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Nachbarschutz gegen Wohnungsbauvorhaben

Oberverwaltungsgericht Bremen – Az.: 1 B 105/22 – Beschluss vom 19.07.2022

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen – 1. Kammer – vom 05. April 2022 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird ebenfalls auf 11.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragsteller begehren die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks A in Bremen (Gemarkung VR, Flur 58, Flurstück 217), welches mit einem von ihnen selbst bewohnten und zum Teil vermieteten Wohnhaus bebaut ist. Das Grundstück grenzt – getrennt durch einen ca. 1 m breiten, in die rückwärtigen Gärten führenden Weg (Gemarkung …, Flur …, Flurstück …) – in nordwestlicher Richtung an das Grundstück der Beigeladenen in der B-straße in Bremen (Gemarkung …, Flur …, Flurstück …). Die an den Weg grenzende Giebelwand des Wohnhauses der Antragsteller verfügt in Höhe des Obergeschosses über zwei Fenster sowie ein Blendfenster. Die Firsthöhe beträgt 15,74 m über Baunull. Das Wohnhaus ist Bestandteil der Denkmalgruppe „C“ und zusätzlich eingetragenes Einzeldenkmal.

Auf Antrag der Beigeladenen erteilte die Antragsgegnerin im vereinfachten Genehmigungsverfahren mit Bescheid vom 25.01.2021 eine Genehmigung zum Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit 15 Wohneinheiten und Tiefgarage auf dem Grundstück in der B-straße. Das Vorhaben verfügt über drei oberirdische Vollgeschosse mit einer Höhe von ca. 10,70 m über Baunull und ein gestaffeltes Obergeschoss mit einer Höhe von 13,70 m über Baunull, wobei jeweils Flachdächer vorgesehen sind. Das Wohngebäude soll grenzständig auf der Grundstücksgrenze zu dem 1 m breiten Weg errichtet werden, der an und hinter dem Gebäude der Antragsteller verläuft. Die grenzständige Bebauung ist gegenüber der Giebelwand des Gebäudes der Antragsteller dreigeschossig geplant, parallel zum Garten der Antragsteller soll grenzständig eine 2 m hohe Außenwand der Garage verlaufen.

Die Antragsgegnerin erteilte die Baugenehmigung planungsrechtlich auf der Grundlage des am 07.07.2020 von der Stadtbürgerschaft beschlossenen und am 16.07.2020 im Amtsblatt Nr. 121 bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplans 133 mit Vorhaben- und Erschließungsplan, der für das ca. 1.000 m² große Gebiet westlich der Blumenstraße Festsetzungen für ein dreigeschossiges Wohngebäude zuzüglich gestaffelten Obergeschosses mit 13 bis 15 Wohneinheiten und einer Tiefgarage trifft. Durch die Ziffer 1 der textlichen Festsetzungen werden für dessen Geltungsbereich sämtliche Festsetzungen bisheriger Bebauungspläne außer Kraft gesetzt. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan 133 wurde auf einen Normenkontrollantrag der Antragsteller hin vom Senat mit Urteil vom 16.11.2021 – 1 D 305/20 – aufgrund von Ausfertigungs- und Bekanntmachungsmängeln für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin führte daraufhin ein Heilungsverfahren durch, das zu einer erneuten Bekanntmachung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans am 22.12.2021 im Amtsblatt Nr. 291 führte, gemäß der der vorhabenbezogene Bebauungsplan rückwirkend zum 16.07.2020 in Kraft getreten ist. Über den hiergegen gerichteten Normenkontrollantrag der Antragsteller hat der Senat noch nicht entschieden.

Der vorherige, im Jahr 1986 beschlossene Bebauungsplan 1531 sah für das hinter den 1 m breiten Weg südöstlich an das Grundstück der Antragsteller angrenzende Grundstück an der Blumenstraße eine Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung „Garage“ und eingeschossige Bauten vor. Die dort festgesetzten Baugrenzen entsprachen im Wesentlichen der auf diesem Gebiet bereits vorhandenen privaten Garagenanlage, welche ausweislich der Planbegründung durch die Ausweisung der eingeschossigen Garagenzone gesichert werden sollte. Für die nordwestlich des Weges gelegene Reihenhauszeile, die mit dem Grundstück der Antragsteller abschließt, sieht der Bebauungsplan 1531 ein allgemeines Wohngebiet und eine geschlossene Bauweise vor. Zudem enthält der Bebauungsplan textliche Festsetzungen zur Gestaltung der Straßenrandbebauung.

Die Antragsteller, denen jeweils mit Schreiben vom 01.04.2021 der Erlass der Baugenehmigung mitgeteilt wurde, erhoben am 08.04.2021 Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.

Nachbarschutz gegen Wohnungsbauvorhaben
(Symbolfoto: jannoon028/Shutterstock.com)

Bereits am 07.04.2021 haben die Antragsteller einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 05.04.2022 abgelehnt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bedürfe keiner Entscheidung, ob eine im Eilverfahren zu berücksichtigende offensichtliche Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans 133 vorliege. Denn selbst dann, wenn dieser Bebauungsplan unwirksam wäre und in der Folge die Festsetzungen des Bebauungsplans 1531 für das Vorhaben der Beigeladenen Geltung beanspruchten, lasse sich keine Rechtsverletzung der Antragsteller feststellen. Ein Abwehranspruch könne sich nicht bereits aus dem Umstand ergeben, dass die Baugenehmigung auf Grundlage des vorhabenbezogenen Bebauungsplans 133 erlassen worden sei. Bei der Drittanfechtung einer Baugenehmigung komme es auf die Wirksamkeit eines Bebauungsplans grundsätzlich allein dann an, wenn sich aus dessen Festsetzungen für den Kläger Abwehransprüche ergeben können. Ein Verstoß gegen drittschützende Vorschriften des Bebauungsplans 1531 – seine Maßgeblichkeit für das Vorhaben der Beigeladenen unterstellt – sei nicht erkennbar. Das Vorhaben verletze gegenüber den Antragstellern zudem nicht das Rücksichtnahmegebot. Von ihm gehe weder eine erdrückende Wirkung noch eine unzumutbare Verschattung oder Verdunkelung oder unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten zum Nachteil des Grundstücks der Antragsteller aus. Soweit sich die Antragsteller auf eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften beriefen, komme eine Verletzung von Nachbarrechten bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Einhaltung von Abstandsflächen im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht Gegenstand des Prüfprogramms sei. Unabhängig davon könnten die Antragsteller sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf einen solchen Verstoß berufen. Es bestehe auch kein denkmalschutzrechtlicher Abwehranspruch der Antragsteller, da eine erhebliche Beeinträchtigung des denkmalgeschützten Erscheinungsbildes ihres Gebäudes durch das Vorhaben nicht dargetan worden sei. Soweit die Antragsteller befürchteten, dass Erdbewegungen und Bodensetzungen bei der Ausschachtung der Tiefgarage zu Schäden an ihrer denkmalgeschützten Bausubstanz führen könnten, hat das Verwaltungsgericht schließlich auf die Auflage 4950 der Baugenehmigung i.V.m. dem Schreiben des Landesamtes für Denkmalpflege vom 24.08.2020 verwiesen, wonach die Beigeladene gehalten sei, eine Bausicherung durch ein unabhängiges, qualifiziertes Monitoring vor, während und nach Abschluss der Baumaßnahmen durchzuführen. Die Antragsteller hätten auch nicht substantiiert dargetan, dass ausschließlich ein größerer Sicherheitsabstand zu einem hinreichenden Schutz ihres Eigentums führen würde. Sollten trotz der Schutzvorkehrungen Schäden entstehen, bestünde zu Gunsten der Antragsteller eine Ersatzpflicht der Beigeladenen gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB.

Gegen diesen Beschluss, der den Antragstellern am 19.04.2022 zugestellt worden ist, wenden sich die Antragsteller mit der vorliegenden Beschwerde vom 03.05.2022. Sie tragen vor, das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass es bei einer Drittanfechtung nicht entscheidungserheblich darauf ankomme, welche Vorstellungen die Genehmigungsbehörde zur Frage eines gültigen Bebauungsplans bei der Erteilung der Baugenehmigung gehabt habe. Denn unterstelle man eine Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans 133 und prüfe, ob die Baugenehmigung auf der Grundlage des Bebauungsplans 1531 hätte erteilt werden dürfen, wäre dies nur unter Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 BauGB möglich. Der Anspruch auf eine behördliche Ermessensentscheidung sei ein subjektives Recht der Antragsteller, dessen Verletzung das Verwaltungsgericht nicht erkannt habe. Das Verwaltungsgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans 1531 keine drittschützende Wirkung hätten. Hinsichtlich des Rücksichtnahmegebots verkenne es, dass es im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB gehindert sei, die Rechtmäßigkeit einer möglichen Befreiung zu prüfen, wenn die Genehmigungsbehörde selbst keine Ermessensentscheidung getroffen habe. § 15 BauNVO sei demgegenüber aufgrund des Verstoßes gegen Festsetzungen des Bebauungsplans 1531 nicht anwendbar. Im Übrigen habe das Vorhaben eine abriegelnde Wirkung, da es im Blockinnenbereich des Quartiers einen Querriegel bilde. Soweit das Verwaltungsgericht annehme, es liege keine unzumutbare Verschattung oder Verdunkelung vor, verkenne es, dass das gegenseitige Austauschverhältnis der Nachbarn vorliegend gerade durch den Bebauungsplan 1531 geregelt werde und ein Verstoß gegen dessen Festsetzungen damit rücksichtslos sei. Dies gelte auch im Hinblick auf die Einsichtsmöglichkeiten. Hinsichtlich der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften tragen die Antragsteller vor, das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 63 BremLBO entbinde nicht von der Pflicht zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Anforderungen an das Vorhaben. Im Übrigen würden sowohl die Abstandsflächen nach dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan als auch nach dem Bebauungsplan 1531 nicht eingehalten und der Grundsatz von Treu und Glauben könne ihnen nicht entgegengehalten werden. Das Vorhaben verstoße gegen den Denkmalschutz, indem es aufgrund seiner Gestaltung den Eindruck vermittele, als könnten die denkmalgeschützten Altbremer Häuser nicht mehr den konkurrierenden Wohnansprüchen der Gegenwart gerecht werden. Schließlich müsse bei denkmalgeschützten Gebäuden mehr noch als sonst darauf geachtet werden, dass Schäden an der Gebäudesubstanz gar nicht erst entstehen. Die Beigeladene müsse detailliert darlegen, durch welche bautechnischen Vorkehrungen eine hinreichende Gewähr dafür geschaffen werden solle, dass Bodenveränderungen bei Errichtung der Tiefgarage nicht zu Rissen am Haus der Antragsteller führen.

Sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene treten der Beschwerde entgegen und beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt nicht die Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses.

1. Das Interesse der Antragsteller an einer Aussetzung der Baugenehmigung überwiegt nicht das öffentliche Interesse an deren Vollziehung. Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, die erstinstanzliche Annahme zu erschüttern, dass die angefochtene Baugenehmigung für das Vorhaben keine nachbarschützenden Vorschriften verletzt.

a) Soweit die Antragsteller sich in ihren Rechten bereits dadurch verletzt sehen, dass die Genehmigungsbehörde keine Entscheidung über eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB getroffen habe, obwohl das Vorhaben gegen Festsetzungen des Bebauungsplans 1531 verstoße, greift ihr Einwand nicht durch.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es im Falle der Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans 133 unerheblich wäre, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung von der Genehmigungsbehörde auf Grundlage dieses Bebauungsplans und nicht des Bebauungsplans 1531 erteilt worden ist, und hat zutreffend lediglich geprüft, ob die Baugenehmigung gegen nachbarschützende Festsetzungen des Bebauungsplans 1531 oder das Rücksichtnahmegebot verstößt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Nachbarn nicht schon dann einen Anspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der jeweilige Nachbar durch die Genehmigung zugleich in seinen Rechten verletzt ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat. Zwar hat die Möglichkeit, von den Festsetzungen eines Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB zu befreien, drittschützende Wirkung. Drittschutz aus § 31 Abs. 2 BauGB wegen nicht hinreichender Rücksichtnahme auf die Interessen des Nachbarn kann jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn eine Befreiung tatsächlich erteilt worden ist. Insoweit ist § 31 Abs. 2 BauGB eine Spezialvorschrift, deren Anwendungsbereich auf die Erteilung der Befreiung beschränkt ist. Hat die Baugenehmigungsbehörde dagegen ein Vorhaben ohne die an sich erforderliche Befreiung genehmigt, so können Rechte des Nachbarn nur durch die Baugenehmigung selbst, nicht jedoch durch eine – nicht existierende – Befreiung verletzt sein (BVerwG, Urt. v. 06.10.1989 – 4 C 14.87, juris Rn. 9 f.).

Allein der Umstand, dass die Baugenehmigungsbehörde vorliegend unter der Annahme der Wirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans 133 keine Entscheidung über eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans 1531 getroffen hat (sog. „versteckter“ oder „stillschweigender Dispens“), vermag damit noch keinen Anspruch der Antragsteller auf Aufhebung der Baugenehmigung begründen (OVG Bremen, Urt. v. 08.05.2018 – 1 B 18/18, juris Rn. 23; so auch OVG Rheinl.-Pf., Urt. v. 18.01.2018 – 1 A 11459/17, juris Rn. 48; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 25.09.2017 – 3 M 93/17, juris Rn. 33; BayVGH, Beschl. v. 05.09.2016 – 15 CS 16.1536, juris Rn. 33; OVG NRW, Urt. v. 09.05.2016 – 10 A 1611/14, juris Rn. 51; vgl. auch NdsOVG, Beschl. v. 01.06.2021 – 1 ME 137/20, juris Rn. 29).

In Anbetracht dessen ist der von den Antragstellern angeführten Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz, mit der es die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung angeordnet hat, weil die Baugenehmigungsbehörde eine Ermessensentscheidung über eine objektiv erforderliche Befreiung von (auch nicht drittschützenden) Festsetzungen des Bebauungsplans unterlassen hat (Beschl. v. 09.12.2020 – 8 B 11336/20, juris Rn. 27 f.), nicht zu folgen.

b) Den Antragstellern ist es nicht gelungen, die Annahme des Verwaltungsgerichts, das genehmigte Vorhaben verletze keine die Antragsteller schützenden Festsetzungen des Bebauungsplans 1531, erfolgreich in Zweifel zu ziehen.

aa) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Festsetzung „Garage“ im Bebauungsplan 1531 keine für die Antragsteller drittschützende Wirkung zukommt.

Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, lässt sich weder den textlichen oder zeichnerischen Darstellungen des Bebauungsplans noch seiner Begründung entnehmen, dass dieser Festsetzung nach dem Willen der planenden Gemeinde drittschützende Wirkung zugunsten des Grundstücks der Antragsteller zukommen sollte. Die Planbegründung weist diesbezüglich lediglich darauf hin, dass die „bestehende Stellplatzanlage an der Blumenstraße (…) planungsrechtlich durch die Ausweisung einer eingeschossigen Garagenzone (GA) gesichert (wird).“ Ein Bezug zu den Rechtspositionen der im angrenzenden Allgemeinen Wohngebiet gelegenen Grundstücke wird dabei nicht hergestellt. Ein solcher lässt sich insbesondere nicht der im Bebauungsplan zugleich vorgenommenen Einschränkung der zulässigen Stellplätze an den Grundstücken (straßenseitig nur eine Einfahrt oder Garagen-öffnung von max. 3 m Breite pro Grundstück) entnehmen, welche ausweislich der Planbegründung zum Schutz der für den Straßenraum Wulwesstraße und Beim Steinernen Kreuz typischen Vorgärten dient. Dass die bestehende Garagenanlage gerade zum Ausgleich dieser Einschränkung spezifisch für die von der Einschränkung betroffenen Plannachbarn gesichert werden soll, lässt sich dem Bebauungsplan nicht entnehmen. Auch wenn es sich, wie die Antragsteller vortragen, bei den Garagen um keine Kurzzeitparkplätze für das Einkaufspublikum handele, sondern um Dauerparkplätze für die Anwohner, ist eine individuelle Zuordnung der privat vermieteten Garagen zu einzelnen Nachbargrundstücken gerade nicht möglich. Die Sicherung vorhandener Stellplätze zur Befriedigung eines Stellplatzbedarfs in einer zentralen, dicht bebauten innerstädtischen Lage stellt vielmehr ein öffentliches Interesse dar. Aus denselben Gründen kann eine nachbarschützende Wirkung der Festsetzung einer Garagenzone auch nicht aus der im Plangebiet herrschenden geschlossenen Straßenrandbebauung und der in der Planbegründung als Planungsziel unter anderem angegebenen Einschränkung der Bebauung im Blockinnenbereich entnommen werden, aus der die Antragsteller herleiten, dass die Garagenzone als eine ausnahmsweise nicht freigehaltene Blockinnenbereichsfläche gerade für das „Quartier“ die gemeinschaftliche Funktion habe, Stellplätze zur Verfügung zu stellen.

bb) Auch ergibt sich aus dem Bebauungsplan 1531 nicht, dass der eingeschossigen Bebauung in der Garagenzone drittschützende Wirkung zukommt. Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung durch Bebauungspläne kommt eine solche Wirkung grundsätzlich nicht zu (BVerwG, Beschl. v. 23.06.1995 – 4 B 52.95, juris Rn. 4). Etwas Anderes gilt dann, wenn sich aus dem Willen der Plangeberin ergibt, dass die Festsetzung (auch) darauf gerichtet ist, dem Schutz des Nachbarn zu dienen (stRspr. d. BVerwG, vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 11.06.2019 – 4 B 5.19, juris Rn. 4). Hierfür ist nichts ersichtlich. Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, orientiert sich die Zahl der Vollgeschosse ausweislich der Planbegründung überwiegend an den bestehenden Gebäuden. Sie entspricht damit im Bereich der Garagenzone der bereits vorhandenen Garagenbebauung, die nach der Planbegründung durch die Ausweisung der Garagenzone zudem gesichert werden sollte. Auch soweit in der Planbegründung festgestellt wird, dass die Garagenanlage an der Blumenstraße in den Blockinnenbereich hineinreicht, folgt daraus kein Wille der Gemeinde, der Eingeschossigkeit – genauso wie bei der Festsetzung von gärtnerisch anzulegenden Freiflächen –  eine Erholungsfunktion für die angrenzende Wohnbebauung einzuräumen und den Wohngebäuden einen großzügigen Zugang von Licht, Luft und Sonne und einen Sozialabstand zu sichern. Abgesehen davon, dass eine eingeschossige Bebauung nicht mit einer von einer Bebauung freizuhaltenden Fläche gleichgesetzt werden kann, ist nicht erkennbar, dass die Plangeberin gerade durch die Begrenzung der Geschossigkeit in der Garagenzone einer besonderen Funktion der Fläche im Sinne eines Blockinnenbereichs Rechnung tragen wollte. Vielmehr hat sie lediglich auf die Sicherung der bestehenden Bebauung in diesem Bereich abgestellt.

cc) Es ist ebenfalls nicht erkennbar, dass den im Bebauungsplan 1531 festgesetzten Baugrenzen zugunsten der Antragsteller nachbarschützende Wirkung zukommt. Zwar dürfte die Baugrenze durch das genehmigte Vorhaben nicht in allen Bereichen eingehalten worden sein. Die Antragsteller weisen zu Recht darauf hin, dass das Vorhaben im nordöstlichen Bereich vor der Tiefgaragenzufahrt einen größeren Teil des Zufahrtbereichs verbaut. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, ein Anhaltspunkt für eine nachbarschützende Funktion könne sich allenfalls insoweit ergeben, als der Planungsträger ausweislich der Begründung den Blockinnenbereich überwiegend als nicht überbaubare Fläche festgesetzt habe, um für das Quartier ausreichend Freifläche zu sichern. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben rage nicht in die als nicht überbaubare festgesetzte Fläche des Blockinnenbereichs hinein, ist damit so zu verstehen, dass das Verwaltungsgericht die hier überschrittene Baugrenze im Bereich der Tiefgaragenzufahrt gerade nicht zum Blockinnenbereich zählt und ihr damit keine nachbarschützende Wirkung beimisst. Diese Bewertung begegnet keinen Bedenken. Soweit die Antragsteller letztlich den gesamten Bereich der Garagenzone zum Blockinnenbereich zählen, führt diese Annahme nicht dazu, dass die hier überschrittene Baugrenze im Bereich der (Tief-)Garagenzufahrt zu ihren Gunsten nachbarschützend ist. Denn diese zur Straßenecke Blumenstraße/Beim Steinernen Kreuz/Bauernstraße gerichtete Baugrenze im Zufahrtbereich der Garagenanlage dient ersichtlich nicht der Sicherung ausreichender Freiflächen für das Quartier, wie dies etwa für die im rückwärtigen Bereich der Blockrandbebauung gelegenen zu begrünenden Flächen gilt.

dd) Das Verwaltungsgericht ist entgegen der Ansicht der Antragsteller auch zutreffend davon ausgegangen, dass die in Ziffer 9, 10 und 11 des Bebauungsplans 1531 geregelten Gestaltungsvorgaben zur Gliederung der Straßenrandbebauung, zur Fassaden- und Dachgestaltung und zur Einfriedung von Vorgärten als örtliche Bauvorschriften auf Grundlage von § 110 Abs. 1 und 4 BremLBO 1979 nicht nachbarschützend sind.

Dass örtliche Gestaltungsvorschriften grundsätzlich nicht nachbarschützend sind, entspricht soweit erkennbar der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung. Nachbarschutz kann eine örtliche Gestaltungsvorschrift nur dann vermitteln, wenn die Gemeinde der Festsetzung erkennbar eine entsprechende Wirkung geben wollte (etwa BayVGH, Beschl. v. 16.03.2021 – 15 CS 21.545, juris Rn. 57; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.08.2018 – 5 S 272/18, juris Rn. 41; OVG Berl.-Brand., Beschl. v. 08.01.2007 – OVG 10 S 9.06, juris Rn. 3; OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 18.12.2003 – 2 L 7/02, juris Rn. 6; NdsOVG, Beschl. v. 18.12.1998 – 1 M 5489/98, juris Rn. 5). Dafür ist hier nichts erkennbar. Insbesondere verweist die Planbegründung mit dem Schutz der ortsüblichen Gestaltstruktur und dem Ortsbild lediglich auf das öffentliche städtebauliche Interesse am Schutz des Ortsbildes. Auch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass das einheitliche Ortsbild gerade auch dem Schutz der unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden im Plangebiet dienen soll. Insbesondere gelten die Gestaltungsvorschriften für das gesamte Plangebiet und damit auch außerhalb des Umfelds, in dem das unter Denkmalschutz stehende Gebäude der Antragsteller wahrnehmbar ist.

Allein der Umstand, dass sämtliche Grundstückseigentümer im Geltungsbereich des Bebauungsplans 1531 den Gestaltungsvorschriften unterworfen sind, führt entgegen der Ansicht der Antragsteller zudem nicht zu einer von einem wechselseitigen Austauschverhältnis geprägten Schicksalsgemeinschaft der Grundstückseigentümer. Die Gestaltungsvorschriften dienen allein dem Zweck eines einheitlichen Ortsbildes und sollen keinen nachbarlichen Interessenkonflikt durch Merkmale der Zuordnung, der Verträglichkeit und der Abstimmung benachbarter Nutzungen regeln und ausgleichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.08.2018 – 4 C 7/17, juris Rn. 15). Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Anfechtungsrecht des Eigentümers bei einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung seines Kulturdenkmals (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 – 4 C 3.08, juris). Das Bundesverwaltungsgericht stellt diesbezüglich gerade auf die gesetzliche Pflicht des Kulturdenkmaleigentümers, das Denkmal zu erhalten und zu pflegen, als eine Besonderheit des Denkmalschutzrechts ab (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 – 4 C 3.08, juris Rn. 10 ff.). Mit einer Erhaltungspflicht, d.h. einer Pflicht zu positivem Tun, sind die hier in Rede stehenden Gestaltungsvorschriften gerade nicht vergleichbar. Sie beschränken lediglich die Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks und sind damit mit anderen Festsetzungen eines Bebauungsplans vergleichbar.

c) Verstößt die Baugenehmigung gegen nicht nachbarschützende Festsetzungen des Bebauungsplans, kann sich ein Nachbar gegen die Baugenehmigung nur noch erfolgreich im Rahmen des Gebotes der Rücksichtnahme wehren. Dabei ist § 15 BauNVO nicht unmittelbar anwendbar, wenn ein Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht. Allerdings kann in einem solchen Fall Nachbarschutz in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO unter Berücksichtigung der Interessenbewertung nach § 31 Abs. 2 BauGB gegeben sein. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass § 31 Abs. 2 BauGB Drittschutz auch gegenüber einer Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans vermittelt, so dass auch das Interesse der betroffenen Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzungen eines Bebauungsplans und damit an einer Verhinderung von Beeinträchtigungen oder Nachteilen durch eine Befreiung zu würdigen sind. Der Nachbar kann umso mehr an Rücksichtnahme verlangen, je empfindlicher seine Stellung durch eine an die Stelle der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzung tretende andersartige Nutzung berührt werden kann. Umgekehrt braucht derjenige, der die Befreiung in Anspruch nehmen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Die Interessen der Beteiligten haben ein unterschiedliches Gewicht, je nach dem, ob es um ein Vorhaben geht, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans entspricht, also nur ausnahmsweise über § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig sein kann, oder ob es um ein Vorhaben geht, das von den Festsetzungen abweicht, also nur ausnahmsweise über eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zulässig sein kann. Wer sich auf einen Bebauungsplan berufen kann, hat bei der Interessenabwägung grundsätzlich einen gewissen Vorrang. Diese unterschiedlichen Anforderungen sind auch zu beachten, wenn die Baugenehmigung von den dem Vorhaben widersprechenden Festsetzungen nicht ausdrücklich befreit hat, sondern ohne eine Befreiung eine Baugenehmigung erteilt (BVerwG, Urt. v. 06.10.1989 – 4 C 14.87, juris Rn. 11 ff.).

aa) Das Verwaltungsgericht hat eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots im Hinblick auf eine mögliche erdrückende Wirkung oder unzumutbare Beeinträchtigung der Besonnung und Belichtung des Grundstücks der Antragsteller geprüft und verneint. Diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts wird durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.

Insbesondere ist eine abriegelnde Wirkung des Vorhabens nicht erkennbar. Anders als die Antragsteller meinen, ist hierbei nicht das gesamte planerische Umfeld zwischen dem Ostertorsteinweg, der Wulwesstraße, Beim Steinernen Kreuz und Bauernstraße maßgeblich, in dem das Vorhaben nach Ansicht der Antragsteller einen Querriegel in einem Blockinnenbereich bilden würde. Maßgeblich für eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens, die die Antragsteller in ihren Rechten verletzten könnte, ist vielmehr dessen Wirkung auf ihr eigenes Grundstück. Von einem anderen Maßstab geht auch nicht die von den Antragstellern angeführte Entscheidung des Hamburgischen OVG aus, das ebenfalls auf eine abriegelnde Wirkung konkret auf das Gebäude der dortigen Antragstellerinnen abstellt (OVG Hbg., Beschl. v. 27.03.2017 – 2 Bs 51/17, juris Rn. 6). Von einer „abriegelnden“ Wirkung ist auszugehen, wenn auf dem Nachbargrundstück das Gefühl eines Eingemauertseins oder einer Gefängnishofsituation hervorgerufen wird (OVG Bremen, Beschl. v. 20.07.2021 – 1 B 192/21, juris Rn. 35). Hiervon kann in Anbetracht des weiterhin freien Blicks der Antragsteller nach Südwesten und Westen in ihren Blockinnenbereich nicht ausgegangen werden.

Soweit die Antragsteller im Hinblick auf eine mögliche unzumutbare Verschattung oder Verdunkelung und auf Einblicks- bzw. Einsichtsmöglichkeiten rügen, das Verwaltungsgericht verkenne, dass das gegenseitige Austauschverhältnis unter den Nachbarn diesbezüglich gerade durch die Festsetzungen des Bebauungsplans 1531 geregelt und ein Verstoß hiergegen rücksichtslos sei, ist zu beachten, dass auch in einem Fall eines versteckten Dispens nicht jeder Verstoß gegen nicht drittschützende Festsetzungen eines Bebauungsplans zur Rücksichtslosigkeit des Vorhabens führt. Im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB erfordert die Rücksichtslosigkeit eines Vorhabens eine qualifizierte Beeinträchtigung der Belange der Antragsteller. Hierfür ist eine Interessenabwägung maßgebend, in die die Umstände des Einzelfalls einzustellen sind. Die Schutzwürdigkeit des betroffenen Nachbarn, sein Interesse an der Einhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplans sowie die Intensität der Beeinträchtigung sind mit den Interessen des Bauherrn abzuwägen (BVerwG, Urt. v. 23.08.1996 – 4 C 13.94, juris Rn. 66; OVG Bremen, Beschl. v. 03.07.2013 – 1 B 62/13, juris Rn. 19). Gründe dafür, dass die zusätzliche Verschattung des Grundstücks der Antragsteller von maximal zwei Stunden im Zeitraum zwischen 11 und 13 Uhr trotz der geringeren Höhe und der gestaffelten Kubatur des Vorhabens eine solche qualifizierte Beeinträchtigung der Antragsteller und nicht bloß eine Lästigkeit darstellt, legen die Antragsteller nicht dar. Auch eine unzumutbare Einsichtsmöglichkeit auf das Grundstück der Antragsteller liegt nicht vor. Das Gebot der Rücksichtnahme vermittelt keinen generellen Schutz vor unerwünschten Einblicken. Vielmehr sind Einsichtsmöglichkeiten in innerstädtischen verdichteten Lagen – auch in rückwärtig gelegene Wohnräume – nicht vollständig zu vermeiden. Etwas Anderes kann nur in Ausnahmefällen gelten, etwa bei unmittelbaren Einblick aus kürzester Entfernung in besonders schutzbedürftige Räume. Ein solcher Ausnahmefall, der über die herkömmlichen Einsichtsmöglichkeiten in innerstädtischen Lagen hinausgeht, liegt nicht vor. Die nach Westen ausgerichteten Terrassen und Balkone des Vorhabens sind nicht direkt auf das nördlich zum Vorhaben liegende Grundstück der Antragsteller ausgerichtet und erlauben damit nur eine Einsicht in den Garten und möglicherweise in die rückwärtigen gelegenen Wohnräume der Antragsteller von der Seite aus. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist zudem eine Entfernung von etwa sechs Metern zwischen dem 3. Obergeschoss des Vorhabens und den beiden Fenstern der Antragsteller im Obergeschoss nicht derart nah, dass eine Einsichtsmöglichkeit per se unzumutbar wäre. Dies gilt vorliegend insbesondere in Anbetracht dessen, dass der Balkon im Staffelgeschoss des Vorhabens nicht parallel zu den Fenstern der Antragsteller ausgerichtet ist, so dass nicht erkennbar ist, dass sie einen direkten umfassenden Einblick in die Wohnräume der Antragsteller ermöglichen. Dem in innerstädtisch bebauten Lagen grundsätzlich gering zu gewichtenden Interesse am Schutz vor Einsichtsmöglichkeiten auf das eigene Grundstück steht das gewichtige Interesse der Beigeladenen gegenüber, die geplante Wohnbebauung nicht auf das nach dem Bebauungsplan 1531 vorgesehene und auf die vorhandene Garagenbebauung ausgerichtete Maß zu beschränken.

bb) Auch im Übrigen ergibt sich aus den von den Antragstellern dargelegten Gründen keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots.

Zum einen ist die genehmigte Wohnnutzung in Abweichung der Festsetzung einer Garagenzone nicht gegenüber den Antragstellern rücksichtslos, weil sie der Art ihrer eigenen Grundstücksnutzung entspricht.

Zum anderen beeinträchtigen die Abweichungen des genehmigten Vorhabens von den Festsetzungen zur Gestaltung der Straßenrandbebauung die Antragsteller nicht in qualifizierter, unzumutbarer Weise.

Dass gerade die Summe der Abweichungen von Bebauungsplan 1531 das Vorhaben rücksichtslos machen, ist entgegen der Ansicht der Antragsteller ebenfalls nicht erkennbar.

d) Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, es liege kein Verstoß gegen Abstandsflächenvorschriften vor, auf die sich die Antragsteller berufen können, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Unabhängig von der Frage, ob ein Verstoß gegen solche Vorschriften vorliegt und die Antragsteller sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben hierauf berufen können, sind die Antragsteller in dieser Hinsicht jedenfalls deshalb nicht in ihren Rechten verletzt, weil die von ihnen angegriffene Baugenehmigung im Hinblick auf die Einhaltung von Abstandsflächen keine Legalisierungswirkung entfaltet. Das Verwaltungsgericht verweist zu Recht darauf, dass die Baugenehmigung im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 63 BremLBO erteilt wurde, in welchem die Einhaltung von Abstandsflächenvorschriften gemäß § 63 Satz 1 LBO nicht geprüft wird. Insbesondere wurden die Abstandsflächenvorschriften nicht im Rahmen einer beantragten oder gar erteilten Abweichung i.S.d. § 67 Abs. 1 und 2 Satz 1 BremLBO geprüft. Wird über auf Bauordnungsrecht beruhende Nachbarrechte im Baugenehmigungsverfahren nicht entschieden, können diese auch nicht durch die Baugenehmigung verletzt sein. In diesem Sinne besagt die Baugenehmigung nicht, dass die Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind, so dass sie entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht objektiv rechtswidrig ist. Die Antragsteller wären im Fall eines Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften nicht durch die Baugenehmigung, sondern durch das Vorhaben selbst verletzt (BVerwG, Beschl. v. 16.01.1997 – 4 B 244.96, juris Rn. 3). Eilrechtsschutz wäre in diesem Fall nicht gemäß §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO, sondern durch die Geltendmachung eines Anspruchs auf behördliches Einschreiten nach § 123 Abs. 1 VwGO zu suchen (BayVGH, Beschl. v. 21.01.2013 – 9 CE 12.918, juris Rn. 13; NdsOVG, Beschl. v. 29.08.1997 – 6 M 3892/92, juris Rn. 20).

e) Das Verwaltungsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Denkmalwürdigkeit des Wohnhauses der Antragsteller nicht erheblich beeinträchtigt wird. Danach werde die Frontansicht auf das Wohnhaus der Antragsteller durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt. Eine Erdrückung, Verdrängung oder Übertönung des Denkmals in seiner Ausstrahlungswirkung sei ebenfalls nicht erkennbar, da das Vorhaben im vierten Obergeschoss so zurückgesetzt sei, dass der Giebel des Wohnhauses der Antragsteller nicht vollständig verdeckt werde. Es sei nicht ersichtlich, dass die Giebelwand selbst oder die Rückseite des Hauses gestalterische Elemente aufweise, anhand derer der sachkundige Betrachter den Denkmalwert ablesen könne. Das Landesamt für Denkmalpflege habe außer der Auflage zum Monitoring zum Ausschluss baubedingter Schäden an den Denkmälern keinen Bedarf für weitere Auflagen gesehen.

Die Antragsteller setzen dem entgegen, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die im Bebauungsplan 1531 festgesetzten Gestaltungsvorgaben auch unter Denkmalschutzgesichtspunkten von Bedeutung seien. Der Wohnwert der denkmalgeschützten Häuser werde beeinträchtigt, die Wertschätzung der denkmalgeschützten Baukultur herabgesetzt und der Denkmalschutz unterhöhlt, wenn unmittelbar neben der Denkmalgruppe C ein Gebäude errichtet werde, welches mit seiner extremen Verdichtung jegliche Rücksicht auf die Gestaltungsmerkmale der Denkmalgruppe vermissen lasse. Es werde der Eindruck vermittelt, als könnten die denkmalgeschützten Häuser nicht mehr den konkurrierenden Wohnansprüchen der Gegenwart gerecht werden.

Dieses Vorbringen führt nicht zur Annahme, das Denkmal der Antragsteller werde in seiner Ausstrahlungswirkung wesentlich beeinträchtigt. Es genügt nicht jede Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit eines Denkmals. Die Wahrnehmung des Denkmals muss jedenfalls spürbar gestört werden. Dies ist jedoch nicht bereits dann der Fall, wenn sich neue Vorhaben in der Umgebung des Denkmals nicht völlig an dieses anpassen. Sie dürfen das Denkmal jedoch nicht erdrücken, verdrängen oder übertönen oder es an der gebotenen Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten fehlen lassen (vgl. OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 28.02.2022 – 2 M 158/21, juris Rn. 28; OVG Hamburg, Urt. v. 12.02.2019 – 3 Bf 116/15, juris Rn. 86; OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 26.10.2018 – OVG S 41.17, juris Rn. 5). Ein solches Übertönen des Denkmals liegt jedoch nicht bereits vor, wenn eine Wohnbebauung eines anderen Stils in der Umgebung gebaut wird, die, wie die Antragsteller meinen, „eine zeitgemäße Wohnform repräsentieren“.

f) Auch genügt das Beschwerdevorbringen der Antragsteller zu den von ihnen befürchteten Rissen an ihrem Gebäude durch die Erdausschachtungen bei Errichtung des Vorhabens nicht, eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals oder ein anderweitiges Abwehrrecht der Antragsteller zu begründen.

Oberflächliche Risse am Gebäude der Antragsteller infolge der Untergrundarbeiten am Nachbargrundstück stellen, jedenfalls soweit sie denkmalfachgerecht behoben werden können und die Bausubstanz des Gebäudes nicht anderweitig gefährden, schon keine erheblichen Beeinträchtigungen des Denkmals dar. Auch die Landesdenkmalpflege sah dementsprechend zum Schutz des Denkmals eine Auflage in der Baugenehmigung als ausreichend an, wonach die Beigeladene gehalten ist, eine Bausicherung der denkmalgeschützten umgebenen Gebäude durch ein unabhängiges, qualifiziertes Monitoring vor, während und nach Abschluss der Baumaßnahme durchzuführen, um Auswirkungen auf die denkmalgeschützten Gebäude zu verhindern und Schäden an den Gebäuden zu dokumentieren und denkmalfachgerecht zu beheben. Damit wurde einem etwaigen Abwehrrecht der Antragsteller jedenfalls ausreichend Rechnung getragen. Dass ein solches Vorgehen von vornherein ungeeignet ist, um erhebliche Schäden am Gebäude der Antragsteller zu verhindern, ist nicht erkennbar. Entgegen der Ansicht der Antragsteller kann ein Monitoring grundsätzlich auch Schäden verhindern, indem es die Möglichkeit eröffnet, die Gefahr von erheblichen Schäden am Gebäude der Antragsteller rechtzeitig zu erkennen.

Im Übrigen geht jede Baugenehmigung davon aus, dass das genehmigte Vorhaben technisch einwandfrei ausgeführt wird, und wird gemäß § 72 Abs. 4 BremLBO gerade unbeschadet der Rechte Dritter erteilt, so dass die Rechte der Antragsteller auf Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Beigeladenen von der Baugenehmigung unberührt bleiben. Die besonderen Regelungen der BremLBO zu den allgemeinen Anforderungen an die Bauausführung in §§ 11 ff. BremLBO, worunter gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BremLBO auch die Nichtgefährdung der Standsicherheit von benachbarten Anlagen und die Tragfähigkeit der Nachbargrundstücke gehört, sind zudem nicht Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren gewesen. Gemäß § 72 Abs. 1 Satz 3 BremLBO kann die Baugenehmigung unter den aufschiebenden Bedingungen erteilt werden, dass bautechnische Nachweise nachgereicht werden. Hierzu zählt gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 BremLBO auch der bauchtechnische Nachweis über die Einhaltung der Anforderungen an die Standsicherheit. Die Baugenehmigung vom 25.01.2021 wurde unter der Auflage erteilt, dass mit der Bauausführung der tragenden Konstruktion des Bauvorhabens und des Baugrubenverbaus erst begonnen werden darf, wenn die geprüften Standsicherheitsnachweise und die Prüfberichte des Prüfingenieurs für die betroffenen Bauteile durch die Bauaufsichtsbehörde zugestellt wurden bzw. wenn der geprüfte statische Nachweis bei der Genehmigungsbehörde eingereicht wurde (Auflage Nr. 2301und 2451 der Baugenehmigung). Gemäß Auflage Nr. 2452 der Baugenehmigung sind vor Baubeginn zudem die Gründungstiefen der vorhandenen Gebäudegründung des angrenzenden Nachbargebäudes festzustellen und, sollte die Neubaugründung tiefer als die Nachbargründung liegen, entsprechende Sicherungsmaßnahmen des Nachbargebäudes statisch nachzuweisen und bei der Genehmigungsbehörde geprüft einzureichen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen durch die Antragsteller entspricht der Billigkeit, da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat und sich damit einem prozessualen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren ebenfalls auf 11.250 Euro festgesetzt (§ 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG).

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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