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Auftragnehmerpflicht zur Prüfung eines Vorunternehmergewerks

LG Bonn – Az.: 1 O 423/15 – Urteil vom 30.09.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht mit der Klage Regressansprüche im Zusammenhang mit dem Neubau des A-kassengebäudes am G-platz in Z geltend.

Während der Bauarbeiten traten an dem Nachbargebäude G-Platz Rissbildungen auf. Die Beklagte zahlte als Betriebshaftpflichtversicherung der E GmbH an diese für den Schadensfall einen Betrag von 200.000,00 EUR. Diese Schadenshöhe ist zwischen den Parteien unstreitig; sie streiten allein über den Haftungsgrund.

Unter anderen waren an dem Bauvorhaben mit folgender Rollenverteilung beteiligt:

A-kasse FM AöR

Bauherrin

R Ges. mbH & Co Objekt Gs-platz KG

(Projektgesellschaft, 100%ige Tochter der A-kasse, inzwischen durch Anwachsung auf diese übergegangen)

Auftraggeberin

H GmbH

Bauherrenvertreterin

E GmbH (Versicherungsnehmerin der Klägerin)

Generalunternehmerin für Abbruch, Baugrubenverbau und Herstellung der Baugrube

B Versicherung AG (Klägerin)

Haftpflichtversicherung der Generalunternehmerin

J GmbH (Beklagte)

Subunternehmerin der Generalunternehmerin für Herstellung der Bohrpfähle für Baugrubenverbau

F3 Versicherung AG

Haftpflichtversicherung der Subunternehmerin

U GmbH

Sub-Subunternehmerin der Subunter-nehmerin für Herstellung der Bohrschablonen für Bohrpfahlwand

L GmbH

Entwurfsplanerin Bohrpfahlwand

Ingenieurbüro T4

Tragwerks- und Ausführungsplanung für Herstellung Bohrpfahlwand

Der Neubau gründet mehrere Meter tiefer als die unmittelbar angrenzende Bebauung. Um diese gegen baubedingte Beschädigungen zu schützen, sollte nach Abbruch und Entsorgung der Altgebäude, aber noch vor Beginn der Vertiefungsarbeiten entlang der Grenze zu den Nachbargebäuden eine mehr als 10 m in das Erdreich hinunterragende Bohrpfahlwand hergestellt werden, bevor sodann die (mehrere Meter tiefe) Baugrube ausgeschachtet werden sollte.

Die E GmbH brach im Sommer 2011 die Bestandsgebäude im Baufeld ab. Dabei wurde eine (laut Klägerin) ca. 1 m bzw. (laut Beklagter) ca. 1,5 m dicke Betonplatte (die Bodenplatte des ehemaligen Banktresors) beseitigt. Um mögliche Erschütterungsschäden an der Nachbarbebauung zu verhindern, wurde diese Bodenplatte nicht – wie sonst üblich – mittels Presslufthammer in kleine Teile zerlegt, sondern per Diamantsäge in Stücke geschnitten, die sodann per Bagger aufgenommen und abtransportiert wurden. Die letzten Schneid- und Räumarbeiten führte die E GmbH bis zum 13.09.2011 durch. Die Beklagte begann ihre Arbeiten im Baufeld nach dem Vortrag der Klägerin am 12.09.2011, nach dem Beklagtenvortrag am 14.09.2011. Am 16.09.2011 meldeten die Bewohner des Hauses G-Platz erstmals aktuelle Rissbildungen in der an das Baufeld angrenzenden Außenwand.

Wegen der zu errichtenden Bohrpfahlwand übersandte der Fachbauleiter Dipl.-Ing. T3 im Auftrag der E GmbH mit email vom 01.08.2011 diverse Unterlagen, u.a. die von der L GmbH zuvor aufgestellte Entwurfsstatik für die Bohrpfahlwand, an die Beklagte mit der Bitte um kurzfristige Angebotsabgabe. Mit Schreiben vom 02.08.2011 übersandte die Beklagte ein Angebot. Die Beklagte beauftragte ferner das Ingenieurbüro T4 mit der Ausführungsplanung. Diese lag Ende August 2011 vor; daraus ergaben sich gegenüber dem ersten Angebot der Beklagten vom 02.08.2011 geänderte Mengenvordersätze. Mit Schreiben vom 05.09.2011 unterbreitete die Beklagte der E GmbH sodann ein neues Angebot mit überarbeiteten Vergütungssätzen.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte sei von der E GmbH dem Grunde nach bereits auf das erste Angebot vom 02.08.2011 hin beauftragt worden. Die Beklagte sehe ihren Leistungsbeitrag an der Baustelle sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Hinsicht fälschlich auf die reine Bauausführung der Bohrpfahlarbeiten begrenzt und blende ihre zeitlich frühere und inhaltlich weitergehende planerische Verantwortung völlig aus. Die Beklagte hätten schon ab Anfang August nebenvertragliche, zumindest aber vorvertragliche Schutzpflichten in Gestalt konkreter Hinweise auf jene Zusammenhänge getroffen, die sie im Nachhinein als (angeblich) augenfällige Verletzungen technischer Normen seitens der E GmbH darzustellen versuche.

Die Klägerin behauptet des Weiteren, die Beklagte habe entlang der nördlichen Baufeldgrenze durchgängig auf der gesamten Strecke von ca. 80 m zur Anlegung der Bohrschablonen für die Bohrpfähle einen ca. 80 cm tiefen Graben hergestellt bzw. habe Teile des ihr von der E GmbH übergebenen Erdplanums beseitigt bzw. vertieft, um die Bohrschablonen positionieren zu können. Die Art der Herstellung der Bohrschablonen – durchgängig statt abschnittsweise – und deren Höhenlage – zu tief und planwidriger Verzicht auf Überstand der Bohrpfahlköpfe – seien fehlerhaft gewesen. Im relevanten Bauabschnitt neben dem Gebäude des geschädigten Nachbarn Herrn X habe sie am 15.09.2011 unmittelbar an der Außenseite des Nachbarhauses ca. 80 cm hinuntergeschachtet und damit dessen Fundament bis weit unter die Unterkante freigelegt, ohne im gleichen Zuge für eine Abstützung oder dergleichen zu sorgen. Sie habe die tatsächliche Bauausführung gegenüber der Ausführungsplanung des Ingenieurbüros T4 eigenmächtig dahingehend geändert, dass sie auf ein (lohnintensives) Abstemmen der Bohrpfahlköpfe verzichten wollte, wodurch die Bohrschablonen zwangsläufig um die Materialhöhe des späteren Kopfbalkens (oder um die Höhe des Schablonenkörpers) hätten tiefer gesetzt werden müssen; d.h. die Soll-Höhe der Schablonen-Unterkante sei zur Ist-Höhe der Schablonen-Oberkante geworden, weshalb die Schablonen um ca. 40 cm tiefer im Erdreich als nach Planung vorgesehen hätten gesetzt werden müssen.

Die E GmbH habe dagegen das Baufeld nicht so tief angelegt, dass bereits dadurch die Fundamente des Nachbarhauses des Geschädigten X untergraben worden seien. Aber auch selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, habe es eine Verletzung der (auch ungeschrieben existierenden) Kooperationspflicht der Beklagten dargestellt, vor Beginn der Bohrpfahlarbeiten nicht auf diesen Umstand hinzuweisen, sondern ohne Bedenken- und/oder Behinderungsanzeige in demselben kritischen Bereich sogar zusätzliche Grabungsarbeiten auszuführen. Ferner sei die von der E GmbH entfernte Betonbodenplatte mit der Außenwand des Nachbarhauses weder kraftschlüssig verbunden gewesen noch habe sie ihr als (statisch relevantes) Widerlager gedient. Beim Öffnen der Betonplatte habe sich zwar in einem Teilbereich (auf einer Breite von nur ca. 30 cm) ein Hohlraum im Mauerwerk der Bestandsgebäude gezeigt. Dessen Position habe allerdings weiter in Richtung Baugrube gelegen als die spätere Schadensstelle und die E GmbH habe den Hohlraum fachgerecht mit Beton unterfangen, bevor sie die Schneidearbeiten an der Betonplatte fortgesetzt habe.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 200.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszins seit dem 13.09.2012 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 4.046,00 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, schadensursächlich seien allein die von der E GmbH durchgeführten Arbeiten zum Abbruch der Bodenplatte des ehemaligen Banktresors und die damit verbundenen Aushubarbeiten der E GmbH sowie das Unterlassen der Herstellung einer fachgerechten Unterfangung gewesen. Sie, die Beklagte, habe in dem Schadensbereich überhaupt keine Grabungen vorgenommen und dementsprechend auch keine Freilegung von Fundamenten verursacht. Die E GmbH habe bereits einige Wochen zuvor ein mehr als 1,5 m tieferes Aushubniveau erreicht, als dies bei den Arbeiten der Beklagten je der Fall gewesen sei. Die E GmbH selbst habe das Fundament des Nachbargebäudes freigelegt, indem sie durch den Abbruch und Ausbau der unmittelbar an die Nachbarwand angebauten Betonplatte der Giebelwand des Nachbargebäudes die Stütze entzogen habe. Unter dem Nachbargebäude und dem direkt an sie angrenzenden Bereich der Betonplatte habe sich ein über 1 m großer Hohlraum befunden, in dem kein Fundament des Nachbargebäudes vorhanden gewesen sei, sondern das Gebäude in diesem Bereich allein von der Betonplatte gestützt worden sei. Die E GmbH habe den freigelegten Hohlraum in irgendeiner Form verfüllt und dann vor der Nachbarwand etwa 1,5 m Erdreich angehäuft. Auf der Oberfläche dieser Anhäufung habe die Beklagte dann mit ihren Arbeiten begonnen, wobei sie keine Vertiefungen vorgenommen habe. Sie habe am 15.09.2011 zur Vorbereitung ihrer Bohrarbeiten oben auf das von der E GmbH übergebene Arbeitsplanum runde, etwa 40 cm hohe Styroporformen gestellt; dabei habe sie keinen Graben hergestellt, sondern lediglich das von der E GmbH mit einem Bagger aufgeschüttete, mit Gesteins- und Betonbrocken durchsetzte relativ grobe Bodenmaterial manuell mit Schaufeln von grobem Gestein gereinigt und die Oberfläche geglättet, um die Styroporformen aufstellen zu können. Hierbei seien allenfalls wenige cm (unter 10 cm) Boden abgetragen worden. Nach Aufstellen der Styroporformen habe sie noch etwas Erdreich in Gestalt eines kleinen, ca. 20 – 30 cm hohen Erdwalls zur Baugrube hin aufgeschüttet, damit beim Einbetonieren der Styroporformen zur Erstellung der Bohrschablone der Beton nicht zur Baugrubenmitte hin abfloss. Einen Graben, wie von der Klägerin behauptet, habe sie lediglich in weit von der Schadensstelle entfernten Abschnitten hergestellt. Dass der Schaden an dem Nachbargebäude etwa zu dem Zeitpunkt festgestellt wurde, als sie mit den Vorbereitungsarbeiten für die Herstellung der Bohrpfähle begann, sei Zufall.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung. Die Akten des Verfahrens 1 O 173/14 Landgericht Bonn waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle vom 16.03.2016 und 20.07.2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Sie hat insbesondere keine Ansprüche gegen die Beklagte aus gemäß § 86 Abs. 1 VVG von der E GmbH übergegangenem Recht aus §§ 633, 634 Nr. 4 BGB bzw. 13 Abs. 7 VOB/B, 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 426 BGB. Eine bauvertragliche Schadensersatzhaftung der Beklagten, vorvertragliche Haftung oder Haftung im Rahmen eines Gesamtschuldverhältnisses mit der E GmbH im Hinblick auf Ansprüche des Geschädigten X im Außenverhältnis besteht nicht.

1.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich nicht feststellen, dass die von der Beklagten bzw. deren Subunternehmerin U GmbH an der Baufeldgrenze in dem Bereich, in dem am 16.09.2011 die Risse in dem angrenzenden Nachbargebäude G-Platz festgestellt wurden, durchgeführten Arbeiten zur Herstellung der Bohrschablonen für die Errichtung der Bohrpfahlwand allein- oder auch nur mitursächlich für die Rissbildungen waren.

Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe entlang der nördlichen Baufeldgrenze durchgängig auf der gesamten Strecke von ca. 80 m zur Anlegung der Bohrschablonen für die Bohrpfähle einen ca. 80 cm tiefen Graben hergestellt und habe am 15.09.2011 im relevanten Bauabschnitt neben dem Gebäude des Geschädigten X unmittelbar an der Außenseite des Nachbarhauses ca. 80 cm hinuntergeschachtet, hat sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Keiner der gehörten Zeugen hat bekundet, dass es eine derartige Grabung bzw. Schachtung durch die Beklagte bzw. deren Subunternehmerin U GmbH gegeben habe, und es gibt auch ansonsten keine Anhaltspunkte dafür, insbesondere nicht aus den vorliegenden Lichtbildern.

Es ist lediglich anhand der Lichtbilder Bl. … und … GA (siehe auch S. 2 f. im Klägerschriftsatz vom 29.03.2016, Bl. … f. GA) thematisiert worden, ob die Beklagte bzw. die U GmbH in deutlich geringerem Umfang Teile der von der E GmbH hergestellten Berme im Zuge der Herstellung der Bohrschablonen beseitigt bzw. vertieft hat, wozu sich die Zeugen L2, Dr. N, H3, T4 und I geäußert haben. Auf diesen Lichtbildern ist zu erkennen, dass in einem Bereich die Oberkanten der ca. 40 cm hohen Styroporformen für die Bohrschablonen ungefähr auf gleicher Höhe wie die Oberkante der Berme lagen.

In dem von der Klägerin angegebenen Schadensbereich näher am G-platz, den der Zeuge L2 auf dem Lichtbild Bl. … GA mit Kugelschreiber markiert hat, standen die Styroporformen für die Bohrschablonen allerdings höher oben auf einer zusätzlichen Aufschüttung auf der Berme, wie eine Gegenüberstellung der Lichtbilder Bl. … unten rechts GA einerseits und Bl. … GA andererseits zeigt (blaue Markierung „B1“ an der Hauswand sowie Grenze der glatten Wandfläche als Orientierungspunkte).

Soweit es in den drei Tagesberichten der Beklagten vom 14., 15. und 16.09.2016 (Anlagen 6.1 – 6.3 zur gutachterlichen Stellungnahme von Dr. N vom 11.02.2013, vorliegend in Anlage K 10 in der Beiakte 1 O 173/14; auszugsweise abgedruckt auf S. 13 ff. des Klägerschriftsatzes vom 09.02.2016, Bl. … ff. GA) jeweils gleichlautend heißt: „Graben für Bohrschablone mit Minibagger durch Fa. U, Aushub ca. 0,40 m, Aushub seitlich gelagert“, ist das hinsichtlich des Bereichs vorne am G-platz mit der Situation auf dem Lichtbild Bl. … unten rechts GA nicht in Einklang zu bringen. Der Zeuge I hat dazu glaubhaft bekundet, dass er die Angaben aus dem ersten Tagesbericht vom 14.09.2011, der die Herstellung der Bohrschablonen für die Bohrpfähle Nr. 100 – 46 im hinteren Bereich des Baufelds vom H2graben bis zur historischen Stadtmauer betrifft („Zone 1 bzw. 2“ nach der Einteilung auf S. 6 der Klageschrift vom 27.08.2015, Bl. … GA; siehe auch die Anlage 2.3 zur gutachterlichen Stellungnahme von Dr. N vom 11.02.2013), „rüber kopiert“ habe. Der Privatgutachter Dr. N ist insofern von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen, als er bei der Erstellung seiner gutachterlichen Stellungnahme die Angaben in den Tagesberichten der Beklagten zugrunde gelegt hat und danach eine durchgehende Vertiefung entlang der gesamten Grundstücksgrenze angenommen hat, wohingegen tatsächlich im Schadensbereich vorne am Gs-platz, wie auf dem Lichtbild Bl. … unten rechts GA zu sehen ist, gar keine Grabung bzw. Schachtung durch die Beklagte bzw. die U GmbH erfolgt ist.

Außerdem hat die E GmbH im Zuge der Beseitigung der Betonbodenplatte des alten Banktresors auch in dem weiter hinten gelegenen Bereich, in dem die Oberkanten der Styroporformen für die Bohrschablonen ungefähr auf gleicher Höhe wie die Oberkante der Berme lagen, zuvor bis auf ein deutlich tieferes Niveau als der Höhe der Unterkanten der Bohrschablonen abgegraben bzw. abgebrochen. Das ist auf den Lichtbildern Bl. … ff. GA zu sehen und auch die Zeugen L2, H3, T4 und I haben bekundet, dass die Beklagte bzw. die U GmbH mit ihren Arbeiten zur Herstellung der Bohrschablonen auf einer von der E GmbH aufgeschütteten Berme begonnen hat, die auf dem Lichtbild Bl. … GA zu sehen ist (siehe ferner zu einem Zwischenstadium mit einer wesentlich kleineren Anhäufung an dem Bestandsgebäude das Lichtbild Bl. … rechts GA). Im Übrigen gab es hier am Rand der Betonbodenplatte auch einen Hohlraum im Mauerwerk des Bestandsgebäudes, der, wie auf dem Lichtbild Bl. … links GA zu sehen ist, jedenfalls deutlich breiter als 30 cm war. Dieser Hohlraum ist augenscheinlich mit Beton o.ä. verfüllt worden, wie auf dem Lichtbild Bl. … rechts GA, das denselben Bereich zeigt, teilweise zu sehen ist (graue Fläche mit frischem Markierungsstrich rechts neben der Markierung „4“ als Orientierungspunkt).

Soweit der Zeuge L2 bekundet hat, dass die ca. 1 – 1,50 m dicke Betonbodenplatte nicht bis in den Schadensbereich vorne am G-platz reichte, geht die Kammer davon aus, dass dies zutrifft; dafür sprechen auch die etwa auf den Lichtbildern Bl. … und … oben GA erkennbaren Schnittflächen, an denen die Bodenplatte von der Hauswand des Bestandsgebäudes getrennt worden ist. Maßgeblich ist aber auch hier, dass in dem Schadensbereich vorne am G-platz gar keine Grabung bzw. Schachtung durch die Beklagte bzw. die U GmbH erfolgt ist, sondern die Styroporformen für die Bohrschablonen oben auf einer Aufschüttung auf der Berme standen (siehe nochmals das Lichtbild Bl. … unten rechts GA).

2.

Die Beklagte hat auch keine haupt-, neben- oder vorvertraglichen Planungs-, Kooperations-, Schutz-, Aufklärungs- oder Hinweispflichten verletzt.

Die Beklagte und die E GmbH tragen die Verantwortung und das Risiko grundsätzlich hinsichtlich des jeweils eigenen Gewerks. Die Prüfungspflicht des Unternehmers geht nicht über seine vertraglichen Leistungspflichten hinaus. Hinsichtlich eines Vorunternehmergewerks besteht eine Prüfpflicht nur, soweit die Beschaffenheit der Leistungen des Vorunternehmers in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Erfüllung eigener Leistungspflichten des Auftragnehmers steht. Der Auftragnehmer muss also im Rahmen der Zumutbarkeit prüfen, ob die ihm zur Verfügung gestellten Vorleistungen anderer Unternehmer eine geeignete Grundlage für die Erbringung seiner Leistungen bilden und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit in Frage stellen könnten (vgl. zum Vorstehenden m.w.N. OLG Düsseldorf v. 11.10.2007, 5 U 6/07, BauR 2008, 1005, zit. nach juris [Rn. 41]). Daraus folgt jedoch nicht, dass sich seine Verantwortlichkeit auch auf die Ordnungsgemäßheit der Erbringung der Vorleistungen erstreckt und er bereits unter Umständen lange im Vorlauf zu seiner eigenen Leistungserbringung die Erbringung der Vorleistungen durch den Vorunternehmer prüfen, überwachen und ggf. beeinflussen muss.

Die Leistung der Beklagten bezog sich auf den Komplex „Planung und Ausführung der Baugrubensicherung in Gestalt einer Bohrpfahlwand“. Sie war jedoch nicht mit der Planung und Ausführung der vorangehenden Abbrucharbeiten beauftragt, die von der E GmbH in eigener Verantwortung durchgeführt wurden. Die Beklagte musste daher die Arbeiten der E GmbH, insbesondere etwa beim Abbruch der Betonbodenplatte des ehemaligen Banktresors, nicht im Vorhinein prüfen und fortlaufend während der Ausführung kontrollieren und ggf. stoppen oder anderweitig beeinflussen bzw. entsprechende Hinweise zu diesen Arbeiten erteilen. So bezieht sich auch die von der Beklagten bzw. für sie von dem Ingenieurbüro T4 erstellte Statik für die Bohrpfahlwand (Ausführungsplanung), die Ende August 2011 vorlag, nicht auf die Abbrucharbeiten. Das Vorstehende gilt unabhängig davon, ob, wie von der Klägerin behauptet, eine Beauftragung der Beklagten durch die E GmbH dem Grunde nach bereits auf das erste Angebot der Beklagten vom 02.08.2011 hin erfolgt ist oder die Beauftragung erst nach dem modifizierten zweiten Angebot der Beklagten vom 05.09.2011 erfolgt ist. Ferner verfängt auch der Verweis der Klägerin auf zwei Entscheidungen des OLG Köln (v. 14.05.2013, 15 U 214/11, juris; v. 19.07.2006, 11 U 139/05, BauR 2007, 887, zit. nach juris) nicht, da diese andere Fallkonstellationen betreffen und auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sind.

3.

Mangels Hauptforderung bestehen auch die geltend gemachten Nebenforderungen (Zinsen und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten) nicht.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zu vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1, 2 ZPO.

Streitwert: 200.000,00 EUR

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