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Bauträgervertrag – Nichteinhaltung § 3 MaBV und allgemeine Fälligkeitsvoraussetzungen

LG Hamburg – Az.: 317 O 63/21 – Urteil vom 24.10.2022

1. Die Beklagten zu 1.) und zu 2.) werden verurteilt, an die Kläger 86.695,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 02.04.2021 zu zahlen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 86.695,09 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Hauptantrag um die Rückzahlung einer Kaufpreisratenzahlung für eine Eigentumswohnung aus einem Kaufvertrag mit werkvertraglichen Elementen wegen der Nichteinhaltung der Vorschriften der § 3 MaBV und den allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen im Vertrag. Hilfsweise machen die Kläger Mängelansprüche am Sondersowie Gemeinschaftseigentum geltend.

Am 14.10.2019 erwarben die Kläger von der Beklagten zu 1.), vertreten durch den Beklagten zu 2.), mit notariell beurkundetem Kaufvertrag das Wohnungseigentum im Haus, zu einem Kaufpreis von 575.000,00 EUR, Anlage K1. In dem Vertrag übernahm die Beklagte zu 1.) zu erbringende Bauleistungen am Sondersowie Gemeinschaftseigentum. So sollte insbesondere ein neues Dachgeschoss erstellt und die Erdgeschosswohnungen mit Kellereinheiten als neuer Wohnraum verbunden werden, vgl. auch „Ausstattungs- und Bemusterungskatalog für die Gartengeschoss- und Penthousewohnungen im „, Anlage B2.

In der Vertragsurkunde heißt es zur Zahlung des Kaufpreises unter § 3 Ziff. 3:

„Der Kaufpreis ist wie folgt zu entrichten:

a) 96,5% nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe und b) 3,5% nach vollständiger Fertigstellung.

Unter § 3 Ziffer 5 folgt:

„Der vorgenannte Kaufpreis ist jedoch erst zur direkten Zahlung an den Veräußerer fällig, wenn

c) gewährleistet ist, dass die nicht übernommenen Belastungen im Grundbuch gelöscht werden, und zwar wenn das Bauvorhaben vollendet ist, unverzüglich nach Zahlung der vollen Kaufpreissumme, andernfalls unverzüglich nach Zahlung des dem erreichten Bautenstand entsprechenden Teils der Kaufpreissumme durch den Erwerber.

Der amtierende Notar wird angewiesen, den Beteiligten den Eintritt der Voraussetzungen gemäß lit. a), b) und c) schriftlich zu bestätigen. Eine Durchschrift des schriftlichen Freigabeversprechens der eingetragenen Grundpfandrechtsgläubiger gemäß § 3 der Makler- und Bauträgerverordnung ist der Bestätigung beizufügen.“

Die Wohnung wurde am 20.12.2019 an die Kläger übergeben, vgl. Anlage K3.

Auf Grundlage einer Änderungsverhandlung am 20.01.2020 vereinbarten die Parteien einen vorläufigen Kaufpreiseinbehalt von 20.791,00 EUR, vgl. Anlage K2.

Unter dem 18.02.2020 teilte der Notar den Klägern mit, dass die Voraussetzungen gemäß § 3 Ziffer 5 a) bis c) eingetreten seien, vgl. Anlage K14. Er fügte einen aktuellen Grundbuchauszug beim sowie die Ablichtung eines Schreibens der Sparkasse St.-Al. L. vom 25.10.2019. Diese teilt hierin mit, dass in der Anlage die Pfandentlassung Nr. 23642/2019 übersendet werde. Über diese Urkunde dürfe nur verfügt werden, wenn ein Betrag in Höhe von 502.900,00 EUR auf ein näher bezeichnetes Konto bei der Sparkasse St.-Al. L. überwiesen werde.

Ende Februar zahlten die Kläger daraufhin einen Betrag in Höhe von 554.209,00 EUR, wobei 502.900,00 EUR direkt an die die Beklagten zu 1.) finanzierende Bank und der restliche Betrag direkt an die Beklagte zu 1.) gezahlt worden ist.

Die Kläger sind der Ansicht, dass die allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen nach § 3 MaBV sowie des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags nicht vorlagen und nicht vorlägen. Eine ausreichende Freistellungserklärung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV sei nicht übergeben worden. Die Abteilung IIII des Grundbuchs sei massiv belastet mit den Finanzierungsgrundschulden der die Beklagte zu 1.) finanzierenden Bank in Höhe von insgesamt 3.937.000,00 EUR. Darüber hinaus würde das beim Notar befindliches Exemplar einer Freistellungserklärung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, weil es den „steckengebliebenen Bau“ nicht wirkliche absichere. Deswegen sei der Vertrag teilnichtig, woraus sich ein Rückzahlungsanspruch ergebe. Im Hauptantrag werde ein erstrangiger Teilbetrag geltend gemacht.

Die erst im Termin vom 06.09.2022 überreichte „Pfandentlassung“ der Sparkasse St.-Al. L. genüge nicht den Anforderungen an die zwingend gebotene Freistellungserklärung. Zudem ist dieser Vortrag als verspätet zurückzuweisen.

Auf den Bautenstand käme es nicht an, da das Bauvorhaben nicht fertiggestellt sei, worauf es für die allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen aber ankomme.

Die Kläger betragen,

1. die Beklagten zu 1.) und zu 2.) zu verurteilen, an die Kläger 86.695,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise beantragen die Kläger,

1) die Beklagte zu 1.) zu verurteilen, an die Kläger 21.306,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2) die Beklagte zu 1.) zu verurteilen, das Gemeinschaftseigentum des Objekts, dauerhaft und fachgerecht fertig zu stellen wie folgt:

a) das Gebäude so fertigzustellen, dass ein KfW 55 Standard erreicht wird insbesondere durch hinreichende Wärmedämmmaßnahmen am Gebäude wie Einbau von dreifachverglasten Fenstern im gesamten Gebäude, Einbau von Fensterlüftern, Verstärkung des hofseitigen Wärmedämmverbundsystems, Errichtung eines straßenseitigen Wärmedämmverbundsystems am Mauerwerk, Einbau einer hinreichenden Wärmedämmung von der Wand im Badezimmer im Souterrain der Wohnung der Kläger zum Technikraum hin, Einbau einer hinreichenden Wärmedämmung vom straßenseitigen Wohnzimmer (Souterrain) zum Kellerraum hin, Beseitigung der durch den Anschluss der Balkone an das Mauerwerk entstandenen Wärmebrücken

b) die Feuchtigkeit und Nässe im Sockelbereich des Außenmauerwerks der Souterrainwohnung der Kläger und im Bereich des Schornsteinschachts an der Innentreppe, der Abstellkammer und des Bades im Souterrain fachgerecht zu beseitigen

c) alle Fenster der Wohnung der Kläger fachgerecht und dauerhaft sowie lüft- und winddicht an das Gebäude anzuschließen

d) den Rahmen der Balkontür in der Wohnung der Kläger an das Gebäude einschließlich der Anschlüsse der Balkontür fachgerecht und dauerhaft anzuschließen,

e) die Terrassentür in der Wohnung der Kläger so herzustellen, dass sie sich in einem 90 Grad Winkel widerstandslos öffnen lässt

f) 5 smarte Außenjalousien an den Fenstern und Balkontüren (2 an der Terrassentür, eine am Hinterhoffenster und zwei am Straßenfenster) der Wohnung der Kläger dauerhaft und fachgerecht anzubringen,

g) eine Wohnungseingangstür, die Brand- und Schallschutzvorschriften entspricht, in der Wohnung der Kläger einzubauen,

h) die drei Schornsteine fachgerecht und dauerhaft gemauert in einer Höhe von mindestens drei Metern über dem Fußboden der Dachterrassen herzustellen,

i) das WDVS-System dauerhaft und fachgerecht vollflächig am Gebäude fertigzustellen,

j) die Stromversorgung dauerhaft und fachgerecht auch für die Wohnung der Kläger herzustellen,

k) den Sisalteppich vor dem Eingang der Kläger fachgerecht und dauerhaft auf einer Fläche von 2 qm zu verlegen,

l) die fehlende Kasemattengitter im Hofbereich der Fenster der Wohnung der Kläger herzustellen,

m) die Briefkasten-Breitschlitzanlage für das Haus der Kläger dauerhaft und fachgerecht einzubauen,

n) die Beleuchtung des Treppenhauses dauerhaft und fachgerecht herzustellen,

o) fehlende 10 Fensterbänke im Bereich der Fenster der Wohnung der Kläger dauerhaft und fachgerecht einzubauen,

p) eine Absturzsicherung aus Stahl dauerhaft und fachgerecht um die Terrasse der Kläger zu errichten,

q) den Zaun zu den Nachbarn der Kläger) dauerhaft und fachgerecht zu errichten,

r) die Regenfallrohre im Bereich des Hauses der Kläger dauerhaft und fachgerecht an die Entwässerung anzuschließen.“

s) eine verschließbare Haustür für den Hauseingang, mittlerer Art und Güte einzubauen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, dass die bislang gezahlten Raten sämtlich fällig gewesen seien.

Die MaBV finde keine Anwendung, da die Beklagte zu 1.) nur gelegentlich mit Immobilien handele.

Sie sei keine Gewerbetreibende im Sinne der Gewerbeordnung und der MaBV. Ein Handelsregisterauszug vom 15.10.2018 belege, dass der Zweck der Beklagten zu 1.) die Verwaltung eigenen Vermögens sei, nämlich das des Beklagten zu 2.) und seiner Ehefrau.

Darüber hinaus liege auch kein Bauvorhaben im Sinne des § 1 Abs. 2 MaBV, § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit.a GewO vor. Vorliegend seien keine erheblichen Bauleistungen erbracht worden; reine Modernisierungsmaßnahmen seien nicht erfasst. Vorliegend seien keine durchgreifenden Veränderungen oder Entkernungen vorgenommen worden. Dies werde schon dadurch belegt, dass nicht alle in § 3 Abs. 2 MaBV genannten Gewerke belegt worden seien.

Die MaBV sei auch darüber hinaus nur anwendbar, wenn Bauvorhaben vorbereitet und durchgeführt und dazu Vermögenswerte von Auftraggebern entgegengenommen würden. § 3 Abs. 1 Satz 1 fordere, dass Vermögenswerte des Auftraggebers zur Ausführung des Auftrags geleistet werden müssten. Vorliegend habe die Beklagten zu 1.) die Maßnahmen allerdings gemäß ihrem Zwecke der Vermögensverwaltung aus eigenem Vermögen und aus anderweitigen Kreditmitteln finanziert.

§ 813 BGB finde entsprechende Anwendung, weil es eines Rückforderungsanspruchs nicht bedarf, weil der von der MaBV bezweckte Schutz des Erwerbers im Einzelfall schon verwirklicht sei. Die geschuldeten Werkleistungen seien sämtlich ordnungsgemäß erbracht worden.

Zudem sei der Beklagten zu 2.) bezüglich eines etwaigen Verstoßes gegen die MaBV nicht passivlegitimiert, da ihm kein Vorsatz und keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist begründet. Den Klägern steht ein Rückzahlungsanspruch auf 86.695,09 EUR zu.

1. Ein Rückzahlungsanspruch ergibt sich aus ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 817 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB. Die Beklagten haben die von den Klägern gezahlte Kaufpreisraten angenommen, obwohl dies gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV verstößt. Die Beklagten waren sich auch den Umständen, die den Gesetzesverstoß begründen, bewusst.

a) Die Beklagten haben gegen das gesetzliche Verbot aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV verstoßen.

aa) Vorliegend ist die MaBV anwendbar.

(1) Bei der Beklagte zu 1.) handelt es sich um eine Gewerbetreibende nach § 1 Abs. 1 MaBV i.V.m. § 34c Abs. 1 GewO.

Ein Gewerbe liegt nach der Gewerbeordnung vor, bei einer nicht sozial unwertige (generell nicht verbotene), auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtete und auf Dauer angelegte selbstständige Tätigkeit, die nicht zur Urproduktion, zu den Freien Berufen oder zur bloßen Verwaltung eigenen Vermögens zu rechnen ist (BeckOK GewO/Leisner, 57. Ed. 1.6.2022, GewO § 14 Rn. 21).

Zwar fällt demnach die Verwaltung des eigenen Vermögens nicht unter den Begriff der Gewerbetreibenden. Die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird allerdings überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (BFH, NJW 2003, 1622, beck-online). Hierbei wird auf das Gesamtbild der Tätigkeit abgestellt. Indizien für eine gewerbliche Tätigkeit sind die Beschäftigung von Hilfspersonen, die Höhe des Kapitaleinsatzes, Dauer und Umfang der Tätigkeit, der Organisationsaufwand sowie das Auftreten im Rechtsverkehr (BeckOK GewO/Pielow, 56. Ed. 1.3.2020, GewO § 1 Rn. 184).

In der Gesamtschau bestehen für das Gericht keine Zweifel daran, dass die Beklagte zu 1.) gewerblich handelt. Gemäß dem vorliegenden Kaufvertrag ist der vorliegende Grundbesitz mit einem Mehrfamilienhaus bebaut, das durch Aufstockung des Dachgeschosses 23 Wohneinheiten umfasst. Es wurden gemäß § 1 Ziffer 3 umfangreiche werkvertragliche Bauleistungen übernommen, die einen hohen Kapitaleinsatz fordern (vgl. auch: Ausstattungsund Bemusterungskatalog, Anlage B2). Das Bestandsgebäude wurde aufgestockt und die Wohneinheiten entkernt und umfangreich saniert (vlg. zu den tatsächlichen Feststellungen: Gutachten vom 28.01.2021 des Dipl.-Ing. J. W., K5). Auf der Innenhofseite ist ein Wärmedämmverbundsystem ausgeführt und straßenseitig ist die Bestandsfassade aufgearbeitet worden. Auch wurden im Innenhof vor die Fassade Balkone errichtet und im Erdgeschoss der Wohneinheiten ist mit einem ausgebauten Untergeschoss verbunden worden, die hofseitig mit einer Souterrainterrasse angeordnet worden sind.

Ausweislich des Ausstattungs- und Bemusterungskatalog handelte es sich um den „Neubau von 3 Penthouse- und 6 Gartengeschosswohnungen“. Es sind also insgesamt neun neue Wohneinheiten entstanden. Unabhängig davon, dass die übrigen Wohnungen offenbar umfangreich saniert worden ist, lässt bereits der Verkauf dieser Objekte an unterschiedliche Erwerber eine nachhaltige, also mit Wiederholungsabsicht ausgeübte Tätigkeit schließen (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, 10 U 20/09, Urteil vom 13.11.2009, Rn. 63, m.w.N.). Denn jedenfalls wird die Wiederholungsabsicht durch die Veräußerungen an verschiedene Abnehmer dokumentiert.

(2) Darüber hinaus ist auch ein von § 1 Abs. 1 MaBV, 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a) GewO erfasstes Bauvorhaben gegeben. Die Beklagte zu 1.) hat sich verpflichtet, auch Bauleistungen zu erbringen, die wegen ihrer Art und ihres Umfangs als Bauvorhaben gelten (BayObLGZ 2004, 278, beckonline).

Es hat gravierende Arbeiten an der Bausubstanz des streitgegenständlichen Gebäudes gegeben. Es wurden insgesamt neun Wohnungen bzw. Wohnräume neu errichtet und im Übrigen die übrigen Bestandswohnungen saniert. So wurde ein ganzes Geschoss aufgestockt und die Erdgeschosswohnung mit dem Untergeschoss zusammengelegt, wofür Deckendurchbrüche aus den Kellerräumen zu den bisherigen Wohnungen notwendig waren. Wie aus der Anlage B2 ersichtlich wird, wurden zudem sogar umfangreiche Arbeiten am Außen- und Innenmauerwerk durchgeführt, die ebenfalls die Einheit als Bauvorhaben qualifizieren (BayObLGZ a.a.O.). Die Klägerseite hat zudem unwidersprochen vorgetragen (Bl. 106ff. d. A.), dass ein neues Dach inklusive der Eindeckung und Dämmung aufgebracht werden sollte und eine neue Kellerdecke einzubringen war.

(3) Die Beklagte zu 1.) übt auch eine Tätigkeit nach §§ 1 Abs. 1 MaBV, 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a) GewO aus. Bauherren unterliegen nur dann dem § 34c GewO, wenn sie zur Vorbereitung oder Durchführung des Baues fremde Vermögenswerte verwenden.

Der Begriff „verwenden“ ist dabei weit auszulegen. Zunächst liegt ein Verwenden im Sinne der Vorschrift vor, wenn das hinterlegte Geld bauabschnittsweise an den Gewerbetreibenden ausbezahlt wird (Marcks MaBV, 10. Aufl. 2019, GewO § 34c Rn. 41). Vorliegend war der Kaufpreis nach § 3 Ziffer 3 zu 96,5% nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe zu entrichten und die fehlenden 3,5% waren nach vollständiger Fertigstellung zu entrichten. Somit war der Kaufpreis während der Bauphase zu zahlen und nicht erst nach vollständiger Fertigstellung.

Bauherren, die bei der Vorbereitung oder Durchführung von Bauvorhaben für einzelne Projekte auf die Verwendung fremder Vermögenswerte verzichten, daneben aber auch Projekte unter Inanspruchnahme solcher Fremdmittel durchführen, so wie es die Beklagten vorliegend vorbringen, unterliegen nichtsdestotrotz § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a) GewO (Marcks MaBV, 10. Aufl. 2019, GewO § 34c Rn. 41). Daher können die Beklagten insoweit auch nicht mit ihrem Argument durchdringen, dass die Beklagte zu 1.) die Maßnahmen gemäß ihrem Zweck der Vermögensverwaltung aus eigenem Vermögen und aus anderweitigen Kreditmitteln finanziert hat. Denn es ist unschädlich, dass die Beklagte – zu Beginn des Bauvorhabens und bis zum Erhalt der Zahlung durch die Kläger – eigenes Vermögen aufgewendet haben. Jedenfalls wurde hier der Kaufpreis durch die Kläger noch während des Bauvorhabens gezahlt. Nur so wird der von § 3 Abs. 1 MaBV verfolgt Zweck zum (Mindest-)Schutz des Erwerbers gewahrt.

bb) Die Beklagten haben gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 MaBV verstoßen. Die Beklagten war vorliegend nicht zur Entgegennahme der streitgegenständlichen Ratenzahlung von 96,5% berechtigt. Es lag keine ausreichende Freistellungserklärung hinsichtlich vorrangiger Grundschulden im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV vor.

(1) § 3 Abs. 1 S. 1 MaBV regelt ein öffentlichrechtliches Entgegennahmeverbot des Bauträgers bzw. Bauherrn. Demnach darf er vom Besteller keine Vermögenswerte entgegennehmen, wenn nicht die dort normierten Voraussetzungen erfüllt sind.

§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MaBV fordert, dass die Freistellung des Vertragsobjekts von allen Grundpfandrechten, die der Vormerkung im Range vorgehen oder gleichstehen und nicht übernommen werden sollen, gesichert ist, und zwar auch für den Fall, dass das Bauvorhaben nicht vollendet wird. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3, S. 2 und 3 MaBV bedeutet dies, dass gewährleistet sein muss, dass die nicht zu übernehmenden Grundpfandrechte im Grundbuch gelöscht werden, und zwar, wenn das Bauvorhaben vollendet wird, unverzüglich nach Zahlung der geschuldeten Vertragssumme, andernfalls unverzüglich nach Zahlung des dem erreichten Bautenstand entsprechenden Teils der geschuldeten Vertragssumme durch den Auftraggeber.

Das Grundbuch war vorliegend zum Zeitpunkt der anteiligen Kaufpreiszahlung von 96,5% der Gesamtsumme massiv belastet. Es lag keine ausreichende Freistellungserklärung nach Zahlung der dem Bautenstand entsprechenden Teils der geschuldeten Vertragssumme, also 96,5%, vor. Trotzdem teilte der Notar den Klägern mit Schreiben vom 18.02.2020 mit, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen und dass die erforderliche Freistellungserklärung vorliegen würden. Diese Angaben basierten auf einem Schreiben der Sparkasse St.-Al. L. vom 25.10.2019, in dem diese die Pfandentlassung Nr. 23642/2019 bestätigt. Aus dem von dem Notar beigefügten Grundbuchauszug wird jedoch ersichtlich, dass in Abteilung III weiterhin Grundschulden von insgesamt 3.937.000,00 EUR vermerkt waren, die vertraglich nicht von der Klägerseite übernommen worden sind. Dies entspricht jedoch nicht einer ausreichenden Freistellungserklärung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 MaBV. Denn Ziel des Freigabeversprechens ist, die Absicherung des Erwerbers im erforderlichen Maße. Die im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung für die Kläger allein, wenn – wie hier – vorrangige Grundpfandrechte eingetragen sind, nützt ihnen nichts. Nur beide Maßnahmen zusammen, nämlich die Auflassungsvormerkung und die Freistellung des Vertragsobjekts von vorrangigen Grundpfandrechten, stellen erst sicher, dass der Auftraggeber überhaupt Eigentum an dem Grundstück und darüber hinaus unbelastetes Eigentum erwerben kann (Marcks MaBV, 10. Aufl. 2019, MaBV § 3 Rn. 12). Daher muss die Freistellung des Vertragsobjekts von allen Grundpfandrechten, die der Vormerkung im Range vorgehen oder gleichstehen und nicht (vom Auftraggeber) übernommen werden sollen, gesichert sein. Dies war hier aber nicht der Fall, weil durch die Beklagte nicht sicher gestellt worden war, dass alle vorrangigen Grundpfandrechte zum Zeitpunkt der Entgegennahme der Kaufpreisrate auch gelöscht worden sind.

(2) Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2022 eine Pfandentlassung der Sparkasse Altes Land vorgelegt haben (Bl. 251 d. A.), in der erklärt wird, dass diese die von dem belasteten Pfandobjekt abgetrennte 107/1523 Miteigentumsanteil an den Flurstücken Nr. 818 zur Größe von 241 qm, NR. 819 zur Größe von 245 qm und Nr. 820 zur Größe 232 qm der Gemarkung Eilbek, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung, im Aufteilungsplan bezeichnet als Nr. W18 aus der Mithaft entlassen werde und die lastenfreie Abschreibung bewillige, so war dieser Vortrag gemäß §§ 282 Abs. 1, 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen.

Nach § 282 Abs. 1 ZPO hat jede Partei in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Darüber hinaus sind nach Abs. 2 Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt es an einer rechtzeitigen Mitteilung der vorgelegten Pfandentlassung als Verteidigungsmittels i.S.d. § 282 ZPO. Bei den von der Klägerseite im Termin bestrittenen der Urkunde zugrundeliegenden Tatsachen handelt es sich um solche, die in der Sphäre der Beklagten lagen und die ohne Weiteres bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte vorgebracht werden können. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die vorgelegte Pfandentlassung bereits auf den 25.10.2019 datiert.

Das danach verspätet vorgebrachte Verteidigungsmittel war gemäß § 296 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da seine Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruhte. Dies ergibt sich besonders deutlich aus den Umständen des hiesigen Einzelfalles. Durch den bestrittenen Vortrag der Beklagtenseite wäre es zwangsläufig zu einer Verzögerung des Rechtsstreits gekommen, da es durch Zulassung des Vortrags in dem vorliegenden Verfahren zunächst zu einer Beweisaufnahme hinsichtlich der Pfandentlassung gekommen wäre, da die Klägerseite bereits im Termin bestritten hat, dass die finanzierende Bank diese Erklärung tatsächliche abgegeben hat, da nicht das Original vorgelegt worden sei und dass – wie es die Kommentarliteratur fordere – das Original der Pfandentlassung sich nicht bei dem entsprechenden Notar befinde. Auch ein Treuhandauftrag des Notars sei nicht hinreichend dargelegt worden. Die Beklagtenseite hat indes vorgetragen, dass das Original an die Kläger übergeben worden sei. Hier hätte es einer Aufklärung bedurft. Darüber hinaus wäre es dann ggf. zu weiteren Beweisaufnahmen hinsichtlich der Hilfsanträge gekommen. Dies wäre kausal allein auf das verspätete Vorbringen des Verteidigungsmittels zurückzuführen gewesen. Die Verspätung beruhte auch auf einer groben Nachlässigkeit der Beklagten, denn bei sorgfältiger Wahrnehmung ihrer Prozessförderungspflicht hätte sie dieses auf der Hand liegende Verteidigungsmittel bereits unmittelbar in der Klageerwiderung bzw. in einem anderen Schriftsatz rechtzeitig vor dem Termin vorbringen können und müssen.

Dabei kann die Beklagtenseite nicht mit ihrem Vortrag durchdringen, dass die Freistellungserklärung der Bank bereits im Prozess vorgelegen habe, nämlich durch Einreichung der Anlage K14. Diese Erklärung der Sparkasse St.-Al. L. reichte jedoch – wie oben ausgeführt – nicht für eine Freistellungserklärung im Sinne der MaBV aus, da sie ausweislich des durch den Notar übersendeten Grundbuchs, weiterhin vorrangige Grundschulden in Abteilung III des Grundbuchs vermerkt waren, die nicht von den Klägern übernommen worden sind. Hierbei handelt es sich zudem um ein anderes Schreiben als die Erklärung, die die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegt haben.

(3) Im Übrigen entspricht die von der Sparkasse St.-Al. L. vorgelegte Pfandentlassung bereits nicht den Anforderungen an die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV. Eine Pfandentlassungserklärung der Bank gegenüber dem Notar reicht als Freistellungserklärung nicht aus, weil dadurch kein Anspruch des Erwerbers gegen den Grundpfandgläubiger besteht (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 22. November 2005 – 4 U 501/04 – 143 -, Kniffka/Koeble, Teil 10 Formen des Bauens und Vertragsarten; Baumodelle und Bauträgervertrag, Rn. 634). Hierdurch wird zugunsten der Kläger kein Schutz bewirkt, der mit dem einer Freistellungserklärung identisch wäre. Zum einen erwirbt der Auftraggeber durch die Freistellungserklärung einen direkten Anspruch gegen die Bank auf Freigabe (OLG Saarbrücken, a. a.O.). Dies ist jedoch bei der Pfandentlassungserklärung verbunden mit einem von der Klägerseite bestrittenen Treuhandauftrag mit dem Notar nicht der Fall. Hierdurch kommen lediglich Rechtsverhältnisse zwischen dem Notar und der Gläubigerin einerseits und dem Notar und den Vertragsparteien andererseits zustande, wonach der Notar nur unter bestimmten Voraussetzungen unter Ausnutzung der grundbuchrechtlichen Bewilligung i. S. d. § 19 GBO bestimmte Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abzugeben berechtigt und verpflichtet ist. Allein der Notar garantiert in diesem Fall die ordnungsgemäße Umsetzung der Pfandentlassung, während der Erwerber der Immobilie hierauf keinen eigenen Einfluss nehmen kann (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, a.a.O.).

Darüber hinaus stellt der Vertrag unstreitig auf die „Durchschrift eines schriftlichen Freigabeversprechens der eingetragenen Grundpfandrechtsgläubiger“ ab, das bereits nach dem Wortlaut der abgegebenen Erklärung hier nicht vorliegt.

(4) Daher kommt es vorliegend nicht darauf an, ob der zwischen den Parteien vereinbarte Ratenzahlungsplan unwirksam ist und ob sich die Zahlung des Kaufpreises entgegen der Vereinbarung an dem Bautenstand nach § 3 Abs. 2 MaBV orientiert.

b) Die Beklagten waren sich auch den Umständen, die den Gesetzesverstoß begründen, bewusst.

Der Beklagte zu 2.) haftet als Geschäftsführer der Beklagten zu 1.) für den Verstoß gegen die Schutzpflichten aus § 3 Abs. 1 MaBV.

Leistet der Erwerber, obwohl die Freistellung des Vertragsobjekts noch nicht gesichert ist, so ist auch der Geschäftsführer zur Rückzahlung der noch nicht fälligen Raten verpflichtet, die er vorsätzlich entgegen den vertraglichen Bestimmungen angefordert bzw. wie hier entgegen genommen hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Juli 2011 – I-23 U 87/09 -).

Diese Voraussetzungen sind beim Beklagten zu 2.) erfüllt. Ihm war der Inhalt des Vertrags mit den Klägern und hierbei insbesondere die dort festgelegten Fälligkeitsmitteilungen bekannt. Darüber hinaus war ihm auch bekannt, dass bei Abforderung und Entgegennahme der Rate der Kläger die nicht von Klägern übernommenen Belastungen weiterhin im Grundbuch vermerkt waren und es diesbezüglich keine Freistellungserklärung der die Beklagte zu 1.) finanzierenden Bank gab. Dieses Bewusstsein der Umstände, die den Gesetzesverstoß begründen, reicht für die Annahme des § 817 BGB aus (OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Soweit die Beklagten vorbringen, der Beklagte zu 2.) habe weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt, da er zwar Jurist sei, sich aber im Spezialgebiet der MaBV nicht auskenne, so können sie mit diesem Vortrag nicht durchdringen. Nach dem von der Beklagtenseite selbst vorgelegten Auszug aus dem Handelsregister der Beklagten zu 1.), Anlage B3, ist Zweck der Gesellschaft der Erwerb und der Verkauf, die Errichtung, Baureifmachung und Bebauung von Immobilien und Grundstücken sowie die Gründung, der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Unternehmen, insbesondere von Grundstücks-, Objekt- und Projektgesellschaften. Der Beklagte zu 2.) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1.). In dieser Funktion ist ohne Zweifel davon auszugehen, dass dem Beklagten zu 2.) die Natur einer Freistellungserklärung sowie der Begriff der Fälligkeit bekannt ist. Dieses Wissen gepaart mit dem Umstand, dass der Vertrag ausdrücklich auf das Vorliegen einer Freistellungserklärung und die Vorschrift des § 3 MaBV verweist, reicht aus, um dem Beklagten zu 2.) das Bewusstsein der Umstände für den Gesetzesverstoß nachzuweisen. Vertiefte Kenntnisse der MaBV sind hierfür nicht erforderlich. Vielmehr wiederholt der § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV im Kern lediglich die Voraussetzungen, die die Parteien sowieso bereits in der Vertragsurkunde festgehalten haben. Für den Umstand, dass eine Freistellungserklärung bei Entgegennahme der Zahlungsrate der Kläger nicht vorlag, bedarf es keine vertieften juristischen Kenntnisse, denn hierbei handelt es sich um einen einfachen tatsächlichen Umstand.

c) Der Anspruch ist auch nicht nach § 813 BGB ausgeschlossen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass – ginge es nur um eine vorzeitige Leistung auf eine betagte Forderung -, so würde ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch nach § 813 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein.

Bei den hier in Rede stehenden Annahme von einer Ratenzahlung, die den zwingenden Vorschriften der §§ 3 Abs. 1 MaBV widerstreiten, verstößt der Bauträger durch die Entgegennahme der Vermögenswerte gegen ein gesetzliches Verbot aus § 134 BGB verstoßen. Da aber das Verbotsgesetz aus §§ 3 Abs. 1 MaBV gerade den Empfang von Zahlungen auf eine betagte Forderung verbietet, so lange die Fälligkeitsvoraussetzungen noch nicht vorliegen, kann die Regelung des § 813 Abs. 2 BGB keine Anwendung finden, soweit sie den vom Verbotsgesetz bezweckten Schutz des Erwerbers ausschalten würde (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. November 2009 – 10 U 20/09 -). Die Regelung in § 813 Abs. 2 BGB tritt jedoch nur insoweit zurück, als dies im Hinblick auf Sinn und Zweck des genannten Verbotsgesetzes gerechtfertigt ist. Soweit der vorrangige Schutz des Erwerbers die Rückzahlung der vor Fälligkeit geleisteten Zahlungen nicht gebietet, verbleibt es beim gesetzlichen Ausschluss des Kondiktionsanspruchs (BGH, Urteil vom 22. März 2007 – VII ZR 268/05 -, BGHZ 171, 364-374, Rn. 31). Soweit der Schutz des Erwerbers die Rückzahlung der vor Fälligkeit geleisteten Zahlungen nicht gebietet, verbleibt es bei dem gesetzlichen Ausschluss des Kondiktionsanspruchs nach § 813 Abs. 2 BGB (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, a.a.O.).

Mit Rücksicht auf diesen Schutzzweck der Verbotsnorm des § 3 Abs. 1 MaBV (und nicht des Verstoßes gegen Abs. 2) orientierten, regulierenden Wirkung des § 813 Abs. 2 BGB können die Kläger im vorliegenden Fall ihre geleistete Abschlagszahlung zurückfordern. Hier ist nicht etwa – worauf sich die Beklagtenpartei mit ihrem Vorbringen und der Geltendmachung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht – die Regelung über die Ratenzahlungen nach § 3 Abs. 2 MaBV unwirksam, bei der der Bauherr ggf. einen Anspruch darauf hat, entsprechend des Bautenstands eine Bezahlung zu erhalten, sondern hier ist ein Gesetzesverstoß gegen § 3 Abs. 1 MaBV gegeben. Die Beklagten hätten hier zu gar keinem Zeitpunkt irgendeinen Betrag der Klägerseite annehmen dürfen.

Dies steht im Einklang mit den zwischen den Parteien vereinbarten Regelungen in dem Kaufvertrag. Sie haben sich darauf geeinigt, dass die Ratenzahlungen nicht in mehreren Abschnitten und entsprechend § 3 Abs. 2 MaBV anhand des jeweiligen Baufortschritt, sondern dass der Großteil des Kaufpreises bei Bezugsfertigkeit gezahlt werden soll. Dieser Teil des Kaufpreises sollte jedoch nach den allgemeinen Fälligkeitsregelungen erst dann gezahlt werden, wenn eine Freistellungserklärung nach § 3 der MaBV vorliegt. Da eine solche Erklärung gerade nicht vorliegt, war der gesamte Teilbetrag bereits nach dem Vertrag nicht zur Zahlung fällig.

Vor diesem Hintergrund müssen sich die Kläger auch nicht im Wege der Vorteilsausgleichung dasjenige anrechnen lassen, das ihnen zugutekommt, weil sie bereits in dem Objekt wohnen.

Soweit die Beklagten einwenden, so käme es zu einem sinnlosen Hin- und Herbewegen der an sich geschuldeten Leistung und die Kläger müssten den Betrag sofort an die Beklagte zu 1.) zurückerstatten, so kann sie hiermit nicht durchdringen. Dem zum selben Ergebnis kommt auch die von der Beklagtenseite zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einem Verstoß gegen § 3 Abs. 2 MaBV. In den Fällen nämlich, bei denen der von der MaBV bezweckte Schutz des Erwerbers im Einzelfall nicht bereits verwirklicht ist – wie hier -, steht dem Rückforderungsanspruch § 813 Abs. 2 BGB nicht entgegen (BGH, NZBau 2007, 437, beckonline). In diesen Fällen kann also der Erwerber die bereits gezahlte Rate von dem Bauherrn zurückverlangen und muss sie unter Umständen nach kurzer Zeit sofort wieder an den Bauherren herausgeben.

d) Soweit die Beklagten behauptet, die Beklagten – offenbar sind hier die Kläger gemeint – seien nicht mehr schutzwürdig, weil das Bauwerk fertig gestellt worden sei, so trägt ihr eigenes Vorbringen diese Einschätzung nicht. Sie tragen vor (Bl. 280 d. A.), dass alle Wegebeziehungen hergestellt seien, die Treppenhäuser fertiggestellt und alle Wohnungen an die neuen Elektrosteigeleitungen angeschlossen worden seien. Selbst wenn man diesen Vortrag als wahr unterstellen mag, so haben die Kläger in ihren Schriftsätzen eine deutlich größere Anzahl an Mängeln gerügt, die der Abnahmereife entgegen stehen könnten. Auch wenn das Vorliegen dieser Mängel teilweise streitig ist, so war jedenfalls unstreitig, dass die Beklagte zu 1.) bislang beispielsweise die Außenjalousien nicht angebracht hat, die Breitschlitzbriefkastenanlage, zehn Fensterbänke sowie der Terrassenzaun zum Nachbarn fehlt (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2022, Bl. 258 d. A.). Dass die Beklagte zu 1.) diese Arbeiten sämtlich ausgeführt hat, wird nicht vorgetragen. Dies gilt vor dem Hintergrund, dass ggf. weitere umfangreiche Arbeiten ausstehen (die Erforderlichkeit zum Ausstattung der Außenwand des Gebäudes in KfW55 Standard), weil auch die von den Klägern vorgebrachte Mängel von der Beklagten zu beseitigen sind, wobei letzteres für die Argumentation nicht herangezogen werden muss.

e) Auf ein Fortbestehendes Vertragsverhältnis, bei dem die Frage des § 281 Abs. 4 BGB relevant werden könnte, kommt es ihm Rahmen des § 817 BGB nicht an. Mit dem Hauptantrag werden keine Ansprüche aufgrund einer etwaigen vertraglichen Grundlage geltend gemacht.

f) Die Beklagten war aufgrund von § 308 Abs. 1 ZPO in Höhe des im Hauptantrag geltend gemachten Betrags zu verurteilen.

II.

Aufgrund des Erfolgs des Hauptantrags war über die Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709 S. 1 und 2 ZPO.

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