➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 U 146/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern
Übersicht
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Gemeinde unberechtigter Ausschluss trotz Bieterfehler – Schadensersatz für Bauunternehmen
- ✔ Der Fall vor dem OLG Stuttgart
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Was ist der Unterschied zwischen einem Kalkulationsirrtum und einem Erklärungsirrtum bei einem Angebot in einem Vergabeverfahren?
- Unter welchen Voraussetzungen kann ein Bieter wegen eines Kalkulationsirrtums vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden?
- Stellt die Bestätigung eines Angebots trotz eingeräumten Kalkulationsirrtums eine unzulässige Nachverhandlung dar?
- Welche Kriterien sind für die Erteilung des Zuschlags ausschlaggebend, wenn ein Bieter trotz Kalkulationsirrtums das günstigste Angebot abgegeben hat?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom OLG Stuttgart
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Es ging um Schadensersatz wegen Ausschlusses aus einem Vergabeverfahren.
- Die Klägerin hatte das günstigste Angebot abgegeben, wurde aber wegen eines Kalkulationsfehlers ausgeschlossen.
- Das Gericht entschied, dass der Ausschluss der Klägerin unzulässig war, weil es sich um einen unbeachtlichen Kalkulationsirrtum handelte.
- Ein Kalkulationsirrtum liegt vor, wenn der Fehler bei der Berechnung der Preise vor der Angebotsabgabe passiert.
- Das Gericht sah keinen Anfechtungsgrund, da der Fehler bei der Kalkulation und nicht bei der Angebotsabgabe entstanden war.
- Der Klägerin wurde ein Schadensersatzanspruch zugesprochen, da die Beklagte ihre Rücksichtnahmepflichten im Vergabeverfahren verletzt hatte.
- Der Ausschluss der Klägerin war nicht gerechtfertigt, da die angebotenen Preise klar und bestimmt waren.
- Die nachträgliche Bestätigung der Klägerin, sich an ihre Preise zu halten, verstieß nicht gegen das Nachverhandlungsverbot.
- Das Urteil des Landgerichts wurde in vollem Umfang bestätigt.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gemeinde unberechtigter Ausschluss trotz Bieterfehler – Schadensersatz für Bauunternehmen
In öffentlichen Ausschreibungen und Vergabeverfahren sind Anbieter häufig mit komplexen rechtlichen Anforderungen konfrontiert. Insbesondere die Kalkulation der Angebote kann eine große Herausforderung darstellen. Nicht selten unterlaufen den Bietern hierbei Fehler, die im Nachhinein erhebliche Konsequenzen haben können. Ein solcher Fall ist der Kalkulationsirrtum bei der Einheitspreiskalkulation. Hierbei können Unternehmen, die den Zuschlag erhalten haben, unter bestimmten Voraussetzungen die Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums in Betracht ziehen. Welche rechtlichen Hürden es dabei zu beachten gilt und wann eine solche Irrtumsanfechtung erfolgversprechend sein kann, soll im Folgenden näher beleuchtet werden.
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✔ Der Fall vor dem OLG Stuttgart
Irrtumsanfechtung des Angebots eines Bieters im Vergabeverfahren aufgrund von Kalkulationsfehlern abgelehnt
Das OLG Stuttgart hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass eine beklagte Gemeinde eine Bieterin zu Unrecht vom Vergabeverfahren für den Bau eines Regenüberlaufbeckens ausgeschlossen hatte.
Die Bieterin hatte versehentlich bei einigen Positionen mit viel zu niedrigen Einheitspreisen kalkuliert, da sie aufgrund eines Fehlers bei der Kalkulation mit vorgefertigten Kalkulationsbausteinen Kilo- statt Tonnenpreise angesetzt hatte. Auf Nachfrage der Gemeinde hatte die Bieterin den Fehler eingeräumt, aber erklärt, dass sie zu den angebotenen Preisen stehen würde, da das Gesamtangebot auskömmlich sei.
Die Gemeinde schloss die Bieterin dennoch vom Verfahren aus, da sie das Angebot wegen eines Erklärungsirrtums für anfechtbar hielt und in der Erklärung der Bieterin eine unzulässige Änderung des Angebots sah.
Das OLG Stuttgart sah dies anders und sprach der Bieterin einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten zu:
- Ein zur Anfechtung berechtigender Erklärungsirrtum lag nicht vor, da sich der Irrtum bereits im Vorfeld bei der Kalkulation und nicht erst bei der Angebotsabgabe eingeschlichen hatte. Ein solcher „Kalkulationsirrtum“ ist grundsätzlich unbeachtlich.
- Selbst bei unterstellter Anfechtbarkeit rechtfertigt dies nicht den Ausschluss wegen fehlender Preisangaben. Die angegebenen Preise waren trotz des Irrtums klar und bestimmt. Eine Auslegung schied mangels eindeutiger Anhaltspunkte aus.
- In der Erklärung der Bieterin, zu den Preisen zu stehen, liegt keine unzulässige Nachverhandlung. Sie hat ihr Angebot nicht verändert, sondern nur bestätigt.
- Andere Ausschlussgründe lagen nicht vor. Der Zuschlag hätte daher an die Bieterin als günstigste Bieterin erteilt werden müssen.
Die Revision wurde nicht zugelassen, da trotz einer anderslautenden Entscheidung des OLG Karlsruhe keine Divergenz gegeben war. Das OLG Karlsruhe ging in dem dortigen Fall davon aus, dass der Irrtum erst bei Angebotsabgabe unterlaufen war.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil verdeutlicht, dass ein bloßer Kalkulationsirrtum, der bereits im Vorfeld der Angebotserstellung unterlaufen ist, grundsätzlich unbeachtlich ist und nicht zur Anfechtung des Angebots berechtigt. Selbst bei unterstellter Anfechtbarkeit rechtfertigt dies nicht den Ausschluss des Bieters, solange die angegebenen Preise klar und bestimmt sind. Die Bestätigung des irrtümlichen Angebots stellt keine unzulässige Nachverhandlung dar. Entscheidend für die Zuschlagserteilung bleibt das Vorliegen der Ausschlussgründe und der günstigste Angebotspreis.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Kalkulationsirrtum im Vergabeverfahren wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
- Was ist der Unterschied zwischen einem Kalkulationsirrtum und einem Erklärungsirrtum bei einem Angebot in einem Vergabeverfahren?
- Unter welchen Voraussetzungen kann ein Bieter wegen eines Kalkulationsirrtums vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden?
- Stellt die Bestätigung eines Angebots trotz eingeräumten Kalkulationsirrtums eine unzulässige Nachverhandlung dar?
- Welche Kriterien sind für die Erteilung des Zuschlags ausschlaggebend, wenn ein Bieter trotz Kalkulationsirrtums das günstigste Angebot abgegeben hat?
Was ist der Unterschied zwischen einem Kalkulationsirrtum und einem Erklärungsirrtum bei einem Angebot in einem Vergabeverfahren?
Der zentrale Unterschied zwischen einem Kalkulationsirrtum und einem Erklärungsirrtum bei einem Angebot in einem Vergabeverfahren liegt im Zeitpunkt und der Art des Irrtums.
Ein Kalkulationsirrtum entsteht bereits bei der Kalkulation des Angebots, also bevor dieses abgegeben wird. Der Bieter irrt sich dabei über Umstände, die er seiner Preiskalkulation zugrunde legt, wie z.B. den Umfang der erforderlichen Leistungen oder die anfallenden Kosten. Ein solcher Kalkulationsirrtum berechtigt den Bieter grundsätzlich nicht dazu, sein Angebot im Nachhinein anzufechten oder vom Vertrag zurückzutreten. Dies gilt selbst dann, wenn der Kalkulationsirrtum offengelegt wird (sog. offener Kalkulationsirrtum). Der Bieter bleibt also in der Regel an sein Angebot gebunden. Nur in absoluten Ausnahmefällen kann sich der Bieter auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) berufen, wenn dem Auftraggeber der Kalkulationsirrtum bekannt war und eine Durchführung des Vertrags für den Bieter unzumutbar wäre.
Im Gegensatz dazu liegt ein Erklärungsirrtum vor, wenn der Bieter bei Abgabe seines Angebots über dessen Inhalt irrt. Ein Beispiel wäre, dass er versehentlich in seinem Angebot einen falschen Preis nennt, der nicht seiner eigentlichen Kalkulation entspricht. Ein solcher Erklärungsirrtum kann grundsätzlich zur Anfechtung des Angebots berechtigen (§ 119 Abs. 1 BGB). Der Bieter könnte also sein Angebot für unverbindlich erklären, sofern er den Irrtum beweisen kann und unverzüglich reagiert.
Für die Praxis ist daher entscheidend Kalkulationsirrtümer sorgfältig zu vermeiden, da sie in der Regel nicht zu einer Korrektur des Angebots berechtigen. Erklärungsirrtümer können zwar angefochten werden, sollten aber ebenfalls unbedingt vermieden werden, da ihre Anfechtung für den Bieter mit Risiken verbunden ist und den Vergabeprozess erheblich stören kann.
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Bieter wegen eines Kalkulationsirrtums vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden?
Ein Bieter kann wegen eines Kalkulationsirrtums grundsätzlich nicht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Ein bloßer Irrtum bei der Kalkulation des Angebotspreises rechtfertigt für sich genommen keinen Ausschluss.
Voraussetzung für einen Ausschluss wäre vielmehr, dass das Angebot des Bieters unklar, zweideutig oder unvollständig ist. Dies kann der Fall sein, wenn erforderliche Preisangaben gänzlich fehlen oder widersprüchlich sind, sodass der Auftraggeber das Angebot nicht zweifelsfrei auswerten kann.
Liegt ein solcher schwerwiegender Mangel vor, ist das Angebot nicht wertbar und der Bieter kann ausgeschlossen werden. Ein Kalkulationsirrtum allein genügt hierfür jedoch nicht. Vielmehr muss sich der Irrtum derart im Angebot niedergeschlagen haben, dass dieses nicht mehr vergleichbar ist.
Zu beachten ist weiter, dass der Bieter sein Angebot wegen eines Kalkulationsirrtums unter Umständen anfechten kann. Gelingt ihm dies, entfällt seine Bindung an das Angebot. Die bloße Möglichkeit einer Anfechtung führt für sich genommen aber ebenfalls nicht zum Ausschluss. Erforderlich ist auch hier, dass das Angebot nicht ausgewertet werden kann.
Zusammengefasst berechtigt ein Kalkulationsirrtum den Auftraggeber nicht, den betroffenen Bieter auszuschließen, solange das Angebot nicht unklar oder unvollständig ist. Der Bieter bleibt grundsätzlich an sein Angebot gebunden, kann dieses aber möglicherweise noch anfechten.
Stellt die Bestätigung eines Angebots trotz eingeräumten Kalkulationsirrtums eine unzulässige Nachverhandlung dar?
Nein, die bloße Bestätigung eines Angebots trotz eingeräumten Kalkulationsirrtums stellt keine unzulässige Nachverhandlung dar.
Grundsätzlich trägt der Bieter das Risiko für die Richtigkeit seiner Kalkulation. Ein Kalkulationsirrtum, der dem Bieter bei der Erstellung seines Angebots unterläuft, ist in der Regel unbeachtlich. Der Bieter bleibt an sein fehlerhaftes Angebot gebunden. Eine Anfechtung wegen Irrtums scheidet aus, da es sich lediglich um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt.
Bestätigt der Bieter sein Angebot gegenüber dem Auftraggeber nochmals, obwohl er seinen Kalkulationsirrtum einräumt, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Bindung an das ursprüngliche Angebot. Eine solche Bestätigung beinhaltet keine inhaltliche Änderung des Angebots. Es handelt sich lediglich um eine Klarstellung, dass der Bieter trotz seines Irrtums an dem Angebot festhält.
Eine unzulässige Nachverhandlung läge nur vor, wenn der Bieter sein Angebot inhaltlich ändern würde, z.B. durch Anpassung von Preisen oder Leistungen. Die bloße Bestätigung des unveränderten ursprünglichen Angebots ist jedoch zulässig und verstößt nicht gegen vergaberechtliche Vorschriften.
Etwas anderes kann gelten, wenn der Kalkulationsirrtum so erheblich ist, dass dem Bieter die Ausführung der Leistung zu dem angebotenen Preis nicht mehr zugemutet werden kann. Erkennt der Auftraggeber einen solch schwerwiegenden Irrtum, kann er durch Zuschlagserteilung gegen seine Rücksichtnahmepflichten aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB verstoßen. Die Schwelle hierfür ist jedoch sehr hoch. Es muss sich um eine nicht mehr annähernd äquivalente Gegenleistung handeln. Allein ein großer Preisabstand zum nächstgünstigeren Angebot reicht hierfür nicht zwingend aus.
Welche Kriterien sind für die Erteilung des Zuschlags ausschlaggebend, wenn ein Bieter trotz Kalkulationsirrtums das günstigste Angebot abgegeben hat?
Bei der Erteilung des Zuschlags in einem Vergabeverfahren sind in erster Linie das Vorliegen von Ausschlussgründen sowie der angebotene Preis entscheidend. Ein Kalkulationsirrtum des Bieters führt nicht automatisch zum Verlust des Zuschlags, selbst wenn dieser das günstigste Angebot abgegeben hat.
Grundsätzlich muss der öffentliche Auftraggeber ein Angebot ausschließen, wenn zwingende Ausschlussgründe nach § 123 GWB vorliegen wie beispielsweise bestimmte strafrechtliche Verurteilungen von Personen, deren Verhalten dem Unternehmen zuzurechnen ist. Fakultative Ausschlussgründe gemäß § 124 GWB wie die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens können ebenfalls zum Ausschluss führen.
Liegt kein Ausschlussgrund vor, ist der Preis das maßgebliche Zuschlagskriterium. Ein Angebot darf jedoch nicht bezuschlagt werden, wenn der Preis unangemessen niedrig ist. Als Anhaltspunkt für die Unangemessenheit gilt eine Abweichung von 15-20% zum zweitgünstigsten Angebot oder zur Kostenschätzung des Auftraggebers. In diesem Fall muss der Auftraggeber vom Bieter eine Aufklärung über die Preiskalkulation verlangen.
Beruht das günstigste Angebot auf einem Kalkulationsirrtum, ist entscheidend, ob dieser Irrtum den Bieter zur Anfechtung berechtigt. Dies ist nicht der Fall, wenn sich der Fehler bereits bei der Kalkulation der Einheitspreise eingeschlichen hat. Ein solcher Irrtum im Beweggrund ist für den Bieter unbeachtlich, da er das Risiko der Preiskalkulation trägt. Der Auftraggeber darf das Angebot dann nicht unter Verweis auf eine mögliche Anfechtung ausschließen.
Anders ist die Lage, wenn der Irrtum erst bei der Übertragung der kalkulierten Preise in das Angebotsformular unterlaufen ist. Dann kann der Bieter sein Angebot anfechten. Die Bezuschlagung eines vom Bieter anfechtbaren Angebots kann eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht des Auftraggebers darstellen, wenn dem Bieter der irrig kalkulierte Preis wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann. Anhaltspunkte dafür sind ein besonders großer Abstand zum zweitgünstigsten Gebot und die ausdrückliche Erklärung des Kalkulationsirrtums durch den Bieter.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 280 Abs. 1 BGB: Regelt den Schadensersatz wegen Pflichtverletzung. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht der Klägerin einen Schadensersatzanspruch zugesprochen, weil die Beklagte ihre Pflichten verletzt hat, indem sie die Klägerin unrechtmäßig vom Vergabeverfahren ausgeschlossen hat.
- § 119 BGB: Behandelt die Anfechtung wegen Irrtums. Der relevante Punkt ist, dass ein Kalkulationsirrtum keinen zur Anfechtung berechtigenden Erklärungsirrtum darstellt. Der Fehler bei der Preisberechnung der Klägerin war ein solcher unbeachtlicher Kalkulationsirrtum.
- § 311 Abs. 2 BGB: Begründet ein vorvertragliches Schuldverhältnis. Durch die Teilnahme an der Ausschreibung entstand ein vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten, was Grundlage für den Schadensersatzanspruch war.
- § 241 Abs. 2 BGB: Verpflichtet zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Die Beklagte hat diese Pflicht verletzt, indem sie die Klägerin zu Unrecht ausschloss.
- § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A: Vorschrift über die Angabe der geforderten Preise. Das Gericht entschied, dass die Klägerin alle geforderten Preise korrekt angegeben hatte, obwohl ein Kalkulationsirrtum vorlag.
- § 16a Abs. 2 Satz 2 VOB/A: Bestimmt die Voraussetzungen für den Ausschluss eines Angebots. Der Ausschluss der Klägerin war unzulässig, da die angegebenen Preise trotz des Irrtums klar und bestimmt waren.
- VOB/A und VOB/B: Regeln das Vergabeverfahren und die Vertragsbedingungen für Bauleistungen. Die Klägerin hatte im Rahmen der VOB/A und VOB/B ein Angebot abgegeben, welches das Gericht als auskömmlich betrachtete, trotz des Kalkulationsfehlers.
- Nachverhandlungsverbot: Die nachträgliche Erklärung der Klägerin, sich an die Preise zu halten, verstieß nicht gegen das Verbot, da keine unzulässige Änderung des Angebots stattfand. Dies war ein wesentlicher Punkt im Urteil des Gerichts.
⇓ Das vorliegende Urteil vom OLG Stuttgart
OLG Stuttgart – Az.: 2 U 146/22 – Urteil vom 16.05.2024
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil des Landgerichts Tübingen vom 07.06.2022 wird zurückgewiesen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 26.620,34 Euro
Gründe
A
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz nach ihrem Ausschluss aus einem Vergabeverfahren.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts Bezug genommen. Zusammengefasst: Die beklagte Gemeinde schrieb im Oktober 2020 verschiedene Gewerke für den Bau eines Regenüberlaufbeckens auf der Grundlage der VOB/A und VOB/B aus (Anlagen K 1 und K 2). Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Am 10.11.2020 unterbreitete die Klägerin ein Angebot über 913.965,05 Euro (netto), mit dem sie rund 2 % unter dem Angebot des Zweitplatzierten und rund 8 % unter dem Angebot des Drittplatzierten lag (Anlage K 4). Nach Ablauf der Angebotsfrist und noch vor der Zuschlagserteilung teilte das von der Beklagten beauftragte Ingenieurbüro mit, es sei aufgefallen, dass einige der Einheitspreise der Klägerin im Vergleich zu den Mitbewerbern sehr günstig seien, insbesondere für Betonstabstahl mit 1,36 Euro, für Betonstahlmatten mit 1,19 Euro und für Unterstützungskörbe mit 3,68 Euro. Das Ingenieurbüro teilte mit, dass die Leistung nach Tonnen ausgeschrieben sei, es die Einheitspreise für nicht auskömmlich halte und um Aufklärung bitte (Anlage K 5). Die Klägerin antwortete hierauf am 19.11.2020, in den fraglichen Positionen sei ihr ein kalkulatorischer Fehler unterlaufen. Infolge der Kalkulation mit vorgefertigten Kalkulationsbausteinen hätte sie versehentlich einen Kilopreis anstatt eines Tonnenpreises angeboten. Da das Angebot in seiner Gesamtheit auskömmlich sei, stehe sie zu den abgegebenen Preisen (Anlage K 6). Diese Auskunft gab sie auf Anforderung auch unmittelbar an die Beklagte (Anlage K 8).
Am 07.12.2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass diese vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werde. Noch am selben Tag rügte die Beklagte den Ausschluss als vergaberechtswidrig (Anlage K 9). Die Beklagte erteilte den Zuschlag an einen anderen Bieter.
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin Schadensersatz wegen ihres entgangenen Gewinns in Höhe von 26.620,34 Euro (3 % der Angebotssumme), hilfsweise Ersatz des negativen Interesses in Höhe von 11.111,80 Euro.
Mit dem angefochtenen Grundurteil hat das Landgericht der Klägerin dem Grunde nach einen bestehenden Schadensersatzanspruch aus § 280 Absatz 1, § 241 Absatz 2, § 311 Absatz 2 BGB zugesprochen. Der Zuschlag hätte vorliegend der Klägerin als günstigster Bieterin erteilt werden müssen. § 16a Absatz 2 Satz 2 VOB/A rechtfertige den Ausschluss der Klägerin nicht. Das Angebot der Klägerin habe die geforderten Preise (§ 13 Absatz 1 Nr. 3 VOB/A) enthalten. Zwar habe dem Angebot eine falsche Preisberechnung zugrunde gelegen. Dabei habe es sich jedoch um einen unbeachtlichen Kalkulationsirrtum gehandelt. Der Fehler sei nicht erst im Moment der Angebotsabgabe, sondern vorgelagert bei der Kalkulation der Einheitspreise zu den Positionen entstanden. Es sei auch nicht von einer unzulässigen Mischkalkulation auszugehen. Der Ausschluss sei ferner nicht wegen fehlender Auskömmlichkeit gerechtfertigt. Entscheidend hierfür sei der Gesamtpreis des Angebots. Dieser habe nur geringfügig unter dem nächsthöheren Angebot gelegen.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen das Grundurteil. Es habe nicht lediglich ein Kalkulationsirrtum vorgelegen. Die Klägerin hätte ihr Angebot anfechten können. Die nachträgliche Erklärung, sich gleichwohl an den Preis halten zu wollen, falle unter das Nachverhandlungsverbot und sei daher unbeachtlich. Der Auftraggeber sei nicht verpflichtet, den Bieter an fehlkalkulierten Angebotspreisen festzuhalten.
Die Beklagte beantragt,
1. Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 7. Juni 2022, Az. 5 O 129/21 wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts. Es habe kein zur Anfechtung berechtigender Erklärungsirrtum vorgelegen. Die Klägerin habe vorgetragen, dass der Fehler nicht erst im Moment der Angebotsabgabe, sondern vorgelagert bei der Kalkulation der Einheitspreise zu den streitigen Positionen entstanden sei. Zudem habe die Klägerin erklärt, dass sie zu den angebotenen Preisen stehe.
B
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht zusteht.
I.
Durch die Teilnahme der Klägerin an der Ausschreibung der Beklagten wurde zwischen den Parteien ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 – XIII ZR 19/19, juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 09. Juni 2011 – X ZR 143/10, juris Rn. 15). Aus einem solchen kann sich ein Schadensersatzanspruch ergeben, wenn der öffentliche Auftraggeber im weiteren Verlauf des Ausschreibungs- und Vergabeverfahrens die Vorschriften des öffentlichen Vergaberechts zum Nachteil eines Bieters nicht einhält (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 1998 – X ZR 48/97, juris Rn. 20). Die Bieter können die Beachtung aller für das Verfahren und die Zuschlagserteilung maßgeblichen Vorschriften erwarten (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 – XIII ZR 19/19, juris Rn. 21). Wird der Auftrag an einen anderen Bieter unter Verletzung der Rücksichtnahmepflichten erteilt, steht dem übergangenen Bieter ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch unter Kausalitätsgesichtspunkten zu, wenn ihm bei ordnungsgemäßem Verlauf des Vergabeverfahrens der Auftrag hätte erteilt werden müssen (BGH, Urteil vom 5. Juni 2012 – X ZR 161/11, juris Rn. 13). Der Anspruch setzt mithin voraus, dass das Vergabeverfahren an einem Vergabefehler leidet, der Zuschlag einem Dritten tatsächlich erteilt worden ist und der Schadensersatz begehrende Bieter den Zuschlag hätte erhalten müssen (BGH, Urteil vom 18. September 2007 – X ZR 89/04, juris Rn. 8).
II.
Überzeugend hat das Landgericht festgestellt, dass diese Voraussetzungen vorliegen.
1.
Die Klägerin hätte nicht vom Verfahren ausgeschlossen werden dürfen. Der von der Beklagten angegebene Grund – Anfechtbarkeit des Bieterangebots wegen eines Erklärungsirrtums – rechtfertigt nicht den Ausschluss der Klägerin unter dem Gesichtspunkt, dass die geforderten Preise nicht angegeben seien (§ 16a Absatz 2 Satz 2 VOB/A i.V.m. § 13 Absatz 1 Nummer 3 VOB/A).
a)
Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass das Gebot der Klägerin schon nicht wegen eines Irrtums gem. § 119 BGB anfechtbar war. Eine Anfechtung ist hiernach möglich, wenn der Erklärende die Willenserklärung bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. Nicht anfechtbar ist hingegen ein sog. Kalkulationsirrtum, der vorliegt, wenn der Irrtum im Stadium der Willensbildung unterlaufen ist. Er berechtigt grundsätzlich nicht zur Anfechtung, weil derjenige, der aufgrund einer für richtig gehaltenen, in Wirklichkeit aber unzutreffenden Berechnungsgrundlage einen bestimmten Preis oder eine Vergütungsforderung ermittelt und seinem Angebot zugrunde legt, auch das Risiko dafür trägt, dass seine Kalkulation zutrifft. Dabei macht es keinen wesentlichen Unterschied, wenn die falsche Berechnung auf Fehlern einer vom Erklärenden verwendeten Software beruht (BGH, Urteil vom 7. Juli 1998 – X ZR 17/97, juris Rn. 13; BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 79/04, juris Rn. 17).
Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihr Gebot wegen eines Erklärungsirrtums hätte anfechten können. In der auf Nachfrage erteilten Auskunft vom 19.11.2020 gab die Klägerin an, dass sie die Kalkulation mit vorgefertigten Kalkulationsbausteinen durchgeführt habe und dabei versehentlich einen Kilopreis anstatt einem Tonnenpreis angeboten habe. Diese Angabe wies die Beklagte darauf hin, dass sich der Fehler bereits in der vorgelagerten Kalkulation eingeschlichen hat. Der Mitteilung lässt sich hingegen nicht – schon gar nicht mit der für einen Ausschluss gebotenen Sicherheit – entnehmen, dass erst die Übertragung der Preise in das Angebot aufgrund eines Irrtums erfolgt ist. Dies entspricht auch den vom Landgericht auf der Grundlage des Klägervortrags getroffenen Feststellungen, dass das für die fraglichen Einheitspreise verwendete Kalkulationsmodul mit einer fehlerhaften Einstellung für die Materialkosten verwendet worden ist und daneben noch andere Faktoren (allgemeine Geschäftskosten, Gemeinkosten, Wagnis, Gewinn) in die Preisbildung für die jeweiligen Einheitspreise eingeflossen sind. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellungen bestehen nicht. Die Berufungsbegründung greift die Feststellungen auch nicht an.
Auf dieser Grundlage ist festzustellen, dass der Irrtum bereits im Vorfeld des Gebots entstanden ist, nämlich bei der Kalkulation der Einheitspreise, nicht erst bei der Übertragung der Kalkulation in das Formular. Als Irrtum im Beweggrund (Motiv) ist er unbeachtlich, denn die Klägerin trägt das Risiko für die Richtigkeit der Kalkulation des Einzelpreises. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von der seitens der Beklagten herangezogenen Entscheidung des OLG Karlsruhe, in der das Gericht davon ausgegangen ist, dass der Irrtum bei der Abgabe der Erklärung selbst geschehen sei (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 15 Verg 11/11, BeckRS 2014, 14634).
b)
Selbst bei unterstellter Anfechtbarkeit des Angebots liegen die Voraussetzungen für einen Ausschluss wegen fehlender Angabe der geforderten Preise nicht vor. Als fehlende Preisangabe im Sinne von § 13 Absatz 1 Nr. 3 VOB/A ist eine Auslassung oder eine Angabe mit unbestimmtem Bedeutungsgehalt zu bewerten oder wenn die Preisangaben offensichtlich unzutreffend sind (vgl. Herrmann im Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 57 VgV Rn. 40). Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall, denn die Klägerin hat die von ihr angegebenen Einzelpreise tatsächlich verlangt. Alleine der Umstand, dass das Gebot anfechtbar sein soll, führt nicht zu einer fehlenden Bestimmtheit der Einzelpreise. Der Bieter kann sein Gebot nur im Gesamten anfechten. Eine Unklarheit bestünde allenfalls hinsichtlich der Frage, ob der Bieter von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch macht, nicht hingegen bezüglich der Höhe der – bei Verzicht auf dieses Anfechtungsrecht – geforderten Einzelpreise (vgl. Herrmann, ebda. in Fn. 105 mit diesen Gründen den von der Beklagten herangezogenen Beschluss des OLG Karlsruhe, a.a.O., ablehnend; ebenfalls zweifelnd Opitz in: Beck‘scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2019, § 16c VOB/A-EU Rn. 18; a.A. von Wietersheim in: Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 22. Aufl. 2023, § 16c VOB/A Rn. 8, dem Beschluss des OLG Karlsruhe ohne weitergehende Begründung zustimmend).
Die Preise waren entgegen der Auffassung der Beklagten auch bis zur Klarstellung durch die Klägerin nicht deswegen unklar oder unbestimmt, weil sie auslegungsbedürftig gewesen wären. Soweit eine Auslegung überhaupt für zulässig erachtet wird (ablehnend OLG Saarbrücken, Beschluss vom 27. Mai 2009 – 1 Verg 2/09, juris Rn. 80), wäre eine solche allenfalls dann möglich, wenn sich eindeutig und zweifelsfrei aus den Angebotsunterlagen ergibt, dass ein ganz bestimmter Einheitspreis gewollt war, woran es schon dann fehlt, wenn Nachforschungen über das wirklich Gewollte beim Bieter erforderlich sind (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. März 2016 – VII-Verg 48/15, juris Rn. 20). Die Voraussetzungen für eine entsprechende Auslegung waren offensichtlich nicht gegeben, denn es ergab sich nicht eindeutig und zweifelsfrei aus den Unterlagen, welch anderer Einheitspreis als der angebotene gewollt gewesen sein sollte. Insbesondere konnte der Einheitspreis nicht schlicht mit 1.000 multipliziert werden.
c)
Ein Ausschluss war auch nicht unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass die Klägerin durch den konkludent erklärten Verzicht auf ihr Anfechtungsrecht im Sinne von § 15 Absatz 3 VOB/A unzulässigerweise über eine Änderung der Angebote oder Preise verhandelt hätte (so aber OLG Karlsruhe, ebda.). Die Klägerin hat ihr Angebot nicht verändert. Sie hat lediglich erklärt, zu den Preisen zu stehen. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem beklagtenseits angeführten Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg (vom 22.04.2021 – 1 VK 8/21, IBRRS 2022, 1702), in dem anlässlich einer Nachfrage eine missverständliche Preisangabe klargestellt werden sollte. In der hier vorliegenden bloßen Bestätigung einer nicht auslegungsbedürftigen Preisangabe kann schon deshalb keine unzulässige Nachverhandlung erkannt werden, weil ansonsten bereits die Nachfrage durch den Auftraggeber den Ausschluss eines Bieters heraufbeschwören würde. Eine verfahrenskonforme Reaktion wäre dem Bieter kaum noch möglich, denn auch eine fehlende Mitwirkung (§ 15 Absatz 2 VOB/A) oder gar eine Änderung der Preise (§ 15 Absatz 3 VOB/A) würde zum Ausschluss führen. Vorliegend kam die Klägerin vielmehr lediglich dem Verlangen nach Aufklärung über das Angebot (§ 15 Absatz 1 Nr. 1 VOB/A) nach, indem sie die bereits angebotenen Preise bestätigte.
d)
Das Angebot war entgegen der Auffassung der Berufung auch nicht auszuschließen, weil die Preisangaben nicht der Urkalkulation entsprochen hätten (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 – X ZB 7/04, juris Rn. 23 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. März 2016 – VII-Verg 48/15, juris Rn. 17). Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass bereits die ursprüngliche Kalkulation der Klägerin irrtumsbehaftet war, weshalb vorliegend die Preisangaben nicht wegen versteckter Verteilung auf andere Positionen intransparent sind.
e)
Schließlich entstanden der Beklagten auch keine Nachteile im Falle von Massenmehrungen, die entsprechend § 2 Absatz 3 Nr. 2 VOB/B ab einer Überschreitung um 10 % des Mengenansatzes nach Vereinbarung eines neuen Preises abzurechnen sind. Auch dies hat das Landgericht mit überzeugenden Ausführungen richtig entschieden.
2.
Die weiteren Voraussetzungen für den Schadensersatzanspruch hat das Landgericht ebenfalls überzeugend festgestellt: Unstreitig ist der Zuschlag an einen anderen Bieter erteilt worden und hat die Beklagte die Pflichtverletzung zu vertreten. Auch ist davon auszugehen, dass bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens der Zuschlag an die Klägerin zu erteilen gewesen wäre. Unstreitig hat die Klägerin den günstigsten Preis geboten und liegen andere als die von der Beklagten erfolglos geltend gemachten Ausschlussgründe nicht vor.
III.
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils hat das Landgericht mit überzeugenden Ausführungen als gegeben erachtet. Auch hierzu sind keine ergänzenden Ausführungen veranlasst.
C
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Absatz 2 ZPO nicht vorliegen. Insbesondere bietet hierfür die Entscheidung des OLG Karlsruhe keinen Anlass. Die Zulassung der Revision aufgrund einer Divergenz (§ 543 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erfordert, dass die angefochtene Entscheidung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, von einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder von der Entscheidung eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht. Eine solche Abweichung liegt nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz der Vergleichsentscheidung abweicht (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2002 – V ZB 11/02, juris Rn. 8). Die entgegengesetzte Entscheidung ähnlich gelagerter Fälle begründet jedoch noch keine Divergenz (BGH, Beschluss vom 16. September 2003 – XI ZR 238/02, juris Rn. 2). Vielmehr muss die Vergleichsentscheidung einen Rechtssatz aufstellen, der von der angefochtenen Entscheidung abweicht (BGH, Beschluss vom 23. März 2011 – IX ZR 212/08, juris Rn. 3). Dies ist nicht der Fall. Das OLG Karlsruhe ist davon ausgegangen, dass der Irrtum bei der Abgabe der Erklärung selbst geschehen ist. Die übrigen Ausführungen des OLG Karlsruhe zu einer unzulässigen Nachverhandlung sind nicht fallentscheidend, weil es vorliegend bereits an einer Anfechtbarkeit des Gebots gem. § 119 BGB fehlt, die das OLG Karlsruhe in dem dortigen Fall aufgrund der Umstände des Falles jedoch angenommen hat.