VG München – Az.: M 1 SN 22.5051 – Beschluss vom 23.12.2022
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über einen Änderungsbescheid zu einer Baugenehmigung für eine Kinderkrippe samt Errichtung einer Zufahrt mit Stellplätzen, mit dem die Antragsgegnerin eine Änderung der Zufahrt, der Situierung der Stellplätze und der naturschutzrechtlichen Auflagen verbeschieden hat.
Der Antragsteller ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft A.straße 3a und 3b („WEG“), wobei ihm das Sondereigentum an der im süd-westlichen Teil des 1. OG der A.straße 3a gelegenen Wohnung Nr. 34 zusteht. Die Mehrfamilienhäuser A.straße 3a und 3b befinden sich auf FlNr. 16/235 Gem. …. Nordwestlich befindet sich das Grundstück FlNr. 461 Gem. …, in dessen nördlichen Bereich sich bereits ein Kindergarten befindet, der über die nördlich gelegene K.straße erschlossen ist. Westlich befindet sich das Grundstück FlNr. 462 Gem. …, auf dem sich eine öffentliche Grünanlage mit Rad- und Fußgängerweg befindet. Ein Bebauungsplan existiert für die Vorhabengrundstücke nicht. Anhand des unter www.googlemaps.de verfügbaren Satellitenbilds und der dort hinterlegen Einträge befindet sich nordwestlich der FlNr. 261 Gem. … ein Schulzentrum mit Grund- und Mittelschule, sowie weiter westlich eine Bibliothek und eine Postfiliale. Östlich befindet sich ein Wohngebiet, südöstlich schließen die beiden Wohngebäude der WEG an. Südlich davon befindet sich ein Discounter mit großem Parkplatz.
Mit Baugenehmigungsbescheid vom 20. April 2022 genehmigte das Bauamt der Antragsgegnerin der Antragsgegnerin die Errichtung einer 4-gruppigen Kinderkrippe auf der nördlich gelegenen FlNr. 461/Teilfläche Gem. … inklusive Errichtung von 17 Stellplätzen und einer Zufahrt auf FlNr. 462 Gem. …. Auflage 28 lautet wie folgt: „Die verkehrstechnische Erschließung erfolgt, wie im Eingabeplan „Stellplatznachweis“ vom 22.03.2022 dargestellt, über die an das Baugrundstück angrenzende Waldparkfläche. (…) Die endgültige Ausbauplanung ist mit der Stadt … – SG Bautechnik und der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts M… abzustimmen. Die Baugenehmigung wird daher vorbehaltlich der Auflagen, die sich aus dieser Abstimmung ergeben, erteilt.“ Gemäß der Betriebsbeschreibung vom 19. November 2021, welche gemäß Auflage 27 Bestandteil der Baugenehmigung ist, umfasst die Kinderkrippe Betreuungsplätze für maximal 48 Kinder und soll 15-20 Beschäftigte haben. Die Öffnungszeiten sind Montag-Freitag von 7:00-17:00 Uhr, Hol- und Bringzeiten sind wie folgt angegeben: 7:00-8:30 Uhr, 13:00-14:00 Uhr, 15:00 Uhr, 15:30 Uhr, 16:00 Uhr.
In der Folge erließ das Bauamt der Antragsgegnerin unter dem 4. August 2022 den streitgegenständlichen, vom 9. August bis 13. September 2022 öffentlich bekannt gemachten, Änderungsbescheid, mit dem Auflage 28 abgeändert wird. Danach erfolgt die verkehrstechnische Erschließung gemäß dem Eingabeplan vom 30. Mai 2022. Dieser sieht eine Anpassung des Verlaufs der Zufahrt vor sowie eine geänderte Situierung der Stellplätze vor. Anstatt nördlich (5 Stellplätze), westlich (6 Stellplätze) und östlich (6 Stellplätze) des Wendehammers sollen diese nun nördlich (4 Stellplätze) und östlich (12 Stellplätze) entlang der Zufahrtsstraße gelegen sein. Zudem wurden die Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde gemäß Stellungnahme vom 15. Juli 2022 zum Bestandteil des Bescheides erklärt.
Am …. September 2022 hat der Antragsteller Klage (M 1 K 22.4406) erhoben und mit am 13. Oktober 2022 eingegangenem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigen zudem im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.
Der Änderungsbescheid sei unbestimmt. Es gehe nicht klar hervor, dass die Stellplätze entgegen der erteilten Baugenehmigung auf FlNr. 462 Gem. … geplant seien. Aufgrund der Stellplätze komme es zu unzumutbaren Immissionen (Lärm, Abgase, Gespräche) zulasten des Antragstellers. Dabei seien in der unmittelbaren Umgebung 30 vakante Stellplätze vorhanden. Die Stellplätze seien weder bauordnungsrechtlich notwendig noch tatsächlich erforderlich. Es gebe zudem Alternativstandorte. Ebenso sei die Errichtung einer Tiefgarage möglich. Es sei außerdem damit zu rechnen, dass auch Eltern, deren Kinder den nördlich gelegenen Kindergarten besuchen, den Parkplatz anfahren würden. Der Kindergarten umfasse 165 Betreuungsplätze, sodass bis zu 200 Eltern während der Hol- und Bringzeiten den Parkplatz anfahren könnten. Die Antragsgegnerin habe kein Schallschutzgutachten vorgelegt. Mit Schriftsatz vom …. Dezember 2022 vertiefte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers das Vorbringen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits unzulässig. Die Stellplätze samt Zufahrt seien bereits im Genehmigungsplan „Stellplatznachweis“ vom 22. März 2022 dargestellt. Gegenstand des Änderungsbescheides seien lediglich die naturschutzrechtlichen Auflagen gewesen. Eine Verletzung drittschützender Vorschriften sei überdies nicht ersichtlich. Weder sei der angefochtene Bescheid unbestimmt, noch verstoße er gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Es sei nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich, was darauf hindeuten könnte, dass die Immissionsrichtwerte im Regelbetrieb nicht eingehalten werden. Die 17 Stellplätze lägen an der nächsten Stelle noch mindestens 20 m vom Anwesen A.Straße 3a entfernt, die Zufahrt sei noch deutlich nach Westen abgerückt. Die Stellplätze dienten ausschließlich dem Bring- und Holverkehr der Kinderkrippe. Es sei daher lediglich zweimal am Tag und dies auch nur Montag bis Freitag mit KfZ-Verkehr zu rechnen. Zu den Nachtstunden sei widmungsbedingt ebensowenig wie an den Wochenenden mit Verkehr zu rechnen. Bereits aufgrund dieser Umstände erscheine – auch unter Beachtung der Wertung des § 12 BauNVO – ausgeschlossen, dass der Betrieb gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen könne. Im Übrigen bestünden keine Bedenken der Unteren Immissionsschutzbehörde. Die Ausführungen zur Erforderlichkeit der Stellplätze seien rechtlich unerheblich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller hinsichtlich seines nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO statthaften Antrags antragsbefugt, § 42 Abs. 1 VwGO analog. Der Antragsteller kann eine Verletzung seiner subjektiven Nachbarrechte geltend machen. Als Wohnungseigentümer (§ 1 Abs. 2 WEG) kann der Antragsteller allerdings baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht nur geltend machen, wenn und soweit eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum steht – Rechte, die im gemeinschaftlichen Grundstück wurzeln, können demgegenüber nur von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht von den einzelnen Wohnungseigentümern geltend gemacht werden (BayVGH, B.v.1.3.2018 – 1 CS 17.2539 – juris Rn. 3). Die Antragsbefugnis setzt daher voraus, dass der Antragsteller die konkrete Betroffenheit des in seinem Sondereigentum stehenden Wohneigentums darlegt. Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte ausgeführt, dass sich die Wohnung des Antragstellers im 1. OG an der süd-westlichen Seite – also zu den streitgegenständlichen Stellplätzen hin – gelegen ist. Diesbezüglich kann der Antragsteller zweifelsohne geltend machen, dass er durch das streitgegenständliche Vorhaben konkret in seinen Nachbarrechten verletzt ist, beispielsweise hinsichtlich einer möglichen Verletzung des Rücksichtnahmegebots aufgrund unzumutbarer Immissionen.
2. Der Antrag bleibt jedoch ohne Erfolg, weil er unbegründet ist.
Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den Erfolg des gestellten Antrags. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige, Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
Die Interessenabwägung fällt zugunsten der Vollziehbarkeit der Baugenehmigung aus. Die gebotene summarische Prüfung ergibt, dass die Anfechtungsklage vom …. September 2022 (M 1 K 22.4406) keinen Erfolg haben wird. Die Baugenehmigung dürfte im Hinblick auf nachbarschützende und im Verfahren zu prüfende Vorschriften, soweit der Antragsteller sie im Hinblick auf sein Sondereigentum geltend machen kann, rechtmäßig sein und den Antragsteller daher nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung hat ein Nachbar nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt ein Anspruch auf Aufhebung weiter voraus, dass der Nachbar durch die Baugenehmigung zugleich in seinen Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das ist dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutz der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14.87 – juris Rn. 9). Weiterhin ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung nur dann erfolgreich angreifen kann, wenn die Rechtswidrigkeit der Genehmigung sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die gemäß Art. 59 oder Art. 60 BayBO Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren waren.
Danach verletzt die streitgegenständliche Baugenehmigung den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
2.1 Die Baugenehmigung verletzt den Antragsteller nicht aufgrund von Unbestimmtheit in seinen Rechten. Gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss die Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein, was erfordert, dass die im Bescheid getroffenen Regelungen für die Beteiligten – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen sein müssen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein dürfen (BayVGH, B.v. 28.10.2015 – 9 CS 15.1633 – juris Rn. 18; B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205 – juris Rn. 7). Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob die hinreichende Bestimmtheit eines Bescheids gegeben ist, sind die Umstände des Einzelfalls, wobei Unklarheiten zulasten der Behörde gehen (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 37 Rn. 6 und 7). Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit der Baugenehmigung ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft (Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 144. EL 2021, Art. 68 Rn. 255). Eine Baugenehmigung ist daher aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt werden können und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205 – juris Rn. 7; B.v. 29.1.2016 – 15 ZB 13.1759 – juris Rn. 7). Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich dabei nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen konkretisiert wird (König in Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 34).
Die Ausführungen des Prozessvertreters des Antragstellers, entgegen der Baugenehmigung vom 20. April 2022 seien die Stellplätze auf FlNr. 462 Gem. … geplant und dies gehe aus dem streitgegenständlichen Bescheid nicht eindeutig bestimmt hervor, sind nicht nachvollziehbar. Die ursprüngliche Planung geht aus den Eingabeplänen, die der Baugenehmigung vom 20. April 2022 zugrunde liegen („Genehmigungsplan Stellplatznachweis“ vom 22. März 2022, Genehmigungsstempel vom 20. April 2022) eindeutig hervor. Danach waren die Stellplätze bereits nach damaligem Genehmigungsstand auf FlNr. 462 Gem. … geplant und genehmigt. Aus dem dem Änderungsbescheid zugrundeliegenden, gestempelten Eingabeplan („Lageplan Straßenbau“, gez. 30. Mai 2022, Genehmigungsstempel vom 4. August 2022) gehen die Lage der Stellplätze und der Verlauf der Zufahrtsstraße ebenfalls eindeutig hervor. Dass mit der geänderten Planung gemäß Eingabeplan „Lageplan Straßenbau“ nur noch 16 statt 17 Stellplätze geplant und genehmigt sind, lässt sich dem Eingabeplan ebenfalls eindeutig entnehmen. Dass im Betreff des streitgegenständlichen Bescheides weiterhin von 17 Stellplätzen die Rede ist, ist unschädlich, weil sich die Anzahl der genehmigten Stellplätze zweifelsfrei und eindeutig dem genehmigten Plan entnehmen lässt. Irrelevant für das vorliegende Verfahren sind die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zur Unbestimmtheit der Auflage Nr. 28 in der Fassung der Baugenehmigung vom 20. April 2022, weil diese nicht Gegenstand des Hauptsacheverfahrens ist.
2.2 Die Stellplätze sind nach Art der Nutzung zulässig. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass es sich bei der insofern einschlägigen Regelung in § 12 BauNVO um eine auch dem Nachbarschutz dienende Regelung betreffend die Art der baulichen Nutzung handelt (BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – juris Rn. 15).
Gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 12 Abs. 2 BauNVO sind in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebiet Stellplätze und Garagen für PKW nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig. In allen anderen Baugebieten sind Stellplätze und Garagen für PKW zulässig, sofern die Gemeinde nicht – was hier nicht der Fall ist – in einem Bebauungsplan Abweichendes regelt.
Vorliegend kann offenbleiben, wie die Eigenart der näheren Umgebung einzustufen ist. Denn selbst wenn man zugunsten des Antragstellers annähme, dass das Vorha-bengrundstück und das Grundstück der WEG in einem faktischen reinen Wohngebiet liegen, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO, sind die Stellplätze nach ihrer Art der Nutzung zulässig, weil sie nur dem durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf dienen.
2.2.1 Bei der Kinderkrippe handelt es sich um eine in einem – unterstellten – faktischen reinen Wohngebiet zugelassene Nutzung im Sinne dieser Vorschrift. Dabei umfasst die „zugelassene Nutzung“ nicht nur die allgemein zulässigen, sondern auch die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungen (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 146. EL April 2022, BauNVO § 12 Rn. 54). Deswegen kann offenbleiben, ob die Kinderkrippe die Anforderungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO erfüllt, indem sie nur den Bedürfnissen der Bewohner dient, weil sie jedenfalls ausnahmsweise gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als sonstige Anlage für soziale Zwecke zulässig wäre (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 146. EL April 2022, BauNVO § 3 Rn. 80). Es ist insoweit weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Kinderkrippe in Hinblick auf ihre Nutzung nicht gebietsverträglich und damit nicht ausnahmsweise zulässig wäre.
2.2.2 Auch dienen die Stellplätze nur dem durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf. Der verursachte Bedarf wird nicht durch die Gesamtzahl der bauordnungsrechtlich oder durch örtliche Bauvorschrift geforderten, für die zugelassenen Nutzungen notwendigen Stellplätze und Garagen im Gebiet als objektivem, weil rechtlich vorausgesetzten, Mindestbedarf begrenzt. Der verursachte Bedarf kann im Einzelfall oder gebietsweit durchaus die Zahl der notwendigen Stellplätze übersteigen – diese geben nur den Mindestbedarf an (BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – juris Rn. 26). Dabei ist der Bedarf maßgeblich, der mit den im Baugebiet zugelassenen Nutzungen einhergeht. Mit der Regelung des § 12 Abs. 2 BauNVO soll nämlich eine Nutzung von Stellflächen verhindert werden, die einem außergebietlichen Bedarf dienen. Dienen, wie vorliegend, die Stellplätze allein dem Bedarf des (Nachbar-)Grundstücks, auf dem sie errichtet werden sollen, stellt sich die Frage nach dem Stellplatzbedarf des Baugebiets gar nicht erst; die entsprechenden Stellplätze und Garagen sind stets nach § 12 Abs. 2 als „Zubehör“ der Hauptnutzung zulässig (Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 5. Auflage 2022, Rn. 18 zu § 12). Dabei erscheint die Anzahl der Stellplätze für eine Kinderkrippe mit 38 Betreuungsplätzen und 15-20 Beschäftigten ohnehin angemessen. Die Antragsgegnerin braucht sich im Übrigen auch offensichtlich nicht darauf verweisen zu lassen, dass sie, wie der Antragsteller vortragen lässt, 80 m entfernt bereits 15 Stellplätze „besitze“ oder die Errichtung von 15 Stellplätzen an einem Alternativstandort möglich sei, an dem bereits eine „schwarze Nutzung“ durch Lehrkräfte stattfinde, obwohl es ausreichend Stellplätze auf dem den Schulen zugeordneten Parkplätzen gebe.
2.2 Die Anordnung der Stellplätze mit ihrer Zufahrt ist gegenüber dem Antragsteller auch nicht rücksichtslos. Sie sind nach dem Gebot der Rücksichtnahme unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Bei der einzelfallbezogenen Prüfung, ob ihre Nutzungen zu unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft führen, ist der in § 12 Abs. 2 BauNVO enthaltenen Grundsatzentscheidung Rechnung zu tragen. Nachbarn haben die etwa von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen; besondere örtliche Verhältnisse können aber zu dem Ergebnis führen, dass die Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück nicht oder nur mit Einschränkungen genehmigt werden kann. Dabei können Garagen und Stellplätze in ruhigen rückwärtigen Gartenbereichen hinter Wohnhäusern problematisch sein. Es kommt alleine auf die konkrete Situation an, in der sich Belästigungen auswirken können. Dabei sind die Zufahrt, die Stellplätze und/oder Garagen im Hinblick auf ihre Lage und Nähe zu den Nachbargrundstücken, die Art und die Empfindlichkeit der dort stattfindenden Nutzungen, etwaige Vorbelastungen sowie der Umfang der zu erwartenden Belästigungen von Bedeutung (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2000 – 4 C 3.00 – juris Rn. 19; B.v. 20.3.2003 – 4 B 59/02 – juris Rn. 6 ff.; BayVGH, B.v. 5.3.2021 – 1 CS 21.114 – juris Rn. 9). Regelwerke wie etwa die TA Lärm bieten in dieser Situation Anhaltspunkte, wenngleich sich insoweit keine rechtlichen Bindungen aus ihnen ergeben (BVerwG, B.v. 20.3.2003 – 4 B 59/02 – juris Rn. 11).
Nach diesen Grundsätzen stellen sich die Stellplätze samt Zufahrt nicht als rücksichtslos gegenüber dem Antragsteller dar. Die Stellplätze sind an der nächsten Stelle mindestens 15 m von der Wohnung/ dem Balkon des Antragstellers entfernt. Die Zufahrt erfolgt von Süden/ Südwesten. Aufwändige Rangiervorgänge bei Ein- und Ausparken sind angesichts der Tatsache, dass die Stellplätze quer zu der 6 m breiten Zufahrtsstraße liegen, nicht zu erwarten. Hinzukommt, dass gemäß der Betriebsbeschreibung vom 19. November 2021, welche gemäß Auflage 27 Bestandteil der Baugenehmigung ist, die Öffnungszeiten der Kinderkrippe sich nur auf die Tage Montag-Freitag von 7:00-17:00 Uhr erstrecken, Hol- und Bringzeiten sind wie folgt angegeben: 7:00-8:30 Uhr, 13:00-14:00 Uhr, 15:00 Uhr, 15:30 Uhr, 16:00 Uhr. Abends, nachts sowie an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen werden die Stellplätze demnach nicht genutzt. Sofern der Antragsteller befürchtet, dass die Stellplätze auch von Eltern benutzt werden könnten, die ihre Kinder zu dem nördlich gelegenen Kindergarten bringen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Nutzung nicht Gegenstand der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist. Daher sind – auch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung in § 12 BauNVO – im vorliegenden Fall keine besonderen Umstände ersichtlich, die das Vorhaben gegenüber dem Antragsteller als rücksichtslos erscheinen lassen.
3. Sofern der Antragsteller wiederholt vortragen lässt, dass die Rodung des Wäldchens nicht erforderlich und von befragten Eltern gemäß einem Bericht der Tageszeitung … Nachrichten vom 26. Oktober 2022 nicht gewünscht sei, ist lediglich der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass es sich bei naturschutz- und waldrechtlichen Aspekten nicht um Rechte handelt, auf die sich der Antragsteller als zu seinem Schutze dienende Rechte berufen kann.
4. Der Antrag war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts folgt § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.