OLG München – Az.: 13 U 2760/10 – Urteil vom 24.05.2011
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 29.03.2010, Az. 15 HKO 7877/08 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.256.355,86 Euro zuzüglich Fälligkeitszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 20.02.2008 bis zum 14.03.2008 und Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2008 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltkosten in Höhe von 7034,80 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat 24 %, die Beklagte hat 76 % der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Von den Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug hat die Klägerin 30 %, die Beklagte 70 % zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.873.667,50 € festgesetzt.
Gründe
I.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen, wobei zu ergänzen ist, dass unter den Parteien unstreitig die Geltung der VOB/B vereinbart war. Soweit unter den Parteien die Nachträge streitig sind, wird der Parteivortrag hauptsächlich die Einwendungen der Beklagten bei den einzelnen Nachträgen hier unter II 3 c dargestellt.
Mit der Berufung greift die Klägerin das Ersturteil in vollem Umfang an. Sie trägt in der Berufungsbegründung vor: Die Auffassung des Landgerichts, wonach die Werklohnforderung mangels Vorliegens einer prüffähigen Schlussrechnung nicht nur nicht fällig, sondern insgesamt unschlüssig und damit unbegründet sei, sei unhaltbar. Vielmehr seien die Grundsätze, die der BGH zur Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrages aufgestellt habe, in vollem Umfang beachtet worden. Die Klägerin legt mit der Berufung ein Gutachten der Ingenieursozietät Ku., Ka. und Partner vor (Anlage K 43), wonach die Abrechnung der Klägerin alle Anforderungen an die Prüffähigkeit der Schlussrechnung erfülle. Die Klägerin fährt fort, zu Unrecht nehme das Landgericht unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Hamm auch an, die klägerische Abrechnung nach dem Minusaufmaß sei nur dann gerechtfertigt, wenn nur noch eine geringfügig zu erbringende Leistung unter 2 % des Auftragsvolumens offen sei. Wie das Landgericht zu dem Ergebnis komme, dass selbst nach dem Vortrag der Klägerin Leistungen von mindestens 20 % nicht erbracht seien, sei nicht nachvollziehbar. Denn nach dem Privatgutachten Ra., vorgelegt bereits in erster Instanz (Anlage K 33), errechne die Klägerin einen wertmäßigen Fertigstellungsgrad in Höhe von 86,12 % (Hauptauftrag 89,98 %, Nachträge 81,03 %). Auch nach dem Privatgutachten des TÜV S. (Anlage K 19, vorgelegt von der Klägerin) und dem Gutachten Br. (Anlage B 3, vorgelegt von der Beklagten)sei ein Fertigstellungsstand von etwa 80 % bzw. bis zu 87 % festgestellt worden. Das Landgericht habe des weiteren verkannt, dass gegen die Schlussrechnung vom 18.12.2007 nicht innerhalb von zwei Monaten Einwendungen erhoben wurden.
Die Klägerin beantragt daher: Das am 29.3.2010 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az. 15 HKO 877/08, wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.701.998,73 Euro zu zahlen zuzüglich Fälligkeitszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 20.2.2008 bis zum 14.3.2008 und Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.3.2008.
Die Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 9.374,80 Euro zu zahlen.
Hilfsweise: Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Klägerin hat im Termin vom 24.5.2011 die Klage in Höhe von 117.000 Euro zurückgenommen (Nachtrag NA-13). Die Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme zugestimmt. Die teilweise Klagerücknahme wurde versehentlich nicht mehr in den Klageantrag eingearbeitet.
Die Beklagte beantragt: die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Sie trägt in der Berufungserwiderung vor: Die Klägerin rechne nicht, wie von der Rechtsprechung gefordert, von unten nach oben ab, sondern ziehe lediglich die angeblich nicht erbrachten Leistungen von der Gesamtpauschale ab. Allein die nicht erbrachten Leistungen darzulegen und von der Pauschale abzuziehen, sei nur bei unwesentlichen Restleistungen von unter 3 % zulässig. Hier habe die Klägerin aber nach eigenem Vortrag 20 % der Restleistungen nicht erbracht. Tatsächlich ziehe die Klägerin in ihrer Rechnung nur etwa 10 % an nicht erbrachten Leistungen ab. Die Klägerin habe nach der Kündigung der Beklagten einen Anschlussauftrag mit der Bauherrin über 2,3 Millionen geschlossen und das Gewerk Elektro zu Ende geführt. Wenn aber die vorher nicht erbrachten Leistungen einen solchen Umfang hätten, könne die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten nicht lediglich rund 300.000 Euro abziehen.
Der Senat hat Hinweise zu seiner Rechtsauffassung gemäß Verfügung des Vorsitzenden vom 31.8.2010 erteilt. Da sich nach Auffassung der Beklagten diese Hinweise nicht mit ihrer Berufungserwiderung auseinander setzten und damit das rechtliche Gehör verletzt sei, sah sie sich veranlasst, die Richter des Spruchkörpers wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Sie vertieft in diesem Schriftsatz vom 15.9.2010 ihre Einwendungen, insbesondere dass die Nachtragshöhe aus der Ur- bzw. Auftragskalkulation zu entwickeln sei. Der Befangenheitsantrag wurde mit Beschluss vom 15.10.2010 zurückgewiesen.
Der Senat hat nach dem ersten Termin weitere Hinweise im Beweisbeschluss vom 8.2.2011 erteilt und in weiteren fünf Terminen die Zeugen Ro., Wi., Be. und Kö. vernommen. Die Klägerin hat auf den Zeugen Ko. wegen dessen schwerer Erkrankung verzichtet.
II.
Die zulässige Berufung ist zu einem beträchtlichen Teil begründet, insbesondere weil die Abrechnung der Beklagten die Anforderungen an die Abrechnung eines gekündigten Pauschalvertrages erfüllt und weil die meisten Nachträge begründet sind.
1. Abnahme
Zwar wurde eine förmliche Abnahme vereinbart. Für die Fälligkeit des Werklohnanspruchs genügt jedoch alternativ zur Abnahme die Abnahmereife. Soweit die Beklagte hinsichtlich einiger Kabel Mängel eingewendet hat, zum Beispiel zum Nachtrag MSR-Verkabelung, zielt sie nicht auf ihre Gewährleistungsrechte ab, sondern macht sie eine Zuvielforderung wegen Verlegung billigerer Kabel als vereinbart geltend. Im Übrigen ist eine Abnahme nicht mehr möglich. Das Bauvorhaben ist längst fertig gestellt und in Gebrauch.
2. Prüffähigkeit
Die Prüffähigkeit betrifft in erster Linie die Anforderung, dass nach den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abgerechnet wird, damit sich der Besteller verteidigen kann. Das hat die Beklagte nicht beanstandet. Wie der Anlage B 1 zu entnehmen ist, geht es hier vielmehr um die Frage, ob die Teilleistungen im Verhältnis zum Pauschalpreis nachvollziehbar abgerechnet wurden.
Dass die fehlende Prüffähigkeit innerhalb der Zweimonatsfrist beanstandet wurde, unterliegt keinem Zweifel, weil die Beklagte jedenfalls die Rechnung vom 19.11.2007 mit Schreiben vom 5.12.2007 (Anlage B 1) beanstandet hat. Die Rechnung vom 18.12.2007 enthielt lediglich ein Zusatzblatt. Es wäre in der Tat eine Förmelei, von der Beklagten zu verlangen, auch die zweite, fast identische Rechnung anzugreifen.
Fraglich ist im Übrigen, ob der Einwand der Beklagten noch die Prüffähigkeit als Voraussetzung der Fälligkeit betrifft oder schon die inhaltliche Richtigkeit der Schlussrechnung im Sinne von Schlüssigkeit. Im ersten Fall hätte das Landgericht die Klage nur als derzeit unbegründet abweisen dürfen. Letztlich kann diese Frage offen bleiben. Denn entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Beklagten entspricht die Schlussrechnung der Klägerin den Anforderungen der Rechtsprechung an die Abrechnung eines gekündigten Pauschalvertrages.
a) Leistungen nach dem LV:
Die Schlussrechnung schlüsselt diese Leistungen in ihrer Anlage 2, Seiten 1 bis 5, auf. Die zweite Spalte mit der Überschrift Minusmenge ist so zu lesen: Eine Null bedeutet, dass die Leistung zu der entsprechenden Position in vollem Umfang erbracht ist, und zwar in der vom Leistungsverzeichnis geforderten Stückzahl, die sich aus der dritten Spalte ergibt. Soweit in der zweiten Spalte eine Zahl steht, bedeutet dies, dass die Leistung nicht oder nicht in vollem Umfang erbracht wird. Der Abzug ist in Euro in der Spalte Minus-GP in roten Zahlen ausgeworfen.
Die fünfte Spalte mit der Bezeichnung Einzelpreis ist die Urkalkulation der Klägerin. Das Verhältnis der Urkalkulation zu den ermäßigten Einzelpreisen in der siebten und achten Spalte als kumulierter Preis bezeichnet wurde aus der Summe der Einzelpreise laut Urkalkulation und der Summe der kumulierten Einzelpreise errechnet; letztere ergibt rechnerisch zutreffend den vereinbarten Pauschalpreis von 1.930.000 Euro. Die Beträge 2.150.184,56 Euro und 1.930.000 Euro siehe das Ende der Anlage 2 Seite 5 zur Schlussrechnung – wurden also ins Verhältnis zueinander gesetzt. Das ergibt 0,8976. Dieser Umrechnungsfaktor ist bei sämtlichen Einzelpositionen durchgehalten. Soweit immer wieder die Rede davon ist, ob von unten nach oben oder umgekehrt zu rechnen sei, ist das irreführend. Bei der Addition oder Subtraktion ist es unerheblich, ob von oben oder von unten begonnen wird.
Gemeint ist wohl, dass nur die nicht erbrachten oder nur die erbrachten Leistungen bewertet und dann vom Gesamtpreis abgezogen werden, ohne dass sämtliche Positionen dargestellt werden. Genau das vermeidet die Schlussrechnung.
Soweit die Beklagte bemängelt, dass keine Urkalkulation vorgelegt wurde, mag es sein, dass das Minusaufmaß keine Urkalkulation im engeren Sinne wiedergibt. Eine solche ist aber auch nicht nötig, weil die Klägerin nicht (mehr) den entgangenen Gewinn für nicht erbrachte Leistungen, sondern nur die erbrachten Leistungen abrechnet. Die Position entgangener Gewinn über 156.000 Euro hat sich durch die Teilklagerücknahme in erster Instanz erledigt.
Dasselbe gilt, soweit die Beklagte den Ausweis von Gewinn und Wagnis fordert. Die Klägerin macht keinen entgangenen Gewinn geltend.
Unzutreffend ist auch der Einwand der Beklagten, die Klägerin müsse ihr Massenrisiko in die Rechnung einstellen; wenn sie 10 Steckdosen kalkuliert habe, aber 15 erforderlich gewesen wären, müsse sie die Teilleistungen weiter reduzieren. Dafür gibt es weder in Rechtsvorschriften noch in der Rechtsprechung eine Grundlage. Ein Elektriker weiß im Beispielsfalle nicht, ob 15 Steckdosen erforderlich gewesen wären, wenn er nach der Montage von 5 Steckdosen aufhört. Und umgekehrt müsste zu Gunsten des Elektrikers der Einzelpreis erhöht werden, wenn nicht wie kalkuliert 10 Steckdosen, sondern nur 5 erforderlich gewesen wären.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarf es zur Feststellung der Prüffähigkeit einer Schlussrechnung regelmäßig keines Sachverständigen, vielmehr hat der Tatrichter die Prüffähigkeit selbst festzustellen. Sie folgt in der Tat unmittelbar aus der Schlussrechnung samt Anlagen. Der Senat sieht sich bestätigt durch die Privatgutachten Ra. (Anlage K 33) und KKP (Anlage K 43). Das Landgericht hat daher Tatsachenvortrag der Klägerin übergangen.
b) Nachträge
Soweit Nachtragsleistungen nicht mehr vollständig ausgeführt werden konnten, hat die Klägerin die Nachträge in ihrer Schlussrechnung Anlage 1 und Anlage 2 Seiten 6 und 7 zusammengestellt; auch dort hat die Klägerin ihre Urkalkulation wiedergegeben und die ausgeführten Leistungen den nicht ausgeführten gegenüber gestellt. Die Darstellung folgt demselben System wie bei den Hauptleistungen, arbeitet also wiederum mit dem Minusaufmaß. Es gelten die Ausführungen zu den Hauptleistungen entsprechend. Nur der Nachtrag ZEL 07 Verkabelung MSR-Geräte intern wurde etwas unsystematisch nicht in die Positionen mit Minusaufmaß-Berechnung eingestellt, obwohl hier unstreitig nur eine Teilleistung erbracht wurde.
Soweit die Klägerin nach ihrer Behauptung die Nachträge vollständig erbracht hat, stellt sich die Frage der Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrages nicht. Das gilt erst recht für jene Nachträge, deren Leistungen unstreitig in vollem Umfang erbracht wurden, die aber die Beklagte aus anderen Gründen anficht. Insoweit hat das Landgericht Parteivortrag übergangen.
3. Inhaltliche Richtigkeit der Schlussrechnung
a) Leistungen nach LV
Es gibt zwei Gutachten, die den Fertigstellungsstand des Gewerks Elektrotechnik nach der Kündigung der Beklagten festgestellt haben: das (Privat-)Gutachten des TÜV S. (Anlage K 19) und das Gutachten Dr.-Ing. Br. aus dem selbständigen Beweisverfahren LG Düsseldorf 35 OH 1/07 (Anlage B 3). Das Erstgenannte hat zum 10.5.2007 einen Fertigstellungsstand von bis zu 100 % festgestellt. Das Gutachten Dr.-Ing. Br. bescheinigt für das Gewerk 440 (Starkstromanlagen) einen Stand von 75 % und für das Gewerk 450 (Schwachstrom) einen Stand von 77 %, jeweils zum 30.3.2007. Letzteres nimmt die Beklagte zum Anlass, eine Diskrepanz zwischen Fertigstellungsstand und klägerischer Abrechnung herzustellen. Tatsächlich ergeben die nicht erbrachten Leistungen laut Minusaufmaß einen Betrag von 126.643,10 Euro, das sind rund 6,5 % des Pauschalpreises von 1.930.000 Euro. Nimmt man die Nachträge hinzu, sind 319.227,28 Euro nicht erbrachte Leistungen 9,5 % des geforderten Gesamtwerklohns von 3.394.818,32 Euro. Die unterschiedlichen Prozentzahlen Gutachten einerseits, Schlussrechnung andererseits – führen aber nicht zur Unschlüssigkeit des Klagevortrags. Soweit außer Streit steht, dass die Klägerin die Arbeiten im Nachfolgevertrag mit der Bauherrin für 1,6 Millionen Euro (nicht 2,3 Millionen) zu Ende führte, kann daraus ebenfalls nicht abgeleitet werden, die Klägerin rechne ihre Abzüge klein. Zum einen hat sie möglicherweise bessere Preise ausgehandelt, zum anderen hat sie vorgetragen, dass die Bauherrin weitere Zusatzleistungen im Wert von mindestens 575.000 Euro in Auftrag gab (Schriftsatz vom 26.1.2010, Seite 2 = Bl. 387 d. A.). Das führt aber nicht zur Unschlüssigkeit der Klage. Im Gegenteil, unzulässig wäre es, wenn die Klägerin 75 oder 77 % Fertigstellungsstand vom Pauschalpreis abzöge, ohne die Einzelleistungen aufzuschlüsseln oder zu bewerten. Auch die Plausibilität der Abrechnung leidet darunter nicht. Denn der technische Leistungsstand muss nicht mit der kaufmännischen Bewertung übereinstimmen. Daher stellt auch das Gutachten Dr.-Ing. Br. auf Seite 45 fest: Der festgestellte Leistungsstand lässt direkt keine Rückschlüsse auf die wertmäßige Erbringung der Leistung zu.
Wenn die Beklagte also Zweifel an der Höhe der Abzüge hat, genügt sie ihrer Substanziierungspflicht nicht, wenn sie die Richtigkeit der Schlussrechnung insgesamt bestreitet. Die Klägerin trägt zwar die Vortrags- und Beweislast für die inhaltliche Richtigkeit der Rechnung. Aber die Beklagte muss im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zu einzelnen Positionen vortragen, warum sie zu hoch oder zu niedrig angesetzt sein sollen. Das gilt namentlich für die nicht erbrachten Leistungen. Sie kann auch einwenden, eine angeblich erbrachte Teilleistung sei nicht erbracht. Zu solchem Vortrag wäre die Beklagte in der Lage, weil das Gutachten Dr.-Ing. Br. auf Seite 45 darauf hinweist, dass unter Bezugnahme auf die Wertigkeit der Kostengruppen jederzeit auch eine wertmäßige Leistungsbeurteilung in Euro vorgenommen werden könnte, sofern hierzu die vertraglichen Grundlagen zwischen den Parteien sowie die kalkulatorischen Ansätze der einzelnen Positionen der Gewerke bzw. Kostengruppen vorgelegt werden können. Jedenfalls kann der Senat nicht einen Sachverständigen auf die Schlussrechnung ansetzen, der pauschal deren Richtigkeit und die Angemessenheit jeder Einzelposition der Urkalkulation zu überprüfen hat.
Auf diese Darlegungslast hat der Senat mehrfach hingewiesen. Ein Vortrag ist seitens der Beklagten nicht erfolgt.
b) Nachträge allgemein
Vor die Klammer gezogen, ist Folgendes festzustellen:
aa) Teilleistungen
Der Senat hat sich entgegen seinen ersten schriftlichen Hinweisen vom 31.8.2010, Ziffer 4 b, dazu durchgerungen, die Beklagte mit der pauschalen Behauptung zum Gegenbeweis zuzulassen, die Leistung sei nicht vollständig erbracht. Nachdem der von der Beklagten benannte Zeuge Kö. hierzu teilweise detaillierte Anmerkungen machen konnte, erübrigt sich die Frage, ob der Vortrag der Beklagten hinreichend substanziiert war.
Entsprechend den obigen Ausführungen zum Minusaufmaß bleibt der Senat allerdings dabei, dass bei den Nachträgen, in denen die nicht erbrachten Leistungen detailliert ausgeworfen und bewertet wurden, die Beklagte darlegen müsste, was falsch berechnet wurde was über die vorgenommenen Abzüge hinaus abzuziehen wäre (siehe oben 2 b).
bb) Prüfvermerk
Der Prüfvermerk eines Architekten oder Bauleiters ist kein Anerkenntnis, vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auflage, Rdnr. 2539.
cc) Vollmacht
Ein Großteil der Nachträge wurde unstreitig von der Beklagten in Auftrag gegeben. Bei einigen Nachträgen hatte die Beklagte die Auftragserteilung bestritten, etwa NA-02 und NA-08, obwohl die Klägerin dafür gar nichts in Rechnung gestellt hat; dies ist nunmehr unter den Parteien geklärt.
Bei vielen weiteren Nachträgen hat die Beklagte vorgetragen, dass entweder kein Auftrag oder aber ein Auftrag nur vom Zeugen Kö. erteilt wurde, der hierfür keine Vollmacht besessen habe. Im Beweisbeschluss des Senats ist die Frage der Vollmacht nicht aufgenommen, weil er der Auffassung war, dass die Anscheinsvollmacht bereits nach Aktenlage feststehe. Er hat jedoch den Beweisbeschluss stillschweigend erweitert, indem er der Beklagtenseite jeweils eingangs einer Zeugenvernehmung Gelegenheit gab, Fragen zur jeweiligen Vertretungsbefugnis zu stellen.
Insoweit steht aufgrund der Aussage des Zeugen Be. fest, dass dieser Gesamtprojektleiter für die Beklagte und von ihr bevollmächtigt war, während der Zeuge Kö. als Fachbauleiter keine Vollmacht zur Erteilung von Aufträgen hatte, sondern für technische Einzelheiten und tägliche Notwendigkeiten auf der Baustelle (Protokoll vom 4.5.2011 Seite 3) zuständig war. Falls ein Nachtrag in Auftrag gegeben werden sollte, wurde das Angebot vom Zeugen Kö. geprüft und mit der Beklagten verhandelt, dann musste er sich an den Zeugen Be. zur Gegenzeichnung wenden und dann wurde der Auftrag in Eching geschrieben.
Diese interne Regelung der Beklagten entsprach nur in einigen Fällen der Praxis. Tatsächlich wurde eine andere Abwicklung der Nachträge gelebt.
(1) Nach der Bekundung des Zeugen Ro., des mit umfassender Vollmacht ausgestatteten Projektleiters der Klägerin, war für ihn neben Be. der für Ro. nur in wenigen Fällen Ansprechpartner war – hauptsächlich Kö. als Ansprech- und Verhandlungspartner. Zahlreiche Nachträge standen unter großem Zeitdruck und mussten sofort erledigt werden, noch bevor eine schriftliche Bestätigung der Beklagten in Rücklauf kam. Aus Sicht des Zeugen Ro. gab es drei Unterschriftsberechtigte, nämlich Be., Kö. mit dem ca. 90 % der Nachträge verhandelt wurden und Fr., der sein Büro am Stammsitz der Beklagten hat. An Ablehnungen der vorher ausgehandelten Verträge konnte sich Ro. nicht erinnern.
(2) Damit hat die Beklagte den Rechtsschein einer Bevollmächtigung Kö. geschaffen. Wer einen mit der Sache befassten und sachkundigen Mitarbeiter zu Verhandlungen auf die Baustelle schickt, erzeugt regelmäßig einen solchen Anschein, siehe zuletzt BGH BauR 2011, 669. Diese Entscheidung betraf zwar den Mitarbeiter des Auftragnehmers. Es ist aber kein sachlicher Grund ersichtlich, diesen Grundsatz nicht auch auf Mitarbeiter des Auftraggebers anzuwenden.
(3) Darüber hinaus finden auch die Grundsätze über die Duldungsvollmacht Anwendung. Die Zentrale in E. musste bemerkt haben, dass eine Fülle von zusätzlichen Leistungen ausgeführt wurde, sei es auf Wunsch der Bauherrin F., sei es aufgrund technischer Notwendigkeiten. Das veranschaulicht etwa Anlage K 7-30, Schreiben der Klägerin vom 14.9.2006 an die Beklagte, wo es heißt: bisher beauftragte Nachträge: pauschal 162.303,00; Anlage K 7-36, Schreiben der Beklagten vom 14.12.2006, oder Anlage K 7-40, Schreiben der Klägerin vom 21.12.2006 an die Beklagte, wo es heißt Nachtrag Nr. 20 bzw. Nachtrag Nr. 24. Das heißt nichts anderes, als dass es mehr Nachträge gab als die, die entsprechend der internen Hierarchie der Beklagten abgezeichnet wurden.
(4) Sofern die Beklagte darauf abhebt, durch die Verwendung der Abkürzungen i. V (in Vertretung) und i. A. (im Auftrag) habe die Klägerin erkennen können, dass der Zeuge Kö. keine Vollmacht hatte, dringt sie nicht durch. Zum einen werden diese Abkürzungen in der betrieblichen Praxis ohnehin nicht immer streng durchgehalten. Zum andern hat der Zeuge Wi. bekundet (Protokoll vom 24.5.2011, Seite 6 unten), dass auch Fr. also der abschließende Unterzeichner eines Nachtrags mit i. A. unterschrieb.
(5) Soweit in Einzelfällen entgegen diesen Ausführungen eine Vollmacht ausgeschlossen werden sollte oder aufgrund einer Zeugenaussage ausgeschlossen werden kann, wäre ein Werklohnanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag entstanden. Die Nachträge beruhten überwiegend auf Sonderwünschen der Bauherrin oder auf technischen Notwendigkeiten. Die Beklagte hat an keiner Stelle dargelegt, dass die Nachtragsleistungen überflüssig oder unerwünscht waren oder dass die Bauherrin einen Nachtrag zurückwies.
dd) Soweit die Beklagte zu mehreren Nachträgen pauschal, also unsubstanziiert und ohne nähere Begründung, behauptet, die Leistung sei bereits vom Soll laut Leistungsverzeichnis umfasst, hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Beklagte angeben muss, welcher Position im Leistungsverzeichnis der jeweils beanstandete Nachtrag entspricht. Die Beklagte konnte nicht näher vortragen.
ee) Glaubwürdigkeit der Zeugen
Der Senat hält sämtliche Zeugen im Wesentlichen für glaubwürdig. Ihm ist bewusst, dass die Zeugen Be. und Kö. im Lager ihres Arbeitgebers bzw. Auftraggebers, der Beklagten, stehen und der Zeuge Ro. in Diensten der Klägerin stand, der Zeuge Wi. ihr Arbeitnehmer bis vor kurzem war. Ein gewisses Bemühen, der jeweils nahestehenden Partei mit der Aussage zu helfen, war unverkennbar vorhanden, aber ebenso das Bemühen, Unsicherheiten, bloße Schlussfolgerungen oder Nichtwissen zu kennzeichnen.
c) Nachträge im Einzelnen
NA-03 Planertüchtigung
Der Zeuge Be. hat zu verstehen gegeben, dass die Überarbeitung der von der Bauherrin gestellten Pläne notwendig war, und hat damit die Aussage des Zeugen Ro. bestätigt. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass eine Einigung über die behaupteten 40.000 Euro nicht zustande kam. Da aber auch seiner Aussage zu entnehmen ist, dass der Preis in etwa dieser Höhe angemessen ist, kann der Betrag in Verbindung mit der Aussage Ro. zur Höhe gemäß §2 Nr. 6 VOB/B angesetzt werden. Die Beklagte kann sich nicht mit ihrer Vorstellung durchsetzen, für technisch notwendige und aufwändige Zusatzleistungen nichts bezahlen zu müssen.
NA-04 NEA-Mehrkosten
Es geht um einen Dieselmotor, der bereits im Leistungsverzeichnis enthalten ist, aber mit Blick auf die Abgaswerte durch ein teureres Exemplar ersetzt werden musste. Die Beklagte macht geltend, der Dieselmotor sei vom Leistungssoll laut Leistungsverzeichnis umfasst. Der Auftrag wurde vom Projektleiter Be. schriftlich und unter Angabe der Mehrkosten erteilt, siehe Anlage K 7-6. Wenn die Beklagte meint, die Auftragserteilung sei versehentlich erfolgt, hätte sie ihre Erklärung unverzüglich anfechten müssen.
NA-05 B GU-Leuchtenliste K.
Die Beklagte stellt unstreitig, dass der Nachtragsauftrag erteilt, aber nicht prüfbar abgerechnet wurde. Die Klägerin hat die fehlenden Teile aufgelistet, bewertet und abgezogen. Es gilt das oben zum Minusaufmaß Gesagte. Mangels weiteren Vortrags auf Beklagtenseite bedurfte es keiner Beweiserhebung.
NA-06 Vorratstankanlage 2000 l
Die Beklagte macht geltend, die Vorratstankanlage sei vom Leistungssoll umfasst. Es gilt das zu NA-04 Gesagte. Die Zusatzleistung wurde gemäß Anlage K 7-11 von der Beklagten anerkannt. Vorgesehen war ein Tank mit 750 l, tatsächlich sollte einer mit 2000 l zur Ausführung kommen.
NA 07 Kabelrinne 2. OG bis 7. OG
Die Beklagte bestreitet die vollständige Leistungserbringung. Der Senat stützt sich auf die Aussage des Zeugen Ro. Danach wurde die Kabelrinne zu 100 % verlegt, was im Einklang mit dem TÜV-Gutachten (Anlage K 19) steht; danach ist die Rohinstallation zu 100 % erbracht. Auch der Zeuge Kö. bestätigt diese Aussage für das zweite bis sechste Geschoss; für das siebte Geschoss hat er das Standbild einer Video-Aufnahme vorgelegt (Anlage zum Protokoll vom 18.5.2011); festlegen mochte er sich hinsichtlich des 7. Obergeschosses nicht. Der Senat folgt hinsichtlich des 7. Obergeschosses der Aussage Ro. Auf der Video-Aufnahme sind jedenfalls in der geöffneten Decke Kabelrinnen zu erkennen.
NA-09 Fußbodenheizung Mehrung
Die Beklagte bestreitet die vollständige Leistungserbringung. Der Zeuge Ro. bekundet, dass der Nachtrag nach seinem Wissen komplett ausgeführt wurde. Der gegenbeweislich benannte Zeuge Kö. bestätigt dies.
NA-10 Außenbeleuchtung K.liste
Die nicht eingebauten Beleuchtungskörper wurden von der Beklagten im Minusaufmaß berücksichtigt.
NA-12 USV-Freischaltung mit Handumgehung
Hier wendet die Beklagte nicht vollständige Leistungserbringung ein. Dieser Nachtrag wurde im Minusaufmaß als nicht erbrachte Leistung eingestellt, also auch nicht der Beklagten berechnet.
NA-13 MSR-Verkabelung 2. 7. OG
Die Klägerin hat ihre Klage hinsichtlich dieser Position (117.000 Euro) auf Anregung des Senats im Termin vom 24.5.2011 zurückgenommen, weil der Zeuge Kö. versehentlich hierzu nicht vernommen wurde, aber derzeit im Krankenstand ist. Abzuziehen gewesen wären ohnehin 84.439,73 Euro, siehe Beweisbeschluss vom 8.2.2011 Ziffer I.5.
Wie unter I bei der Sachverhaltsschilderung erwähnt, hat die Klägerin die teilweise Klagerücknahme nicht in ihren Antrag gemäß Schriftsatz vom 9.7.2010 eingearbeitet, den sie im letzten Termin wiederholte. Wenn man die Antragstellung nicht entsprechend auslegte, wäre die Berufung teilweise unzulässig, weil das Ersturteil insoweit als unwirksam anzusehen wäre (§269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Im Ergebnis und kostenmäßig würde sich aber nichts ändern.
Abzug von Klageforderung 117.000 Euro.
NA-14 A RWA-Verkabelung
Die Beklagte behauptet, diese Position sei vom Leistungssoll umfasst gewesen, die Leistung sei nicht angeordnet worden, die Mehrkosten seien, sofern überhaupt welche entstanden seien, nicht aus der Urkalkulation entwickelt. Die Klägerin verweist zu Recht auf ihr Angebot in Anlage K 7-24, das unten rechts den handschriftlichen Vermerk pauschal 15.500,- € Netto trägt. Dieser Vermerk stammt laut Zeugen Ro. vom Fachbauleiter Kö. Ro. konnte sogar ein von Kö. unterschriebenes Exemplar des Schriftstücks vorlegen. Damit ist nachgewiesen, dass ein Auftrag erteilt wurde; zur Vollmachtsproblematik siehe oben b cc.
NA-15 Mehrung Brandschotte
Die Beklagte wendet ein, die Abrechnung sei nicht prüfbar, die Leistung sei nicht vollständig erbracht worden. Der Zeuge Kö. hat Bezug genommen auf seine Aussage zu NA-07. Er hat das zweite bis sechste Obergeschoss inspiziert und vollständige Leistungserbringung bestätigt. Zum siebten Obergeschoss kann er keine Aussage machen. Insoweit wird er ergänzt durch die Aussage der Zeugen Ro. und Wi., die sich der hundertprozentigen Fertigstellung einschließlich des siebten Obergeschosses sicher waren, weil anschließend Begehungen stattfanden. Ob es sich dabei um Abnahmebegehungen (Ro.) oder Begehungen zur Vorbereitung der Räume für Nachfolgegewerke handelte (Kö.), ist unerheblich. Plausibler erscheint insoweit die Darstellung des Zeugen Kö.
NA-16 Zimmeränderungen
Die Beklagte bestreitet die hundertprozentige Leistungserbringung. Hier kann sich der Zeuge Wi. nicht an den Nachtrag erinnern. Der Zeuge Ro. bestätigt aber die vollständige Abarbeitung des Auftrags, und auch der Zeuge Kö. konnte zwar seinen Video-Aufzeichnungen nichts entnehmen, erinnert sich aber, dass Arbeiten ausgeführt wurden.
NA Umbau Kabelrinne 5. OG
Die Beklagte bestreitet die hundertprozentige Leistungserbringung. Die Zeugen Wi. und Kö. hatten keine Erinnerung. Der Zeuge Ro. weiß sicher, dass die Arbeiten in Gänze abgeschlossen wurden, weil ohne Kabelrinne die Kabel nicht hätten verlegt werden können.
NA UG Wellness neue Verkabelung
Die Beklagte bestreitet die hundertprozentige Leistungserbringung. Der Zeuge Kö. vermutet, dass die Arbeiten nicht abgeschlossen wurden, weil mangels Beleuchtung auf den Video-Aufnahmen unten alles dunkel war. Der Zeuge Ro. dagegen ist sich der hundertprozentigen Verlegung sicher, weil danach die Decke in Teilbereichen geschlossen wurde, was ohne Kabelverlegung nicht möglich gewesen wäre. Dass nach Aussage des Zeugen Kö. das Licht eingeschaltet worden wäre, wenn es funktioniert hätte, spricht nicht gegen die vollständige Leistungserbringung, weil auch andere Ursachen für die fehlende Beleuchtung denkbar sind.
NA-19 Kosten wegen beklagtenseits zu vertretender Verzögerung
Die Klägerin macht hier Verzögerungsschaden wegen Behinderung geltend und behauptet, mit dem Zeugen Be. sei man übereingekommen, dass die Beklagte zunächst für drei Monate je 20.000 Euro zahlen werde. Der Zeuge von Be. hat bestätigt, dass entsprechende Überlegungen angestellt wurden. Eine Einigung sei nicht erzielt worden. Der Zeuge Ro., von dem eine Aktennotiz (Anlage K 7-3 a) mit dem Vermerk 20.000 € stammt, bekundet zwar, dass auf einer Besprechung vom 26.3.2007 ein solcher Betrag je Monat vereinbart worden sei. Andererseits hält es der Senat für wenig wahrscheinlich, dass eine Vertragspartei, die mit jedem Cent kalkuliert, sich plötzlich so großzügig zeigt, wenn nicht einmal feststeht, wer die Verzögerung letztlich zu vertreten hat. Auch die Anlage K 7-34 steht der Klägerin nicht zur Seite, zumal dort das Datum 19.4.2007 aufgeführt ist, welches der Zeuge Be. zu Recht für unlogisch hält.
Da die Klägerin diese Teilforderung auf eine Vereinbarung oder ein Anerkenntnis stützt, aber dieses nicht nachgewiesen hat, verliert sie hier. Ihr Begehren kann auch nicht sofern dies wegen der fehlenden Identität des Streitgegenstands überhaupt möglich ist umgedeutet werden in eine Klage aus § 280 Abs. 1 oder 286 BGB, weil hier eine Solldarstellung des Bauablaufs einer Istdarstellung gegenüberzustellen wäre; darauf weist die Beklagte zu Recht hin.
Abzug von der Klageforderung 60.000 Euro.
NA MSR-Verkabelung
Dies ist mit 350.000 Euro Auftragswert der größte Nachtrag. MSR bedeutet Messsteuerregeltechnik. Die Auftragserteilung ist unstreitig. Die Beklagte wendet hier ein, die Klägerin habe die Leistung nicht vollständig erbracht. Außerdem seien die Leistungen nicht, wie ausgeschrieben, ausgeführt. Denn die Nachtragspositionen orientierten sich an der Ausschreibung. Dort sei höherwertiges Material bei niedrigeren Einheitspreisen vorgesehen. Zum Beispiel habe die Klägerin unter der Nachtragsposition 20.001 eine Leistung entsprechend der ursprünglich angebotenen Leistungsverzeichnis-Position 01.08.071 angeboten betreffend Kunststoffkabel NYM-J 3 x 1,5 mm² nach VDE 0250 in unterschiedlichen Querschnitten auf Putz incl. Klein- und Befestigungsmaterial liefern und verlegen, Einheitspreis 3,65 Euro. Ausgeführt habe die Klägerin aber eine andere, minderwertige Leistung, nämlich gemäß Leistungsverzeichnis-Position 01.08.105, Kunststoffkabel NYM-J 3 x 1,5 mm² gemischter Verlegung. Sonst wie vor liefern und verlegen. Diese Leistung sei ursprünglich mit einem Preis von 1,05 Euro, also 2,60 Euro günstiger als die Nachtragsleistung angeboten worden. Da eine Mangelbeseitigung unverhältnismäßig sein dürfte, wäre der Preis pro Meter zu reduzieren. Wegen der Einzelheiten des Vortrags wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 27.3.2009, Seite 27 ff., verwiesen.
aa) Was die Vollständigkeit der Leistungserbringung angeht, sind sich die Zeugen Ro. und Wi. sicher, dass der Auftrag zu 100 % erledigt wurde. Der Zeuge Kö. bekundet, dass die Arbeiten in den Zentralen und im 8. Stockwerk nicht fertig gestellt worden seien, und verweist auf das Gutachten Dr.-Ing. Br. Soweit aber dieses Gutachten keinen hundertprozentigen Abschluss, sondern nur 75 bis 80 % Fertigstellung feststellte, ist darauf hinzuweisen, dass der Anschluss der Leitungen in der Zentrale und an den Geräten an die Fa. S. vergeben war. Die Klägerin berechnet nur die Verlegung. Die noch losen Leitungsenden hat nach der glaubhaften Aussage des Zeugen Wi. der Sachverständige womöglich übersehen. Der Zeuge Wi. hat zudem darauf hingewiesen, dass die Arbeiten an einen Subunternehmer vergeben waren. Dessen Leistungen wären nicht vollständig vergütet worden, wenn er nur einen Teil der Leistungen erbracht hätte.
bb) Anders als beim Nachtrag NA-13, wo der Senat eine Minderung bejaht hat (siehe Hinweis- und Beweisbeschluss vom 8.2.2011 Ziffer I.5), dringt die Beklagte mit ihrem Einwand, es sei minderwertiges Material verlegt worden, nicht durch. Während sie in dem Angebot der Klägerin zu NA-13 explizit auf die entsprechenden Positionen im Leistungsverzeichnis Bezug nahm, fehlt beim Nachtrag MSR-Verkabelung eine solche Bezugnahme, vgl. Anlage K 7-35. Zudem hat der Zeuge Ro. in seiner Vernehmung insoweit nicht protokolliert darauf hingewiesen, dass es sich nicht um minderwertiges Material handele, sondern der Unterschied nur in der Art der Gummi-Isolierung bestehe.
Außerdem berücksichtigt die Beklagte nicht, dass zum Teil Erschwerniszulagen von 20 % sowie großzügige Nachlässe eingearbeitet wurden. Maßgeblich ist nicht, was im Leistungsverzeichnis (Anlage B 8) steht. Dieses verhält sich zu den Einheitspreisen ohnehin nicht, vielmehr leitet die Beklagte die Einheitspreise wohl aus der Anlage 2 zur Schlussrechnung ab, wo die Klägerin ihre Urkalkulation darlegt. Wenn der Preis für diese Nachträge jeweils ausgehandelt wurde, zum Teil sogar in zähen Verhandlungen, kann die Beklagte nicht nachträglich auf die Angemessenheit abstellen, arg. § 632 BGB.
NA-22 Neue Flurschaltkreise 2. 5. OG
Hier hat die Klägerin nach Regie abgerechnet. Die Beklagte wendet ein, diese Position sei vom Leistungsverzeichnis erfasst. Der Auftrag sei vom vollmachtlosen Fachbauleiter Kö. erteilt worden. Die Beklagte müsste darlegen, welche Position des Leistungsverzeichnisses einschlägig ist. Das hat sie nicht getan. Der Zeuge Wi. hat bestätigt, dass der Auftrag vom Bauleiter Kö. stamme, was sich aus der Anlage K 7-38 ergibt. Wegen der fehlenden Vollmacht wird auf die Feststellungen vor der Klammer Bezug genommen. Der Zeuge Kö. hat zunächst angegeben, er habe keinen solchen Auftrag erteilt, auch nicht auf Stundenbasis. Erst als ihm der Senat sein eigenes Email (K 7-38) und die von ihm unterschriebenen Regieberichte (Anlage 14 zur Schlussrechnung) vorhielt, räumte er die Auftragserteilung ohne Wenn und Aber ein.
NA-23 Anschluss in Bädern
Die Beklagte bestreitet, dass die Leistung vollständig erbracht worden sei; die Klägerin habe nach eigenem Vortrag nur 80 % fertig gestellt. Der Zeuge Ro. ist sich sicher, die vollständige Leistung erbracht zu haben, der Zeuge Wi. glaubt, dass etwa 95 % fertig gestellt wurden. Nach der Erinnerung des Zeugen Kö. anhand der Videoaufnahmen (Aufnahme vom 18.4.2007) waren weder Spiegel, Schminkspiegel noch Föhne zu sehen. Da der Zeuge Kö. seine Aussage relativierte (jedenfalls nicht zu sehen waren), kann davon ausgegangen werden, dass Leistungen erbracht wurden. Sodann schätzt der Senat gemäß § 287 Abs. 2 ZPO einen Fertigstellungsgrad von 80 %, sodass die Klägerin noch 7.680 Euro verlangen kann.
Eine Schätzung gemäß § 287 ZPO ist in gewissen Grenzen zulässig, Werner/Pastor aaO Rdnr. 1555. Eine aus der Urkalkulation entwickelte Abrechnung kann schon deswegen nicht verlangt werden, weil die Klägerin einen 100-prozentigen Fertigstellungsstand behauptet.
Abzug von der Klageforderung 1.920 Euro.
NA-24 Beleuchtungsanlage gemäß Beleuchtungsliste
Die Beklagte trägt hier vor, obwohl die unstreitig beauftragte Leistung nur unvollständig erbracht wurde, rechne die Klägerin den vollen Pauschalpreis ab.
Die Klägerin hat 50.000 Euro in die Rechnung eingestellt, tatsächlich aber 56.774,80 Euro im Minusaufmaß abgezogen. Hierbei handelt es sich offenbar um ein Versehen, wie der Zeuge Wi. insoweit nicht protokolliert vermutete. Das heißt, die Klägerin hat der Beklagten 6.774,80 Euro zunächst vorbehaltlich NA-25 geschenkt.
NA-25 freigegebene Leuchten
Die Beklagte wendet ein, die Leistung gehöre zum Leistungsumfang nach LV. Ein Auftrag sei nicht erteilt worden, die Leistung sei auch nicht vollständig erbracht worden.
Nach der Aussage des Zeugen Wi. gehört der Nachtrag eigentlich zu Nachtrag NA-25 und wurde aufgrund eines Irrtums dort vergessen. Die bei NA-24 genannte Schenkung relativiert sich daher wieder. Im Minusaufmaß (Anlage 2 zur Schlussrechnung, Seite 7) verbleibt ein Restbetrag zu Gunsten der Klägerin von (25.849,47 minus 18.771,72 =) 7.077,75 Euro. NA 24 und NA 25 sind als Einheit zu sehen, sodass ein Überschuss für die Klägerin von 302,95 Euro verbleibt.
Der Nachtrag wurde vorbehaltlich der Prüfung beauftragt am 6.2.2007 (Anlage K 7-42, handschriftlicher Vermerk).
NA MSR zusätzlicher Kabelzug
Die Beklagte stellt unstreitig, dass der Nachtrag mit 240.000 Euro Pauschale beauftragt wurde. Die Abrechnung sei aber nicht prüfbar, die Leistungen nicht vollständig erbracht. Im Übrigen habe die Klägerin die Leistungen nicht, wie im Leistungsverzeichnis ausgeschrieben, ausgeführt, sondern eine minderwertige Leistung erbracht. Auf den Schriftsatz der Beklagten vom 27.3.2009, Seiten 34 ff., wird Bezug genommen; es handelt sich um dieselbe Problematik wie zum Nachtrag MSR Verkabelung. Aus dem gleichen Grunde wie dort dringt die Beklagte mit ihrem Einwand nicht durch, weil sich der Auftrag hier: Anlage K 7-43 nicht am Leistungsverzeichnis orientiert. Es gilt daher nur das zum Nachtrag Vereinbarte.
Was die vollständige Leistungserbringung angeht, nimmt der Zeuge Kö. auf das Gutachten Dr.-Ing. Br. Bezug, das einen Fertigstellungsstand von 66 % belege. Aus eigener Anschauung könne er dazu nichts sagen. Der Zeuge Ro. erinnert sich dagegen genau daran, dass die in der Anlage K 7-43 beschriebenen Leistungen in vollem Umfange ausgeführt wurden, weil die Arbeiten schon deswegen erforderlich waren, um die zusätzliche Decke herstellen zu können.
NA-27 Verteilung 2. 7. OG (Zimmer und Suiten)
Die Beklagte wendet ein, der Nachtrag sei vom ursprünglichen Leistungssoll umfasst. Vorsorglich bestreitet sie, dass der Klägerin Mehrkosten entstanden seien und diese Mehrkosten aus der Urkalkulation entwickelt worden seien. Jedenfalls seien die Leistungen nicht vollständig erbracht worden.
Hier hat der Zeuge Ro. ausgesagt, der Nachtrag sei erforderlich geworden, weil der ursprüngliche Plan nur sieben Sicherungen je Appartement enthalten hatte und wegen des Hinzukommens weiterer Stromverbraucher weitere Sicherungen einzubauen waren. Der Zeuge hat ausdrücklich verneint, dass sich diese Leistungen aus dem zusätzlichen Plan oder den sonstigen Vertragsunterlagen ergaben.
Auch die Auftragserteilung ist durch den Zeugen nachgewiesen. Danach äußerte der Bauleiter Be. bei der Besprechung am 26.3.2007 mündlich, dass der Nachtrag vorläufig mit 100.000 Euro abgerechnet werden solle.
Die Zeugen Ro. und Wi. haben einen 100-prozentigen Fertigstellungsstand genannt. Der Zeuge Kö. hat dagegen darauf hingewiesen, dass die Standardzimmer, nicht aber die Suiten abgearbeitet wurden, und dafür einen plausiblen Grund genannt, dass nämlich dort die Elektroarbeiten erst nach dem Einbau der Möbel abgeschlossen werden sollten. Es ist daher erneut gemäß § 287 Abs. 2 ZPO eine Schätzung vorzunehmen, und zwar unter Heranziehung folgender Anhaltspunkte: Nach der Aussage Kö. hatte der Rohbau 160 Gästezimmer, darunter Standardzimmer und zwei bis vier Suiten je Stockwerk. Bei sieben Stockwerken gab es daher, wenn man das Mittel von drei Suiten annimmt, 21 Suiten. Das siebte Stockwerk war nicht ganz fertig gestellt; geschätzt waren daher dort zirka 10 Standardzimmer (je Stockwerk gibt es rund 20 Standardzimmer) nicht fertig. Das ergibt einen Fertigstellungsstand von (160 minus 21 minus 10 =) 129 Zimmer entsprechend 80,62 %. In das Verhältnis zum Teilwerklohn von 133.974,04 Euro gesetzt, sind 25.957,48 Euro zu viel verlangt.
Eine aus der Urkalkulation entwickelte Abrechnung ist nicht zu verlangen, weil die Klägerin ja 100 % Fertigstellung behauptet. Eine Schätzung nach § 287 ZPO ist nicht unzulässig, vgl. Werner/Pastor aaO Rdnr. 1555.
Abzug von der Klageforderung 25.957,48 Euro.
NA Änderung Hauptküche
Die Zeugen Kö. und Wi. haben zwar einen Leistungsstand von 100 % bestätigt. Allerdings hat der Zeuge Kö. ein Videostandbild (Anlage zum Protokoll vom 18.5.2011) vorgelegt, das vom 18.4.2007 stammt. Darauf ist noch nicht sehr viel zu erkennen. Eine Schätzung nach § 287 ZPO ist hier mangels jeglicher Anhaltspunkte nicht möglich, sodass nach dem non-liquet-Grundsatz dieser Teil der Klageforderung abzuweisen war.
Abzug von der Klageforderung 19.000 Euro.
NA Änderungen Verkabelung und Verteilungen 1. UG, EG, 1. OG
Die Klägerin konnte keine Dokumente vorlegen. Der Zeuge Ro. ist sich aber sicher, dass ein Auftrag schriftlich erteilt wurde. Über den Pauschalbetrag von 60.000 Euro wurde gesprochen, die Arbeiten wurden wegen des Zeitdrucks jedoch bereits vor einer Einigung über die Zusatzvergütung ausgeführt. Da konkrete Einwendungen gegen die Höhe des Preises fehlen, kann der Betrag von 60.000 Euro als angemessen im Sinne von § 2 Nr. 6 VOB/B angesehen werden.
Allerdings konnte die Klägerin nicht nachweisen, dass die Leistung zu 100 % erbracht wurde. Der Zeuge Kö. ist sich sicher, dass die Verteilungen noch nicht funktionsfähig waren. Da auch der Zeuge Ro. seine Aussage dahin einschränkte, dass bei den Verhandlungen über die Zusatzvergütung von 60.000 Euro einige kleinere Restarbeiten offen waren, andererseits auch der Zeuge Kö. in der Tendenz eine weitgehende Fertigstellung bestätigt, geht der Senat davon aus, dass über die Hälfte der Leistungen erbracht war. Gemäß § 287 Abs. 2 ZPO schätzt er den Fertigstellungsstand auf zwei Drittel und damit den Vergütungsanspruch auf 40.000 Euro.
Abzug von der Klageforderung 20.000 Euro.
NA-29 Mehrkosten Lautstärkenregler, Vimar etc.
Hier hat der Zeuge Be. bestätigt, dass ihm das Angebot vom 28.3.2007 vorlag. Er habe jedoch keinen Auftrag erteilt. Der Zeuge Kö. wurde zu diesem Punkt von der Beklagten nicht benannt. Der Zeuge Ro. konnte dagegen sicher bekunden, dass der Auftrag vom Fachbauleiter Kö. erteilt wurde. Es gilt wieder das oben zur Vollmacht Ausgeführte.
Was die Vollständigkeit der Leistungen betrifft, so hat sich die Klägerin per Minusaufmaß 16.243,85 Euro abziehen lassen.
ZEL 01 bis 08
Bei diesen Positionen steht bezüglich der behaupteten Auftragserteilung jeweils die Aussage des Zeugen Kö. gegen die Aussage des Zeugen Ro. Da keinem von beiden ein erhöhter Glaubwürdigkeitsanspruch zukommt und eine schriftliche Dokumentierung oder sonstige Anhaltspunkte weitgehend fehlen, ergibt sich eine non-liquet-Situation mit der Folge, dass die Klage insoweit abzuweisen ist.
Auch eine Geschäftsführung ohne Auftrag kann hier nicht angenommen werden, weil die Beträge auffällig rund sind (zum Beispiel kommen fünf Teilbeträge à 2000 Euro vor).
Abzug von der Klageforderung 22.000 Euro.
ZEL 09 Kostenübernahme wegen von der Beklagten zu vertretender Verzögerung
Diese Position gehört thematisch zum Nachtrag NA-19 (Verzögerungsschaden). Der Unterschied besteht lediglich darin, dass über die angeblich genehmigten 60.000 Euro hinaus weitere 120.000 Euro von der Beklagten getragen werden sollten. Da es um dieselben Verhandlungen geht, kann auf die Ausführungen zu NA-19 verwiesen werden.
Abzug von der Klageforderung 120.000 Euro.
ZEL 10 Unterbrechungsschaden
Von den 215.758,39 Euro unter ZEL 10 (Klageschrift Seite 12) werden noch 59.765,39 Euro eingefordert, weil die Klägerin den in ZEL 10 enthaltenen entgangenen Gewinn in Höhe von 156.000 Euro nicht mehr weiter verfolgt und die Klage insoweit zurückgenommen hat.
Insofern ist vor allem die Kausalität nicht nachgewiesen. Das sei am Beispiel der Rechnung des Planungsbüros Maria Pi. erläutert, mit der die Klägerin offenbar eine Pauschale von 4.000 Euro je zwei Wochen vereinbart hatte. Hätte die Beklagte zum 1.4.2007 frei nach § 649 BGB gekündigt, wären diese Kosten ebenfalls entstanden. Die Klägerin hätte keinen Anspruch. Ein Schadensersatzanspruch wird in der Kommentarliteratur überwiegend nur unter dem Gesichtspunkt diskutiert, dass der Auftragnehmer schuldhaft Anlass zur Kündigung aus wichtigem Grunde gab, vgl. etwa Palandt/Sprau, BGB, 70. Auflage, § 649 Rdnr. 12 ff. Wenn also der Auftraggeber kündigt, kommt es auf den Grund nicht an, weil ja der Auftragnehmer durch § 649 Satz 2 BGB Anspruch auf entgangenen Gewinn geschützt ist.
Das Problem ist in die Fallgruppe des rechtmäßigen Alternativverhaltens einzuordnen. Die Klägerin hat um den 31.3/1.4.2007 erfahren, wenn auch nicht von der Beklagten selbst, dass dieser von der Bauherrin gekündigt worden war. Der Fall liegt damit anders als in einem Parallelverfahren des Senats, dasselbe Bauvorhaben betreffend, wo die Beklagte im April 2007 die Auftragnehmerin gebeten hatte, noch nicht die Zelte abzubrechen.
Bei der Position E. G. wäre die Klägerin überhaupt nicht verpflichtet gewesen, seinem Subunternehmer Unterbrechungsschaden zu ersetzen, denn sie konnte nichts für die Unterbrechung.
Soweit die Klägerin Ersatzcontainer besorgte, konnte sie diese für die Fortsetzung der Arbeiten Mitte Mai 2007 sicher verwenden.
Der Skontoverlust ist in Wirklichkeit kein Unterbrechungsschaden, weil er nicht durch die Kündigung veranlasst war, sondern durch die Nichtzahlung der Beklagten. Es kommt daher nur ein Verzugsschaden in Betracht, der eine Mahnung voraussetzt.
Den Hinweisen im Beweisbeschluss ist die Klägerin nicht mehr entgegengetreten.
Abzug von der Klageforderung 59.765,39 Euro.
Summe der Abzüge bei den Nachträgen: 445.642,87 Euro.
4. Vertragsstrafe
Soweit die Beklagte hilfsweise mit einer Vertragsstrafe von 171.668,82 Euro aufrechnet, ist die Forderung nicht schlüssig dargetan. Dass die Klägerin etwaige Verzögerungen verursacht hat oder diese gar zu vertreten hat, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil zeigte ja die Klägerin im Herbst 2006 Behinderung an und sie erlitt selbst Schaden durch die Verzögerung (vgl. oben NA-19 und ZEL 09). Der Zeuge B. räumte ein, dass wohl ein Aufwand da war (Protokoll vom 4.5.2011 Seite 6), dass aber hätte geklärt werden müssen, wer die Verzögerung verursacht hat, wer schuld war an der Verzögerung.
Die Beklagte legt selbst das Privatgutachten Dr.-Ing. Vi. als Anlage B 4 vor. Darin heißt es auf Seite 124 zur TGA (technischen Gebäudeausstattung) Gewerk Elektro, Bauteil A: Die Ausführungsplanung der Auftraggeberseite für die TGA war insgesamt massiv mangelhaft und mit der auftraggeberseitigen Architekten- und Innenarchitektenplanung in keiner Weise koordiniert. Der Auftraggeber weigerte sich jedoch beharrlich, die Mängel nachzubessern und eine koordinierte Planung vorzulegen & Insgesamt betrug die Verzögerung beim Gewerk Elektro in sämtlichen Bereichen ca. 2 Monate. Das deckt sich mit den durch die Zeugen Ro. und von Be. belegten Ausführungen der Klägerin zum Nachtrag NA-03 Planertüchtigung, wonach die Ausführungspläne mangelhaft waren.
Es genügt auch nicht, wenn die Beklagte vorträgt, dass die Klägerin mit ihren Arbeiten drei Monate im Verzug war. So wie sie bei den Nachträgen NA 19 und ZEL 09 zu Recht von der Klägerin verlangt, den Sollleistungsstand dem Istleistungsstand gegenüberzustellen, ist das umgekehrt auch von der Beklagten zu verlangen. Da die Klägerin nur eine von mehreren Subunternehmern war, hätten die Terminpläne, Zeitabläufe, Verzögerungen der Einzelgewerke dargestellt werden müssen.
5. Zusammenstellung der Klageforderung gemäß Antrag Ziffer I
a) Ursprüngliche Klageforderung:
Pauschalpreis 1.930.000,00 Euro
Nachträge 1.464.818,32 Euro
abzüglich nicht ausgeführter Leistungen nach LV (Minusaufmaß) ./. 126.643,10 Euro
abzüglich nicht ausgeführter Leistungen bei Nachträgen (Minusaufmaß) ./. 192.584,18 Euro
zuzüglich ZEL-Positionen 357.785,39 Euro
abzüglich Teilzahlungen ./. 1.575.377,75 Euro
gesamt 1.857.998,73 Euro
b) Verbleibende Klageforderung:
abzüglich entgangener Gewinn (Klagerücknahme erster Instanz) ./. 156.000,00 Euro
abzüglich Nachtrag NA-13 (Klagerücknahme zweiter Instanz) ./. 117.000,00 Euro
abzüglich nicht nachgewiesener Nachträge ./. 445.642,87 Euro
zuzusprechen 1.256.355,86 Euro
Der Zinsanspruch folgt aus § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B für den Zeitraum 20.2.2008 bis 14.3.2008 und aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB für die Zeit ab 15.3.2011.
6. Klageantrag betreffend Anwaltskosten
Die vorprozessualen Anwaltskosten sind dem Grunde nach gerechtfertigt, weil die Beklagte vor Einschaltung des klägerischen Anwalts von der Klägerin selbst in Verzug gesetzt worden war. Die Höhe der Kosten war dagegen dem geringeren Streitwert von 1.256.355,86 Euro zu entnehmen, weil die Forderung der Klägerin nur in dieser Höhe berechtigt ist. Zuzusprechen waren daher nur 7034,80 Euro (1,3-fache Gebühr zuzüglich 20 Euro Pauschale).
III.
1. Eine Schriftsatzfrist, wie im letzten Termin vom 24.5.2011 beantragt, war der Beklagten nicht mehr zu gewähren.
a) Den Parteien wurde nach Schluss der Beweisaufnahme Gelegenheit zur Stellungnahme zum Beweisergebnis gegeben. Es fanden zwei Monate lang an fünf Terminen Zeugenvernehmungen statt. Die Beklagte hatte Gelegenheit, jeweils nach einem Beweistermin schriftliche Stellungnahmen einzureichen. Der letzte Beweistermin stellte nur eine Art Nachlese zu Punkten dar, deren Abarbeitung vergessen oder übersehen worden war. Das Beweisthema war einfach. Es ging bei den letzten beiden Terminen hauptsächlich darum, ob verschiedene Nachträge zu 100 % erledigt wurden. Überraschungen blieben aus. Eine Schriftsatzfrist müsste nur nach besonders komplexer Beweisaufnahme oder einer Beweisaufnahme mit überraschendem Ergebnis gewährt werden, vgl. Musielak/Foerste, ZPO, 5. Auflage, § 285 Rdnr. 2 mit Rechtsprechungsnachweisen.
b) Soweit ergänzender rechtlicher Vortrag mit Schriftsatzfrist beantragt wurde, hat der Beklagtenvertreter im Termin vom 24.5.2011 erläutert, es gehe um die Abrechnungsproblematik. Diese Problematik, nämlich die Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages, war von Anfang an das zentrale Thema des Rechtsstreits. Der Senat hatte auch sehr früh, nämlich nach Eingang der Berufungserwiderung, seine Auffassung dazu bekanntgegeben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 97, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Zu Lasten der Beklagten musste wegen § 45 Abs. 3 GKG die hilfsweise Aufrechnung, über die entschieden wurde, bei der Kostenquote berücksichtigt werden.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung mit Schwerpunkt in der Beweiserhebung handelte und keine besonderen rechtlichen Probleme zu entscheiden waren.