung des Küchenstudios nach Vorkasse als unangemessene Benachteiligung des Kunden, da sie den gesetzlichen Schutz des Werkvertragsrechts aushebelte.

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Werkvertrag

Ein Werkvertrag verpflichtet den Unternehmer zur Herstellung eines spezifischen Werkes und den Besteller zur Zahlung der vereinbarten Vergütung nach dessen Abnahme. Im Zentrum steht nicht die Lieferung einer Sache, sondern das Erreichen eines bestimmten Erfolges – sei es die Montage einer Küche oder die Reparatur eines Autos. Der Besteller zahlt erst, wenn das Ergebnis wie vereinbart vorliegt, was ihn schützt.

Beispiel: Das Gericht stufte den Vertrag über die Einbauküche als Werkvertrag ein, weil die individuellen Planungs- und Einpassungsarbeiten sowie die Montagezeit im Vordergrund standen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


Einordnung des Vertrags als Werkvertrag (Allgemeines Rechtsprinzip der Vertragsbestimmung)

Ein Werkvertrag verpflichtet den Unternehmer zur Herstellung eines spezifischen Erfolgs oder Werkes, während ein Kaufvertrag primär die Übergabe einer Sache zum Gegenstand hat.

Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Einordnung des Vertrags über die Einbauküche als Werkvertrag war entscheidend, da hierbei nicht nur die Lieferung, sondern vor allem die passgenaue Montage und Funktionsfähigkeit des Gesamtwerks im Vordergrund stand, was andere Zahlungsregeln zur Folge hat.


Fälligkeit der Vergütung bei Werkverträgen (§ 641 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB))

Die Bezahlung für ein Werk ist grundsätzlich erst dann fällig, wenn das Werk erfolgreich fertiggestellt und vom Besteller (Kunden) abgenommen wurde.

Bedeutung im vorliegenden Fall: Nach dieser Regelung durfte das Küchenstudio die restliche Zahlung erst nach der vollständigen Montage und Abnahme der Küche durch den Kunden verlangen, nicht aber schon bei der Anlieferung der Einzelteile.


Unwirksamkeit von AGB-Klauseln bei unangemessener Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB))

Vertragsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen.

Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klausel des Küchenstudios, die Zahlung bereits bei Anlieferung zu fordern, benachteiligte den Kunden unangemessen, weil sie das gesetzliche Schutzprinzip des Werkvertragsrechts (Zahlung erst nach Abnahme) aushebelte und das gesamte Risiko auf den Kunden verlagerte.


Rücktrittsrecht bei nicht erbrachter oder nicht vertragsgemäßer Leistung (§ 323 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB))

Wenn ein Vertragspartner seine vertragliche Leistung trotz Fristsetzung nicht erbringt oder nicht vertragsgemäß leistet, kann der andere Vertragspartner vom Vertrag zurücktreten.

Bedeutung im vorliegenden Fall: Da das Küchenstudio die Lieferung und Montage verweigerte und auf seiner unzulässigen Zahlungsforderung bestand, hatte der Kunde nach fruchtloser Fristsetzung das Recht, vom Vertrag zurückzutreten und seine Anzahlung zurückzufordern.


Das vorliegende Urteil


OLG Schleswig – Az.: 1 U 16/24 – Urteil vom 25.07.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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