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Schlussrechnung nicht nachvollziehbar – Fälligkeit eines Architektenhonorars

LG Hannover, Az.: 14 O 351/11, Urteil vom 12.04.2013

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 36.219,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2012 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.

Streitwert: 72.438,18 €.

Tatbestand

(gem. § 313 Abs. 2 ZPO)

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines überzahlten Architektenhonorars in Anspruch.

Schlussrechnung nicht nachvollziehbar - Fälligkeit eines Architektenhonorars
Symbolfoto: ginasanders/Bigstock

Die Klägerin ist Eigentümerin eines am Steinhuder Meer gelegenen Grundstücks in der … in Steinhude, das entwickelt, vermarktet und sodann veräußert werden sollte (vgl. Bl. 2 d. A.). Der Beklagte erstellte hierzu Planungen und machte der Klägerin am 05.07.2007 ein Honorarangebot, in dem es hieß (Hervorhebung im Original, Anlage K 1, Bl. 11 d. A.):

„Wie Sie wissen, habe ich meine bisherigen Leistungen für die Gebäude und Garagen, mit deren Mehrfälligkeit hinsichtlich der Variationen, als meine Akquisitionsleistung eingebracht. … Ich bin bereit, … die individuellen Planungsleistungen des Architekten für das Gesamtprojekt (Gebäude, Garagen und Außenanlagen ohne die Wegerechtsfläche, welche schon eingereicht wurde), zum Honorarsatz von 20 % unter den zulässigen Mindestsätzen nach der gültigen sowie rechtsverbindlichen HOAI, Honorarzone III, in allen ihren relevanten Teilen zzgl. einer 5 %igen Nebenkostenpauschale, zu erbringen“.

Der Beklagte wurde danach durch die Klägerin beauftragt, als Architekt Planungsleistungen bis zur Entwurfsplanung (Leistungsphase 3 gem. § 15 HOAI a. F.) auch im Hinblick auf eine potentielle Bebauung des Grundstücks zu erbringen. Das Projekt wurde jedoch nicht durchgeführt, da sich keine Kaufinteressenten fanden. Der Beklagte rechnete seine Leistungen mit der ersten Abschlagsrechnung vom 13.02.2008 über 37.480,88 € ab (Bl. 13 ff. d. A.) und korrigierte diese Rechnung mit Schreiben vom 23.06.2008 dahin, dass nur noch 13.988,32 € geltend gemacht wurden (Bl. 16 ff. d. A.). Im Zuge dieses Rechtsstreits legte der Beklagte mit Schriftsatz vom 20.01.2012 (Bl. 40 ff. d. A.) eine neue Schlussrechnung vom 05.01.2012 vor (Bl. 43, 50 ff. d. A.), nach der unter Ansatz von erhaltenen Zahlungen von 46.251,43 € ein offenes Resthonorar des Beklagten in Höhe von 41.247,91 € bestehen sollte (Bl. 56 d. A.).

Die Klägerin ist der Auffassung, die Rechnungen des Beklagten seien inhaltlich nicht nachprüfbar. Überdies behauptet sie, die dort abgerechneten Leistungen seien nicht beauftragt und überwiegend auch nicht erbracht worden. Der Beklagte habe, wie im Honorarangebot vom 05.07.2007 von ihm selbst ausgeführt, Leistungen auch auf Akquisitionsbasis erbracht. Diese unentgeltlichen Akquisitionsleistungen, nämlich die Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 und 2, seien aber trotzdem berechnet worden. Die Klägerin ist der Ansicht, es gäbe keine verwertbaren Kostenermittlungen und Planunterlagen, die einen Honoraranspruch des Beklagten rechtfertigen könnten. Die Rechnungen des Klägers seien völlig unverständlich; insgesamt sei der Honoraranspruch des Beklagten in keiner Weise nachvollziehbar. Es sei nicht einmal ansatzweise erklärlich, ob tatsächlich und in welcher Höhe dem Beklagten ein Honoraranspruch zustünde. Deshalb könnte die Klägerin ihrer Ansicht nach das gesamte an den Beklagten überwiesene Honorar zurückfordern. Die Klägerin trägt hierzu ihre Abrechnung des Honorars im Einzelnen vor (insb. Bl. 6, 81, 91 je f. d. A.). Der Beklagte habe bereits 51.469,20 € für seine Leistungen erhalten und damit 36.219,01 € – die Klageforderung – zu viel. Mit der Klage werde lediglich ein Teil des an den Beklagten gezahlten Honorars in Höhe des Klageantrags als erstrangiger Teilbetrag geltend gemacht (Bl. 92 d. A.). In diesem Zusammenhang sei es deshalb ohne Belang, ob die Klägerin tatsächlich 51.469,20 € oder lediglich – wie vom Beklagten angesetzt – 46.251,43 € gezahlt habe.

Die Klägerin beantragt (Bl. 2, 70 d. A.), den Beklagten zu verurteilen, an sie 36.219,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt (Bl. 26, 70 d. A.), die Klage abzuweisen.

Er meint, „nach Punkt und Komma nach den Sätzen der HOAI“ (Bl. 44 d. A.) abgerechnet zu haben. Unter Ansatz der mit der Klageerwiderung vorgelegten neuen Schlussrechnung vom 05.01.2012 ergäbe sich ein weiterer Honoraranspruch über die bereits erhaltenen Zahlungen hinaus von 41.247,91 € (Bl. 41 oben d. A.). Gegenüber der Klageforderung erklärt der Beklagte mit dem ihm seiner Ansicht nach zustehenden weiteren Honoraranspruch die Aufrechnung (Schriftsatz vom 06.03.2012, Bl. 57 d. A.). Ferner hält der Beklagte den Rückforderungsanspruch der Klägerin für verjährt (Bl. 58 d. A.).

Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin im Verfahren 14 O 281/09 noch einen weiteren Honoraranspruch in Höhe von 26.408,03 € aus dem hier im Streit stehenden Bauvorhaben geltend gemacht. Nach ausführlichen Hinweisen der Kammer durch Verfügung vom 15.12.2011 (Bl. 255 ff. Beiakte), dass die Honorarforderung nicht nachvollziehbar sei, hat der Beklagte diese Klage zurückgenommen (Protokoll vom 20.12.2011, Bl. 258 d. Beiakte).

Es wird weiter Bezug genommen auf die Hinweise in der Verfügung vom 06.01.2012 (Bl. 22 f. d. A.), in der Verhandlung vom 20.11.2012 (Protokoll Bl. 71 f. d. A.) sowie in den Beschlüssen vom 10.01.2013, (Bl. 86 f. d. A.) und 20.03.2013 (Bl. 103 d. A.) sowie im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Mit Zustimmung der Parteien (Schriftsätze vom 06.03.2013, Bl. 96 d. A., und 15.03.2013, Bl. 97 d. A.) hat die Kammer im schriftlichen Verfahren entschieden (Beschluss vom 18.03.2013, Bl. 98 d. A.).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung des Architektenhonorars jedenfalls in Höhe der Klageforderung zu. Dem Beklagten ist es nicht gelungen, seinen Honoraranspruch auch nur ansatzweise nachvollziehbar darzulegen. Es ist demnach nicht verständlich und kann nicht überprüft werden, auf welcher Grundlage er sein Honorar berechnet hat. Ein Rechtsgrund zum „Behaltendürfen“ des bereits vereinnahmten Honorars ist danach nicht ersichtlich.

1. Für die Rückforderung eines Architektenhonorars wegen Überzahlung nach Zahlung auf Abschlagsrechnungen gelten – soweit hier von Belang – diese Grundsätze (vgl. auch OLG Celle, Urt. v. 10.03.2010 – 14 U 128/09, BauR 2010, 1264, LS 2 und juris-Rdnr. 48 mwN; nachgehend BGH, Beschl. v. 08.03.2012 – VII ZR 51/107, juris (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)):

Abschlagsrechnungen gelten nur vorläufig (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.1999 – VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, juris-Rdnr. 24); der Auftragnehmer – hier also der Beklagte – konnte demnach die in der Rechnung vom 13.02.2008 (Bl. 13 f d. A.) berechneten Positionen noch nachträglich in der – allerdings nicht als solche ausgewiesenen – Schlussrechnung vom 23.06.2008 (Bl. 17 f. d. A.) ändern (vgl. z. B. Messerschmidt in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl. § 641 BGB, Rdnr. 26 f. mwN). Selbst an eine Schlussrechnung wäre er nicht unbedingt gebunden (BGH, Urt. v. 05.11.1992 – VII ZR 52/91, BGHZ 120, 133; BGH, Beschl. v. 23.11.2006 – VII ZR 249/05, BauR 2007, 586). Wegen der Vorläufigkeit dieses Abrechnungssystems stehen dem Auftraggeber – der Klägerin – besondere Rechte im Rahmen der Abrechnung zu:

Gem. § 8 Abs. 1 HOAI wird das Honorar erst fällig, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist. Die Klägerin war deshalb von Rechts wegen nur verpflichtet, auf prüfbare Abschlagsrechnungen zu leisten (BGH, Urt. v. 05.11.1998 – VII ZR 191/97, NJW 1999, 713). Sie konnte aus ihrer Sicht überhöhte Abschläge mit folgenden Abschlagsforderungen (vgl. Messerschmidt aaO, Rdnr. 30 mwN) und nach Vertragsbeendigung auch mit der Schlussrechnung verrechnen (vgl. schon BGH, Urt. v. 01.02.1990 – VII ZR 176/88, BauR 1990, 379). Abschlagszahlungen gelten außerdem weder als Abnahme einer Leistung noch stellen sie ein Teilanerkenntnis des Vergütungsanspruchs dar, solange nicht die Schlussrechnung erstellt ist, da im Zeitpunkt der Abschlagszahlung die Höhe der endgültigen Forderung noch nicht feststeht (vgl. dazu auch die weiteren Nachweise bei Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rdnr. 1602, 2427 f.; s. weiter BGH, Urt. v. 20.08.2009 – VII ZR 205/07, NJW 2010, 227, hier insbesondere Rdnr. 44 f.).

Aus dem vorläufigen Charakter von Voraus- oder Abschlagszahlungen folgt eine vertragliche Verpflichtung des Beklagten, gegenüber der Klägerin nach Abnahme oder Beendigung des Vertrages, insbesondere bei vorzeitiger Beendigung etwa durch Kündigung, in einer endgültigen Rechnung abzurechnen. Ergibt diese Abrechnung einen Überschuss zugunsten der Klägerin, hat sie einen vertraglichen Anspruch auf Auszahlung dieses Überschusses (vgl. BGH, Urt. v. 24.01.2002 – VII ZR 196/00, juris-Rdnr. 16 ff.; BGH, Urt. v. 30.09.2004 – VII ZR 187/03, NZBau 2005, 41; BGH, Urt. v. 22.11.2007 – VII ZR 130/06, BauR 2008, 540, juris-Rdnr. 15; OLG Brandenburg, Urt. v. 21.11.2012 – 4 U 83/08, NZBau 2013, 176, juris-Rdnr. 49).

Verklagt sie deshalb – wie hier – den Auftragnehmer auf Rückzahlung des vermeintlichen Überschusses, kommt ihr ein Vorteil bei der Beweislast zugute: Trägt sie ihre eigene Abrechnung ausreichend nachvollziehbar vor, muss der Auftragnehmer – d.h. der Beklagte – beweisen, dass er berechtigt ist, die erhaltenen Zahlungen zu behalten (BGH, Urt. v. 30.09.2004 – VII ZR 187/03, NJW-RR 2005, 129, juris-Rdnr. 12). Da sich die Höhe der Abschläge nach dem Wert der erbrachten Leistungen zu richten hat (BGH, Beschl. v. 22.12.2005 – VII ZB 84/05, BGHZ 165, 332, juris-Rdnr. 19), müsste der Beklagte überdies den adäquaten Wert seiner Leistungen nachweisen. Er trägt auch im Prozess des Auftraggebers auf Auszahlung eines Überschusses die volle Beweislast für seinen Vergütungsanspruch (BGH, Urt. v. 11.02.1999 – VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, juris-Rdnr. 31).

2. Der Beklagte hat den ihm obliegenden Beweis für seinen Vergütungsanspruch nicht führen können; es ist ihm auch nicht gelungen, einen ggf. einer weiteren Beweiserhebung zugänglichen Vortrag zur Nachvollziehbarkeit des berechneten und erhaltenen Honorars zu halten.

a) Zunächst hätte es dem Beklagten oblegen, im Hinblick auf den Vortrag zum Vertragsschluss bzw. zum Zeitpunkt der Auftragserteilung und etwaigen Leistungen im Akquisitionsbereich – die an sich unstreitig sind (vgl. das Honorarangebot des Beklagten vom 05.07.2007, Bl. 11 d. A.) – genau abzugrenzen, welche Leistungen noch in die Akquisitionsphase fielen und welche nach Vertragsschluss erbracht wurden. Denn bei Honoraransprüchen eines Architekten muss grundsätzlich der Auftragnehmer/Architekt die Umstände darlegen und beweisen, nach denen die Erbringung der Architektenleistungen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war (vgl. nur OLG Celle, Urt. v. 17.02.2010 – 14 U 138/09, BauR 2010, 926, juris-Rdnr. 17 f. mit umfangreichen Nachweisen insb. aus der Rspr. des BGH). Wie es sich hier genau verhielt, bleibt unklar. Der Beklagte hat nichts zu den Zeitpunkten seiner Leistungen vorgetragen, obwohl die Kammer auf die Problematik bereits mit der verfahrenseinleitenden Verfügung vom 06.01.2012 (in Ziff. 3, Bl. 23 d. A.) hingewiesen hat. Er hat danach lediglich pauschal Leistungen – ohne Angabe irgendeines Zeitpunkts und Details – erwähnt (Bl. 43 d. A.). Dabei liegen die in den mitüberreichten Anlagen genannten „Leistungsschritte und Leistungsmerkmale“ vom 22.07.2008 (Bl. 46 d. A.) deutlich nach den Abrechnungen vom 13.02.2008 und 23.06.2008. Sie können also ohne weiteres nicht diesen Abrechnungen zugeordnet werden. Die Schlussrechnung vom 05.01.2012 verhält sich aber mit keinem Wort zu dieser Frage (Bl. 50 ff. d. A.). Es werden umfangreich auch Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 3 gem. § 15 HOAI a. F. berechnet, ohne weiter auf die Akquisitionsphase einzugehen.

b) Die Abrechnungen des Beklagten vom 13.02.2008 und 23.06.2008 sind nicht nachvollziehbar und weder unter Ansatz des (unter bewusstem Verstoß gegen die Abrechnungsgrundsätze der HOAI erstellten) Honorarangebots des Beklagten vom 05.07.2007 noch ansonsten verständlich. Die Kammer vermag schon nicht nachzuvollziehen, warum es bei den in Bezug genommenen Honorarvereinbarungen des Beklagten nicht auf die Schriftform ankommen soll. § 4 HOAI a. F. machte die Einhaltung der Schriftform (i. S. v. § 126 BGB) nicht entbehrlich, entgegen der „Anmerkung“ des Beklagten in seiner Schlussrechnung vom 05.01.2012, die Schriftform sei hier „nicht zwingend notwendig“ (Bl. 51 d. A.).

c) Auch die Schlussrechnung vom 05.01.2012, die der Beklagte in diesem Verfahren vorgelegt hat und nach der „alle für dieses Projekt vorangehenden Rechnungen ausgenommen die 1. Abschlagsrechnung v. 13.02.08, respt. 23.06.08, mit der Nr. 03/08“ ihre Gültigkeit verlieren sollen (Bl. 50 d. A.), bleibt nicht nachvollziehbar. Sie ist im Ganzen wie auch in den Details „wirr“.

aa) Das betrifft schon den Bezug auf „anrechenbare Kosten HOAI § 4“ (Bl. 51 d. A.) wie auch weitere „anrechenbare Kosten nach Kalkulation und Angebot“ (Bl. 52 unten d. A.) bzw. „nach Ausschreibungsergebnis“ (Bl. 53 oben d. A.) und darüber hinaus Leistungen, die angeblich „nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der HOAI – da nicht anwendbar“ stehen sollen (Bl. 53 d. A.).

bb) Weiter erscheinen die anschließenden Stundenlohnabrechnungen (Bl. 53 ff. d. A.), die wiederum „einvernehmlich im angemessenen Abgleich mit …“ festgelegt worden sein sollen (Bl. 54 ff. d. A.), beliebig. Der Beklagte setzt Stundenhonorare an, die er aus § 7 HOAI a. F. (Bl. 53 d. A. – gemeint aber wohl § 6 HOAI a. F.) meint herleiten zu können. Das ist so nicht gerechtfertigt. Die HOAI regelt den preisrechtlichen Rahmen, in dem Honorarvereinbarungen zulässig sind (BGH, Urt. v. 16.12.2004 – VII ZR 16/03, BauR 2005, 735 = NZBau 2005, 285). Ihre Verbotsregelungen sollen sicherstellen, dass dieser preisrechtliche Rahmen nicht unzulässig unter- bzw. überschritten wird. (BGH Urt. v. 11.10.2007 – VII ZR 25/06, NJW 2008, 55, juris-Rdnr. 14). § 6 HOAI a. F. ist somit nicht schon deshalb anwendbar, weil ein Auftragnehmer seine Leistung nach Zeitaufwand in Rechnung stellt. Ein Zeithonorar kann der Architekt erst dann beanspruchen, wenn er eine Leistung erbringt, die nach der HOAI (a. F.) nach Zeitaufwand abgerechnet werden darf. Ist dies aber nicht der Fall, dann hilft auch eine entsprechende Stundenlohnvereinbarung der Parteien nichts. Eine solche Vereinbarung ist unwirksam und führt zur Anwendung des § 4 Abs. 4 HOAI a. F., so dass in diesem Falle die Mindestsätze der HOAI als vereinbart gelten (vgl. nur Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 7. Aufl. § 6 Rdnr. 2 mwN). Eine entsprechende Abrechnung nach Mindestsätzen liegt allerdings nicht vor.

cc) Unverständlich bleiben auch die abgerechneten Nebenkosten (Bl. 56 d. A.). Gem. § 7 Abs. 3 HOAI a. F. sind Nebenkosten nach Einzelnachweis abzurechnen, sofern nicht bei Auftragserteilung eine pauschale Abrechnung schriftlich vereinbart worden ist. Eine solche Vereinbarung existiert nicht. Der Beklagte verweist in der Schlussrechnung lediglich darauf, Einzelnachweise seien „wegen der vorliegenden Vielfalt der einzelnen Lieferungs- und Leistungsbelange nicht möglich“ und setzt dann Kosten von pauschal netto 3.853,03 € an (Bl. 56 d. A.).

dd) Unklar bleibt weiter, warum der Beklagte in der Schlussrechnung nur einen Teil der Leistungen abrechnet, die er auch nach dem Inhalt der Rechnung selbst zu erbringen hatte. So wird in der Rechnung die Leistungsphase 5 gem. § 15 HOAI nicht vollständig mit 25 %, sondern nur mit 12,5 % angesetzt, ohne dass dies weiter erläutert wird. Bei endgültiger Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien hätte der Beklagte im Einzelnen zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen differenzieren und das entsprechend darstellen müssen (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.01.2005 – VII ZR 353/03, BauR 2005, 739, juris-Rdnr. 10 mwN).

ee) Insgesamt lässt sich aus der Schlussrechnung nicht ersehen, was überhaupt Grundlage der Honorarberechnung ist. Hieraus ist nicht herzuleiten, welches Honorar der Beklagte tatsächlich von Rechts wegen beanspruchen kann. Die Kostenermittlungen gem. § 10 Abs. 2 HOAI a. F. fehlen. Das Honorarrecht der HOAI wird ignoriert. Die gesamten Abrechnungen des Beklagten wirken willkürlich und sachfremd konstruiert.

d) Ebensowenig von Bedeutung für die in Rede stehende Klageforderung ist das allem Anschein nach unter bewusstem Verstoß gegen das verbindliche Honorarrecht der HOAI abgegebene Angebot des Klägers vom 05.07.2007 (Bl. 11 f. d. A.). Dass der Kläger danach seine Leistungen „zum Honorarsatz von 20 % unter den zul. Mindestsätzen nach der gültigen sowie rechtsverbindlichen HOAI“ anbot, kann noch keinen verbindlichen Vertragsschluss und erst Recht keine maßgebliche Honorarvereinbarung begründen. Derartige rechtswidrige Angebote sind einem Architekten von Berufs wegen nicht gestattet. Die HOAI enthält zwingendes öffentliches Preisrecht, das durch vertragliche Vereinbarung nicht einfach abbedungen werden kann.

3. Die Abrechnungen des Beklagten werden im Übrigen nicht dadurch klarer, dass er neben den Rechnungen, die der Klageforderung zugrundegelegt werden sollen, auch im Parallelverfahren 14 O 281/09, das sich auf dasselbe Projekt bezog, eine – freilich gleichfalls unschlüssige, jedoch weitere – Abrechnung vorgelegt hat (vgl. dazu Bl. 6, 14, 90 ff., 94 ff. und 210 ff. d. Beiakte sowie die Hinweise vom 15.12.2011 und das Protokoll v. 20.12.2011, Bl. 255 ff. d. Beiakte).

4. Die Fälligkeit des Klageanspruchs auf Ausgleich einer Überzahlung setzt nicht analog § 8 HOAI a. F. die Vorlage einer prüffähigen Rechnung über die Überzahlung durch die Klägerin voraus (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.07.2010 – 4 U 569/09, NJW 2010, 3171, juris-Rdnr. 29).

5. Die (hilfsweise erklärte) Aufrechnung des Beklagten ist (derzeit) unbegründet, da es an einem nachvollziehbaren Honoraranspruch und entsprechend einer Gegenforderung des Beklagten fehlt.

Die Rechnungen des Beklagten sind aus den dargestellten Gründen nicht prüffähig. Dem Honoraranspruch des Beklagten steht damit der Einwand mangelnder Fälligkeit entgegen. Eine Honorarklage wäre demnach als zurzeit unbegründet abzuweisen, weil die Mängel der Prüfbarkeit der Rechnung auch auf die Hinweise der Kammer nicht behoben worden sind (BGH, Urt. v. 27.10.1994 – VII ZR 217/93, NJW 1995, 399; vgl. auch LG Hannover, Urt. v. 28.11.2012 – 14 O 8/12, IBR 2013, 1122).

Die Anforderungen an die Prüfbarkeit hängen zwar von den Umständen des Einzelfalls ab. Wesentlich ist aber stets, dass der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, die Richtigkeit der einzelnen Ansätze zu prüfen (vgl. nur BGH, Urt. v. 24.06.1999 – VII ZR 229/98, NJW 2000, 207). Das setzt wiederum die Kenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Umstände voraus, auf denen die Honorarberechnung beruht (BGH, Urt. v. 18.06.1998 – VII ZR 189/97, NJW 1998, 3123). Damit muss die Rechnung die Angaben enthalten, die nach dem geschlossenen Vertrag und der HOAI objektiv unverzichtbar sind, um die sachliche und rechnerische Überprüfung des Honorars zu ermöglichen, wenn nicht die Rechnung auch ohnedies den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftraggebers genügen sollte (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2003 – VII ZR 288/02, BauR 2004, 316). Als unverzichtbarer Bestandteil einer prüffähigen Rechnung ist damit grundsätzlich ein nachvollziehbarer Vortrag zu den anrechenbaren Kosten gem. § 10 HOAI a. F. erforderlich, weil von ihnen die Höhe des geltend gemachten Honorars insgesamt abhängt. Wie dargelegt, fehlt es hieran vollständig.

Die Schlussrechnung des Beklagten vom 05.01.2012 ist mit dem Schriftsatz vom 20.01.2012 bei dem Landgericht am 29.02.2012 (per Fax, Bl. 35 d. A.) und bei der Klägerin einige Tage nach dem 02.03.2012 eingegangen (vgl. Bl. 35, 60 d. A.). Eine Fälligkeit der Forderungen könnte zwar trotz dieser Mängel eintreten, wenn ein Prüfungszeitraum von zwei Monaten ohne Beanstandung zur Prüffähigkeit abgelaufen ist (vgl. nur BGH, Urt. v. 22.04.2010 – VII ZR 48/07, BauR 2010, 1249). Die Klägerin hat aber mit Schriftsatz vom 26.03.2012 (Bl. 60 d. A.) die Prüffähigkeit dieser Schlussrechnung ausdrücklich gerügt (Bl. 63 f. d. A.).

6. Der Klageanspruch ist nicht verjährt.

Dies könnte ohnehin nur die streitbefangenen Abschlagsrechnungen betreffen. Auch Abschlagsrechnungen unterfallen dem Verjährungsrecht (vgl. nur BGH, Urt. v. 05.11.1998 – VII ZR 191/97, NJW 1999, 713). Sie werden grundsätzlich jedoch erst fällig, wenn dem Auftraggeber eine prüffähige Abschlagsrechnung zugegangen ist. Erst ab dem Zugang der prüffähigen Abschlagsrechnung läuft die Verjährungsfrist, weil insoweit auch erst die Fälligkeit des Anspruchs auf Zahlung gemäß der Abschlagsrechnung eintritt (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die eingereichten Rechnungen sind aber – wie dargelegt – nicht nachvollziehbar. Darauf hat die Kammer auch in der Verfügung vom 06.01.2012 hingewiesen (Bl. 23 d. A.). Das gilt auch im Zusammenspiel mit der Honorarvereinbarung (Anlage K 1, Bl. 11 d. A.).

Die Klägerin hat zudem erst im Zuge des Verfahrens 14 O 281/09 im Einzelnen davon Kenntnis i. S. d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erhalten, dass ein Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten wegen Überzahlung des Honorars bestehen könnte. Die Frist lief danach ab dem 01.01.2010 und wäre zum 31.12.2012 abgelaufen. Zuvor ist jedoch die Klage auf Rückforderung erhoben worden (Bl. 1 ff. d. A.)

Eine Verjährung der Ansprüche aus den Abschlagsrechnungen ist damit nicht eingetreten.

7. Die zuerkannten Zinsen rechtfertigen sich seit Rechtshängigkeit (Bl. 25 d. A.) aus Verzug.

8. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1, 709 ZPO.

9. Der Streitwert hat sich gem. § 45 Abs. 3 GKG im Verhältnis zur Klageforderung verdoppelt, weil der Beklagte gegenüber dem Klageanspruch in voller Höhe hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat (Bl. 57 d. A.) und deshalb über die Gegenforderung eine der Rechtskraft fähige Entscheidung zu ergehen hatte.

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