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Kein Deckungsschutz in der Berufshaftpflichtversicherung für Architekten und Bauingenieure für unrichtige Bautenstandsberichte

LG Chemnitz, Az.: 6 S 11/13

Urteil vom 13.06.2013

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Chemnitz vom 29.11.2012 – Az.: 15 C 749/11 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Berufs-Haftpflichtversicherungsvertrag für Architekten und Bauingenieure weiter. Hierzu wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen. Er meint, dass die Beklagte im Rahmen der bestehenden Berufs-Haftpflichtversicherung für den dem Erwerber … entstandenen Schaden einzustehen habe. Die Beklagte könne sich nicht auf den Ausschlusstatbestand des § 5 Ziffer 1 b AVB 99 berufen. Nach den konkreten Umständen des Einzelfalles habe er hinreichend Grund zu der Annahme gehabt, der vom tatsächlichen Bautenstand abweichende Bautenstandsbericht vom 04.06.2009 werde keine Nachteile für den geschädigten Käufer … zur Folge haben.

Kein Deckungsschutz in der Berufshaftpflichtversicherung für Architekten und Bauingenieure für unrichtige Bautenstandsberichte
Symbolfoto: jamesteoh/Bigstock

Er rügt, dass das Amtsgericht seinen unter Beweis gestellten Vortrag zu den Auszahlungsvorgängen im Einzelnen übergangen habe. Hierzu verweist er insbesondere darauf, dass er mit Schreiben vom 04.06.2009 klargestellt habe, dass die von ihm attestierten Bautenstände nicht erreicht worden sind. Auch sei abgesprochen gewesen, den vorbereiten Bautenstandsbericht erst an die finanzierende Bank weiterzugeben, wenn ein Geldmittelzufluss mit dem Erreichen des attestierten Bautenstandes zu erwarten ist. Auch für die finanzierende Bank sei der Bautenstandsbericht nicht ursächlich für die Auszahlung der Kaufpreisraten gewesen, diese habe eigene Prüfungsaktivitäten ausgelöst vor Auszahlung der Kaufpreisraten. Der erstellte Bautenstandsbericht sei durch die Bauträgergesellschaft entgegen der bestehenden Vereinbarung mit dem Kläger abredewidrig und ohne dessen Wissen missbräuchlich dazu verwendet worden, den Mittelzufluss zu einem Zeitpunkt zu erhalten, zu dem der beschriebene Bautenstand noch nicht realisiert war.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf die des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Chemnitz, Az.: 15 C 749/11, aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, gegen den Kläger durch Herrn …, im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben …, geltend gemachten Schaden unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 2.500,00 Euro zu übernehmen, sofern Herr … eigene Ansprüche gegen den Kläger besitzt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien sowie der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie den weiteren Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Recht und aus zutreffenden Gründen die Klage abgewiesen, mit der der Kläger Feststellung der Eintrittspflicht der beklagten Versicherung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Berufs-Haftpflichtversicherungsvertrag begehrt. Auf die Ausführungen des Amtsgerichtes in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die getroffene Entscheidung zu Fall zu bringen. Das Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, insbesondere liegt keine unvollständige Tatsachenfeststellung und eine fehlende Beweiserhebung vor.

Dass das Amtsgericht eine vorsätzliche Schadensverursachung durch den Kläger verneint hat und damit die Voraussetzungen für den Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 1 a AVB 99 nicht vorliegen, wird mit der Berufung des Klägers als für ihn günstig nicht angegriffen. Da sich der versicherte Kläger zu seinem Verhalten, das das Amtsgericht zutreffend als bewusstes pflichtwidriges Verhalten beurteilt hat, für berechtigt hält, entfällt der zivilrechtliche Vorsatz und damit die Anwendbarkeit des § 5 Ziffer 1 a AVB.

Ohne Erfolg rügt die Berufung, dass das Amtsgericht seiner Entscheidung den Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 1 b AVB 99 zugrunde gelegt hat. Danach bleibt von der Versicherung stets ausgeschlossen die Haftpflicht wegen Schadensverursachung durch ein bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten des Versicherten, es sei denn, dass er nach den besonderen Umständen des Falles hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, die Zuwiderhandlung werde keine Nachteile für den Geschädigten zur Folge haben oder sie werde von dem Geschädigten oder dem sonst Berechtigten genehmigt werden.

Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein bewusstes, pflichtwidriges Verhalten des Klägers vorliegt. Dem Kläger war klar, dass der von ihm im Bautenstandsbericht vom 04.06.2009 attestierte Bautenstand nicht dem tatsächlichen Bautenstand entsprach, also falsch war. Dass er damit objektiv pflichtwidrig handelte, dessen ist sich der Kläger auch bewusst, verweist er doch in dem zu den ursprünglichen Bautenstandsbericht vom 04.06.2009 gefertigten Begleitschreiben vom 04.06.2009 selbst darauf, dass der Inhalt der Bautenstandsberichte nicht den Tatsachen entspricht. Diese „Richtigstellung“ gegenüber der Firma … ändert indessen nichts an der Tatsache, dass er dieser Firma unzutreffende Bautenzustandsberichte in die Hand gibt, die Grundlage für die Aufforderungen gegenüber den Banken sind, entsprechend dem darin festgestellten Bautenstand die finanziellen Mittel auszuzahlen.

Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang davon spricht, dass alles so vereinbart und organisiert gewesen sei, dass für den Käufer keine Nachteile zu erwarten gewesen seien, steht dem exemplarisch der vorliegende Schadensfall entgegen. Dabei hat der Kläger mit seinem falschen Bautenstandsbericht das zum Versicherungsfall führende Geschehen – auch das Handeln Dritter – zumindest mit veranlasst oder doch zumindest gekannt und zugelassen. Dass das Verhalten des Klägers „unmittelbar“ zum Versicherungsfall führt, ist dabei nicht erforderlich. Es genügte, dass das Verhalten des Klägers mitursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalls war. Vorliegend hat das bewusste pflichtwidrige Verhalten des Klägers dem Schadensfall maßgeblich das Gepräge gegeben. Die (vorzeitige) Auszahlung finanzieller Mittel durch die Bank hat der Kläger durch seine Bescheinigung ermöglicht und damit maßgebend zur Schadensentstehung beigetragen. Auf die Gefahr der Schadensentstehung hat sich der Kläger auch bewusst eingelassen.

Von einer Leistungspflicht der Versicherung trotz des festgestellten Verstoßes kann nicht ausgegangen werden.

Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass sich der Kläger nicht darauf berufen kann, dass er nach den besonderen Umständen des Falles hinreichend Grund zu der Annahme hatte, die Zuwiderhandlung werde keine Nachteile für den Geschädigten haben. Auf die Ausführungen des Amtsgerichtes in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Entgegen der Auffassung des Klägers kann wegen der Beurteilung, ob ein hinreichender Grund für eine solche Annahme bestand, nicht auf § 114 ZPO – hinreichende Aussicht auf Erfolg im Hinblick auf die Prozessführung – zurückgegriffen werden. Die im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens erfolgende lediglich summarische Prüfung wird den Anforderungen an die im Prozess erforderliche Beurteilung, ob der Kläger von einem hinreichenden Grund für die erforderliche Annahme ausgehen durfte, nicht gerecht. Hier bestimmt „hinreichend“ das, was mit Gewissheit ausreichend ist, die Annahme zu rechtfertigen, dass für den Käufer kein Schaden entstehen wird. Insoweit genügt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass lediglich die Möglichkeit besteht, dass dem Erwerber kein Schaden entsteht. Vielmehr musste der Kläger angesichts der sich aus der Hingabe einer falschen Bautenstandsmitteilung ergebenden Unwegbarkeiten ihres Einsatzes damit rechnen, dass der unrichtige Bautenstandsbericht zu früh an die finanzierende Bank gelangt und dort zur Auszahlung führt.

Eine Beweisaufnahme zu den vom Kläger vorgetragenen Umständen, aus denen er darauf geschlossen habe, dass für den Käufer keine Nachteile eintreten würden, ist danach entbehrlich. Die vom Kläger zu seiner Entlastung vorgetragene Absprache und Organisation hat versagt. Ziel war die Erlangung der finanziellen Mittel der Käufer. Hierzu bedurfte es zwingend der Vorlage der Bautenstandsberichte gegenüber den Banken. Wenn der Kläger ausführt, dass die Bauträgergesellschaft vorliegend den Bericht abredewidrig vorzeitig der Bank vorgelegt hat, hat sich gerade das Risiko verwirklicht, was mit der Erstellung dem Baufortschritt entsprechender Bautenstandsmitteilungen vermieden werden soll.

Die Berufung hat damit keinen Erfolg, weshalb sie wie geschehen zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision gegen das Urteil war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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