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Bauvertrag – Wirksamkeit Abnahmeklausel

LG München II – Az.: 5 O 4360/16 Bau – Urteil vom 11.08.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 212.832,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere € 6.309,97 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.11.2016 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche über € 214.200,00 hinausgehenden Aufwendungen und weiteren Schäden zu ersetzen, die der Klägerin und den in ihr verbundenen Erwerbern durch die Beseitigung der Mängel, ihrer Ursachen und Nebenarbeiten am Gemeinschaftseigentum der Wohnanlage … in Holzkirchen, aus dem Sachverständigengutachten von Herrn Dr.-Ing. …, Nr. … vom 31.05.2016 entstehen, namentlich:

a. Die Fenster und Fenstertüren im Erdgeschoss sind nicht einbruchshemmend ausgeführt.

b. Im Bereich der vorhandenen unverschlossenen Lunker in der Tiefgarage ist kein ebenflächiger Untergrund vorhanden. Die Beschichtung löst sich ab.

c. Die Betonteile im Bereich der Bauteilfuge, sowohl am Boden als auch an den Wänden sind nicht dauerhaft gebrauchstauglich erstellt. Am Betonboden fehlt der notwendige Chloridschutz an der Stirnseite der Bauteilfugen vollständig. In der Bodenfuge kann von der Rampe einfließendes Wasser stehen bleiben und kontaminiert somit die Stirnflächen der Bauteilfuge. An den Vertikalfugen fehlt ebenfalls jeglicher Schutz dieser Bauteilfuge vor Chlorid- oder Feuchtigkeitseintrag.

d. Im Bereich der beiden Schöpfgruben sind überhaupt keine Schutzmaßnahmen gegen Chlorideintrag vorhanden. Somit besteht dort die Gefahr, dass Chlorid in den Beton eindringt, es zu erhöhten Chloridwerten kommt und die Stahlbetonkonstruktion korrodiert.

e. Die Betonüberdeckung im Bereich der Wände und Stützen im Spritzwasserbereich sowie der Bodenplatte ist bei den Wänden und Stützen und bei der Bodenplatte nicht ausreichend.

f. Sowohl in sanierten wie auch in unsanierten Bereichen sind deutlich erhöhte bis kritische Chloridwerte des Betons vorhanden. Es besteht bei diesen Stellen ein erhöhtes Risiko einer durch die Chloride verursachten Korrosion der Bewehrungsstähle.

g. Die Risse in der Bodenplatte wurden bis jetzt nicht erfolgreich saniert. Darüber hinaus wurden die Bandagen entgegen den technischen Regeln nicht eingefräst oder oberflächenbündig ausgeführt.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits sowie des selbständigen Beweisverfahrens 5 OH 2142/15 zu tragen. Die Kosten der Nebenintervention tragen die Nebenintervenienten jeweils selbst.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der gerichtliche Gebührenstreitwert wird auf 230.509,97 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aufgrund werkvertraglichen Gewährleistungsrecht geltend.

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beklagte ist eine Bauträgerin. Die Beklagte und die in der Klägerin verbundenen Erwerber von Wohneigentum der Wohnanlage … sind durch jeweils gleichlautende Bauträgerverträge vertraglich verbunden (Kaufvertrag vom 04.06.2010 als Exemplar, Anl. K 1). Die Beklagte verpflichtete sich in Ziffer III. 2. 2.1. dazu, die Wohnanlage entsprechend der Baubeschreibung, der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Wohnanlagen, nach den Regeln der Baukunst und technisch einwandfrei unter Beachtung der einschlägigen DIN-Vorschriften und unter Verwendung normgerechter Baustoffe herzustellen. Für den Inhalt der Baubeschreibung wird auf die Anlage K 3 verwiesen.

In Ziffer V. 4. sämtlicher Bauträgerverträge findet sich folgende Regelung:

Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgt durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter der Wohnanlage.

Der Verwalter der Wohnanlage wird hiermit für die von ihm verwalteten Gebäude vom Käufer beauftragt und bevollmächtigt, das Gemeinschaftseigentum einschl. Außenanlagen und anderer Anlagen, sowie die Tiefgarage im Namen des Käufers und der Eigentümergemeinschaft abzunehmen. […]

Nach § 11 Nr. 1 der Gemeinschaftsordnung erfolgte die Bestellung der Erstverwalterin ausschließlich durch die Beklagte.

Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums wurde durch die Erstverwalterin der Wohnanlage auf der Basis der Abnahmeklausel in Ziffer V.4. der Bauträgerverträge am 17.05.2010 erklärt. Durch Beschluss der WEG-Mitglieder vom 18.0.02.2015 im Rahmen einer Eigentümerversammlung zog die Klägerin die Verfolgung der das Gemeinschaftseigentum betreffenden Mängelansprüche der Erwerber an sich. Durch Beschluss der WEG-Mitglieder vom 10.04.2015 wurde die außergerichtliche und gerichtliche Geltendmachung der Mängelrechte wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums beschlossen. Der Klägerin beauftragte die privatgutachterliche Prüfung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums. Auf Basis der Gutachten forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 29.04.2015 (Anl. K 11) unter Fristsetzung zum 16.05.2015 zur Beseitigung der dort beschriebenen Mängel auf. Die Klägerin leitete ein selbstständiges Beweisverfahren gegen die Beklagte ein, das am Landgericht München II unter dem Aktenzeichen 5 OH 2143/15 geführt wurde. Am 03.08.2016 beschlossen die WEG-Eigentümer, Kostenvorschuss- sowie Feststellungsklage gegen die Beklagte zu erheben. Außerdem macht die Klägerin die Kosten der Privatsachverständigen geltend.

Die Klägerin behauptet, das Gemeinschaftseigentum sei mit diversen Mängel behaftet, für deren Beseitigung Kosten in Höhe von 212.832,00 € anfallen werden.

Die Klägerin hat ihre Klage durch Schriftsatz vom 29.05.2017 bezüglich Ziffer I. in Höhe von € 1.368,50 und in Ziffer III. 2. teilweise für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Teilerledigungserklärung nicht widersprochen.

Die Klägerin beantragte zuletzt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 212.832,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2016 zu zahlen.

II. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin weitere € 6.309,97 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche über € 214.200,00 hinausgehenden Aufwendungen und weiteren Schäden zu ersetzen, die der Klägerin und den in ihr verbundenen Erwerbern durch die Beseitigung der Mängel, ihrer Ursachen und Nebenarbeiten am Gemeinschaftseigentum der Wohnanlage … aus dem Sachverständigengutachten von Herrn Dr.-Ing. …, Nr. … vom 31.05.2016 entstehen, namentlich:

1. Die Fenster und Fenstertüren im Erdgeschoss sind nicht einbruchshemmend ausgeführt.

2. Im Bereich der vorhandenen unverschlossenen Lunker in der Tiefgarage ist kein ebenflächiger Untergrund vorhanden. Die Beschichtung löst sich ab.

3. Die Betonteile im Bereich der Bauteilfuge, sowohl am Boden als auch an den Wänden sind nicht dauerhaft gebrauchstauglich erstellt. Am Betonboden fehlt der notwendige Chloridschutz an der Stirnseite der Bauteilfugen vollständig. In der Bodenfuge kann von der Rampe einfließendes Wasser stehen bleiben und kontaminiert somit die Stirnflächen der Bauteilfuge. An den Vertikalfugen fehlt ebenfalls jeglicher Schutz dieser Bauteilfuge vor Chlorid- oder Feuchtigkeitseintrag.

4. Im Bereich der beiden Schöpfgruben sind überhaupt keine Schutzmaßnahmen gegen Chlorideintrag vorhanden. Somit besteht dort die Gefahr, dass Chlorid in den Beton eindringt, es zu erhöhten Chloridwerten kommt und die Stahlbetonkonstruktion korrodiert.

5. Die Betonüberdeckung im Bereich der Wände und Stützen im Spritzwasserbereich sowie der Bodenplatte ist bei den Wänden und Stützen und bei der Bodenplatte nicht ausreichend.

6. Sowohl in sanierten wie auch in unsanierten Bereichen sind deutlich erhöhte bis kritische Chloridwerte des Betons vorhanden. Es besteht bei diesen Stellen ein erhöhtes Risiko einer durch die Chloride verursachten Korrosion der Bewehrungsstähle.

7. Die Risse in der Bodenplatte wurden bis jetzt nicht erfolgreich saniert. Darüber hinaus wurden die Bandagen entgegen den technischen Regeln nicht eingefräst oder oberflächenbündig ausgeführt.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte behauptet, das Gemeinschaftseigentum sei schlüssig abgenommen und am 08.09.2010 mangelfrei gewesen.

Das Gericht hat die Akte Az. 5 OH 2143 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Zur Ergänzung des Tatbestands wird verwiesen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien sowie Anlagen und sonstigen Aktenteilen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig.

Insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse der Klägerin an Ziffer III des Klageantrags iSv § 256 Abs. 1 ZPO. Soweit dieser Antrag sich auf das Rechtsverhältnis der Erwerber zu der Beklagten bezieht, so ist dies vorliegend aufgrund der Vergemeinschaftung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Mängelansprüche der einzelnen Erwerber zulässig.

II. Die Klage ist begründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 212.832,00 € aus §§ 631, 633, 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB. Bei den streitgegenständlichen Mängeln handelt es sich um Mängel des von der beklagten Bauträgerin herzustellenden Bauwerks, so dass Werkvertragsrecht anzuwenden ist.

a. Das Gemeinschaftseigentum wurde nicht abgenommen. Die Abnahme durch die Erstverwalterin der Wohnanlage ist unwirksam.

Bei Ziffer V Nr. 4 des Bauträgervertrages handelt es sich um in den Bauträgervertrag einbezogene Allgemeine Geschäftsbedingen iSv. § 305 BGB. Die Bauträgerverträge wurden nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin seitens der Beklagten sämtlichen Erwerbern einseitig gestellt. Nach Ziffer V Nr. 4 bevollmächtigen die Erwerbe den für das Kaufobjekt bestellten Verwalter mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Die Beklagte bestellte den ersten Verwalter gemäß § 11 Nr. 1 der Teilungserklärung. Diese Regelung führt zu der Möglichkeit, dass die Beklagte einen Erstverwalter bestellen konnte, der mit ihr wirtschaftlich oder rechtlich verbunden ist. Dieser Umstand begründet im Hinblick auf die Abnahme für die Erwerber die Gefahr, dass ein solcher Verwalter die Voraussetzungen der Abnahmefähigkeit des Gemeinschaftseigentums nicht neutral prüft, sondern zugunsten des Bauträgers verfährt, wodurch dieser entscheidenden Einfluss auf die Abnahme nehmen könnte. Aus diesem Grund hält eine vom Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrages verwendete Klausel, die – wie hier – die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen mit dem Bauträger wirtschaftlich oder rechtlich verbundenen Erstverwalter ermöglicht, nach nahezu einhelliger Auffassung der Inhaltskontrolle am Maßstab von § 9 Abs. 1 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand (BGH, Beschluss vom 12.09.2013 – VII ZR 308/12 -, Rn. 9, juris m.w.N.) und wird auch von der Kammer als unwirksam erachtet.

Auch für eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten der einzelnen Wohnungseigentumserwerber ist kein Raum. Wird nämlich durch eine vertragliche Regelung der Eindruck erweckt, eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Erwerber bedürfe es wegen der bereits erfolgten Abnahme nicht (mehr), kann die Ingebrauchnahme und anschließende Nutzung des Gemeinschaftseigentums keinen Abnahmewillen zum Ausdruck bringen (Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 12.05.2017, Pause/Vogel, § 640 Rn. 133).

c. Die Klägerin kann trotz fehlender Abnahme die Zahlung eines Kostenvorschusses geltend machen. Zwar wurde durch den Bundesgerichtshof durch Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13 – höchstrichterlich entschieden, dass die Mängelrechte des § 634 BGB grundsätzlich erst nach Abnahme geltend gemacht werden können, jedoch ist vorliegend zu beachten, dass es sich bei der Beklagten um die Verwenderin einer unwirksamen Abnahmeklausel handelt. Als solcher ist es der Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass der Vertrag sich mangels Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde. Die Inhaltskontrolle von Formularklauseln dient ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders; der Verwender kann sich nicht auf die Unwirksamkeit einer von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung berufen. Sie muss daher nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) den Nachteil tragen, dass sie trotz etwa fehlender Abnahme des Gemeinschaftseigentums mit Mängelrechten aus den Bauträgerverträgen konfrontiert wird (BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 49/15 -, BGHZ 209, 128-139, Rn. 43 m.w.N.).

d. Die Leistungen des Beklagten sind in dem von der Klägerin vorgetragenen Umfang mangelhaft.

aa. Die Fenster und Fenstertüren im Erdgeschoss sind mangelhaft, da sie nicht Fenster der Widerstandsklasse 2 sind. Damit entsprechen sie nicht der in der Baubeschreibung vereinbarten Beschaffenheit (§ 633 Abs. 2 S. 1 BGB). Dort ist in 2.04 geregelt: „[…] Die Fenster im EG in einbruchhemmender Ausführung.“ Eine bestimmte Widerstandsklasse wurde in der Baubeschreibung zwar nicht vereinbart, das Gericht legt jedoch den Begriff „einbruchshemmend“ dahingehend aus, dass die Beklagte Fenster der Widerstandsklasse 2 (WK 2) schuldete.

Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. … sind die Anforderungen an einbruchhemmende Fenster in der DIN V EN V 1627 [9] geregelt. Danach handelt es sich bei einbruchhemmenden Bauteilen um vollständige, funktionsfähige Elemente, die dazu bestimmt sind, im eingebauten, verriegelten oder verriegelten und versperrten Zustand einem gewaltsamen Einbruchversuch durch den Einsatz körperlicher Gewalt und unter Zuhilfenahme von vorher definierten Werkzeugen Widerstand zu leisten (vgl. S. 11 des Gutachtens vom 31.05.2016). Der Grad des Widerstands einbruchhemmender Bauteile gegen Einbruchsversuche wird durch Widerstandsklassen klassifiziert. Bauteile der Widerstandsklasse 1 (WK 1) bieten einen Grundschutz gegen Aufbruchversuche mit körperlicher Gewalt (Vandalismus). Wenn Einbruchhemmung gefordert wird, wird der Einsatz der WK 1 nur bei Bauteilen empfohlen, bei denen kein ebenerdiger Zugang möglich ist. Für die Zuordnung eines Bauteils zur WK 2 wird zum einen eine Widerstandsklasse 4 der Verglasung gemäß EN 356 gefordert. Darüber hinaus darf innerhalb einer Widerstandszeit von drei Minuten keine durchgangsfähige Öffnung erzielt werden.

Vorliegend handelt es sich um Fenster im Erdgeschoss, für die nach der DIN V EN V 1627 die Verwendung der WK 1 nicht empfohlen wird, Erdgeschossfenster, die nur einen Grundschutz gegen Aufbruchversuche mit körperlicher Gewalt und Vandalismus bieten, sowie Erdgeschossfenster, die innerhalb kürzester Zeit (d.h. weniger als drei Minuten) mit einfachen Werkzeugen aufgehebelt werden können, können im rechtlichen Sinne nicht als einbruchhemmend eingestuft werden. Dagegen bieten Fenster der WK 2 einen gewissen Schutz gegen Einbruchsversuche eines Gelegenheitstäters: Einbruchversuche durch Einsatz körperlicher Gewalt unter Verwendung einfacher Werkzeuge werden für eine Widerstandszeit von drei Minuten erschwert.

Vorliegend steht aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. … fest, dass es sich bei den streitgegenständlichen Fenstern nicht um Fenster der WK 2 handelt. Darüber hinaus ist vorliegend davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Fenster schon nicht den Anforderungen der WK 1 entsprechen (vgl. S. 11f des Gutachtens vom 31.05.2016 sowie S. 2 des Gutachtens vom 30.12.2016). Die vorhandenen Fenster müssen gegen Fenster der WK 2 ausgetauscht werden. Für den Austausch sind aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme Kosten in Höhe von 27.000,00 € netto zugrunde zu legen.

bb. Der Umstand, dass im Bereich der vorhandenen unverschlossenen Lunker in der Tiefgarage, stellt einen Mangel dar ebenso wie die Ablösung der Bodenbeschichtung. Die durch den gerichtliche Sachverständigen Dr. … festgestellten unverschlossenen Lunker im Untergrund zeigen auf, dass bei den betreffenden Flächen eine Kratzspachtelung nicht oder nicht fachgerecht durchgeführt wurde. Es ist dort kein ebenflächiger Untergrund vorhanden, was einen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik darstellt. Auch weisen die vorhandenen Ablösungen der Beschichtung vom Untergrund auf eine technisch mangelhafte Ausführung hin (vgl. S. 16 des Gutachtens vom 31.05.2016). Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist eine partielle Ausbesserung der Sockelbeschichtung nicht zweckmäßig. Diese muss daher insgesamt bearbeitet werden. Für diese Maßnahme werden aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme Kosten in Höhe von 2.100,00 € netto zugrunde gelegt. Soweit die Beklagte sowohl die Mangelhaftigkeit der Ausführung als auch die Angemessenheit der von der Klägerin bezifferten Mängelbeseitigungskosten bestreitet, so wurde über die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens Beweis erhoben. Die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren steht gemäß § 493 Abs. 1 ZPO der Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich. Die Beklagte hat gegen die Feststellungen des Sachverständigen Dr. … zu dem Punkt keine Einwendungen erhoben. Auch seitens des Gerichts besteht kein Grund, an den klaren und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. … zu zweifeln.

cc. Die Ausführung der Bauteilfuge mit einem Riffelblech am Fußpunkt zwischen Rampe und Tiefgarage ist mangelhaft, da kein ausreichender Schutz vor eintretenden Chloriden gewährleistet ist. Dieser Umstand steht aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Dr. … (S. 17f des Gutachtens vom 31.05.2016) fest wie auch die dafür aufzuwendenden Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 200 € (S. 34 des Gutachtens vom 31.05.2016). Das bloße Bestreiten der auf den Feststellungen des Gutachtens beruhenden Vortrag der Klägerin durch die Beklagte ist nicht zielführend.

dd. Der Umstand, dass im Bereich der beiden Schöpfgruben in der Tiefgarage keine Schutzmaßnahmen gegen Chlorideintrag vorhanden sind, stellt nach den Ausführungen des Gutachters auf S. 19f seines Gutachtens ebenfalls einen Mangel dar.

ee. Der Umstand, dass die Betonüberdeckung im Bereich der Wände und Stützen im Spritzwasserbereich nur mit 28 – 51 mm beträgt, stellt nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. … auf S. 20 – 22 des Gutachtens vom 31.05.2016 einen Mangel dar, für dessen Beseitigung Kosten in Höhe von 600,00 € zugrundezulegen sind.

ff. Dass sowohl in sanierten wie auch unsanierten Bereichen der Tiefgarage deutlich erhöhte bis kritische Chloridwerte bestehen, ist zwischen den Parteien unstreitig wie auch der Umstand, dass die Sanierung der Risse in der Bodenplatte nicht erfolgreich war und dass weitere Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind. Streitig war zwischen den Parteien, ob eine vollständige Sanierung des Tiefgaragenbodens erforderlich ist, oder, so die Beklagte, eine partielle Beseitigung der vorhandenen Risse und des Chlorideintrags ausreichend ist. Ausweislich des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Dr. … ziehen sich Risse nahezu über die ganze Fläche der Bodenplatte, so dass eine Betoninstandsetzung über die ganze Fläche von dem Sachverständigen empfohlen wird (S. 31 des Gutachtens vom 31.05.2016). Zwar ist, so der Gutachter, auch eine partielle Nachbesserung nur der betroffenen Flächen der Bodenplatte möglich, jedoch fallen bei einem solchen Vorgehen höhere Untersuchungskosten an, die einer möglichen Einsparung gegenzurechnen sind (S. 5 des Gutachtens vom 20.12.2016). Vor diesem Hintergrund ist die Klägerin berechtigt, einen Kostenvorschuss in Höhe von 125.000 € netto für die Sanierung der gesamten Fläche der Bodenplatte verlangen.

e. Die Klägerin setzte gemäß § 637 Abs. 1 BGB der Beklagten mit Schreiben vom 29.04.2015 (Anl. K 11) erfolglos eine Frist bis zum 16.05.2015 zur Beseitigung der streitgegenständlichen Mängel.

f. Die Klägerin hat, unter Zugrundelegung der Feststellungen des gerichtlichen Gutachters Dr. …, einen Anspruch auf Kostenvorschuss in Höhe von 212.832,00 € inklusive Mehrwertsteuer. In Höhe von 1.368,50 € hat die Klägerin die Klage bezüglich Ziffer I. für teilerledigt erklärt wegen der Mängelbeseitigung durch die Beklagte im Februar 2017.

2. Die Klägerin hat einen Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 6.309,97 € auf Ersatz der Kosten der Gutachten der privaten Sachverständigen … und … aus §§ 631, 633, 637 Abs. 1 BGB.

3. Der Feststellungsantrag der Klägerin in Ziffer III der Klage ist begründet. Bezüglich Ziffer III. Nr. 2 hat die Klägerin die Klage wegen Mängelbeseitigung durch die Beklagte im Februar 2017 für erledigt erklärt. Sie hat jedoch ihren Antrag auf Feststellung nicht infolge der Erledigung dahingehen neu formuliert, dass festgestellt werden soll, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtlich über 212,832,00 € hinausgehende Aufwendungen zu ersetzen. Das Gericht ist an den Antrag der Klägerin gemäß § 308 Abs. 1 ZPO gebunden. Soweit die Feststellung der Verpflichtung von Ersatz weiterer Schäden begehrt wird, ist klarzustellen, dass es sich bei der Verpflichtung zum Ersatz von Schäden um keine verschuldensunabhängige Ersatzpflicht handelt.

4. Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1,91 a Abs. 1, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 BGB.

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