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Werkvertrag – Anforderungen an Prüffähigkeit Schlussrechnung als Verjährungsvoraussetzung

Werklohnanspruch verjährt: Prüffähigkeit der Schlussrechnung entscheidend

Das OLG Frankfurt hat die Berufung der Klägerin im Baurechtsfall wegen Verjährung des Werklohnanspruchs abgelehnt. Die Schlussrechnung vom 01.11.2016 wurde als prüffähig eingestuft, da die erforderlichen Unterlagen bereits Ende 2016 vorgelegen hatten. Die Einrede der Verjährung durch die Beklagte wurde nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen, da die Klägerin ebenfalls von der Prüffähigkeit der Rechnung im Jahr 2016 ausgegangen war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 21 U 52/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Berufung abgelehnt: Das OLG Frankfurt sieht keine Erfolgsaussichten für die Berufung der Klägerin.
  2. Werklohnforderung verjährt: Die Forderung ist mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt.
  3. Prüffähigkeit der Schlussrechnung: Die Schlussrechnung vom 01.11.2016 gilt als prüffähig.
  4. Prüfung durch Fachmann: Ein beauftragtes Ingenieurbüro hat die Schlussrechnung geprüft, was für ihre Prüffähigkeit spricht.
  5. Kein rechtsmissbräuchliches Verhalten: Die Einrede der Verjährung durch die Beklagte ist nicht treuwidrig, da die Klägerin selbst von der Prüffähigkeit im Jahr 2016 ausging.
  6. Beweisaufnahme und Zeugenaussagen: Die Beweisaufnahme bestätigt, dass erforderliche Unterlagen bereits Ende 2016 vorlagen.
  7. Keine neuen Unterlagen im Jahr 2017: Im Jahr 2017 wurden keine neuen, über die bereits vorhandenen Unterlagen hinaus, nachgereicht.
  8. Urteil des Landgerichts bestätigt: Das Landgericht hat die Klage zuvor aus denselben Gründen abgewiesen.

Werkvertragsrecht und Verjährungsfragen im Baurecht

Im Baurecht spielen Werkverträge eine zentrale Rolle, wobei die Prüffähigkeit von Schlussrechnungen und die daraus resultierenden Verjährungsvoraussetzungen oft zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen. In diesem Kontext ist die Frage, wann eine Schlussrechnung als „prüffähig“ gilt und ab wann die Verjährungsfrist für Werklohnforderungen zu laufen beginnt, von entscheidender Bedeutung.

Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt) hat sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt und wichtige rechtliche Aspekte beleuchtet. Die Entscheidungen in solchen Fällen haben nicht nur Auswirkungen auf die beteiligten Parteien, sondern geben auch wertvolle Orientierung für künftige Vertragskonstellationen im Baugewerbe. Lesen Sie weiter, um detaillierte Einblicke in ein konkretes Urteil zu erhalten, das wichtige Aspekte in Bezug auf Werkverträge, Prüffähigkeit von Schlussrechnungen und Verjährungsfristen beleuchtet.

Der Streit um Werklohnforderungen im Baurecht

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits steht eine Auseinandersetzung zwischen einer Klägerin und einer Beklagten im Bereich des Baurechts, speziell bezüglich der Werklohnforderungen aus einem Werkvertrag. Die Klägerin, ein Bauunternehmen, hatte für die Beklagte Elektroinstallationsarbeiten durchgeführt, basierend auf einem Bauvertrag vom 19. Mai 2015. Diese Arbeiten umfassten verschiedene Nachträge zum ursprünglichen Vertrag, die während der Ausführungsphase beauftragt wurden. Der strittige Punkt entstand bei der Schlussrechnung, die die Klägerin der Beklagten am 1. November 2016 übermittelte. Diese Schlussrechnung, die eine Restzahlung von 355.746,86 Euro beinhaltete, wurde von der Beklagten als nicht prüffähig zurückgewiesen. Dies führte zu einem langwierigen Prozess über die Prüffähigkeit der Rechnung und die daraus resultierende Fälligkeit der Werklohnforderungen.

Prüffähigkeit der Schlussrechnung als Kern des Konflikts

Die Beklagte, vertreten durch die A GmbH für Planung, Bauüberwachung und Rechnungsprüfung, erachtete die Schlussrechnung der Klägerin als nicht prüffähig. Die Klägerin wiederholte die Übersendung der Rechnung, diesmal inklusive der Aufmaßunterlagen, und betonte deren Prüffähigkeit. Die A GmbH lehnte jedoch erneut ab, da bestimmte Nachweise, insbesondere bezüglich bestimmter Positionen und Nachträge, fehlten. Die Klägerin reichte daraufhin weitere Unterlagen ein, darunter Bautagebuchsberichte und Kalkulationsnachweise, doch die A GmbH führte Kürzungen durch und zahlte lediglich einen Teilbetrag. Die Klägerin widersprach diesen Kürzungen und forderte die vollständige Zahlung der Schlussrechnungsforderung.

Verjährungsvoraussetzung und gerichtliche Entscheidung

Das Hauptproblem in diesem Fall war die Verjährung der Werklohnforderung. Die Klägerin behauptete, die Forderung sei nicht verjährt, da die Schlussrechnung erst mit der Übersendung zusätzlicher Unterlagen prüffähig wurde. Das Landgericht widersprach dieser Auffassung und erklärte die Forderung für verjährt, da die Rechnung bereits 2016 prüffähig und somit fällig geworden sei. Es betonte, dass die Schlussrechnung die notwendigen Angaben für eine sachliche und rechnerische Überprüfung enthalten müsse, was nach Ansicht des Gerichts der Fall war. Das Gericht berief sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die besagt, dass eine prüffähige Rechnung objektive Kriterien erfüllen muss, um als Fälligkeitsvoraussetzung zu gelten.

Die Berufung vor dem OLG Frankfurt

Die Klägerin legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung beim OLG Frankfurt ein, beharrte auf ihrer Auffassung, die Werklohnforderung sei nicht verjährt, und kritisierte die Beweiswürdigung des Landgerichts. Das OLG Frankfurt wies jedoch darauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe. Es bestätigte die Ansicht des Landgerichts, dass die Schlussrechnung objektiv prüffähig war und somit die Verjährungsfrist bereits Ende 2016 begann. Das Gericht lehnte den Vorwurf des treuwidrigen Verhaltens der Beklagten ab und betonte, dass die Klägerin mit ihrem eigenen Verhalten die Prüffähigkeit der Rechnung und deren Fälligkeit im Jahr 2016 unterstrichen hatte. Damit stand fest, dass die Berufung der Klägerin keine Aussicht auf Erfolg hatte und das Urteil des Landgerichts bestätigt wurde.

Fazit: Bedeutung des Urteils im Baurecht

Dieses Urteil des OLG Frankfurt unterstreicht die Bedeutung der Prüffähigkeit von Schlussrechnungen in Werkverträgen und die daraus resultierenden Verjährungsvoraussetzungen. Es zeigt auf, wie entscheidend eine präzise und vollständige Dokumentation im Baurecht ist und wie wichtig es für Auftragnehmer und Auftraggeber ist, sich über die Fälligkeit von Forderungen und die damit verbundenen rechtlichen Anforderungen im Klaren zu sein. Dieser Fall dient als wichtiges Beispiel für die Komplexität von Werkverträgen und die Notwendigkeit einer gründlichen rechtlichen Prüfung in diesem Bereich.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet Prüffähigkeit einer Schlussrechnung in Bezug auf Werkverträge?

Die Prüffähigkeit einer Schlussrechnung im Zusammenhang mit Werkverträgen bezieht sich auf die Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Rechnung für den Besteller. Eine prüffähige Schlussrechnung enthält eine klare Aufstellung der erbrachten Leistungen und ermöglicht dem Besteller, die Berechnungen und Positionen der Rechnung zu verstehen und zu überprüfen.

Im deutschen Bauvertragsrecht ist die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung eine Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütung. Dies gilt sowohl für Verträge nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) als auch für Verträge nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) seit der Einführung des neuen Bauvertragsrechts im Jahr 2018.

Die Schlussrechnung gilt als prüffähig, wenn der Besteller innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Rechnung keine begründeten Einwendungen gegen ihre Prüffähigkeit erhoben hat. Für Werkunternehmer bedeutet dies, besondere Sorgfalt bei der Erstellung der Rechnung walten zu lassen, um sicherzustellen, dass sie sowohl prüffähig als auch richtig ist.

Wie wird die Verjährung von Werklohnforderungen bestimmt?

Die Verjährung von Werklohnforderungen wird durch verschiedene Faktoren bestimmt. Grundsätzlich gilt eine regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis vom Anspruch hatte oder haben musste. Bei Werkverträgen entsteht der Anspruch auf Zahlung des Werklohns mit der Abnahme des Werkes.

Es gibt jedoch auch spezielle Regelungen. Wenn ein Pauschalpreis vereinbart wurde, beginnt die Verjährung bereits mit der Vollendung des Werkes. Wurde kein Pauschalpreis vereinbart, wie bei einem Einheitspreisvertrag, wird der Werklohn erst mit Zugang der entsprechenden Rechnung fällig und die Verjährung kann grundsätzlich auch erst mit Zugang der Rechnung zu laufen beginnen.

Für Bauverträge, die seit dem 01.01.2018 geschlossen wurden, ist zusätzlich zur Abnahme auch die Stellung einer prüfbaren Schlussrechnung Voraussetzung für die Fälligkeit und damit für den Lauf der Verjährungsfrist.

Es ist auch zu beachten, dass die Verjährung durch bestimmte Ereignisse gehemmt sein oder neu beginnen kann. Beispielsweise kann die Verjährung durch die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens gehemmt werden.

Darüber hinaus gibt es eine allgemeine Maximalfrist von zehn Jahren von der Entstehung des Anspruchs an, nach der Ansprüche ohne Rücksicht auf Kenntnis oder grob-fahrlässige Unkenntnis verjähren.

Es ist wichtig, sich der Verjährungsfristen bewusst zu sein, da ein verjährter Anspruch nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden kann, obwohl er als so genannte „Naturalobligation“ bestehen bleibt.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 21 U 52/22 – Beschluss vom 13.03.2023

1. Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat nach Beratung beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist.

2. Es ist beabsichtigt, das Rubrum des angefochtenen Urteils wegen offensichtlicher Unrichtigkeit der Parteibezeichnung der Klägerin dahingehend zu berichtigen, dass die Klägerin als „F AG“ anzuführen ist.

3. Es besteht Gelegenheit, zu dem Hinweisbeschluss bis zum 14. April 2023 Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte restliche Werklohnansprüche aus einer Schlussrechnung vom 01.11.2016 geltend.

Die Klägerin führte auf der Grundlage des Bauvertrags vom 19.05.2015 (Anlage K 1) für die Beklagte Elektroinstallationsarbeiten durch. Dem Bauvertrag lag das Angebot der Klägerin vom 23.04.2015 zugrunde, welches eine Bruttosumme in Höhe von 458.026,20 € ausgewiesen hatte (Anlage K 2). Mit der Planung, Bauüberwachung und Rechnungsprüfung war von der Beklagten die A GmbH beauftragt worden. Im Verlauf der Ausführung der Arbeiten wurden verschiedene Nachträge beauftragt. Die Abnahme wurde am 23.09.2016 (Anlage B 1) erklärt.

Die Klägerin übermittelte der A GmbH nach vorangegangener Anforderung vom 11.10.2016 (Anlage B 4) ihre Schlussrechnung vom 01.11.2016, welche unter Berücksichtigung von Abschlagszahlung mit einer Restzahlung in Höhe von 355.746,86 € endete. Diese wurde von der A GmbH mit Schreiben vom 03.11.2016 als nicht prüffähig zurückgesandt. Daraufhin übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 07.11.2016 (Anlage B 5) die Schlussrechnung nochmals an die Beklagte einschließlich der Aufmaßunterlagen unter Hinweis auf die Prüffähigkeit und die am 03.12.2016 eintretende Fälligkeit. Mit Schreiben vom 02.12.2016 (Anlage K 5) wies die A GmbH die Schlussrechnung erneut als nicht prüfbar zurück. Zur Begründung verwies sie auf fehlende Nachweise betreffend der – insoweit fehlerhaft bezeichneten – Position 1.99.14.2.80 hin. Mangels entsprechender Darstellung wäre nicht prüfbar, ob die Leistungen außerhalb der regulären Arbeitszeiten erbracht wurden bzw. ob es sich um lärmintensive Arbeiten handele. Im Übrigen fehle es betreffend aller Nachträge an prüfbaren Preisermittlungen. Der Rechnung seien weder die Urkalkulation, noch etwaige Nachtragsangebote mit entsprechenden Nachtragsangebotskalkulationen beigefügt gewesen.

Die Klägerin mahnte mit Schreiben vom 21.06.2017 den ausstehenden Rechnungsbetrag zuzüglich Zinsen seit dem 10.12.2016 gegenüber der Beklagten an (Anlage B 7) und wiederholte diese Mahnung am 24.08.2017 (Anlage B 8).

Die A GmbH hatte ihrerseits am 19.06.2017 an die Klägerin eine Liste „Anforderung Kalkulationsnachweise“ übermittelt (Bl. 180 d.A.). Die Klägerin übersandte der A GmbH die Schlussrechnung vom 01.11.2016 daraufhin erneut unter Beifügung von Bautagebuchsberichten zu Stundenlohnarbeiten und Kalkulationsnachweisen (Bl. 91 ff d.A.), welche dort am 31.07.2017 einging (Anlage K 6). Im Rahmen der Rechnungsprüfung kam die A GmbH zu verschiedenen Kürzungen und einem noch offenen Rechnungsbetrag in Höhe von 80.898,57 € (Anlage B 6), welcher an die Klägerin ausgezahlt wurde. Die Klägerin widersprach der Rechnungsprüfung mit Schreiben vom 05.10.2017 (Anlage K 7) und meldete entsprechende Vorbehalte an. Des Weiteren forderte sie die Beklagte zur Zahlung der Schlussrechnungsforderung bis zum 13.10.2017 auf und drohte die Übergabe des Vorgangs an einen Rechtsanwalt zur gerichtlichen Geltendmachung an.

Die Klägerin beantragte am 31.12.2020 den Erlass eines Mahnbescheids, der antragsgemäß am 06.01.2021 erlassen und der Beklagten am 09.01.2021 zugestellt worden war.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Werklohnforderung sei nicht verjährt. Hierzu hat sie behauptet, sie habe der Beklagten am 21.07.2017 zusätzlich über die am 07.11.2016 übersandten Unterlagen hinaus eine Aufstellung der Bautagebuchberichte, die Bautageberichte selbst sowie Kalkulationsnachweise bezüglich der Nachträge übersandt. Die Schlussrechnung sei erst nach Übersendung der weiteren Unterlagen prüffähig gewesen und erst am 21.08.2017 von der A GmbH geprüft worden. Sie haben den Kürzungen ausdrücklich gemäß § 16 Abs. 3 VOB/B widersprochen und den Vorbehalt gegen die Schlusszahlung der Beklagten erklärt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 274.848,29 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und hierzu die Auffassung vertreten, die Rechnung sei bereits am 07.11.2016 prüffähig gewesen. Es seien am 21.07.2017 keine Unterlagen übersandt worden, die nicht bereits Ende 2016 vorgelegen hätten. Die Schlussrechnung sei auch von der A GmbH geprüft worden. Die Klägerin sei außergerichtlich zudem selbst von der Prüffähigkeit der Rechnung und von deren Fälligkeit im Jahr 2016 ausgegangen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 25.04.2022 (Bl. 159 d.A.) durch Vernehmung der Zeugen B, A1, C und D. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2022 (Bl. 172 ff d.A.).

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Werklohnforderung sei verjährt. Die Werklohnforderung sei spätestens 30 Tage nach Zugang der erneuten Übersendung der Schlussrechnung vom 01.11.2016 bei der A GmbH am 10.11.2016, mithin noch im Jahr 2016 fällig geworden. Es sei weder ersichtlich, noch vorgetragen, dass die Schlussrechnung nicht prüffähig i.S.d. § 14 Abs. 1 VOB gewesen wäre. Bei den Stundennachweisen habe es sich jedenfalls nicht um solche Belege gehandelt, die für die Erläuterung und den Nachweis der Position 9.14.1.2.80 von Bedeutung gewesen wären. Bei der Nachtragskalkulation handele es sich, wie bei den Kalkulationsunterlagen zum Hauptvertrag nicht um Belege, die nach § 14 Abs. 1 S 3 VOB/B mit der Schlussrechnung vorzulegen seien.

Zudem sei die A GmbH auch mit der Bauleitung beauftragt gewesen, so dass keine über das Aufmaß hinausgehenden Belege zu übersenden waren. Verjährung sei daher am 01.01.2020 eingetreten. Die Beklagten verstoße mit der Erhebung der Einrede der Verjährung auch nicht gegen § 242 BGB, weil sie die Schlussrechnung außergerichtlich als nicht prüffähig zurückgewiesen habe, sich im Prozess aber auf diese berufe. Denn ihr Verhalten sei jedenfalls dann nicht treuwidrig, wenn wie vorliegend, die Klägerin selbst von der Fälligkeit im Jahr 2016 ausgegangen sei, wie dies aus ihren Mahnungen auch noch nach erneuter Übersendung der Schlussrechnung im Jahr 2017 hervorgehe.

Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil vom 04.07.2022 (Bl. 186 ff d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 12.07.2022 zugestellt worden ist (Bl. 197 d.A.), hat diese am 10.08.2022 Berufung eingelegt (Bl. 199 d.A.) und diese nach Verlängerung (Bl.  208, 228 d.A) am 28.10.2022 begründet (Bl. 230 ff d.A.).

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die Werklohnforderung sei nicht verjährt, da die Schlussrechnung vom 01.11.2016 nicht prüffähig gewesen sei. In diesem Zusammenhang rügt sie eine fehlerhafte Beweiswürdigung. Aus den Aussagen des Zeugen B und C könne nicht der Schluss gezogen werden, dass schon Ende 2016 alle erforderlichen Unterlagen für die Prüfung der Schlussrechnung vorgelegten hätten. Wegen der fehlenden Unterlagen sei die Schlussrechnung nicht prüfbar gewesen. Zudem habe das Landgericht die Bedeutung der Unterlagen falsch bewertet. So habe es selbst nachgewiesen, dass die Schlussrechnung hinsichtlich der Position 9.14.1.2.80 wegen der Ungeeignetheit der Belege immer noch nicht prüfbar sei. Rechtsfehlerhaft sei die Auffassung des Landgerichts, hinsichtlich der Nachtragsansprüche seien andere – strengere – Maßstäbe anzulegen als für die Rechnungsprüfung. Der Auftraggeber müsse alle Unterlagen erhalten, die er benötige, um die Nachtragspreise nachvollziehen zu können. Jedenfalls sei es der Beklagten wegen widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Denn sie habe erst im Juli 2017 der Klägerin gegenüber zu erkennen gegeben, dass sie die Rechnung für prüfbar halte. Hierfür spreche auch die Zahlung der vermeintlich berechtigten Schlusszahlung erst nach dieser Prüfung. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten dafür gesorgt, dass sie darauf vertrauen durfte, diese werde sich erst nach Ablauf des Jahres 2020 auf die Einrede der Verjährung berufen. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht dabei auf ein eigenes widersprüchliches Verhalten der Klägerin abgestellt. Dies sei schon unrichtig, da der Schriftverkehr allein Ausdruck einer üblichen, taktischen Vorgehensweise gewesen sei, um ihre Position nicht zu schwächen. Vielmehr zeige das tatsächliche Verhalten, indem sie die Forderung pünktlich zum Jahresende 2020 geltend gemacht habe, dass sie von einem Fälligwerden erst in 2017 ausgegangen sei. Dies habe das Landgericht unbeachtet gelassen. Zudem spiele ihre Auffassung, wann die Forderung fällig geworden sei, keine Rolle, da das Verhalten der Beklagten gerade einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, dass diese sich erst mit Ablauf des Jahres 2020 auf die Einrede der Verjährung berufen werde.

Die Klägerin beantragt, das am 04.07.2022 verkündete Urteil des Landgericht Frankfurt, Az.: 2-26 O 73/21 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an die erste

Instanz zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Frage der Prüffähigkeit der Schlussrechnung vom 01.11.2016 i.S.d. § 14 VOB/B könne dahinstehen, da diese von dem beklagtenseits beauftragten Ingenieurbüro am 21.08.2017 geprüft worden sei. Unerheblich sei, dass die Prüfung der Schlussrechnung erst erfolgte, nachdem diese ein zweites Mal übersandt worden war. Denn die Zeugen hätten übereinstimmend bekundet, dass es sich um inhaltlich identische Schussrechnungen gehandelt habe. Nach den Zeugenaussagen stehe auch fest, dass die Klägerin im Jahr 2017 keine neuen, über die bis Ende 2016 übersandten Unterlagen nachgereicht habe. Die Schlussrechnungsprüfung entfalte daher auch Rechtswirkung im Hinblick auf die am 03.11.2016 zugegangene Schlussrechnung. Jedenfalls sei die Prüffähigkeit auch ohne die Vorlage der Unterlagen gegeben gewesen, da sie die A GmbH mit der Bauüberwachung beauftragt habe. Die Klägerin habe unstreitig die Aufmaßblätter übersandt. Die im Schreiben vom 02.12.2016 als fehlend gerügten Unterlagen seien keine Prüfanlagen i.S.v. § 14 Abs. 1 S.3 VOB/B. Schließlich liege auch bei der Klägerin widersprüchliches Verhalten vor. Aus dem Vorgehen des beklagtenseits beauftragten Ingenieurbüros lasse sich kein widersprüchliches Verhalten ableiten, da der Zeuge A1 plausibel erläutert habe, warum er die Schlussrechnung zunächst als unprüfbar zurückgewiesen habe.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung dürfte in der Sache keine Aussicht auf Erfolg habe. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, die sich der Senat ergänzend zu eigen macht, die Klage abgewiesen. Denn die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat nach den §§ 529, 531 ZPO seiner Beurteilung zugrunde zu legen hat, eine den Beklagten rechtlich vorteilhaftere Entscheidung (§ 513 ZPO).

1. Dabei legt der Senat den Berufungsantrag der Klägerin dahingehend aus, dass der mit der Berufungsbegründung angekündigte Antrag auf Aufhebung und Zurückverweisung lediglich hilfsweise gestellt und ausgehend von der Begründung mit der Berufung weiterhin der ursprüngliche Klageantrag auf Zahlung verfolgt wird. Der angekündigte Antrag würde bereits deshalb keine Aussicht auf Erfolg haben, weil die etwaige fehlerhafte Annahme der Verjährung keinen Verfahrensfehler sondern lediglich eine etwaige inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils begründen würde. Letzteres erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 ZPO.

2. Unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. Mit im Ergebnis zutreffender Begründung hat das Landgericht die Verjährung des Werklohnanspruchs der Klägerin bejaht. Die gegen das Urteil gerichteten Angriffe der Klägerin dürften nicht durchgreifen.

a) Der Werklohnanspruch der Klägerin war nach Abnahme der Leistung im September 2016 und Übermittlung der Schlussrechnung im November 2016 spätestens am 10.12.2016 fällig geworden. Verjährung ist daher mit Ablauf des Jahres 2019 eingetreten. Dabei richtete sich die Fälligkeit der Vergütung aufgrund der vertraglichen Vereinbarung nach § 16 Abs. 3 VOB/B, was von den Parteien auch nicht in Frage gestellt wird.

Voraussetzung für die Fälligkeit der Werklohnforderung ist danach neben der Abnahme eine prüffähige Schlussrechnung.

Die Frage der Prüffähigkeit der Schlussrechnung ist nicht pauschal zu beantworten. Vielmehr hängt vom Einzelfall ab, welche Anforderungen an eine prüffähige Schlussrechnung zu stellen sind. Erforderlich ist, dass die Schlussrechnung die nach dem Vertrag objektiv unverzichtbaren Angaben enthält, um die sachliche und rechnerische Überprüfung des Werklohns zu ermöglichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Anknüpfung an objektive Kriterien für die materiell-rechtliche Einordnung der Prüffähigkeit als Fälligkeitsvoraussetzung notwendig. Diese ist für eine verlässliche Beurteilung der Durchsetzbarkeit der Forderung durch die Parteien erforderlich. Ohne objektive Prüffähigkeit könnte in der Regel die Schlüssigkeit eines Klagevorbringens nicht zuverlässig beurteilt werden. Zur Feststellung des Verjährungsbeginns ist ebenfalls eine objektive Anknüpfung veranlasst (BGH, Beschluss vom 27.11.2003 – VII ZR 288/02, juris Rn. 12). Hat ein vom Auftraggeber beauftragter Fachmann, wie ein Architekt oder Ingenieur, die Schlussrechnung geprüft, spricht dies in der Regel für eine Prüffähigkeit (OLG Bremen, BeckRS 17781, Rn. 11; OLG Schleswig, Urteil vom 17.12.2020 – 7 U 21/18, juris Rn. 113).

Hiervon zu trennen ist die Frage, in welchen Fällen es dem Auftraggeber nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf die fehlende Prüffähigkeit zu berufen, weil sein Kontroll- und Informationsinteresse auch ohne Vorlage einer prüffähigen Rechnung gewahrt wird. Dies kann der Fall sein, wenn der Auftraggeber die Rechnung gleichwohl geprüft hat oder ihm die Überprüfung trotz einzelner fehlender Angaben möglich war. Für den Eintritt der Fälligkeit und den Beginn der Verjährung ist auch in diesen Fällen eine objektive Anknüpfung geboten. Beruft sich der Auftraggeber dann innerhalb der Frist des § 16 Abs. 3 VOB/B auf die fehlende Prüffähigkeit, beginnt die Verjährung erst, wenn die Umstände, die den Verstoß gegen Treu und Glauben begründen, nach außen treten, so dass auch für den Auftragnehmer erkennbar ist, dass er die Forderung durchsetzen kann und deshalb die Verjährung beginnt (BGH, aaO, Rn. 26).

aa) Gemessen an diesen Grundsätzen entspricht die Schlussrechnung vom 01.11.2016 den an die Prüffähigkeit zu stellenden Aufforderungen.

Zunächst hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die A GmbH die Schlussrechnung bereits im Dezember 2016 geprüft. Die erneute Prüfung im August 2017 ist zu demselben Ergebnis der Prüfung vom Dezember 2016 gekommen. Die A GmbH hat dadurch zu erkennen gegeben, dass sie die Rechnung als prüffähig ansieht und diese prüfen konnte.

So hat der Zeuge A1 bekundet, dass nach der Übersendung von Unterlagen am 21.07.2017 festgestellt wurde, dass die Unterlagen identisch mit denjenigen waren, die ihm bei Erstellung des Schreibens vom 02.12.2016 vorgelegen haben. Dabei hat der Zeuge A1 auch bekundet, dass bereits am 02.12.2016 die Zahlen der Schlussrechnung in das Prüfungsprogramm eingegeben wurden und insoweit eine Prüfung erfolgt war, die gegenüber der Prüfung im Juli 2017 keinerlei Änderung aufgewiesen hatte. Des Weiteren hat der Zeuge A1 im Rahmen seiner Vernehmung erläutert, dass er mit dem Einwand der fehlenden Prüfbarkeit der Klägerin letztlich nur Gelegenheit zu weiteren Nachweisen geben wollte, um erhebliche Rechnungskürzungen zu vermeiden.

bb) Der – objektiven – Prüfbarkeit der Schlussrechnung steht auch nicht entgegen, dass bei der Prüfung möglicherweise zu einzelnen Nachträgen keine Nachtragskalkulationen vorgelegen haben. Denn unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens ist nicht ersichtlich, dass für die Prüfung die Vorlage der Nachtragskalkulationen erforderlich gewesen wäre.

Dies bereits deshalb, weil die Prüfung durch das beauftragte Ingenieurbüro erfolgte, das aufgrund bestehender Sachkunde die grundsätzliche Angemessenheit der Preisbildung beurteilen kann. Die Vorlage von Nachtragskalkulationen ist daher bei einer Schlussrechnungsprüfung durch einen Architekten oder Ingenieur nicht ohne weiteres erforderlich (vgl. OLG Schleswig, aaO; OLG Bamberg, Urteil vom 14.08.2022 – 3 U 131/00; juris Rn. 25).

Soweit Nachtragsangebote erteilt und beauftragt wurden, so war die Rechnung betreffend solcher Nachträge ohne weiteres prüffähig. Dass bereits während der Baumaßnahme Nachtragsangebote vorgelegen haben, hat die Beweisaufnahme ergeben. Sowohl der Zeuge B als auch der Zeuge C haben übereinstimmend bekundet, dass Nachtragsangebote bereits während der Bauzeit übergeben wurden. Soweit in dem Schreiben vom 02.12.2016 einleitend das Fehlen sämtlicher Nachtragsunterlagen für die Nachträge 1 – 14 gerügt wurde, dürfte dies daher schon unzutreffend gewesen sein.

Soweit in dem Schreiben im Folgenden darauf abgestellt wurde, dass „etwaige“ Nachtragsangebote nebst Nachtragskalkulationen vorzulegen seien, so spricht dies nach dem Verständnis des Senats dafür, dass das Vorliegen einer entsprechenden Beauftragung bzw. Anordnung bestritten wird. Dann aber handelt es sich nicht um eine Frage der Prüfbarkeit sondern der inhaltlichen Richtigkeit der Schlussrechnung (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.1999 – VII ZR 127/98, juris Rn. 16).

Eine – objektiv – fehlende Prüfbarkeit könnte allenfalls für solche Nachträge angenommen werden, welche auf Anordnungen des Auftraggebers beruhen. Dass solche Anordnungen in nennenswertem Umfang vorlagen und eine etwaige Schätzung nicht ermöglichen würden, ist bislang nicht ersichtlich. Dabei ist auch zu beachten, dass nach der – neuen – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Berechnung von Nachtragsvergütungen an die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge und nicht mehr an die Auftragskalkulation anzuknüpfen ist (BGHZ 223,45; BGH NJW 2020,468). Die Erforderlichkeit und Angemessenheit von Kosten kann von einem Fachmann jedoch aus eigener Sachkunde beurteilt werden. Dann ist die Rechnung objektiv prüfbar.

cc) Die Prüffähigkeit kann auch nicht deshalb verneint werden, weil die Klägerin – letztlich bis heute – keinen weitergehenden Nachweis der geleisteten Arbeitsstunden betreffend die Zuschlags-Position 9.14.1.2.80 vorgelegt hat. Die Schlussrechnung wurde von der A GmbH ohne Vorlage eines solchen weitergehenden Nachweises ausweislich ihrer Anmerkung in dem Schreiben vom 02.12.2016 bezogen auf diese Position geprüft. Die Klägerin hat mit der Schlussrechnung unstreitig eine Excel-Datei vorgelegt, aus der die der Position zugrunde gelegten Stundenzahlen hervorgehen. Bei dieser Position handelt es sich zudem um eine im Verhältnis zur Schlussrechnungssumme nur ganz geringfügige Position, so dass bei der Prüfung durch ein mit der Bauleitung beauftragtes Ingenieurbüro grundsätzlich auch eine Schätzung als ausreichend anzusehen ist.

b) Ebenfalls zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Beklagten die Erhebung der Einrede der Verjährung nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen § 242 BGB verwehrt ist.

Richtig ist zwar, dass die Beklagte sich im Jahr 2016 auf die mangelnde Prüffähigkeit berufen und das Ergebnis der Prüfung erst im Jahr 2017 mitgeteilt hat. Einen Vertrauenstatbestand auf Seiten der Klägerin dahingehend, dass die Beklagte von einer Fälligkeit der Schlussrechnungsforderung erst im Jahr 2017 ausgehe und sich insoweit auch nicht vor Ablauf des Jahres 2020 auf Verjährung berufen werde, hat sie damit jedoch nicht geschaffen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist widersprüchliches Verhalten nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann dann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGHZ 202,102, zit. nach juris Rn. 33). So kann die Erhebung der Verjährungseinrede rechtsmissbräuchlich sein, wenn aus einem früheren vertrauensbegründenden Verhalten der Schluss gezogen werden kann, der Schuldner werde sich nicht auf die eintretende Verjährung berufen und dies den Gläubiger von der rechtzeitigen Klageerhebung abhält (BGH NJW 2002,3110, zit. nach juris Rn. 13; MüKoBGB/Schubert, 9. Aufl. 2022, Rn. 366). Allerdings entfällt der Rechtsmissbrauch bei eigenem widersprüchlichen Verhalten in derselben Sache (BGH BeckRS 2010,24791 Rn. 9; Staudinger/Looschelders/ Olzen (2019) BGB, § 242 Rn. 292).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte nicht als rechtsmissbräuchlich. Dies bereits deshalb, weil die Klägerin – worauf das Landgericht zutreffend abgestellt hat – mit ihrem eigenen Verhalten deutlich gemacht hat, dass sie von einer anfänglichen Prüffähigkeit der Rechnung ausgegangen ist und diese mit Mahnungen bezogen auf die für den 10.11.2016 angenommene Fälligkeit weiterverfolgt hat. Auch wenn die Beklagte im Jahr 2016 die Rechnung als nicht prüffähig zurückgewiesen hatte, so wurde damit ausgehend von den unterschiedlichen Rechtsauffassungen zu dieser Frage schon kein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass die Fälligkeit der Werklohnforderung übereinstimmend erst für das Jahr 2017 anzunehmen sei. So hatte die Klägerin etwa mit Blick auf die Zinsforderung durchaus Anlass, an ihrer Rechtsauffassung weiter festzuhalten.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit Schreiben vom 05.10.2017 den Rechnungskürzungen widersprochen und eine gerichtliche Geltendmachung der Forderungen für den Fall der Nichtzahlung „ohne weitere Nachricht“ angekündigt hatte. Da die Beklagte auf diese Anforderung nicht geleistet hat, ist nicht ersichtlich, dass ein besonderes, ein Vertrauen begründendes Verhalten der Beklagten die Klägerin von der rechtzeitigen Klageerhebung in den Jahren 2017 bis 2019 abgehalten hätte.

Letztlich wäre der Klägerin ein eigenes widersprüchliches Verhalten vorzuhalten. Denn diese hat sich erst im Prozess auf die ursprünglich fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung berufen, um ihre Werklohnforderung gegenüber der Beklagten durchsetzen zu können. Im Jahr 2016 hat sie indes den Standpunkt vertreten, die Rechnung sei prüffähig. Es kann dabei nicht angenommen werden, dass ihr Interesse an der Durchsetzung der Werklohnforderung nunmehr gegenüber dem Interesse der Beklagten, diese nicht mehr ausgleichen zu müssen, vorrangig schutzwürdig erscheint.

2. Ein Grund, durch Urteil statt durch Beschluss zu entscheiden, besteht für den Senat nicht. Insbesondere ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht im Sinne von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO zum Schutz der Klägerin als Berufungsführerin erforderlich. Weder ist erkennbar, dass die Rechtsverfolgung für die Klägerin existenzielle Bedeutung haben könnte, noch ist das angefochtene Urteil nur im Ergebnis richtig, hingegen unzutreffend begründet worden (vgl. zu diesen denkbaren Fällen RegBegr BT Drucks17/5334, S. 7). Im Gegenteil folgt der Senat der angegriffenen Entscheidung auch in seiner wesentlichen Begründung. Gleichfalls sind weitere Umstände, die eine mündliche Verhandlung zum Schutz der Klägerin erforderlich machen könnten, nicht ersichtlich.

Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht ebenfalls nicht.

Der Senat regt daher im Kosteninteresse die Prüfung an, ob die Berufung zurückzunehmen ist.

3. Gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO war der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer zu bestimmenden Frist zu geben.

Hinsichtlich der beabsichtigten Berichtigung des angefochtenen Urteils war beiden Parteien rechtliches Gehör zu gewähren.

 

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