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Einsichtsrecht des Bauherrn in die Akten des Vorprozesses zwischen Haupt- und Nachunternehmer

OLG Oldenburg, Az.: 4 AR 1/15, Beschluss vom 23.01.2015

Die als Antrag auf gerichtliche Entscheidung auszulegende „sofortige Beschwerde“ der Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Einsichtsrecht des Bauherrn in die Akten des Vorprozesses zwischen Haupt- und Nachunternehmer
Symbolfoto: Von Zephyr_p /Shutterstock.com

Die Beklagte und Beschwerdeführerin wurde im Verfahren  16 O 161/12 als Hauptunternehmer für eine Bauvorhaben in O …, dessen Eigentümer der Antragsteller und Beschwerdegegner ist, von einer Subunternehmerin (Klägerin) wegen Werklohn und wegen Werkunternehmersicherheit für von der Subunternehmerin erbrachte Leistungen an dem vorgenannten Bauvorhaben in Anspruch genommen. Die Beklagte beruft sich in ihrer Klageerwiderung darauf, dass die Arbeiten der Klägerin erheblich  mangelbehaftet gewesen seien. Aufgrund dieser gravierenden Mängel habe der Auftraggeber (Antragsteller) der Beklagten einen Betrag in Höhe von 35.000,00 € einbehalten. Das Landgericht hat wegen der behaupteten Mängel ein Sachverständigengutachten eingeholt. Im anschließenden Termin zur mündlichen Verhandlungen wurde das Verfahren durch Vergleich beendet.

Nunmehr nimmt die Beklagte den Antragsteller (Auftraggeber) im Verfahren 8 O 2158/14 wegen einer offenen Restzahlung aufgrund des Bauvorhabens in Höhe von 39.540,46 € in Anspruch.

Mit Schreiben vom 10.10.2014 begehrt der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers Akteneinsicht in die Verfahrensakten zu dem Verfahren 16 O 161/12 für 3 Tage. Zur Begründung des rechtlichen Interesses trägt er vor, dass aufgrund des vom Sachverständigen durchgeführten Ortstermins beim Antragsteller davon ausgegangen werde, dass die im Verfahren 16 O 161/12 behaupteten Mängel die Mängel seien, die der Antragsteller bislang dem Werklohnanspruch der Beklagten entgegenhält.

Der Vorsitzende der 16.Zivilkammer des Landgerichts hat mit Beschluss vom 16.11.2014 dem Akteneinsichtsgesuch stattgegeben. Die Voraussetzungen des § 299 Abs.2 ZPO lägen vor, da es sich im Verfahren 16 O 161/12 um einen Streit zwischen Subunternehmer und Hauptunternehmer über ein Gewerk am Bauvorhaben des Antragstellers gehandelt habe und im Verfahren 8 O 2156/14 es sich um einen Streit zwischen dem Hauptunternehmer des Gewerks und dem Bauherrn als Auftraggeber handele. In dieser Konstellation sei ein rechtlicher Bezug zu dem Streitstoff des Verfahrens 16 O 161/12 gegeben.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie vorträgt, dass es sich um zwei völlig andere Vertragsverhältnisse handele. Wenn der Antragsteller Mängeleinwendungen geltend machen wolle, bedürfe es keiner Prüfung des Vortrages der jetzigen Klägerin gegenüber ihren Nachunternehmern. Rein wirtschaftliche oder gesellschaftliche Interessen würden nicht ausreichen. Zudem läge ein Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beklagten vor. Es bestehe das schützenswerte Interesse, das Betriebsgeheimnis im Hinblick auf Einkaufspreise und den rechtlichen Beziehungen zum Nachunternehmer zu wahren. Schließlich rügt die Beklagte, dass die 16.Zivilkammer nicht berechtigt gewesen sei, über die beantragte Akteneinsicht zu entscheiden.

Die als Antrag auf gerichtliche Entscheidung auszulegende sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.

Der Antragsteller begehrt mit seinem Gesuch auf Akteneinsicht den Erlass eines ihm günstigen Justizverwaltungsaktes. Dabei geht es um das Gesuch eines Dritten, der nicht selbst am Verfahren beteiligt ist (vgl. § 299 Abs.2 ZPO). Solche Anträge werden in der Regel durch Verfügung der Justizbehörde, nämlich des Vorstandes des mit dem Verfahren befassten Gerichtes beschieden. Vorliegend wurde die Befugnis zu Erteilung von Akteneinsicht nach Abschluss des Verfahrens gemäß Verfügung des Präsidenten des Landgerichts Osnabrück vom 16.06.1999 den jeweiligen Vorsitzenden der Zivilkammern übertragen. Das zulässige Rechtsmittel gegen die Anordnung einer Akteneinsicht ist gemäß § 23 Abs.1 EGGVG der Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Benennt ein Beteiligter, wie hier die Beklagte, das Rechtsmittel, dessen sie sich bedienen will, nicht mit dem einschlägigen gesetzlichen Begriff, beschreibt sie es aber zumindest durch die Bezeichnung ihres Rechtsschutzzieles und der angegriffenen Maßnahme, so ist regelmäßig anzunehmen, dass sie denjenigen Rechtsbehelf wählen wollte, den die Rechtsordnung für das aus ihrem Vorbringen zu ersehende Begehren bereit hält (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22.Auflage, vor § 128 Rn. 192 m.w.Nachw.).

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere wurde er innerhalb der Antragsfrist gemäß § 26 EGGVG (1 Monat) gestellt.

In der Sache bleibt dem Rechtsbehelf der Erfolg versagt. Der Vorsitzende der 16. Zivilkammer hat zu Recht dem Antragsteller auf sein Gesuch hin Akteneinsicht gewährt. Der Antragsteller hat ein rechtliches Interesse durch Einsichtnahme in die Zivilakten festzustellen, welche Mängelrügen die Beklagte der Klägerin als Subunternehmerin entgegengehalten hat. Die Beklagte selber hat in ihrer Klageerwiderung vom 04.04.2012 darauf hingewiesen, dass wegen der gravierenden Mängel der Auftraggeber (= Antragsteller) einen Betrag in Höhe von 35.000,00 € einbehalten habe. Unter anderem genau diesen vom Antragsteller einbehaltenen Betrag fordert nun die Beklagte vom Antragsteller in dem Verfahren 8 O 2158/14 ein. Etwaige Mängelrügen des Antragstellers erachtet sie als unbegründet. Es besteht damit ein unmittelbarer rechtlicher Bezug des Prozessgegenstandes des ursprünglichen Verfahrens und des Prozessgegenstandes des neu eingeleiteten Verfahrens. Dieser unmittelbare Bezug ist zum Einen bereits in dem Umstand zu sehen, dass es sich bei beiden Verfahren um das Bauvorhaben des Antragstellers an seiner Immobilie handelt, zum anderen aber auch gerade darin begründet, dass es vordringlich jeweils um die Frage der Berechtigung etwaiger Mängelrügen bei der Erstellung des Gewerkes geht. Gerade weil hierüber im Verfahren 16 O 161/12 auch ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde, hat der Antragsteller ein berechtigtes Interesse daran, die Feststellungen des Gutachters, der bei ihm vor Ort einen Ortstermin durchgeführt hat, durch Einsichtnahme in die Prozessakten zur Kenntnis zu nehmen. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin geht es gerade nicht um die Details der jeweiligen Vertragsverhältnisse zwischen Subunternehmer und Hauptunternehmer bzw. Hauptunternehmer und Auftraggeber. Soweit durch die Akteneinsicht zugleich ein Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht liegt, ist dieser dem Akteneinsichtsrecht Dritter immanent und vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, solange ein berechtigtes Interesse des Dritten vorliegt.

Eine Kostenerstattung für die Beklagte als Antragstellerin des gerichtlichen Verfahrens nach § 30 S. 1 EGGVG kommt im Hinblick auf die Zurückweisung des Antrags nicht in Betracht. Für die Möglichkeit der Anordnung einer Kostenerstattung zugunsten des Antragstellers fehlt in § 30 EGGVG die gesetzliche Grundlage, zumal § 81 FamFG nicht ergänzend anwendbar ist.

Die Wertfestsetzung für das gerichtliche Verfahren beruht auf § 36 Abs. 1 und 2 GNotKG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 29 Abs. 2 EGGVG liegen nicht vor.

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