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Bauvertrag – Wirksamkeit Fristsetzung zur Mängelbeseitigung

OLG Köln – Az.: I-7 U 242/19 – Beschluss vom 07.04.2020

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 23.08.2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 7 O 242/19 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmig gefassten Beschluss zurückzuweisen.

Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme – auch zu der Frage, ob die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückgenommen wird – innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Berufung des Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das angegriffene Urteil vom 23.08.2019 (Bl. 187 ff. GA) beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO) noch rechtfertigen die in der Berufungsinstanz zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 513 Abs. 1, 529 ZPO).

Das Landgericht hat den Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger (im Folgenden einheitlich nur: Beklagten) im Ergebnis zu Recht zur Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung in Höhe von 45.046,26 EUR verurteilt und dessen Ersatzpflicht für hierüber hinausgehende Aufwendungen und Schäden festgestellt. Das von dem Beklagten hergestellte Werk war mangelhaft, weil durch die konstruktiv fehlerhafte Ausführung der Abtreppung der Giebel (Fußpunkt der Verblendschale nicht abgedichtet, vgl. S. 18 des Gutachtens des Sachverständigen A vom 19.11.2014, Bl. 239 in 7 OH 70/12) das Eindringen von Wasser in die Innenräume ermöglicht wurde; diesen allein von ihm zu vertretenden Mangel hat der Beklagte auch nach Fristsetzung nicht beseitigt, weshalb den Klägern nunmehr ein entsprechender Vorschussanspruch (§ 637 Abs. 3 BGB) zusteht. Die hiergegen in der Berufungsbegründung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Im Einzelnen:

1. Es kann entgegen der Berufung nicht zugrunde gelegt werden, dass sich die Parteien auf ein bestimmtes Sanierungskonzept geeinigt hätten. In ihrer Würdigung der Aussage des Zeugen (und jetzigen Beklagten) B im Rahmen seiner Vernehmung vom 28.11.2018 blendet die Berufung aus, dass dieser bereits eine Einigung nach Maßgabe der E-Mail des Klägers zu 1) vom 14.05.2014 (Anl. B2, Bl. 29 GA) verneint hat, indem er ausgeführt hat, er selbst und sein verstorbener Vater hätten sich zwar auf den Inhalt dieser E-Mail eingelassen, „die Gegenseite aber nicht“, weshalb es keine Gesamteinigung mit den Klägern gegeben habe (Seite 4 des Protokolls vom 28.11.2018, Bl. 129R GA); auf eine solche Gesamteinigung war indes die bereits erwähnte E-Mail erkennbar ausgerichtet. Zu einer Einigung kam es nach den Bekundungen des (damaligen) Zeugen auch beim Ortstermin mit dem Sachverständigen nicht, weil das diesbezüglich maßgebliche Schriftstück nicht von Klägerseite unterschrieben wurde; auf die Frage einer vereinbarten Schriftform kommt es insoweit nicht an, weil der Zeuge auf Nachfrage bestätigt hat (Seite 5 des Protokolls, Bl. 130 GA) es habe ein Gespräch im Januar 2015 deshalb gegeben, weil es zuvor noch zu keiner Einigung gekommen war. Hiernach hat der Zeuge nicht nur – wie die Berufung meint – eine unmaßgebliche rechtliche Würdigung in Bezug auf die Wirksamkeit mündlicher Abreden vorgenommen, sondern sich zum Inhalt bzw. in concreto zum Fehlen korrespondierender Willenserklärungen auf Seiten der Parteien geäußert. Nachdem sich mithin die Behauptungen der insoweit beweisbelasteten Beklagtenseite zu einer Einigung bereits nicht haben erweisen lassen, trifft die Wertung des Landgerichts, das ebenfalls eine Einigung verneint hat, im Ergebnis zu; auf die Ausführungen des Landgerichts zur Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen kommt es angesichts von deren negativer Ergiebigkeit nicht an (vgl. zum logischen Vorrang der Prüfung der Ergiebigkeit der Zeugenaussage vor der Glaubhaftigkeitsbeurteilung etwa Pukall, Der Zivilprozess in der Praxis, 7. Auflage 2013, Rn. 1276).

2. Der Beklagte ist für die – von ihm dem Grunde nach nicht in Abrede gestellten – Mängel auch allein verantwortlich; insbesondere müssen sich die Kläger kein Mitverschulden wegen Fehlens einer Planung anrechnen lassen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen A (S. 19 des Gutachtens vom 19.11.2014, Bl. 240 in 7 OH 70/12) hätte der Beklagte das Fehlen der Fußpunktabdichtung, da dies zu den elementaren Grundlagen der Konstruktion eines Verblendmauerwerks zählt, zwingend erkennen müssen. Insoweit kommt ein mitwirkendes Verschulden der Kläger durch mangelhafte Planung nicht zum Tragen. Zwar kann ein solches Mitverschulden u.a. dann in Betracht kommen, wenn der Bauherr, dessen Aufgabe regelmäßig die Bereitstellung mangelfreier Ausführungspläne für den Unternehmer ist (vgl. BGH NZBau 2009, 185, 188), entweder mangelhafte Pläne durch den von ihm beauftragten Fachplaner überlässt oder eine unzureichende Ausschreibung (BGH NJW-RR 1991, 276) vorliegt (zum Ganzen Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2018, Rn. 2936 m.w.N.). Anders verhält es sich aber, wenn der Unternehmer weiß, dass keine Planung vorliegt – wie es hier nach den Angaben der Parteien im Ortstermin im selbstständigen Beweisverfahren ausweislich des Gutachtens A (S. 9 des Gutachtens vom 19.11.2014, Bl. 230 GA) der Fall war – und er gleichwohl die Ausführung vornimmt (vgl. Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 5. Teil Rn. 95). In diesem Fall ist es dem Unternehmer verwehrt, sich auf ein Mitverschulden wegen fehlender Ausführungsplanung zu berufen; die Erbringung der Planungsleistung obliegt dann, wie es der Sachverständige A (S. 24 des Gutachtens vom 19.11.2014, Bl. 245 in 7 OH 70/12) zutreffend aus sachverständiger Sicht zum Ausdruck gebracht hat, dem ausführenden Unternehmer. Der Beklagte hat auch weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass er die Kläger auf etwaige Bedenken hinsichtlich der Probleme, die sich in konstruktiver Hinsicht bei der von diesen gewünschten Gestaltung des Giebels ergaben, hingewiesen hätte, wie es ihm auch bei einem den Regelungen des BGB unterliegenden Bauvertrag oblegen hätte (vgl. BGH NJW 2011, 3780, 3781 Rn. 14; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl. 2020, § 633 Rn. 4).

3. Die mit anwaltlichen Schreiben vom 21.01.2016 bzw. 10.02.2016 (Anlagen K1 und K2, Bl. 8 f. GA) ausgesprochenen Fristsetzungen zur Mängelbeseitigung waren wirksam. Eine solche Aufforderung ist zwar u.a. dann wirkungslos, wenn der Bauherr diejenigen Mitwirkungshandlungen nicht vorgenommen oder jedenfalls angeboten hat, die eine Nacherfüllung durch den Unternehmer erst ermöglichen (vgl. BGH NZBau 2008, 109, 113 Rn. 36). Die Kläger haben jedoch durch Vorlage eines von ihnen in Auftrag gegebenen Sanierungskonzepts, auf das in den beiden Schreiben auch Bezug genommen wird, einer solchen Mitwirkungspflicht genüge getan. Etwaige verbleibende Unzulänglichkeiten dieses Konzepts, wie sie der Beklagte einwendet und die auch zu Nachbesserungen durch den von den Klägern hiermit beauftragten Planer geführt haben, wären bei Ausführung zu klären gewesen, bezüglich derer die Kläger zudem unbestrittenermaßen einen Architekten beauftragt hatten. Sie berechtigten den Beklagten insbesondere nicht, die geschuldete Mängelbeseitigung vollständig zu unterlassen, zumal bereits der Sachverständige A in seinem Ergänzungsgutachten vom 19.08.2015 (dort Seite 6 ff., Bl. 330 ff. in 7 OH 70/12), das dem Beklagten bei Fristsetzung bekannt war und gegen das er Einwendungen nicht erhoben hat, ausgeführt hat, dass unter bestimmten von ihm genannten Bedingungen die Sanierung auf dieser Grundlage ausgeführt werden könne. Es kann insofern offenbleiben, ob die Kläger zur Vorlage einer solchen Sanierungsplanung überhaupt verpflichtet waren (zum Streitstand Kober, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK-BGB, § 634 Rn. 181.1); hiergegen spricht unter den gegebenen Umständen des Falles vor allem, dass dem Beklagten, wie vorstehend ausgeführt, bekannt war, dass ursprünglich keine Planung vorlag und er gleichwohl die Herstellung des Werks übernommen hat, was es treuwidrig erscheinen lassen könnte, wenn er nunmehr die Nachbesserung von der Vorlage einer Planung derselben durch die Kläger als Bauherrn abhängig machen würde (ähnlich differenzierend Havers, in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB/A, VOB/B, 7. Aufl. 2020, § 3 VOB/B Rn. 16 f.).

Auf dieser Grundlage können die kaum nachvollziehbaren Widersprüche zwischen dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen C und seiner mündlichen Anhörung auf sich beruhen. Dieser Sachverständige hat auf S. 4 seines Gutachtens vom 04.03.2019 (Bl. 145 GA) das von den Klägern vorgelegte Sanierungskonzept (ohne diese Feststellung mit einer näheren Begründung zu unterlegen) dann als sach- und fachgerecht angesehen, wenn es „in Verbindung mit den Ausführungen des Sachverständigen A in seinem Ergänzungsgutachten […] umgesetzt wird“, hingegen in seiner mündlichen Anhörung vom 24.07.2019 (S. 2 des Protokolls vom 24.07.2019, Bl. 175 GA) sowohl das Fehlen einer Wärmebrückenberechnung im Sanierungskonzept als auch bestimmte Ausführungsmodalitäten (Einbau gekröpfter Gewindestangen, Betonkonstruktion nicht ausführbar) beanstandet. Der Senat muss insoweit feststellen, dass das Landgericht diese Widersprüchlichkeiten mit der unzutreffenden Begründung, maßgeblich seien „die Ausführungen im schriftlichen Gutachten“, völlig ausgeblendet hat, nachdem es nach den vorstehenden Ausführungen gerade an einer nachvollziehbaren Begründung des von ihm gefundenen Ergebnisses durch den Sachverständigen C fehlte. Hierauf kommt es indes nach den vorstehenden Ausführungen nicht mehr an, weil der Beklagte selbst bei Unzulänglichkeiten des Konzepts nicht berechtigt gewesen wäre, keinerlei Mängelbeseitigung vorzunehmen.

4. Verjährung der Mängelansprüche der Kläger ist nicht eingetreten; auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts kann Bezug genommen werden. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen des Sachverständigen A in seinem Ergänzungsgutachten dazu, dass die vom Beklagten gewählte Ausführung auch zu Wärmebrücken führt, die das Eindringen von Feuchtigkeit begünstigen (S. 4 des Ergänzungsgutachtens vom 19.08.2015, Bl. 328 in 7 OH 70/12), lediglich eine weitere Facette der mangelhaften Ausführung der Giebelarbeiten und das hierauf beruhende Eindringen von Feuchtigkeit betreffen. Um einen gänzlich anderen Mangel, der einer anderen Verjährung unterliegen könnte, handelt es sich, wie die Berufungserwiderung unter zutreffender Heranziehung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigt (S. 6 f. der Berufungserwiderung, Bl. 266 f. GA), indes nicht. Ob die Feuchtigkeit unmittelbar durch Schlagregen oder durch Kondensation aufgrund einer unzulässigen Wärmebrücke verursacht wurde, stellt danach eine von den Klägern als Laien nicht abzuverlangende Differenzierung dar, die an der Identität der Mangelsymptome, nichts ändert.

5. Der Anspruch besteht auch in ausgeurteilter Höhe. Zwar hat der Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 13.06.2018 den Anfall von Sowieso-Kosten geltend gemacht, die vom geschuldeten Vorschuss abzuziehen seien (Bl. 50 GA). Die Berufung übersieht jedoch, dass die Kläger sich bereits mit der Klageschrift die Pos. 10., 11., 15. und 18. der Kostenschätzung des Sachverständigen A (S. 9 des Ergänzungsgutachtens vom 19.08.2015, Bl. 333 in 7 OH 70/12) als Sowieso-Kosten haben abziehen lassen (Bl. 7 GA) und als Vorschuss dementsprechend nur den um diese Beträge geminderten Betrag, den der Sachverständige für die Mängelbeseitigung als erforderlich erachtet hat, geltend machen. Der für das Vorliegen von Sowieso-Kosten darlegungs- und beweisbelastete (OLG Hamm NZM 2011, 161, 162) Beklagte hat, obwohl ihm dies aufgrund eigener Sachkunde möglich gewesen wäre, auch in der Berufungsbegründung nicht näher vorgetragen, welche Kosten, die über die bereits abgezogenen Positionen hinausgehen, auch bei von vornherein ordnungsgemäßer Erstellung der Giebel zusätzlich angefallen wären.

II.

Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen auch im Übrigen vor: Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO). Der Rechtsstreit betrifft lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsgrundsätze im konkreten Einzelfall; entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige abstrakt-generelle Rechtsfragen zeigt die Berufung nicht auf. Schließlich ist eine mündliche Verhandlung auch ansonsten nicht geboten, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO. Die Berufung dürfte deshalb im Beschlusswege zurückzuweisen sein, sofern nicht der Beklagte von der mit der Stellungnahmefrist zugleich eingeräumten Möglichkeit einer kostengünstigeren Rücknahme des Rechtsmittels Gebrauch macht.

 

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