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Prüf- und Hinweispflicht Auftragnehmer hinsichtlich gewerkeübergreifender Planung

OLG Stuttgart – Az.: 10 U 20/19 – Beschluss vom 10.04.2019

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 13.12.2018, Az.: 6 O 343/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Kostenvorschuss zur Beseitigung von Mängeln an dem vom Beklagten sanierten Dach des Hotels der Klägerin.

Bzgl. des Sach- und Streitstandes 1. Instanz sowie bzgl. der Antragstellung in 1. Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Ulm vom 13.12.2018, Az.: 6 O 343/15, verwiesen.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Ulm der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses ergebe sich aus §§ 634 Nr. 2, 637 BGB. Die VOB/B sei in den Werkvertrag zwischen den Parteien nicht wirksam einbezogen. Verjährung des Kostenvorschussanspruchs liege nicht vor. Die 5-jährige Verjährungsfrist habe vorliegend zwar nicht mit einer Abnahme des Werks zu laufen begonnen, da eine solche nicht stattgefunden habe. Insbesondere stelle die vollständige Zahlung des Werklohns am 16.01.2009 keine konkludente Abnahme dar, da die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt Mängel gerügt habe. Trotz fehlender Abnahme beginne die Verjährung jedoch mit der Vollendung des Werks, mithin mit dem Ablauf des Jahres 2008. Gemäß § 203 BGB sei die Verjährung jedoch durch die ständigen Nachbesserungsversuche des Beklagten gehemmt gewesen. Von der Vollendung des Werks bis März 2014 hätten regelmäßig und fortgesetzt Mängelbeseitigungs- bzw. Nachbesserungsbemühungen stattgefunden. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei der Gewährleistungsanspruch mithin nicht verjährt gewesen. Im Übrigen sei eine Berufung auf den Eintritt der Verjährung angesichts des gesamten Verhaltens des Beklagten gemäß § 242 BGB treuwidrig, da der Beklagte selbst durch seine jahrelangen Nachbesserungsversuche die Klägerin in dieser Zeit von einer gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche abgehalten und erst mit Schreiben vom 25.08.2015 jegliches weitere Tätigwerden endgültig abgelehnt habe. Das Werk des Beklagten sei mangelhaft. Die Feststellung der Mangelhaftigkeit durch das Landgericht beruht auf den Ausführungen und Bewertungen des gerichtlichen Sachverständigen S., welche das Landgericht seinen Feststellungen zugrunde legte. Danach fehle unterhalb der vom Beklagten montierten Sandwichpaneele, die auf die vorhandene Traglattung aufgelegt und dort befestigt worden seien, eine erforderliche Dampfsperrdichtung und Luftdichtigkeitsebene. Die mit Feuchtigkeit angereicherte, warme Innenluft könne im Dach bis an die außenliegenden und damit kälteren Bauteile der Sandwicheindeckung gelangen und dort Kondensatbildung verursachen. Das Dach sei bauphysikalisch nicht korrekt abgedichtet und deshalb aufgrund der beschriebenen Feuchtigkeitsanreicherung nicht funktionstauglich. Außerdem stellte das Landgericht aufgrund der Sachverständigenbegutachtung handwerkliche Fehler bei der Montage der Metalleindeckung fest. So sei die Querstoßausbildung nicht systemgerecht und an den eingebrachten Befestigungs- und Verbindungsschrauben lägen zahlreiche Fehlstellen, offene Fehlbohrungen und schräg eingebrachte bzw. locker oder lose sitzende Schrauben vor, was insgesamt keine fachgerechte Ausführung der Sandwicheindeckung darstelle und nicht nur zu einer mangelhaften Lagesicherung, sondern ebenfalls zu einer unzureichenden Dichtigkeit des Dachs führe. Sowohl für die Mängel der Lagesicherung als auch der Dichtigkeit hafte der Beklagte. Er hätte auf die insbesondere auch im Zusammenhang mit der zusätzlich aufzubringenden Solaranlage zu erwartenden Statikprobleme hinweisen müssen, dies umso mehr, als es dem Beklagten bekannt gewesen sei, dass die Klägerin beabsichtige, auf den Metallpaneelen eine Photovoltaikanlage zu installieren. Auch hätte der Beklagte darauf hinweisen müssen, dass die Unterkonstruktion des Dachaufbaus für die von ihm gewählten Metallsandwichplatten ungeeignet sei, da ohne vorhandene Dampfsperre Probleme aufgrund Kondensatablagerung entstünden. Da die Beklagte zur Nachbesserung aufgefordert worden sei, diese jedoch letztlich abgelehnt hätten, sei der Vorschussanspruch auf die Ersatzvornahmekosten bereits vor Abnahme begründet und fällig. Die Nachbesserungskosten seien vom gerichtlichen Sachverständigen S. zutreffend unter Abzug der Sowieso-Kosten berechnet worden. Zzgl. der Mehrwertsteuer und eines Fremdunternehmerzuschlags liege der ermittelte Kostenvorschuss der Höhe nach über dem klageweise geltend gemachten Betrag, so dass die Klage vollumfänglich begründet sei. Die bei der Durchführung der Dachsanierung möglicherweise entstehenden weiteren Schäden rechtfertigten darüber hinaus den Feststellungsantrag im zugesprochenen Umfang.

Bzgl. der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Dagegen wendet sich die Berufung des Beklagten.

Prüf- und Hinweispflicht Auftragnehmer hinsichtlich gewerkeübergreifender Planung
(Symbolfoto: Von Master1305/Shutterstock.com)

Das Landgericht habe festgestellt, dass Ursache für die Feuchtigkeitsansammlung im Gebäude der Klägerin die fehlende Dampfsperrdichtung bzw. Luftdichtigkeitsebene sei. Die Herstellung einer Dampfsperre bzw. Luftdichtigkeitsebene sei jedoch nicht vertragliche Leistung des Beklagten gewesen. Aus der Auftragsbestätigung ergebe sich unmissverständlich, dass die Errichtung einer Dampfsperrebene nicht Gegenstand der Beauftragung sei. Vielmehr sei dort festgeschrieben, dass die Sandwichpaneele „auf die vorhandene Unterkonstruktion“ aufzulegen seien. Die Unterkonstruktion sei vorgegeben gewesen und nicht Vertragsgegenstand geworden. Der Beklagte hafte für die Unzulänglichkeiten der vorhandenen Unterkonstruktion auch nicht wegen Verstoßes gegen Prüf- und Hinweispflichten. Der Umfang derartiger Pflichten hänge von der Erkennbarkeit und von der Zumutbarkeit ab. Bauteilzerstörende Prüfungen könnten vom Beklagten jedenfalls nicht verlangt werden. Dass die vorhandene Tragkonstruktion nicht über eine Dampfsperre bzw. Luftdichtigkeitsebene verfüge, sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen. Die Wärmedämmung befinde sich unter der Unterkonstruktion und sei nur durch eine zerstörende Bauteilöffnung, die vom Beklagten nicht verlangt werden könne und diesem nicht zumutbar sei, erkennbar. Auch der Sachverständige selbst habe bestätigt, dass selbst stichpunktartige Bauteilöffnungen ebenfalls keine sicheren Erkenntnisse gebracht hätten. Demnach sei eine weitergehende Prüfung des Untergrunds dem Beklagten nicht zumutbar gewesen, so dass ein Verstoß gegen seine Prüfpflichten nicht vorliege. Selbst von unten sei nicht ersichtlich, ob eine Dampfsperre eingebracht sei. Der Beklagte habe den Angaben der Klägerin glauben dürfen, wonach das Hotelgebäude im Errichtungszeitpunkt von Fachleuten vorschriftsmäßig erstellt worden sei. Er habe davon ausgehen dürfen, dass auch die Dachunterkonstruktion und die Dachabdichtung fachgerecht vorhanden sei. Die Pflicht, die Dachunterkonstruktion seinerseits zu planen, habe der Beklagte ebenfalls nicht übernommen. Zu Unrecht habe das Landgericht auch eine Verantwortlichkeit des Beklagten für die unzureichende Verschraubung und Lagesicherung angenommen. Mangelursache sei hier richtigerweise die unzureichende Tragfähigkeit des Altdachs. Auch hierbei handele es sich um ein Vorgewerk, für welches der Beklagte nicht verantwortlich sei. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, die Tragfähigkeit des vorhandenen Altdachs unter Berücksichtigung der aktuellen Lastannahmen selbstständig zu überprüfen. Er hätte insbesondere, anders als das Landgericht dies feststelle, keine eigenen statischen Berechnungen hierzu durchführen müssen, da dies weder Gegenstand des Bauvertrags sei noch derartige Berechnungen einem Dachdecker möglich bzw. zumutbar seien. Dass die unzureichende Tragfähigkeit der Altdachkonstruktion zu Verschiebungen und Verformungen und damit zum Ausreißen, Verdrehen bzw. zu einer Lockerung der Befestigungselemente führen würde, habe der Beklagte nicht erkennen können und müssen. Auch diesbezüglich hätten ihn keine Hinweispflichten getroffen. Dadurch, dass das Landgericht die vor der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ergänzungsfragen an den Sachverständigen aus dem Schriftsatz vom 21.03.2018 im Termin nicht zugelassen habe, habe es gegen den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen. Die Fragen hätten sich auf die fehlende Dampfsperre und die fehlende Verantwortlichkeit des Beklagten hierfür bezogen und außerdem ergeben, dass die Dampfsperre auch von unten saniert werden könne, ohne dass die gesamte Dachhaut ausgewechselt werden müsse, mit der Folge, dass sich die vom Sachverständigen ermittelten Mangelbeseitigungskosten als überhöht darstellten. Zu Unrecht sei das Landgericht aufgrund der Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen davon ausgegangen, dass die verdrehten und verschobenen Befestigungs- und Verbindungsschrauben handwerkliche Fehler seien. Vielmehr zeige die ständige Wiederkehr der Lockerungserscheinungen, dass alleinige Ursache der in Bewegung befindliche und ungeeignete Untergrund sei, für welchen der Beklagte nicht hafte. Da auch die Photovoltaikanlage nicht Gegenstand des Vertrags mit dem Beklagten sei, habe er diesbezüglich ebenfalls keine Berechnungen anstellen müssen bzw. die Photovoltaikanlage in etwaige eigene Berechnungen auch nicht einbeziehen müssen. Auch die De- und Remontage der Photovoltaikanlage im Rahmen der Mangelbeseitigung, die der gerichtliche Gutachter für erforderlich gehalten habe, obliege, sofern diese überhaupt notwendig sei, was bestritten werde, jedenfalls nicht dem Beklagten, sondern dem Nachfolgeunternehmer, der die Photovoltaikanlage auch montiert habe. Ebenfalls unnötig seien die vom Sachverständigen für Planung und Objektüberwachung der Mangelbeseitigungsarbeiten angesetzten Positionen, da diese für eine bloße De- und Remontage der Metalleindeckung nicht notwendig seien.

Im Übrigen sei der geltend gemachte Klageanspruch verjährt. Das Werk des Beklagten sei durch vollständige und vorbehaltlose Zahlung der Schlussrechnung zum 16.01.2009 abgenommen worden. Rügen zu diesem Zeitpunkt hätten allenfalls kleinere Restfertigstellungsarbeiten betroffen, was nicht mit Mängelrügen gleichzusetzen sei. Diese Arbeiten seien noch vor Rechnungszahlung erledigt gewesen. Selbst wenn man entgegen der ausdrücklichen Auffassung der Berufung von einer fehlenden Abnahme ausgehen wolle, sei Verjährung eingetreten. Dann nämlich gelte die Regelverjährungsfrist nach § 195 BGB, die ebenfalls vor Klageeinreichung bereits abgelaufen sei. Verjährungshemmungen hätten nicht stattgefunden. Wenn schon das Landgericht von einer fehlenden Abnahme ausgehe, hätte es im Übrigen einen Vorschussanspruch bereits dem Grunde nach nicht zusprechen dürfen, so dass nach diesem Ansatz ein Kostenvorschussanspruch von vornherein ausscheiden müsse.

Hinsichtlich der Anspruchshöhe habe das Landgericht verkannt, dass ein Vorteilsausgleich „Neu für Alt“ anspruchsmindernd zu berücksichtigen sei. Die angeblichen Gebrauchsbeeinträchtigungen hätte tatsächlich nur in sehr geringem Umfang stattgefunden, was sich bereits daraus ergebe, dass der gerichtliche Sachverständige keine Feuchtigkeit festgestellt und die Wasserablaufspuren bereits alt und angetrocknet gewesen seien. Lediglich punktuelle Feuchtigkeitseintritte über Jahre verteilt stellten keine nennenswerte Gebrauchsbeeinträchtigung dar, so dass von einer Vorteilsausgleichung von mindestens 2/3 auszugehen sei. Außerdem sei der Anspruch um den Anteil eines Planungsmitverschuldens der Klägerin zu kürzen.

Der Beklagte beantragt:

Unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Ulm, Az.: 6 O 343/15, die Klage insgesamt abzuweisen.

Eine Antragstellung der Klägerin ist bislang noch nicht erfolgt.

II.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 13.12.2018, Az.: 6 O 343/15, hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil dadurch dem Beklagten weitere Kosten entstünden, ohne dass durch eine mündliche Verhandlung weitere, für den Beklagten günstige, entscheidungserhebliche Erkenntnisse zu erwarten wären (§ 522 Abs. 2 ZPO).

1.

Im Ergebnis zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Kostenvorschusses nach §§ 634 Nr. 2 i.V.m. § 637 Abs. 1 und 3 BGB nicht gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB verjährt ist.

a)

Die Gewährleistungsansprüche bei einem Bauwerk verjähren nach 5 Jahren beginnend mit der Abnahme des Werkes. Zu Recht weist die Berufung darauf hin, dass vorliegend von einer Abnahme auszugehen ist. Eine solche ist konkludent durch vollständige Werklohnzahlung zum 16.1.2009 erfolgt.

Eine stillschweigende Abnahme der Leistung liegt vor, wenn der Besteller zwar nicht ausdrücklich, aber durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er das von ihm entgegengenommene Werk als ein in der Hauptsache vertragsgemäßes Werk anerkennt und billigt. Eine stillschweigende Werkabnahme setzt hierbei voraus, dass das Werk im Wesentlichen vollendet und objektiv als Erfüllung anzusehen ist (BGH, Urteil vom 18.02.2003 – X ZR 245/00, Rn. 24-35 juris). Maßgeblich ist, ob sich aus der Sicht des Vertragspartners unter den gegebenen Umständen aus dem tatsächlichen Verhalten des Bestellers ein Abnahmewille ergibt. Hierbei sind die Grundsätze der §§ 133, 157 BGB zugrunde zu legen und auf die objektive Sicht eines durchschnittlichen Vertragspartners in der konkreten Situation abzustellen.

Eine konkludente Abnahme ist im vorliegenden Fall in der vorbehaltlosen Zahlung der Schlussrechnung des Beklagten zu sehen, die nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin zum 16.01.2009 erfolgt ist. Mit dieser Zahlung hat die Klägerin aus der maßgeblichen Sicht des Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass sie die Leistungen des Beklagten als im Wesentlichen ordnungsgemäß zu diesem Zeitpunkt erbracht ansah. Dass das Landgericht darüber hinaus festgestellt hat, dass zum Zeitpunkt der Schlussrechnungszahlung bereits Mängelrügen erhoben waren, steht dem nicht entgegen (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage 2018, Rn.1825). Den Angaben des Zeugen L. in der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2007 ist zu entnehmen, dass es sich insoweit lediglich um geringe Unfertigkeiten handelte und sich die Rügen auf kleinere Beanstandungen bezogen, die im Zeitpunkt der Zahlung im Januar 2009 zudem vollständig behoben waren. Die Zahlung im Januar 2009 erfolgte vorbehaltlos, auch in der Zahlungsankündigung vom 17.11.2008 (Anlage B 1, Bl. 70 d.A.) wird die Schlusszahlung ohne Einschränkungen angekündigt. Anhaltspunkte dafür, dass die vollständige Begleichung der Rechnung demgegenüber nicht als Hinnahme der Werkleistung und Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß anzusehen sein könnte, liegen nicht vor (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21.12.2016 – 4 U 30/15, Rn. 60-64 juris).

b)

Im vorliegenden Fall ist die Verjährungsfrist nicht zum 16.01.2014 abgelaufen, da zuvor der Beklagte die streitgegenständlichen Mängel anerkannt hat, wodurch die Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB erneut zu laufen begann.

Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger klar und unzweideutig ergibt, dass dem Schuldner das Bestehen der Schuld bewusst ist und angesichts dessen der Gläubiger darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht auf den Ablauf der Verjährung berufen wird. Der Schuldner muss dabei sein Wissen, zu etwas verpflichtet zu sein, klar zum Ausdruck bringen, wobei allerdings auch ein eindeutiges schlüssiges Verhalten genügen kann (st. Rspr.: BGH, Urteile vom 24.05.2012 – IX ZR 168/11; vom 09.12.2011 – V ZR 131/11; BGH, Beschluss vom 23.08.2012 – VII ZR 155/10; so bereits zu § 208 BGB a.F.: BGH, Urteil vom 03.12.1987 – VII ZR 363/86; BGH, Urteil vom 13.01.2005 – VII ZR 15/04). Ob im konkreten Verhalten des Schuldners ein Anerkenntnis der Gewährleistungspflicht des Auftragnehmers liegt, ist hierbei unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Maßgeblich ist, ob der Auftragnehmer aus der Sicht des Auftraggebers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Nachbesserung vertraglich verpflichtet zu sein (BGH, Urteil vom 05.10.2005 – VIII ZR 16/05).

In der Rechtsprechung ist hierbei anerkannt, dass nicht nur in der Durchführung von Mangelbeseitigungsarbeiten ein zum Neubeginn der Verjährung führendes Anerkenntnis eines Mangelbeseitigungsanspruchs liegen kann (BGH, Beschluss vom 09.07.2014 – VII ZR 161/13, Rn. 15 juris; BGH, Beschluss vom 23.08.2012 – VIII ZR 155/10, Rn. 12 juris), sondern dass auch bereits die Durchführung von Prüfungen als Anerkenntnis einer Leistungspflicht angesehen werden kann (BGH, Urteil vom 30.09.1993 – VII ZR 163/92). Darüber hinaus kann sich ein solches Anerkenntnis auch aus einer unbedingten und einschränkungslos abgegebenen Erklärung oder Ankündigung, die Mängel beseitigen zu wollen, ergeben (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, 6. Teil Rn. 124; BGH, Urteil vom 13.01.2005 – VII ZR 15/04, Rn. 9 juris; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2018, Rn. 2911).

Im vorliegenden Fall hat der Zeuge L. in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht glaubhaft angegeben, dass im September 2013, mithin in unverjährter Zeit, ein Gespräch mit dem Beklagten stattgefunden habe. In dessen Verlauf habe der Beklagte zugesagt, „der Feuchtigkeit auf den Grund gehen“ und hierzu „die Industrie mit ins Boot nehmen“ zu wollen. Der Beklagte habe zugesagt, dass er „diese Problematik angehen wolle. Er habe aber gerade keine Zeit, habe viele Hagelschäden. Er werde es im Frühjahr 2014 dann angehen.“ (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2017, Bl. 344 d.A.). Diese Aussagen des Beklagten enthalten die unbedingte und einschränkungslose Ankündigung, die Ursachen der beanstandeten Mängel zu suchen und die Mängel beseitigen zu wollen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die angekündigten Bemühungen unter Ablehnung der Gewährleistungsverpflichtung lediglich kulanzhalber durchführen werde, oder die darauf hindeuteten, dass die Aussagen des Beklagten im Gesamtzusammenhang nur als Beschwichtigungsversuch ohne rechtsverbindlichen Charakter anzusehen wären, liegen dem gegenüber nicht vor. Wenn ein Schuldner auf Mangelanzeigen hin zugesagte oder durchgeführte Beseitigungsversuche bzw. Überprüfungen lediglich aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erbringen will, so muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21.03.2011 – 10 U 31/10, Rn. 9-12 juris; BGH, Beschluss vom 23.08.2012 – VII ZR 155/10, Rn. 11-15 juris). Gegen eine reine Kulanzleistung spricht hier auch die E-Mail, die der Beklagte im unmittelbaren Anschluss an die Durchführung der im September 2013 zugesagten Mangelbeseitigungsbemühungen im März 2014 an die Klägerin versandte (E-Mail vom 19.03.2014, K 3, Bl. 24 d.A.). Hierin meldet der Beklagte, dass „die Reklamationsarbeiten erledigt“ seien.

Dass der Beklagte ein Jahr später mit Schreiben vom 17.03.2015 (K 8, Bl. 29 d.A.) schreibt: „Der Wassereintritt ist nicht zu erklären. Schon mehrmals wurde nun auf Kulanz nachgearbeitet. Hat aber auch nichts gebracht“, vermag an dieser Bewertung nichts zu ändern. Die Bedeutung der vom Zeugen L. bekundeten Ankündigungen des Beklagten von September 2013 ist aus der damals gegebenen Gesamtsituation heraus auszulegen. Nachträgliche Erklärungen lassen den Bedeutungsgehalt der seinerzeit ohne Einschränkungen vorgebrachten, rechtsverbindlichen Ankündigung nicht nachträglich entfallen.

c)

Damit war eine Verjährungsunterbrechung bereits im September 2013 erfolgt. Das Anerkenntnis führte im vorliegenden Fall zu einem Neubeginn des Laufs der Verjährungsfrist gemäß § 217 BGB und zwar für beide vom Sachverständigen S. beschriebenen Werkmängel, mithin sowohl für das Fehlen der Dampfsperrebene als auch für die festgestellte fehlerhafte Befestigung der Sandwichelemente.

Insoweit gilt die Symptomtheorie des Bundesgerichtshofs. Danach reicht es bei einem Werkmangel für die Geltendmachung der Rechte aus, wenn der Auftraggeber die Mangelerscheinung hinreichend konkret beschreibt. Mit der Darstellung der Mangelerscheinungen macht der Auftraggeber den Mangel selbst zum Gegenstand seiner Rüge (st. Rspr., BGH, Urteil vom 30.10.2017 – X ZR 101/06; BGH, Urteil vom 26.03.1992 – VII ZR 258/90; BGH, Urteil vom 03.07.1997 – VII ZR 210/96; BGH, Urteil vom 17.01.2002 – VII ZR 488/00). Eine Bezeichnung der Mangelursache ist nicht notwendig. Die Wirkung der Rüge der Mangelerscheinungen, wie im vorliegenden Fall insbesondere der Neubeginn der Verjährung, bezieht sich dann jeweils auf alle der Mangelerscheinung zugrundeliegenden Mängel. Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige S. überzeugend dargelegt, dass als Ursachen für die von der Klägerin beanstandeten Feuchtigkeitserscheinungen sowohl die fehlende Dampfsperrebene, als auch die fehlerhafte Befestigung der Blechlamellen anzusehen ist.

2.

Die Werkleistung der Beklagten ist mangelhaft. Die als Feuchtigkeitsursachen festgestellten Baumängel führen zu einer dem Beklagten zurechenbaren Mangelhaftigkeit der von ihm durchgeführten Dachsanierungsleistungen.

a)

Zutreffend und rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass in der Dachunterkonstruktion eine Dampfsperrdichtung bzw. Luftdichtheitsebene fehlt und hierdurch Kondensataustritt verursacht wird, und dass außerdem die Befestigung der Sandwichelemente handwerklich fehlerhaft ausgeführt sei, was ebenfalls Hinterläufigkeiten bewirke und außerdem zu einer unzureichenden Lagesicherung des Daches führe.

Soweit der Beklagte nunmehr in der Berufungsinstanz unter Beweisantritt Sachverständigengutachten erneut vorträgt, bei den festgestellten verformten und losen Befestigungselementen lägen keine handwerklichen Fehler des Beklagten vor, vielmehr beruhe die Lockerung und Verformung der Befestigungsschrauben allein auf der unzureichenden Tragfähigkeit der vorhandenen Unterkonstruktion des Gebäudes der Klägerin, so ist eine wiederholte Beweiserhebung nicht veranlasst. Die Berufung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der insoweit erstinstanzlich getroffenen Feststellungen gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), sondern setzt lediglich ihre eigene Würdigung in unzulässiger Weise an die Stelle des Landgerichts. Der Sachverständige hat die Fehlstellen bei der Befestigung bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom 26.1.2018 umfassend und detailliert beschrieben und als handwerkliche Fehlleistungen bewertet. Dem folgt das Landgericht zu Recht. Ob daneben auch eine mangelnde Tragfähigkeit und Stabilität der Dachunterkonstruktion zur Lockerung der Befestigungselemente beigetragen hat, hat der Sachverständige nicht geprüft. Hierauf kommt es auch nicht an, da sich dadurch an der rechtlichen Bewertung nichts ändert.

b)

Sowohl die Dichtigkeitsmängel in der Dachunterkonstruktion als auch deren etwaige unzureichende Stabilität und Tragfähigkeit führen im vorliegenden Fall zu einer dem Beklagten zurechenbaren Mangelhaftigkeit seiner Werkleistung.

aa)

Es gilt der funktionale Leistungs- bzw. Herstellungsbegriff (Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil Rn. 18; Ganten in: Beck’scher VOB-Kommentar, VOB Teil B, 3. Aufl. 2013, § 13 Abs. 1 Rn. 19; BGH, Urteil vom 16.07.1998, VII ZR 350/96; BGH, Urteil vom 08.11.2007, VII ZR 183/05). Zur vereinbarten Beschaffenheit eines Werks im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werks, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktionen das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der Auftragnehmer schuldet ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk. Wenn der mit dem Vertrag verfolgte bzw. darin vorgesehene Zweck der Herstellung des Werks nicht erreicht wird und das Werk damit seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt, so liegt eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit und damit ein Mangel im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB vor. Danach war die von der Beklagten vorgenommene Dachsanierung mangelhaft, weil das Dach nicht dicht und nicht lagesicher war.

bb)

Da der Werkunternehmer mit Abschluss des Werkvertrags die Erfolgsgarantie für eine funktionstaugliche Herstellung übernimmt, liegt ein mangelhaftes Werk grundsätzlich auch dann vor, wenn der Mangel auf schädliche Einflüsse Dritter, insbesondere auf eigene Leistungsvorgaben des Bauherrn oder auf ungeeignete bzw. unzureichende Vorleistungen anderer Unternehmer oder vom Auftraggeber gestellte Bauteile (mit-)zurückzuführen ist.

Insoweit ändert es an der Feststellung der Mangelhaftigkeit des vom Beklagten hergestellten Werks nichts, dass der Dichtigkeitsmangel auf eine in der vorhandenen, vom Bauherrn gestellten Dachunterkonstruktion, die der Beklagte nach dem ausdrücklichen Vertragstext nicht zu verändern hatte, begründet liegt bzw. die unzureichende Lagesicherheit – möglicherweise auch – auf eine fehlende Eignung der vorhandenen Tragkonstruktion zurückzuführen ist.

In diesem Zusammenhang weist die Berufung zwar zu Recht darauf hin, dass die vorhandene Unterkonstruktion, also die Dachlattung und der darunter befindliche Dachaufbau einschließlich der vorhandenen Wärmedämmung ebenso wenig ausdrücklicher Vertragsgegenstand war wie die Erstellung einer Planung oder die Durchführung einer statischen Berechnung bzgl. Tragfähigkeit und Stabilität der Dachkonstruktion. Dies ändert an der verschuldensunabhängigen, erfolgsbezogenen Mängelhaftung des Werkunternehmers im Grundsatz nichts.

cc)

Es wäre allerdings ein mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbarendes Ergebnis, einen Unternehmer auch dann in die Haftung zu nehmen, wenn zwar die vom ihm hergestellte Leistung (aufgrund der Anwendung des weiten funktionalen Mangelbegriffs) mangelhaft ist, die Mangelursache jedoch (auch) im Verantwortungsbereich eines Dritten oder des Auftraggebers selbst liegt. Jedenfalls dann, wenn der Unternehmer seinen sonstigen auf Vertragserfüllung gerichteten Sorgfaltspflichten nachgekommen ist, besteht deshalb die Möglichkeit einer Haftungsbefreiung. Diese Grundsätze sind beispielhaft in §§ 13 Abs. 3, 4 Abs. 3 VOB/B kodifiziert, ergeben sich jedoch jenseits dieser Bestimmungen aus § 242 BGB und gelten als allgemeine Grundsätze auch für den BGB-Vertrag (Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil Rn. 41; BGHZ 174, 110 juris, Rn. 21, 22). Demnach ist ein Unternehmer dann nicht für den Mangel eines Werks verantwortlich, wenn dieser auf verbindliche Vorgaben des Bestellers oder von diesem gelieferte Stoffe oder auf Bauteile oder Vorleistungen anderer Unternehmer zurückzuführen ist und der Unternehmer seine Prüfungs- und Hinweispflicht erfüllt hat. Es ist daher nach ständiger Rechtsprechung gemäß Treu und Glauben geboten, den Unternehmer unter der Voraussetzung aus der Mangelhaftung zu entlassen, dass er seine ebenfalls auf die ordnungsgemäße Vertragserfüllung gerichtete Pflicht erfüllt hat, den Besteller auf die Bedenken hinzuweisen, die ihm bei einer gebotenen Prüfung gegen die Geeignetheit der verbindlichen Vorgaben, der gelieferten Stoffe oder Bauteile oder der sonstigen Vorleistungen des Bauherrn oder Dritter gekommen sind oder bei ordnungsgemäßer Prüfung hätten kommen müssen. Die sich hieraus ergebende Prüfungs- und Hinweispflicht stellt sich damit als Bestandteil und Verlängerung der Herstellungspflichten des Werkunternehmers dar. Deren Umfang wird durch die Grundsätze der Zumutbarkeit beschränkt. Zu einer Enthaftung kommt es demzufolge nicht nur dann, wenn der Unternehmer in der vorgesehenen Form auf Bedenken wegen der vorhandenen Rahmenbedingungen oder Vorleistungen Dritter hingewiesen hat, sondern insbesondere auch dann, wenn er nach der ihm obliegenden und zumutbaren Überprüfung nicht erkennen konnte, dass Vorgaben und vorhandene Vorleistungen nicht geeignet sind, die vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion des Werks zu gewährleisten. Die Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht ist hierbei kein Tatbestand, der die Mangelhaftung begründet, sondern ein Tatbestand, der den Unternehmer von der gegebenen Sachmängelhaftung befreit.

dd)

Zutreffend ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Berufung, dass sich die Wärmedämmung unter der Dachlattung befindet und der Aufbau der Dämmung ohne zerstörenden Eingriff von außen insbesondere auch von unten nicht erkannt werden kann. Dies hat auch der Sachverständige bestätigt und darauf hingewiesen, dass Art und Aufbau der eingebrachten Dämmung ohnehin nicht durch eine lediglich lokale Prüfung ermittelt werden könne, sondern hierzu großflächige, zerstörende Bauteilöffnungen notwendig wären. Solche Prüfungen vor Erbringung der eigenen Werkleistung durchzuführen, ist dem Beklagten nicht zuzumuten. Hiervon ging auch der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten aus, in welchem er darauf hinwies, dass der Werkunternehmer vor der Montage Vorgewerke durch „Inaugenscheinnahme“ prüfen und etwaige Einflüsse durch Maßabweichungen, durch die Abmessung und Werkstoffqualität der vorhandenen Unterkonstruktion hierbei erkennen und berücksichtigen müsse (Gutachten vom 26.01.2018, Bl. 510 d.A.). Davon, dass der Beklagte die vorhandene Unterkonstruktion öffnen müsse, ist nicht die Rede. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beklagte auf eine fehlende Eignung der tatsächlich vorhandenen Dämmung hätte hinweisen müssen.

ee)

Von einer Enthaftung ist im vorliegenden Fall dennoch nicht auszugehen. Der Beklagte hätte nämlich auf das Fehlen bzw. das Erfordernis einer gewerkeübergreifende Planung hinweisen müssen.

Zur Herstellung eines mangelfreien und insbesondere dichten Daches benötigte der Beklagte eine planerische Aufarbeitung der vorhandenen Dachunterkonstruktion und der darin eingebrachten Dämmebenen ebenso wie gewerkeübergreifende planerische Vorgaben zur Herstellung eines geeigneten Anschlusses und der Befestigung der Sandwichelemente auf dem vorhandenen Tragwerk.

Dem Beklagten selbst sind, wie bereits ausgeführt, derartige Planungsleistungen vertraglich nicht übertragen worden. Die Zurverfügungstellung der erforderlichen Planungen schuldete die Klägerin. Tatsächlich lagen derartige Planungen jedoch nicht vor. Dies war auch dem Beklagten erkennbar. Außerdem erkennbar war für den Beklagten, dass es derartiger planerischer Vorarbeiten im vorliegenden Fall bedurft hätte. Hierzu hat der Sachverständige S. in der mündlichen Verhandlung vom 13.09.2018 darauf hingewiesen, dass mit der Aufbringung von Metallsandwichelementen anstelle der vorher vorhanden gewesenen Wellplatten ein Systemwechsel vorgenommen wurde (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.9.2018, dort Seite 2 und 3, Bl. 788, 789 d.A.). Die alten Wellplatten seien nicht dampfdicht gewesen, so dass es möglich gewesen sei, dass der sich innen bildende Dampf nach außen abzog und sich nicht innerhalb des Daches als Feuchtigkeit niederschlug. Durch die veränderte Dachkonstruktion, die im vorliegenden Vertrag ausgewählt wurde, seien anstelle der nicht dampfdichten Wellplatten dampfdichte Paneele aus Metall aufgebracht worden. So sei man durch die vertraglichen Vorgaben von einem schwach belüfteten Dach zu einem geschlossenen Dach gekommen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.09.2018, Bl. 789 d.A.). Dieser Systemwechsel war auch für den Beklagten erkennbar, er übernahm auch den Aus- und Abbau der vorhandenen Dachhaut. Daraus kam es zwar nicht zu einer Planungsaufgabe des Dachdeckers, wohl jedoch zu einer Prüfpflicht. Der Sachverständige hat festgestellt, dass es zum Zeitpunkt der Errichtung des Dachs im Jahr 1972 nicht üblich war, luft- und dampfdichte Dämmebenen in den Dachaufbau einzubringen. Dies musste auch dem Beklagten bekannt sein. Der Beklagte konnte daher nicht ohne Weiteres damit rechnen, dass die vorhandene Dachunterkonstruktion, auch wenn er deren genauen Aufbau nicht selbst überprüfen konnte und musste, nach wie vor und trotz des durch die Sanierungsmaßnahmen hervorgerufenen Systemwechsel und den von der Wahl einer anderen Dachhaut ausgehenden Systemveränderungen ohne Weiteres passen und ohne weitere Anpassungen funktionstauglich sein würde. Hierauf und auf das Erfordernis der Vornahme einer Überprüfung und Detailplanung hätte der Beklagte die Klägerin hinweisen müssen.

Dadurch, dass der Beklagte im vorliegenden Fall trotz des von ihm erkannten Fehlens einer gewerkeübergreifenden Planung mit der Aufbringung der Sandwichelemente begann, ist er seiner werkvertraglichen Prüfungs- und Sorgfaltspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Damit haftet der Beklagte für die aus der unzureichenden Dämmung in der Dachunterkonstruktion hervorgerufenen Dichtigkeitsmängel.

ff)

Gleiches gilt für Statik und Tragfähigkeit. Der Sachverständige hat hierzu festgestellt, dass die Klägerin nicht nur für und wegen der zusätzlichen Aufbringung einer Photovoltaikanlage verpflichtet gewesen wäre, einen Statiker zu beauftragen, sondern dass es statischer Berechnungen bzw. einer Tragwerksplanung auch im Hinblick auf die Dachsanierung als solche bedurft hätte. Dass eine Statikerplanung nicht vorlag, war dem Beklagten ebenfalls bekannt. Auch auf deren Fehlen bzw. das Erfordernis, hierin enthaltene Informationen vor Beginn der eigenen Werkleistung zu erhalten, hat der Beklagte nicht hingewiesen.

Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass die dem Beklagten übertragenen Werkleistungen einen, dem Beklagten erkennbaren Systemwechsel am vorhandenen Dach herbeiführten. Dass ein solcher Systemwechsel einer gewerkeübergreifenden Planung (bzgl. Dämmung und Statik) bedarf, die im vorliegenden Fall fehlte, musste der Beklagte erkennen. Da er auf die Erforderlichkeit einer Planung nicht hinwies, liegt eine Enthaftung für die Mangelhaftigkeit seines Werks nicht vor.

3.

Eine Gehörsverletzung durch das Landgericht ist nicht festzustellen.

Sofern der Beklagte mit den vom Landgericht nicht mehr zugelassenen Fragen eine fehlende Verantwortlichkeit des Beklagten für die unzureichende Dampfsperre oder die unzureichende Tragfähigkeit des Altdachs hätte nachweisen wollen, so kommt es hierauf nach den obigen Ausführungen rechtlich nicht an.

4.

Die Höhe der Mangelbeseitigungskosten ist vom Landgericht zutreffend auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens beziffert worden. Auch die diesbezüglichen Feststellungen sind für das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend.

a)

Bereits überzeugend widerlegt ist demnach insbesondere die von der Berufung nach wie vor aufgestellte Behauptung, eine Sanierung des Daches sei „auch von unten“ möglich, ohne dass die gesamte Dachhaut ausgewechselt werden und das gesamte Dach einschließlich der Photovoltaikanlage ab- und anschließend wieder aufgebaut werden müsse. Bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom 26.01.2018 hat der Sachverständige ausdrücklich eine innenseitige Nachrüstung erwogen, jedoch mit überzeugender Begründung verworfen (Gutachten vom 26.01.2018, S. 87, Bl. 553 d.A.). Diese Bewertung hat das Landgericht zu Recht übernommen. Eine kostengünstigere Sanierungsart ist demnach nicht gegeben. Auch die Kosten für Planung und Objektüberwachung hat das Landgericht auf der Grundlage der überzeugenden Berechnung und Bewertung des Sachverständigen in Ansatz gebracht, weil sie erforderlich sind.

b)

Nicht weiterführend ist auch der Hinweis der Berufung, die De- und Remontage der Photovoltaikanlage falle demjenigen zur Last, der diese aufgebracht habe, denn die Photovoltaikanlage sei unstreitig nicht Vertragsgegenstand des Beklagten geworden. Die Photovoltaikanlage muss dem Sachverständigen zufolge abgenommen werden, damit das Dach saniert werden kann. Die hierfür erforderlichen Aufwendungen gehören somit zu den notwendigen und erforderlichen Mangelbeseitigungsmaßnahmen. Die erforderlichen baulichen Maßnahmen zur Herstellung einer mangelfreien Werkleistung schuldet derjenige Werkunternehmer, dem die Mangelhaftigkeit zuzurechnen ist. Dies ist im vorliegenden Fall der Beklagte. Wenn hierbei aus technischen Notwendigkeiten zwangsläufig in Nachfolgegewerke eingegriffen werden muss, ändert dies an der Kostenverantwortlichkeit des Beklagten auch insoweit nichts. Die anfallenden Sowieso-Kosten hat das Landgericht anspruchsmindernd berücksichtigt.

c)

Entgegen dem Dafürhalten der Berufung hat eine Vorteilsausgleichung nicht stattzufinden.

Eine Anrechnung eines mit der Sanierung verbundenen Vorteils einer längeren Lebensdauer der Werkleistung hat nach ständiger Rechtsprechung dann nicht stattzufinden, wenn diese Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mangelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber zuvor jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Der Auftragnehmer darf dadurch, dass der Vertragszweck nicht sogleich, sondern erst viel später im Rahmen der Gewährleistung erreicht wird, keine Besserstellung erfahren. Ein solches Ergebnis widerspräche dem Gesetzeszweck der Gewährleistung im Werkvertragsrecht (BGHZ 91, 206; OLG Stuttgart, Urteil vom 17.03.2010 – 3 U 160/09, Rn. 46 juris).

So liegt der Fall auch hier. Fertigstellung und Abnahme des Werks erfolgte im Januar 2009. Im Frühjahr 2010 zeigte sich erstmals Feuchtigkeit. Im Anschluss fanden mehrfach unbrauchbare Reparatur- und Sanierungsversuche durch den Beklagten statt, die eine Dichtigkeit oder Lagesicherheit des Daches nicht erreichen konnten. Dass insbesondere die Feuchtigkeitsentwicklung in dieser Zeit zu einer nur geringen Gebrauchsminderung geführt hätte, behauptet die Berufung zu Unrecht. Gegenteiliges ergibt sich aus den Angaben der erstinstanzlich vernommenen Zeugen. Sowohl die Zeugin S. als auch der Zeuge L. gaben übereinstimmend an, dass Feuchtigkeitserscheinungen und Wassereintritte in mehreren Hotelzimmern wiederholt auftraten, später sogar auch im Flur. Ein störungsfreier Hotelbetrieb war unter diesen Umständen nicht gewährleistet. Die darin bestehenden erheblichen Gebrauchsnachteile stehen der Anrechnung eines etwaigen Vorteils einer verlängerten Nutzungsdauer entgegen (Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil Rn. 57; Kapellmann/Messerschmidt, VOB Teile A und B, 6. Aufl. 2018, § 13 VOB/B Rn. 280).

d)

Die Mangelbeseitigungskosten sind auch nicht dadurch reduziert, dass sich die Klägerin ihrerseits ein Planungsmitverschulden gemäß § 254 BGB anrechnen lassen müsste.

Zwar ist die in § 3 Abs. 1 VOB/B ausdrückliche geregelte Pflicht des Bauherrn zur Planübergabe Ausdruck eines allgemein geltenden Prinzips, welches auch im Rahmen eines BGB-Werkvertrages Gültigkeit hat, wonach grundsätzlich Planung und Koordination der Bauleistungen eine Pflicht des Auftraggebers ist. Übernimmt allerdings ein Handwerker Leistungen in Kenntnis des Umstandes, dass der Auftraggeber keine erforderlichen Planungen zur Verfügung stellt, so kann er sich später nicht auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen (Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil Rn. 70; OLG Celle, BauR 2005, 397). Es widerspräche den Grundsätzen von Treu und Glauben, wenn derjenige Unternehmer, der vorhandene Planungsdefizite bzw. das vollständige Fehlen einer erforderlichen Planung erkannt und die erforderlichen Bauleistungen begonnen hat, ohne hierauf hinzuweisen, später eine Haftungsreduzierung durch eine Berufung auf das diesbezügliche planerische Mitverschulden des Bauherrn herbeiführen könnte (Senat, Urteil vom 15.04.2014 – 10 U 127/13, Rn. 44 juris).

III.

Der Senat regt an, zur Vermeidung weiterer Kosten die Berufung zurückzunehmen.

 

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