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Widerruf eines Werkvertrags – Umwandlung in Abwicklungsverhältnis und Wertersatz

LG Stuttgart, Az.: 23 O 47/16, Urteil vom 02.06.2016

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 36.656,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.03.2016 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 39.156,30 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger begehren vom Beklagten nach Widerruf eines Vertrages zur Dachsanierung die Rückzahlung des von ihnen bereits geleisteten Werklohnes und die Demontage der vom Beklagten ausgeführten Dachdeckarbeiten.

Die Kläger sind Eigentümer eines Reihenhauses mit Flachdach. Der Beklagte arbeitete im Oktober 2015 unter der Firma „E. B.“ auf dem Dach der Nachbarn der Kläger. Am 05.10.2015 kamen der Kläger und der Beklagte ins Gespräch, wobei streitig ist, welcher der Parteien den jeweils anderen zuerst angesprochen habe. Der Kläger beauftragte den Beklagten an diesem Tage mit „kleineren Reparaturarbeiten“ am Kamin und bezahlte am gleichen Tage 1.200,00 € an den Beklagten.

Am 06.10.2015 erläuterte der Beklagte den Klägern, ihr Dach sei insgesamt erneuerungsbedürftig. Dies koste bestimmt 25.000,00 €.

Am 08.10.2015 überbrachte der Beklagte den Klägern das als Anlage K 1 (Bl. 12 d. A.) vorgelegte Angebot. Die Parteien einigten sich darauf, dass im Hinblick auf die bereits durchgeführte Reparatur 1.000,00 € von der Gesamtsumme nachgelassen werden sollte. Der Beklagte drängte auf eine Entscheidung der Kläger, da er bereits das Spezialfahrzeug bestellt habe, das den Kies von den beiden Flachdächern absaugen solle; der Preis würde sich verteuern, wenn das Absaugen des Kieses nicht für beide Dächer an einem Termin stattfinden könne. Die Kläger beauftragten den Beklagten mit den Arbeiten wie im Angebot und bezahlten am selben Tag per Überweisung einen Betrag von 12.500,00 €. Ein Flaschner und der Beklagte führten im Oktober Arbeiten am Dach durch. Mit Schreiben vom 21.10., 28.10. und 7.11.15 (Anlagen K 2 – K 4, Bl. 14 ff. d.A.) legte der Beklagte den Klägern Nachtragsangebote bezüglich angeblich erforderlicher Mehrarbeiten vor. Die Kläger nahmen auch diese Angebote an. Insgesamt bezahlten die Kläger auf den ursprünglichen Vertrag und die verschiedenen Nachtragsangebote die Summe von 36.656,30 €. Die Dachdeckarbeiten wurden Mitte November 2015 abgeschlossen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.01.2016 (Anlage K 7, Bl. 19 d. A.) erklärten die Kläger den Widerruf des außerhalb eines Geschäftsraums abgeschlossenen Vertrages. Vorsorglich fochten die Kläger die Erklärungen wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an.

Die Kläger sind der Auffassung aufgrund des erklärten Widerrufs seien die Leistungen zurück zu gewähren. Sie tragen ergänzend vor, die Dachdeckarbeiten seien mangelhaft ausgeführt worden. Es bestünden zahlreiche Mängel der Werkleistungen.

Mit ihrer dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 21.03.2016 zugestellten Klage begehren die Kläger die Rückzahlung des an den Beklagten gezahlten Werklohnes, die Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten und die Demontage der durchgeführten Arbeiten.

Die Kläger beantragen:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 36.656,30 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung dieser Klageschrift sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 806,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm auf dem Dach des Hauses W.-Straße in F. aufgebrachten Baumaterialien für die Dachsanierung – in den Hauptbestandteilen die Dampfbremse, Dämmung, Dachabdeckungsfolien, Attikableche, Einhausungen von Belüftungsrohren und Kamin aus Blech und Lichtkuppel – zu demontieren und von Haus und Grundstück zu entfernen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte mit der Erfüllung der Verpflichtung nach Ziffer 2 in Verzug ist.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, den Klägern stünde kein Widerrufsrecht zu, da die Kontaktaufnahme nicht durch den Beklagten, sondern durch den Kläger erfolgt sei. Die Anbahnung des Vertrages über die Sanierung des Daches sei ausdrücklich auf Wunsch und Initiative der Kläger erfolgt. Die Dachdeckarbeiten seien ordnungsgemäß vom Beklagten als gelerntem Dachdecker durchgeführt worden. Erst im Laufe der Sanierung des Daches habe sich herausgestellt, dass erhebliche Mehraufwände gegenüber der ursprünglichen Einschätzung erforderlich gewesen wären. Die Arbeiten seien mangelfrei abgeschlossen worden.

Der Beklagte trägt weiter vor, das Dach sei zwar alt, aber noch funktionsfähig und insbesondere dicht gewesen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Kosten für die Dachdeckung seien nicht überzogen. Die Preise seien ortsüblich und angemessen.

Der Rechtsstreit ist mit Beschluss der Kammer vom 28.04.16 der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist bezüglich des Anspruches auf Rückzahlung des Werklohnes begründet, im Übrigen unbegründet.

I.

Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 36.656,30 € gemäß §§ 357 Abs. 1, 355 Abs. 3 Satz 1, 312 g Abs. 1, 312 b, 312 BGB.

Die Kläger haben einen Anspruch auf Rückgewährung der von ihnen geleisteten Zahlungen in Höhe von unstreitig 36.656,30 € gemäß § 355 Absatz 3 Satz 1 iVm § 357 Abs. 1 BGB, da deren Voraussetzungen vorliegen.

Die Kläger haben ihre auf Abschluss des am 8.10.15 geschlossenen Werkvertrages und auf Annahme der Vertragsnachtragsangebote gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen, §§ 355 Abs. 1, 312 g Abs. 1, 312 b BGB.

1. Die Vorschriften der §§ 312 b und 312 g BGB sind nach § 312 Abs. 1 und 2 BGB anwendbar. Der geschlossene Werkvertrag über Dachdeckarbeiten ist ein Verbrauchervertrag im Sinne des § 310 Abs. 3 BGB. Die Kläger sind Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. Der Beklagte handelte als Unternehmer iSd § 14 BGB, als er den Klägern die Erbringung von Dachdeckerarbeiten anbot. Die §§ 312 ff. BGB sind in der aktuellen Fassung anwendbar, da der Vertrag nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie am 13.06.14 abgeschlossen wurde, vgl. Art. 229 § 32 EGBGB.

Es liegt keine Ausnahme vom Anwendungsbereich nach § 312 Abs. 2 BGB vor. Der Werkvertrag über die Dachdeckarbeiten ist insbesondere kein Vertrag über den Bau von neuen Gebäuden oder bezüglich erheblicher Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden im Sinne des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Der Begriff der erheblichen Umbaumaßnahmen ist im Sinne des größtmöglichen Verbraucherschutzes grundsätzlich eng auszulegen, so dass hierunter nur solche Umbaumaßnahmen fallen, die vergleichbar sind mit dem Bau eines neuen Gebäudes. Die §§ 312 ff. BGB sind durch das „Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung“ (BGBl. 2013 I, 3642) mit Wirkung zum 13.06.14 neu gefasst worden. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung sind die Dachdeckarbeiten an einem Haus von der Ausnahme der „erheblichen Umbaumaßnahmen“ ausdrücklich nicht erfasst (BT-Drs. 17/12637, Seite 46). Die Befürchtung des Bundesrates, dass unseriöse Dachdeckerfirmen, die ihre Leistungen an der Haustür anbieten, von der Ausnahme profitieren könnten (BT-Drs. 17/12637, Seite 88), sei nicht gerechtfertigt, da Dachdeckarbeiten jedenfalls nicht unter den Begriff der erheblichen Umbaumaßnahmen fielen (BT-Drs. 17/12637, Seite 96).

2. Mit der Annahme des Angebotes vom 07.10.2015 schlossen die Parteien einen Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen im Sinne des § 312 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB. Der Beklagte hat den Vortrag der Kläger, sie hätten den Beklagten auf Grundlage seines Angebotes in oder vor ihrem Haus, damit jedenfalls außerhalb von Geschäftsräumen, beauftragt, nicht substantiiert bestritten. Erstmals in der mündlichen Verhandlung gab der Beklagte an, der Vertrag sei erst telefonisch zustande gekommen. Dieser Einwand ist unerheblich, da der Vertrag dann nach § 312 b Nr. 3 BGB ebenfalls ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag wäre, denn unstreitig haben die Parteien im oder vor dem Haus der Kläger über die Einzelheiten des Vertrages, beispielsweise die Reduzierung des Auftrages um 1.000,00 €, gesprochen.

Es kommt für einen außerhalb des Geschäftsraums geschlossenen Vertrag nach § 312 b BGB nach der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie im Sommer 2014 nicht mehr darauf an, ob der Unternehmer auf Bestellung des Verbrauchers erschien bzw. auf wessen Initiative die Vertragsanbahnung bzw. der Vertragsschluss erfolgte. Nach Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie gibt es keine Ausnahme mehr für den durch den Verbraucher bestellten Unternehmer (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 75. Auflage, § 312 b Rn. 1; Förster, Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in §§ 312 ff. BGB, JA 2014, 721, 725: der Anwendungsbereich wird damit weiter).

3. Das Widerrufsrecht der Kläger ist für den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag entstanden, § 312 g Abs. 1 BGB. Eine Ausnahme vom grundsätzlichen Widerrufsrecht nach § 312 g Abs. 2 BGB liegt nicht vor:

Die Parteien haben insbesondere keinen Vertrag geschlossen, bei dem die Kläger als Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hätten, sie aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 BGB. Der Beklagte selbst führt in der Klageerwiderung aus, dass die Reparaturarbeiten zwar grundsätzlich erforderlich, jedoch nicht dringlich gewesen seien. Das Dach sei insbesondere dicht gewesen. Damit kommt es nicht darauf an, ob die Kläger den Beklagten aufgefordert haben, ihn aufzusuchen.

Auch eine Ausnahme nach § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB, die im Übrigen vom Beklagten auch nicht dargetan wird, liegt nicht vor. Der geschlossene Werkvertrag ist kein Vertrag über die „Lieferung von Waren“. Im Sinne der Verbraucherrechterichtlinie sind Verträge über die Lieferung von Waren nur Kaufverträge nach §§ 433 ff. BGB und Werklieferungsverträge nach § 651 BGB. Werkverträge nach §§ 631 ff. BGB sind als Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen anzusehen (so auch AG Bad Segeberg, Urteil vom 13.04.2015, 17 C 230/14 mwN, zitiert nach juris). Der von den Parteien geschlossene Vertrag über die vollständige Dachsanierung ist ein Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB. Auch wenn der Beklagte Material für die Dachsanierung angeliefert hat, so stand doch der bezweckte Gesamterfolg, nämlich die fachgerechte Sanierung des Flachdaches eindeutig im Vordergrund.

4. Die Kläger übten ihr Widerrufsrecht mit der Erklärung im Januar 2016 fristgerecht aus. Mit anwaltlichen Schreiben vom 26.01.2016 erklärten sie den Widerruf gegenüber dem Beklagten, § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB. Unstreitig hat der Beklagte die Kläger in keiner Weise über ein mögliches Widerrufsrecht belehrt. Die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB von 14 Tagen begann daher nach § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu laufen. Das Widerrufsrecht der Kläger konnte damit binnen einer Frist von 12 Monaten und 14 Tagen nach dem Vertragsschluss ausgeübt werden, § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB.

5. Mit der Ausübung des Widerrufsrechts ist der Vertrag in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt, § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge regelt § 357 BGB als gegenüber dem § 355 BGB speziellere Vorschrift die Rechtsfolgen. Nach § 357 Abs. 1 BGB sind die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Daraus ergibt sich der Zahlungsanspruch der Kläger im titulierten Umfang.

6. Ein Wertersatz für das vom Beklagten gelieferte Material ist nicht in Abzug zu bringen. Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Wertersatz für das von ihm gelieferte Material, der nach seinen erstmals in der mündlichen Verhandlung geäußerten Einwendungen zu berücksichtigen wäre. Es fehlt eine mögliche Anspruchsgrundlage. Der Vertrag hat sich durch den Rücktritt in ein Rückgewährschuldverhältnis eigener Art gewandelt. Die §§ 355 ff BGB enthalten ein selbständiges und geschlossenes System der Rückabwicklung. Einen Verweis auf das Rücktrittsrecht gibt es anders als nach dem früheren § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. nicht mehr (vgl. Möller, Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie im deutschen Recht, BB 2014, S. 1411, 1417). In § 357 Abs. 7, 8 und 9 BGB finden sich Regelungen zum Wertersatz durch den Verbraucher. Wenn hier ein Werkvertrag widerrufen wird, ist die Regelung des § 357 Abs. 8 BGB einschlägig. Ein Wertersatz schuldet der Verbraucher nach § 357 Abs. 8 BGB nur, wenn er von dem Unternehmer trotz einer Belehrung über den Widerruf ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Im Umkehrschluss ergibt sich, dass ein Anspruch auf Wertersatz gegen den Verbraucher nicht besteht, wenn der Verbraucher – wie hier – nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist und der Unternehmer dennoch vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Arbeiten begonnen hat.

Ein Anspruch auf Wertersatz ergibt sich auch nicht aus der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung angesprochenen analogen Anwendung des § 357 Abs. 7 oder 8 BGB. Eine Regelungslücke und jedenfalls deren Planwidrigkeit liegen nicht vor. Die Regelungen der §§ 355 ff. BGB sollen in Zusammenschau mit den §§ 312 ff. BGB in Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie einen größtmöglichen Schutz des Verbrauchers gewährleisten. Aus der Regelungssystematik ergibt sich, dass der Verbraucher, der nicht belehrt wird, größtmöglichen Schutz genießt. Es entspricht daher auch dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, dass es nicht unbillig ist, dass der nicht belehrte Verbraucher keinen Wertersatz schuldet. Im fehlenden Anspruch auf Wertersatz liegt auch kein unzumutbarer Nachteil für den Unternehmer, da der Unternehmer unter den Voraussetzungen des § 356 Abs. 4 Satz 1 BGB erreichen kann, dass das Widerrufsrecht erlischt (so auch Möller, BB 2014, 1411, 1418).

6. Der Anspruch auf Zinsen bezüglich des Zahlungsanspruches ab Rechtshängigkeit ergibt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

II.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf den Ersatz ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus Verzug, da der Zahlungsanspruch erst mit dem Widerruf durch anwaltliches Schreiben entstanden ist. Ein weiteres vorgerichtliches Mahnschreiben liegt nicht vor. Die Kläger haben auch keinen deliktischen Anspruch, der zum Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verpflichtet. Mit dem Vertragsabschluss hat der Beklagte jedenfalls nicht die Rechtsgüter des § 823 Abs. 1 BGB verletzt. Ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB bzw. in Verbindung mit anderen, das Vermögen schützenden Vorschriften, ist nicht hinreichend dargetan. Zwar mag der Beklagte die Unerfahrenheit und „Gutmütigkeit“ der Kläger ausgenutzt haben, eine Täuschung über einzelne tatsächliche Umstände haben jedoch auch die Kläger nicht vorgetragen. Das behauptete mangelhafte Ausführen von Werkleistungen schließlich stellt kein deliktisches Handeln dar.

III.

Die Kläger haben gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Demontage der auf ihrem Dach verbauten Baumaterialien und deren Abfuhr. Eine Anspruchsgrundlage ist in § 357 BGB, der die Rückabwicklung von Werkverträgen nach Widerruf eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags wie dargelegt grundsätzlich abschließend regelt, nicht ersichtlich. Nach § 357 Abs. 1 BGB sind zwar die jeweils empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Eine Regelung über die Demontage von Werkleistungen fehlt jedoch. § 357 Abs. 6 BGB betrifft die Rückabwicklung von Verträgen über die Lieferung von Waren, damit wie dargelegt nicht von Werkverträgen (im Übrigen hat nach der Reform 2014 grundsätzlich der Verbraucher die Pflicht, die Ware auf seine Kosten zurückzusenden). § 357 Abs. 8 BGB, der die spezielle Norm für die Rückabwicklung von Werkverträgen ist, sieht die Demontage von Werkleistungen bzw. den Rückbau grundsätzlich nicht vor. Ein Anspruch auf Demontage ergibt sich auch nach keiner Betrachtungsweise aus Deliktsrecht oder aus bereicherungsrechtlichen Vorschriften.

Auch bezüglich der Pflicht zur Demontage besteht kein Bedarf für eine analoge Anwendung, etwa des § 357 Abs. 6 BGB oder der §§ 346 ff. BGB. Das Gericht kann eine planwidrige Regelungslücke nicht erkennen. Der Gesetzgeber, der gerade die Dachdeckarbeiten an verschiedenen Stellen in der Gesetzesbegründung erwähnt hat, hat einen Anspruch auf Demontage mutmaßlich bewusst nicht geregelt. Gerade im Sinn des Verbraucherschutzes ist ein solcher Anspruch auch nicht hilfreich. Der Rückbau bzw. die Demontage ist regelmäßig nicht im Interesse des Verbraucher. So liegt es auch hier. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie sich derzeit eine Sanierung des Daches bzw. die Beseitigung der behaupteten Mängel durch einen anderen Dachdecker „nicht leisten können“, da ihre Ersparnisse an den Beklagten geflossen seien. Das Dach sei derzeit dicht. Sie planten eine Renovierung mit dem Geld, das sie mit dem Klagantrag zu 1) erstritten. Für den Fall eines durchsetzbaren Anspruchs auf Demontage bestünde jedoch kein Rangverhältnis der klägerischen Ansprüche. Der Anspruch auf Demontage könnte vom Beklagten auch bei fehlender Zahlungsfähigkeit erfüllt werden. Dann hätten die Kläger zwar kein Geld, aber ein unter Umständen undichtes Dach.

Der Klägervertreter führte aus, mit den Klaganträgen zu 2 und zu 3 solle (auch) einem (möglichen) Zurückbehaltungsrecht des Beklagten begegnet werden. Ein solches Zurückbehaltungsrecht ist jedoch nicht ersichtlich. Wie dargelegt hat der Beklagte, der die Kläger nicht auf ein Widerrufsrecht hinwies, keinen Anspruch auf Wertersatz für die verbauten Materialien. Die Materialien stehen durch den Einbau nunmehr jedenfalls im Eigentum der Kläger. Der Widerruf wandelt das Vertragsverhältnis – wie dargelegt – in ein Rückgewährschuldverhältnis eigener Art um. Anders als beim Rücktritt nach §§ 346 ff. BGB besteht gerade keine Zug-um-Zug-Verpflichtung bezüglich der einander zurück zu gewährenden Leistungen.

Mangels Anspruches auf Demontage kann diesbezüglich auch kein Verzug (Antrag zu 3) festgestellt werden.

IV.

Der Ausspruch über die Kosten folgt § 92 Abs. 2 ZPO. Die unberechtigte Zuvielforderung der Kläger liegt deutlich unter 10 % des Streitwertes von 39.156,30 und verursacht keine höheren Kosten, da zwischen den Streitwerten von 36.656,30 € (erfolgreicher Antrag zu 1) und 39.156,30 € kein „Gebührensprung“ liegt. Bezüglich des Streitwertes der Anträge zu 2 und zu 3 folgt das Gericht den klägerischen Angaben, wobei es jedoch den Wert von 2.000,00 € für die Demontage der Arbeiten für zwar noch angemessen, aber jedenfalls am oberen Rand der möglichen Preisspanne sieht.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 709 Satz 2 ZPO.

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