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Bauvertrag – konkludente Abnahme

OLG München – Az.: 28 U 1888/18 Bau – Beschluss vom 21.11.2018

1. Die Berufungen der Klägerin sowie des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 12.04.2018, Aktenzeichen 2 O 9849/10, werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass abändernd gemäß Ziff. 2 des Urteilstenors von den Kosten erster Instanz die Klägerin 22 % und der Beklagte 78 % trägt.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 20 % und der Beklagte 80 %.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I sowie dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 164.425,12 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind über VOB/B-Werkverträge betreffend die Gewerke Heizung/Sanitär und Lüftung verbunden. Die Klägerin verlangt vom Beklagten ausstehenden Werklohn von zuletzt 99.243,95 EUR. Der Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung, dass weder Abnahme noch Abnahmefähigkeit vorliegen.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der Antragstellung in erster Instanz wird zunächst auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 12.04.2018 Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage in Höhe von 57.246,27 EUR zugesprochen, allerdings nur Zug um Zug gegen Beseitigung zahlreicher im Einzelnen aufgeführter Mängel. Die Klage im Übrigen sowie die gesamte Widerklage hat es abgewiesen. Die Kostenentscheidung lautet 95 % zu 5 % zu Lasten der Klägerin.

Bezüglich des Klagebetrages von 99.243,95 EUR habe der Beklagte Zusatzleistungen von 926,90 EUR sowie zu Unrecht gezogenes Skonto in Höhe von 33.765,30 EUR unstreitig gestellt. Des Weiteren seien Rechnungen mit Gesamtvolumen 15.775,56 EUR unstreitig gestellt worden. Hinsichtlich weiterer Rechnungen in Höhe von 6.778,51 EUR stehe die Beauftragung durch den Beklagten aufgrund der Beweisaufnahme fest. Hieraus ergebe sich die zugesprochene Klagesumme von 57.246,27 EUR. Im Übrigen hätte zur Höhe der Rechnungen zum Nachweis deren Berechtigung Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen, die Klägerin habe aber den Auslagenvorschuss nicht einbezahlt, so dass hieraus Klageabweisung resultiere.

Die Forderung sei fällig, da das klägerische Gewerk durch Schlussrechnungszahlung zum 27.01.2010 konkludent abgenommen worden sei. Eine förmliche Abnahme sei nicht vereinbart worden. Die Mieter seien im Dezember 2009 eingezogen. Die ersten Mängelrügen seien erst am 10.05.2010 erfolgt und hätten zudem untergeordnete Mängel betroffen. Die konkludente Abnahme scheitere auch nicht an den sachverständigen Feststellungen, dass die Lüftung in der Tiefgarage und die Hydraulik der Heizungsanlage wesentlich mangelbehaftet seien, da dies erst am 05.08.2010 bzw. im Oktober 2010 gerügt worden sei. Eine konkludente Abnahme scheitere auch nicht an der fehlenden Fertigstellung der Heizungsanlage mangels hydraulischen Abgleichs. Fraglich sei schon, ob dieser Umstand die Fertigstellung an sich hindere. Außerdem hindere auch eine objektiv nicht fertiggestellte Anlage nicht stets eine konkludente Abnahme, da kein Offenkundigkeit vorgelegen habe. Eine gezielte Täuschung der Klägerin hierüber könne nicht angenommen werden.

Dem Beklagten stehe aber ein Zurückbehaltungsrecht wegen bestehender und gerügter Mängel zu (§§ 273, 320 BGB). Die weit auszulegende Konnexität liege vor. Zahlreiche Mängel seien von den beauftragten Sachverständigen festgestellt worden. Einige hätten sich nicht bestätigt. Die Beseitigungskosten für die festgestellten Mängel würden bereits die Klageforderung überschreiten, auch unter Berücksichtigung von Sowieso-Kosten.

Mit Aufrechnungspositionen dringe der Beklagte nicht durch. Schadenspositionen aus den Jahren 2011 bis 2014 wegen überhöhtem Anschlusswert im Wärmelieferungsvertrag seien nicht ausreichend substantiiert worden. Auch der Vortrag zu einer Bauzeitverzögerung sei unzureichend.

Nebenforderungen seien mangels Verzugs nicht zuzusprechen gewesen.

Die Widerklage sei im Hinblick auf die Abnahme zulässig, aber aus den oben genannten Gründen unbegründet. Im Hinblick auf die fehlende Abnahmefähigkeit sei sie mangels Feststellungsinteresse bereits unzulässig.

Bei der Kostenentscheidung sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin aufgrund der Zug-um-Zug-Verurteilung letztlich voll verliere. Der Beklagte verliere mit seiner Widerklage.

Gegen das landgerichtliche Urteil haben beide Seiten Berufung eingelegt. Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte vollständige Klageabweisung und Stattgabe der Widerklage im erstinstanzlich beantragten Umfang. Hilfsweise wird Zurückverweisung beantragt. Die Klägerin strebt mit ihrer Berufung eine Verurteilung des Beklagten in Höhe von weiteren 32.178,85 EUR an, wobei die Zug-um-Zug-Verurteilung nicht angegriffen wird. Angegriffen wird zudem die Kostenentscheidung erster Instanz. Wegen der Berufungsrügen im Einzelnen wird auf Ziff. II. des Senatshinweises vom 06.09.2018 (Bl. 735/752 d.A.) Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren beantragt der Beklagte:

I. Das am 12.04.2018 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az.: 2 O 9849/10, wird insoweit, als es der Klage stattgibt und die Widerklage abweist, aufgehoben und die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

II. Hilfsweise: Das am 12.04.2018 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az.: 2 O 9849/10, wird insoweit, als es der Klage stattgibt und die Widerklage abweist, aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Die Klägerin beantragt hierzu, die Berufung des Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt weiter:

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 12.04.2018, Aktenzeichen 2 O 9849/10, wird aufgehoben, soweit es die Klage wegen eines Betrages von Euro 32.178,85 abgewiesen hat.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere Euro 32.178,85 zu bezahlen Zug um Zug gegen die Beseitigung der Mängel am Bauwerk H.Straße 31-45 in M., die in Ziff. 1 des Tenors des Urteils des Landgerichts München I vom 12.4.2018, Aktenzeichen 2 O 9849/10, aufgeführt sind.

Der Beklagte stellt hierzu keinen konkreten Antrag, äußert aber die Meinung, die Berufung der Klägerin sei zurückzuweisen (Bl. 766 d.A.).

Der Senat hat mit Verfügung vom 06.09.2018 (Bl. 735/752 d.A.) darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen er beabsichtige, beide Berufungen gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Senat hat in dieser Verfügung auch angekündigt, die Kostenentscheidung erster Instanz zu korrigieren. Zu sämtlichen Gesichtspunkten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zu den Hinweisen gingen inhaltliche Stellungnahmen beider Seiten ein (von Beklagtenseite Bl. 765/773 und 780/784 d.A., von Klägerseite Bl. 762/764 und 778/779 d.A.).

Auf die Schriftsätze im Berufungsverfahren wird im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die Berufungen beider Seiten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12.04.2018, Aktenzeichen 2 O 9849/10, sind jeweils gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats die Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufungen nicht geboten ist.

Zur Begründung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.

Auch die Ausführungen in den Gegenerklärungen geben zu einer Änderung keinen Anlass. Hierzu ist ergänzend auszuführen:

1. Berufung des Beklagten

In der Gegenerklärung thematisiert der Beklagte ausschließlich noch den Gesichtspunkt des arglistigen Verhaltens der Klägerin und leitet daraus ab, dass eine konkludente Abnahme nicht in Betracht komme.

Der Beklagte kann aber auch mit seinen weiteren Ausführungen zu diesem Gesichtspunkt nicht durchdringen.

a)

Arglist setzt vorsätzliches Handeln voraus, Fahrlässigkeit und auch Kennenmüssen reichen nicht aus. Wegen der insgesamt weitreichenden Folgen und dem Ausnahmecharakter der an Arglist anknüpfenden Normen sind an deren Darlegung und Nachweis hohe Anforderungen zu stellen. Im vorliegenden Fall geht es konkret um eine Abgrenzung zwischen der bloßen objektiven Mangelhaftigkeit der Werkleistung (die eine – auch konkludente – Abnahme gerade nicht ausschließt) und einer vorsätzlichen Täuschung des Beklagten durch die Klägerin in Bezug auf die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs.

Zu erinnern ist vorab zudem nochmals daran, dass es für die Beurteilung der Arglist auf den Zeitpunkt der (konkludenten) Abnahme ankommt. Die Feststellung eines fehlenden hydraulischen Abgleichs zu einem späteren Zeitpunkt und die Reaktion der Klägerin hierauf sind daher grundsätzlich kaum geeignet, Rückschlüsse auf deren innere Haltung zum Zeitpunkt der Abnahme vorzunehmen.

b)

Soweit die Beklagtenseite auf S. 3 und 4 der Gegenerklärungen der Klägerin zuzuordnende Äußerungen zum hydraulischen Abgleich gegenüber dem Gerichtsgutachter T. als Beleg für die Arglist heranzieht, kann dies nach den obigen Darlegungen unter a) schon vom Ansatz her nicht Erfolg haben, weil die Einschätzung der Klägerin zum hydraulischen Abgleich zum Zeitpunkt der gerichtlichen Begutachtung nichts darüber aussagt, von welchem Sachverhalt die Klägerin zum Zeitpunkt der (konkludenten) Abnahme bzw. bei Schlussrechnungsstellung ausging.

Zudem ist der Einwand der Klägerseite zutreffend, dass sich die zitierten Äußerungen der Klägerseite gegenüber dem Gerichtsgutachter ausschließlich auf die Feststellungen des Gerichtsgutachters zu den erst nach Mängelrüge eingeholten Daten aus dem Jahr 2011 und damit auf die Nachbesserungsversuche der Klägerin beziehen. Auch aus diesem Grund sind keine Rückschlüsse auf die innere Haltung der Klägerin zum Zeitpunkt der zuvor stattgefundenen Schlussrechnungsstellung möglich.

Damit ist auch die Prämisse des Beklagten unzutreffend, es stehe fest, dass zum Zeitpunkt der Schlussrechnungsstellung gar keine Schritte in Bezug auf den hydraulischen Abgleich vorgenommen worden waren. Aus dem Umstand, dass im Rahmen der Nachbesserung untaugliche Berechnungen vorlagen, kann nicht geschlossen werden, vor Schlussrechnungsstellung seien klägerseits gar keine Schritte unternommen worden, die aus Sicht der Klägerin die Durchführung eines tauglichen hydraulischen Abgleichs darstellen konnten.

c)

Der Senat bleibt auch bei seiner Einschätzung, dass die Formulierung, die Klägerin „schulde“ noch einen hydraulischen Abgleich in der E-Mail Anlage B 38, nicht zwingend so verstanden werden muss, dass der Klägerin das Fehlen dieser Leistung von vornherein bewusst gewesen ist.

Zum Zeitpunkt der E-Mail stand die Frage der Nacherfüllung bereits im Raum. Es liegt daher sogar nahe, dass der Zeuge S. laienhaft von einer Verpflichtung zur Nachholung im Rahmen der Nacherfüllung ausging. Ohnehin ist zu beachten, dass der Zeuge S. kein Jurist ist und daher aus der semantischen Formulierung einer E-Mail keine allzu weit reichenden rechtlichen Schlüsse gezogen werden können.

d)

Insgesamt bleibt es damit bei der Einschätzung des Senats, dass ein arglistiges Vorgehen der Klägerin bei Schlussrechnungsstellung oder auch bei Erstellen der Bestätigungen gemäß Anlagenkonvolut B 42 auf bloßen Vermutungen beruht.

Für die Behauptung des Beklagten, die Bestätigung des hydraulischen Abgleichs sei im Jahr 2009 wider besseres Wissen erfolgt, sieht der Senat keine konkreten Anhaltspunkte. Der Sachverhalt kann sich auch so darstellen, dass die Klägerseite einen – wenn auch fehlerhaften – Abgleich vorgenommen hat und danach subjektiv davon ausging, alles Erforderliche zur Vertragserfüllung getan zu haben. In dieser Variante scheidet Arglist aus.

2. Berufung der Klägerin

Auch die Klägerseite vermag mit den Argumenten in ihrer Gegenerklärung nicht durchzudringen.

a)

Der Senat bleibt zunächst bei seiner Auffassung, dass eine Auslegung des Schriftsatzes vom 16.11.2017 (Bl. 631 d.A.) ergibt, dass die Klägerseite die gesamten vom Beweisbeschluss vom 26.10.2017 erfassten Forderungen nicht mehr weiterverfolgen wollte. Auch Prozesserklärungen sind einer Auslegung zugänglich.

Es trifft zwar zu, dass die Klägerseite im Nachgang zur Sitzung vom 16.08.2017, in der sie nach Ausbleiben der Beklagtenseite Entscheidung nach Lage der Akten beantragt hat, mit Schriftsatz vom 27.08.2017 Entscheidungsreife im Hinblick auf sämtliche Gesichtspunkte – auch die dann vom späteren Beweisbeschluss erfassten – dargelegt hat. Mit Erlass des Beweisbeschlusses vom 26.10.2017 trat dann aber eine neue Situation ein, denn das Landgericht folgte der Einschätzung der Klägerseite gerade nicht. Darauf reagierte die Klägerseite aber nicht mit einer nochmaligen Darstellung (oder Gegenvorstellung), dass doch Entscheidungsreife vorliege und es daher der Beweisaufnahme nicht bedürfe, sondern sie griff ausdrücklich die Anregung des Landgerichts auf, die Fortsetzung des Prozesses zu hinterfragen und brach die Beweisbemühungen ab. Dies kann aus Sicht des Senats nur so verstanden werden, dass sich die Klägerseite mit der Erforderlichkeit weiterer Beweiserhebungen abgefunden hatte, diese aber nicht mehr durchgeführt haben wollte mit den entsprechenden prozessualen Konsequenzen.

Verstärkt wird diese Auslegung auch noch dadurch, dass die Klägerin ausführt, „damit“ sei das Verfahren entscheidungsreif. Gerade nicht formuliert wird, das Verfahren sei ohnehin entscheidungsreif. Damit ging offenbar auch die Klägerseite davon aus, dass Entscheidungsreife nur durch den Verzicht auf Weiterverfolgung der fraglichen Forderungen erreicht werden kann.

b)

Nicht zu folgen ist der Klägerin auch bei dem – ihrerseits pauschalen – Einwand, der Vortrag des Beklagten zur Erfassung aller geltend gemachten Leistungen von der Vertragspauschale sei „zu pauschal“.

Der Senat bleibt dabei, dass es sich im Rahmen von Pauschalverträgen bei der Frage der gesonderten Abrechenbarkeit von Leistungen um eine ganz zentrale Weichenstellung handelt. Der Besteller im Rahmen eines Pauschalvertrages darf sich daher grundsätzlich allgemein auf den Standpunkt stellen, eine bestimmte unternehmerseits gesondert abgerechnete Leistung sei von der Pauschale umfasst. Tut er dies, muss der Unternehmer darlegen und beweisen, dass eine gesonderte Beauftragung vorliegt und diese auch nicht von der Pauschale umfasst ist.

Der allgemeine Einwand wird auch nicht dadurch relativiert oder gar zur prozessual unstreitigen Sachlage ohne Beweisbedürftigkeit, wenn die Unternehmerseite zu den einzelnen Sonderbeauftragungen konkret vorträgt. Dies muss er aufgrund seiner Darlegungslast ohnehin tun. Reagiert hierauf der Besteller nicht mehr mit konkretem Gegenvortrag, bleibt es jedenfalls beim allgemeinen Einwand der Erfassung von der Pauschale, ohne dass dieser nunmehr als „zu pauschal“ und damit unbeachtlich betrachtet werden könnte. Bleibt die Zuordnung zum Pauschalvertrag bis zuletzt streitig, ist auch Beweis hierüber zu erheben, wie es das Landgericht zutreffend angeordnet hat. Zahlt dann der Unternehmer nicht den erforderlichen Vorschuss ein, geht dies zu seinen Lasten.

c)

Auch zu den einzelnen Rechnungen ergibt sich keine andere Beurteilung als im Senatshinweis vom 06.09.2018 ausgeführt.

aa)

Rechnungen (5), (10) und (16):

Es mag zwar zutreffen, dass der Beklagte angesichts der anzunehmenden Abnahme für die Frage der Mangelhaftigkeit darlegungs- und beweispflichtig ist. Der Senat hat hierauf aber gar nicht abgestellt, sondern ausgeführt, dass der Beklagte durch seine Einordnung als Mangelbeseitigungsmaßnahme nochmals ausdrücklich bekräftigt hat, dass die in Rede stehenden Leistungen seiner Meinung nach dem Pauschalvertrag zuzuordnen sind. Und für diese Abgrenzung ist – wie oben unter b) nochmals dargelegt – die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig.

Soweit ausgeführt wird, die „Auftragserteilung als solche“ sei unstreitig oder nachgewiesen, sei nochmals daran ausgeführt, dass allein der Nachweis einer irgendwie gearteten Aufforderung von Beklagtenseite, eine bestimmte Leistung zu erbringen, noch keine Entscheidung darüber bringt, ob diese Leistung nun vom Pauschalvertrag erfasst ist oder eine gesondert abrechenbare Leistung darstellt.

bb)

Rechnung (14):

Hierzu verweist die Gegenerklärung lediglich auf die Anmerkung zu den vorstehenden Rechnungen.

Auch der Senat kann insofern auf oben aa) Bezug nehmen. Ergänzend sei ausgeführt, dass der Beklagte insofern sogar ausdrücklich nochmals – also auch über den allgemeinen Einwand hinaus – Zugehörigkeit zum Pauschalvertrag eingewendet hat.

cc)

Rechnungen (23) bis (32), (34), (37) bis (39):

Wenn aus der Beauftragung die Notwendigkeit der Leistungen folgt, ändert dies noch nichts daran, dass die Frage Zugehörigkeit zum Pauschalvertrag oder nicht bei Streitigkeit aufgeklärt werden muss.

In der Regel mag es so sein, dass Schlitze etc. bauseits vorgesehen werden, dies muss aber nicht immer so sein. Ebenso vermag der Senat keine als gerichtsbekannt vorauszusetzende Gesetzmäßigkeit zu erkennen, dass bei einem Neubau „niemals“ Kernbohrungen Gegenstand eines Installationsvertrages sein können. Es ist stets der Einzelfall zu betrachten und im hier vorliegenden Fall ist die Abgrenzung jedenfalls streitig.

dd)

Rechnung (33)

Das von der Gegenerklärung vorausgesetzte Allgemeinwissen ändert nichts daran, dass auch insofern die Abgrenzung zwischen Pauschalvertrag und gesonderter Beauftragung streitig und näher aufzuklären war.

ee)

Rechnung (35):

Ungeachtet der Notwendigkeit der Leistung an sich verbleibt es jedenfalls dabei, dass auch hier die Zugehörigkeit zum Pauschalvertrag (und damit – untechnisch gesprochen – die Notwendigkeit einer gesonderten Abrechnung) strittig blieb und näher hätte aufgeklärt werden müssen.

Die Berufungen sind daher zurückzuweisen.

III.

Trotz der Zurückweisung beider Berufungen ist eine Korrektur des erstinstanzlichen Urteils im Hinblick auf die Kostenentscheidung (Ziff. 2 des Urteilstenors) veranlasst.

Auch insofern kann zur Begründung im Hinblick auf Rechtsgrundlage und Inhalt der abändernden Entscheidung zunächst auf den Senatshinweis vom 06.09.2018 Bezug genommen werden.

Soweit sich die Gegenerklärungen mit der angekündigten Abänderung auseinander setzen, ist ergänzend Folgendes auszuführen:

1. Taxierung der Widerklage

Gegen die angekündigte Bewertung der Widerklage zur Feststellung der fehlenden Abnahme bzw. Abnahmereife mit 75.000,- EUR (S. 15 f. des Senatshinweises) wenden sich beide Parteien. Der Beklagte zieht den Ausgangspunkt des Senats in Zweifel und sieht den Wert jedenfalls bei null, weil wirtschaftliche Identität mit dem Klageantrag gegeben sei und dieser als höher zu bewertender Antrag den Wert des Widerklageantrages mitumfasse. Im Übrigen sei auch die Halbteilung wegen Zug-um-Zug-Verurteilung unzutreffend. Die Klägerin hält eine Taxierung auf 150.000,- EUR für zutreffend, weil ein doppelter Abschlag von 1/2 vom Ausgangspunkt 300.000,- EUR wegen rechtlicher Prüfung der Abnahme schon beim Klageantrag nicht gerechtfertigt sei.

Der Senat hält allerdings an seiner Bewertung mit 75.000,- EUR fest.

a)

Soweit der Beklagte bereits den Ansatzpunkt des Senats beanstandet, von 300.000,- EUR im Raum stehender Mängelbeseitigungskosten auszugehen, geht die Gegenerklärung über eine bloße Negierung der Argumentation des Senats nicht hinaus.

Da die Abnahme das gesamte Vertragsverhältnis betrifft, hätte man ggf. auch an das gesamte Auftragsvolumen (hier mehr als 1 Mio. EUR) als Ausgangspunkt denken können. Der Senat hält gleichwohl die im Raum stehenden Mängelbeseitigungskosten als Ansatzpunkt für zutreffend, weil diese einen greifbaren Ansatzpunkt für potentielle Auseinandersetzungen zwischen den Parteien mit Bezug zur Abnahme darstellen und damit eine wirtschaftliche Einordnung des Interesses ermöglichen.

b)

Mit der Argumentation einer wirtschaftlichen Identität zwischen Klageantrag und Widerklageantrag kann der Beklagte ebenfalls nicht durchdringen.

Der Beklagte setzt hierbei verfehlt rechtliche Vorgreiflichkeit mit wirtschaftlicher Identität gleich. Es stellt wirtschaftlich einen Unterschied dar, ob im Rahmen der Prüfung der Fälligkeit einer Werklohnforderung die Abnahme als rechtliche Vorfrage im Anspruchsaufbau zu prüfen ist, oder ob im Rahmen einer Feststellungsklage für das gesamte Vertragsverhältnis und damit rechtskraftfähig für sämtliche zukünftig auftretenden Streitigkeiten auch jenseits der Fälligkeit der Werklohnforderung die Frage der Abnahme geklärt wird. Daher kommt der Feststellungswiderklage über die Abnahme/Abnahmefähigkeit ein über den Klageantrag hinaus gehender wirtschaftlicher Wert zu.

Bei seiner Argumentation mit der sog. „Identitätsformel“ übersieht der Beklagte, dass diese nur eine Voraussetzung für die Annahme identischer Gegenstände i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG darstellt. Weitere Voraussetzung ist das Vorliegen identischer Interessen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 47. Auflage, § 45 GKG, Rz. 11) und hier besteht – wie dargestellt – keine Identität, weil die Feststellung der Abnahme bzw. Nichtabnahme für das gesamte Vertragsverhältnis deutlich weit reichender ist als lediglich die Prüfung eines einzelnen Anspruchs mit Voraussetzung einer Abnahme im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses.

c)

Die Argumentation unter b) schließt es aber nach Auffassung des Senats nicht aus, aufgrund der ohnehin erforderlichen rechtlichen Vorprüfung der Abnahme im Rahmen der Klage einen Abschlag im Rahmen der Widerklage vorzunehmen.

Hinter den gesetzlichen Kosten- und Streitwertregelungen steht – jedenfalls was die Gerichtsgebühren angeht – auch der Gedanke, dass die Staatskasse in einem angemessenen Verhältnis zum Interesse der Parteien an Klärung der streitigen Fragen entschädigt werden soll. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, wegen der identischen rechtlichen Prüfungsschritte bei Klage und Widerklage einen Abschlag von 1/2 anzusetzen.

2. Hilfsaufrechnungen

Mit seiner Argumentation, die Hilfsaufrechnungsansprüche 10.000,- EUR und 11.647,13 EUR seien nicht streitwerterhöhend anzusetzen, dringt der Beklagte ebenfalls nicht durch.

Zutreffend weist der Beklagte selbst darauf hin, dass diese Ansprüche im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils aufgeführt sind. Es war auch der Beklagte selbst, der diese Ansprüche schriftsätzlich in den Prozess eingeführt hat. Schon allein deshalb sind sie streitwertrelevant. Im Übrigen ist auch davon auszugehen, dass über die Aufrechnungsforderungen rechtskraftfähig entschieden wurde. Auch wenn das Landgericht in den Entscheidungsgründen nicht explizit auf dieses beiden Positionen Bezug nimmt, wird durch die Gesamtheit der Entscheidung jedenfalls hinreichend deutlich, dass das Landgericht keine der in den Prozess eingeführten Gegenforderungen als anspruchsmindernd bei der Klage angesehen hat. Damit ist auch von einer Entscheidung über alle Gegenforderungen auszugehen.

3. Bewertung der Zug-um-Zug-Verurteilung

Das Argument des Beklagten, aufgrund der hier sehr großen Höhe der festgestellten Mängelbeseitigungskosten sei eine Halbteilung der Kosten bezüglich der Zug-um-Zug-Verurteilung nicht gerechtfertigt, ist nicht tragfähig.

Aus Sicht des Senats kann die Kostenquotelung bei voller Zug-um-Zug-Verurteilung nicht von der Höhe der Gegenforderung abhängen. Wenn zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass eine bestimmte Hauptforderung (hier die Werklohnforderung) besteht, kann der Wert des Gegenrechts, das zur Zug-um-Zug-Verurteilung führt, nicht mehr als gleichwertig zur Hauptforderung eingestuft werden. Mit Erfüllung der Gegenleistung kann die Klägerin immer noch ihre Hauptforderung in voller Höhe verdienen. Die Beklagtenseite berücksichtigt auch nicht, dass die festgestellten Mangelbeseitigungskosten nicht ohne weiteres mit dem Eigenaufwand, den die Klägerin zur Mangelbeseitigung betreiben muss, gleichgesetzt werden können.

4. Ergebnis

Im Rahmen der hiesigen Senatsentscheidung spielt die korrekte Bezifferung des Streitwertes erster Instanz nur indirekt für die korrekte Kostenquotelung eine Rolle. Über die Bezifferung des Streitwertes erster Instanz selbst wird gesondert im Beschwerdeverfahren 28 W 956/18 entschieden.

Gegen das im Senatshinweis vom 06.09.2018 dargelegte Rechenwerk im Übrigen (insbesondere die Staffelung des Streitwertes und das Verhältnis Obsiegen/Unterliegen, vgl. S. 16) hat keine der beiden Parteien Einwendungen vorgebracht. Damit ist die Kostenquotelung erster Instanz – wie im Senatshinweis dargelegt – auf 22 % für die Klägerin und 78 % für den Beklagten festzulegen.

IV.

Die Kostenentscheidung zum Berufungsverfahren beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 ZPO, wobei die Quotelung anhand der jeweiligen Beteiligung der Parteien am Gesamtstreitwert des Berufungsverfahrens erfolgte.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO, 47 GKG bestimmt.

Soweit sich Einwände der Parteien zur Korrektur der Kostenentscheidung erster Instanz gleichartig auch auf die Streitwertberechnung zweiter Instanz beziehen, kann auf die Ausführungen oben in Abschnitt III. Bezug genommen werden.

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