OLG Karlsruhe: Klare Vergütungsvereinbarung für Zusatzleistungen entscheidend
Das OLG Karlsruhe wies die Berufung eines Klägers zurück, der zusätzliche Vergütung für nicht im Werkvertrag spezifizierte Zusatzarbeiten forderte, und entschied, dass ohne eine eindeutige Vereinbarung oder Genehmigung solcher Zusatzleistungen durch den Auftraggeber kein Anspruch auf eine erhöhte Vergütung besteht.
Übersicht
- OLG Karlsruhe: Klare Vergütungsvereinbarung für Zusatzleistungen entscheidend
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ➜ Der Fall im Detail
- ✔ Häufige Fragen – FAQ
- Was ist ein Werkvertrag und welche Pflichten ergeben sich daraus?
- Wie wird der Vergütungsanspruch bei zusätzlichen Leistungen im Werkvertrag geregelt?
- Was bedeutet eine „stillschweigend vereinbarte Vergütung“ im Kontext von Werkverträgen?
- Welche Beweislastregelungen gelten für den Vergütungsanspruch bei Werkverträgen?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Das vorliegende Urteil
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Der Kläger forderte eine zusätzliche Vergütung für Zusatzarbeiten, die nicht im ursprünglichen Werkvertrag mit dem Beklagten vereinbart waren.
- Das OLG Karlsruhe bestätigte das Urteil des Landgerichts Mannheim, das die Forderung abwies, da keine eindeutige Vereinbarung über die zusätzlichen Arbeiten vorlag.
- Das Gericht stellte klar, dass eine Vergütung für nicht vereinbarte Zusatzleistungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zusteht, z.B. bei notwendigen Arbeiten, die dem mutmaßlichen Willen des Bestellers entsprechen.
- Die Beweislast für die Vereinbarung zusätzlicher Vergütungen liegt beim Unternehmer.
- Zusatzarbeiten, die nicht ausdrücklich vereinbart wurden und nicht klar von den vertraglich vereinbarten Leistungen abgrenzbar sind, begründen keinen automatischen Anspruch auf zusätzliche Vergütung.
- Eine Vergütung für Zusatzarbeiten kann unter Umständen über Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung hergeleitet werden.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Revision wurde nicht zugelassen.
Zusatzarbeiten im Bauvertrag – Rechtliche Fallstricke
Nicht selten kommt es bei Bauvorhaben vor, dass Zusatzarbeiten anfallen, die ursprünglich nicht im Werkvertrag berücksichtigt wurden. Hier stellt sich die Frage, wann und in welchem Umfang der Unternehmer für diese Mehrleistungen eine zusätzliche Vergütung verlangen kann.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind komplex und sorgen häufig für Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien. Eine eindeutige vertragliche Regelung über mögliche Zusatzleistungen und deren Abrechnung ist daher von zentraler Bedeutung, um spätere Konflikte zu vermeiden. Ansonsten droht eine Beweislastumkehr zu Ungunsten des Unternehmers.
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➜ Der Fall im Detail
Streit um Vergütung für Zusatzleistungen im Werkvertragsrecht
Im Zentrum des Falles steht ein Streit zwischen einem Auftragnehmer und seinem Auftraggeber über die Vergütung zusätzlicher Bauarbeiten.
Der Kläger, ein Bauunternehmer, forderte nachträglich eine Vergütung für Zusatzleistungen, die nicht im ursprünglichen Werkvertrag vereinbart waren. Diese Forderung basierte auf seiner Behauptung, dass die zusätzlichen Arbeiten auf Veranlassung des Auftraggebers erfolgt seien. Der Beklagte hingegen vertrat die Position, dass für diese Zusatzarbeiten keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde. Das rechtliche Dilemma entstand aus der Frage, inwieweit Zusatzleistungen, die über den ursprünglichen Werkvertrag hinausgehen, ohne eine explizite Vereinbarung vergütet werden müssen.
Die juristische Auseinandersetzung und ihre Grundlagen
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der Auftragnehmer einen Anspruch auf Vergütung für die erbrachten Zusatzleistungen hat. Kern der juristischen Auseinandersetzung war die Auslegung der §§ 631, 632 BGB, die die Grundlage des Werkvertragsrechts bilden. Besonders im Fokus stand die Frage, ob eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die Herausforderung lag in der Beweisführung bezüglich der Vereinbarung der Zusatzarbeiten und ihrer Vergütung.
Das Urteil des OLG Karlsruhe und seine Begründung
Das OLG Karlsruhe wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte somit das Urteil des Landgerichts Mannheim. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Kläger nicht ausreichend beweisen konnte, dass eine Vereinbarung über die zusätzlichen Vergütungen zwischen ihm und dem Beklagten getroffen wurde. Das Gericht betonte, dass im Falle fehlender expliziter Vereinbarungen über Zusatzleistungen, der Unternehmer die Beweislast für die vereinbarte Vergütung trägt. Es wurde klargestellt, dass nicht automatisch von einer Vergütungspflicht ausgegangen werden kann, wenn die zusätzlichen Leistungen nicht klar vom ursprünglichen Auftrag abgegrenzt und als solche zwischen den Parteien vereinbart wurden.
Konsequenzen der Entscheidung für die Vertragspraxis
Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer klaren und detaillierten Vertragsgestaltung im Werkvertragsrecht. Sie macht deutlich, dass Zusatzleistungen explizit vereinbart und dokumentiert werden müssen, um später Vergütungsansprüche geltend machen zu können. Für die Praxis bedeutet dies, dass sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer bei der Aufnahme von Zusatzarbeiten in laufende Projekte eine genaue Dokumentation und Vereinbarung der Vergütungsmodalitäten sicherstellen sollten, um spätere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Die Bedeutung der Entscheidung für ähnliche Fälle
Dieses Urteil des OLG Karlsruhe dient als wichtiges Beispiel für die Handhabung von Vergütungsansprüchen für Zusatzleistungen im Werkvertragsrecht. Es verdeutlicht, dass die Gerichte strenge Anforderungen an die Beweisführung stellen und dass ohne klare Vereinbarungen und Dokumentationen der Anspruch auf zusätzliche Vergütungen schwer durchsetzbar ist. Die Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit, bereits im Vorfeld eines Projekts potenzielle Zusatzleistungen zu antizipieren und entsprechende Vereinbarungen zu treffen.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was ist ein Werkvertrag und welche Pflichten ergeben sich daraus?
Ein Werkvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung, bei der sich eine Partei (der Unternehmer) verpflichtet, ein bestimmtes Werk herzustellen, und die andere Partei (der Besteller) sich zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 631 ff. geregelt. Der Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein, wie beispielsweise die Anfertigung eines Gutachtens oder die Durchführung einer Reparatur.
Pflichten des Unternehmers
Die Hauptpflicht des Unternehmers besteht darin, das vereinbarte Werk rechtzeitig und vertragsgemäß herzustellen und zu liefern. Das Werk muss die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen und frei von Mängeln sein. Der Unternehmer trägt die Verantwortung für den Erfolg seiner Tätigkeit und muss für Mängel des Werks einstehen. Dies beinhaltet auch die Pflicht zur Gewährleistung, d.h., der Unternehmer muss Mängel, die innerhalb der Gewährleistungsfrist auftreten, auf eigene Kosten beseitigen. Zudem hat der Unternehmer eine Informations- und Beratungspflicht gegenüber dem Besteller.
Pflichten des Bestellers
Die Hauptpflichten des Bestellers liegen in der Abnahme des vertragsmäßig hergestellten Werkes sowie in der Entrichtung der vereinbarten Vergütung. Die Vergütung wird in der Regel fällig, wenn das Werk abgenommen wird, d.h., wenn der Besteller das Werk als vertragsgemäß akzeptiert. Darüber hinaus hat der Besteller Mitwirkungspflichten, die erfüllt werden müssen, damit der Unternehmer das Werk herstellen kann. Dies kann beispielsweise die Bereitstellung von Informationen oder Materialien umfassen. Kommt der Besteller diesen Pflichten nicht nach, kann dies zu einem Annahmeverzug führen, wodurch der Unternehmer Anspruch auf Entschädigung haben kann.
Besonderheiten und Abgrenzung
Der Werkvertrag unterscheidet sich vom Dienstvertrag dadurch, dass beim Werkvertrag ein konkretes Arbeitsergebnis geschuldet wird, während beim Dienstvertrag lediglich eine Tätigkeit bzw. ein Bemühen geschuldet ist. Im Vergleich zum Kaufvertrag, bei dem die Übereignung einer Sache im Vordergrund steht, liegt der Fokus beim Werkvertrag auf der Herstellung des Werkes. Zusammenfassend ist der Werkvertrag eine wichtige vertragliche Grundlage, die sowohl für Unternehmer als auch für Besteller spezifische Rechte und Pflichten mit sich bringt. Die genaue Kenntnis dieser Pflichten ist entscheidend, um die vertraglichen Beziehungen korrekt zu gestalten und potenzielle Konflikte zu vermeiden.
Wie wird der Vergütungsanspruch bei zusätzlichen Leistungen im Werkvertrag geregelt?
Bei zusätzlichen Leistungen im Werkvertrag, die nicht im ursprünglichen Vertrag festgehalten wurden, ist die Regelung des Vergütungsanspruchs abhängig davon, ob es sich um einen Vertrag nach Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) oder nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) handelt.
BGB-Vertrag
Bei einem BGB-Werkvertrag hat der Unternehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Vergütung für zusätzlich erbrachte Leistungen, wenn diese dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen und für eine mangelfreie Errichtung des Bauwerks notwendig sind. Dies wird als berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag betrachtet. Der Unternehmer kann in solchen Fällen die übliche Vergütung als Aufwendungsersatz geltend machen. Zusätzlich besteht oft auch ein Bereicherungsanspruch in Höhe der üblichen Vergütung, wenn die zusätzlichen Leistungen ordnungsgemäß erbracht und vom Auftraggeber entgegengenommen und genutzt werden.
VOB/B-Vertrag
Bei einem VOB/B-Vertrag muss der Unternehmer den Vergütungsanspruch für zusätzliche Leistungen vor deren Ausführung dem Auftraggeber anzeigen. Dies dient dazu, den Auftraggeber vor unerwarteten Mehrkosten zu schützen und ihm die Möglichkeit zu geben, über die Beauftragung der zusätzlichen Leistung zu entscheiden. Wenn der Unternehmer diese Ankündigung unterlässt, kann dies je nach Einzelfall und Rechtsprechung dazu führen, dass er keinen Anspruch auf zusätzliche Vergütung hat, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die dennoch zu einem Vergütungsanspruch führen.
Zusammengefasst muss bei einem BGB-Vertrag der Unternehmer nachweisen, dass die zusätzlichen Leistungen im Interesse des Auftraggebers lagen, während bei einem VOB/B-Vertrag eine formelle Ankündigung der Mehrvergütung vor Ausführung der zusätzlichen Leistung erforderlich ist. In beiden Fällen ist es für den Unternehmer ratsam, zusätzliche Leistungen und die damit verbundenen Vergütungsansprüche klar und nachvollziehbar zu dokumentieren, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Was bedeutet eine „stillschweigend vereinbarte Vergütung“ im Kontext von Werkverträgen?
Eine „stillschweigend vereinbarte Vergütung“ im Kontext von Werkverträgen bezieht sich auf die gesetzliche Regelung, dass eine Vergütung als vereinbart gilt, auch wenn die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung über die Vergütung getroffen haben. Dies ist in § 632 Abs. 1 BGB festgelegt und tritt in Kraft, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Das bedeutet, dass selbst wenn keine explizite Absprache über die Bezahlung erfolgt ist, der Unternehmer dennoch einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung hat, sofern die Erbringung der Werkleistung typischerweise entgeltlich erfolgt. Dies schützt den Unternehmer davor, dass der Besteller sich nach Erbringung der Leistung darauf beruft, es sei keine Vergütung vereinbart worden.
Falls die Höhe der Vergütung nicht bestimmt wurde, sieht das Gesetz vor, dass bei Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung und in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart gilt. Die „übliche Vergütung“ bezieht sich auf das, was in ähnlichen Fällen unter vergleichbaren Umständen üblicherweise gezahlt wird.
Diese Regelung trägt der Tatsache Rechnung, dass in der Praxis Verträge oft mündlich oder durch konkludentes Handeln geschlossen werden, ohne dass alle Details, insbesondere zur Vergütung, explizit festgehalten werden. Sie dient somit der Rechtssicherheit und der Fairness, indem sie sicherstellt, dass der Unternehmer für seine Arbeit eine angemessene Vergütung erhält, auch wenn keine ausdrückliche Vereinbarung vorliegt.
Welche Beweislastregelungen gelten für den Vergütungsanspruch bei Werkverträgen?
Für den Vergütungsanspruch bei Werkverträgen gelten bestimmte Beweislastregelungen, die festlegen, welche Partei im Streitfall die Beweisführung zu erbringen hat.
Wenn der Unternehmer die übliche Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB geltend macht, liegt die Beweislast dafür, dass eine vom Besteller behauptete und vom Unternehmer bestrittene Vergütungsvereinbarung nicht getroffen wurde, beim Unternehmer. Der Unternehmer muss also beweisen, dass keine spezifische Vergütungsabrede existiert, um die übliche Vergütung verlangen zu können.
Der Besteller hingegen muss eine von ihm behauptete Vergütungsvereinbarung nachweisen, wenn der Unternehmer diese bestreitet. Der Besteller muss die behauptete Vergütungsabrede nach Ort, Zeit und Höhe der Vergütung substantiiert darlegen. Es wird also eine detaillierte und konkrete Beschreibung der Umstände erwartet, unter denen die Vergütungsvereinbarung zustande gekommen sein soll.
Sollte der Unternehmer den Beweis erbringen, dass keine spezifische Vergütungsvereinbarung existiert, und somit die übliche Vergütung als Basis für seinen Anspruch heranziehen, liegt es am Besteller, das Gegenteil zu beweisen. In der Praxis wird häufig ein Sachverständigengutachten eingeholt, um die übliche Vergütung zu bestimmen.
Diese Beweislastregelungen sollen sicherstellen, dass beide Parteien ihre Behauptungen im Streitfall belegen müssen und tragen zur Rechtssicherheit bei der Durchsetzung oder Abwehr von Vergütungsansprüchen bei.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 631 Abs. 1 BGB: Regelt die grundlegende Verpflichtung im Werkvertragsrecht, nach der der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist. Dies ist zentral für das Verständnis des Werkvertragsrechts, da es die Basisbeziehung zwischen den Parteien definiert.
- § 632 Abs. 1 BGB: Beschäftigt sich mit der stillschweigenden Vereinbarung einer Vergütung für Werkleistungen, wenn eine explizite Vereinbarung fehlt, aber die Umstände eine Vergütung erwarten lassen. Dieser Paragraph ist im Kontext des Falles relevant, da er die Grundlage für Vergütungsansprüche bei fehlender expliziter Preisvereinbarung bietet.
- § 632 Abs. 2 BGB: Gibt an, dass bei Fehlen einer expliziten Vergütungsvereinbarung die taxmäßige oder übliche Vergütung als vereinbart gilt. Dies ist wichtig für die Klärung von Vergütungsfragen, wenn die Höhe der Vergütung nicht festgelegt wurde.
- § 650f BGB (nach neuerem Recht relevant, auch wenn nicht direkt im Text genannt): Regelung zu Zusatzleistungen bei Bauverträgen, die für das Verständnis von Ansprüchen auf Vergütung zusätzlicher Bauleistungen wesentlich ist. Obwohl nicht direkt im Text erwähnt, ist dieser Paragraph im Kontext von Zusatzarbeiten und deren Vergütung wichtig.
- § 154 BGB: Behandelt das Zustandekommen eines Vertrags bei Dissens. Dies ist im vorliegenden Fall von Interesse, da der Unternehmer und der Besteller unterschiedliche Auffassungen bezüglich der Vereinbarung hatten.
- § 287 ZPO: Ermöglicht dem Gericht eine Schätzung des Schadens oder des Wertes der Leistung, wenn eine genaue Feststellung nicht möglich ist. Im Kontext von Zusatzarbeiten, deren Umfang und Vergütung zwischen den Parteien strittig sind, kann diese Vorschrift eine Rolle spielen, um zu einer gerechten Entscheidung zu gelangen.
Das vorliegende Urteil
OLG Karlsruhe – Az.: 8 U 143/13 – Urteil vom 28.04.2015
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12. Juli 2013 – 9 O 23/13 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
(Ohne Sachverhaltsdarstellung gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers mit dem – mit Schriftsatz vom 12. August 2013 angekündigten und in der mündlichen Verhandlung gestellten – Antrag,
unter Abänderung des am 12. Juli 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Mannheim (AZ: 9 O 23/13) den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 17.607,95 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, welchem der Beklagte entgegentritt, ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Gemäß § 631 Abs. 1 BGB wird der Unternehmer durch den Werkvertrag zur Herstellung des versprochenen Werks, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, fingiert § 632 Abs. 1 BGB eine Vergütung (immer) als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Das Gesetz möchte mit dieser Regelung Dissensfolgen vermeiden. Es kommt sonach auf einen entsprechenden Willen des Bestellers nicht an. Entscheidend ist, ob die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Ist zwar eine Vergütung vereinbart, deren Höhe aber nicht bestimmt ist, besagt § 632 Abs. 2 BGB, dass bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe aber die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist. Der Gesetzgeber gibt mit diesem Regelungszusammenhang für die Vergütung einer Werkleistung zugleich Anhaltspunkte dafür, was der Unternehmer und was der Besteller zu beweisen hat, wenn es über die Frage einer Vergütung überhaupt oder deren Höhe zum Streit zwischen den Vertragsparteien kommt (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1996 – X ZR 63/94 -, juris, Rn. 10). Danach muss grundsätzlich der Unternehmer, der gemäß § 632 Abs. 2 BGB die taxmäßige oder übliche Vergütung verlangt, beweisen, dass eine vom Besteller behauptete Vereinbarung über die Höhe der Vergütung nicht getroffen wurde (BGH, Urteil vom 26. März 1992 – VII ZR 180/91 -, juris, Rn. 9). Gelingt ihm das nicht, steht ihm nur der geringere Werklohn zu, der sich aus der behaupteten Preisvereinbarung ergibt (BGH, a.a.O.).
Daraus folgt, dass – anders als die Berufung meint [BB 2 f.] – nicht von Dissens ausgegangen und der Unternehmer nicht „über § 154 BGB in Verbindung mit § 632 Abs. 2 BGB“ entlohnt werden kann, wenn – wie hier – der Besteller eine Pauschalpreisvereinbarung behauptet und der Unternehmer diese (lediglich) nicht widerlegen kann. Das hat das Landgericht [LGU 5] zutreffend gesehen. Die von der Berufung [BB 2 bis 4] demgegenüber vertretene gegenteilige Ansicht entspricht weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Ihr vermag sich der Senat daher nicht anzuschließen.
2. Haben die Parteien bei einem Pauschalvertrag die geschuldete Leistung nicht funktional vollständig beschrieben (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 1997 – VII ZR 65/96 -, juris, Rn. 16 ff.), sondern – wie hier – durch verschiedene Angaben in einer Vertragsgrundlage gewordenen Urkunde näher bestimmt, werden später erforderliche Zusatzarbeiten vom Pauschalpreis nicht erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1994 – VII ZR 140/93 -, juris, Rn. 18). Nicht erfasste zusätzliche Werkleistungen können auch ohne Abschluss eines sie betreffenden zusätzlichen Werkvertrages vom Besteller zu vergüten sein (BGH, Urteil vom 8. Januar 2002 – X ZR 6/00 -, juris, Rn. 23). Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung rechtfertigt nach Treu und Glauben eine nicht unerhebliche Veränderung des in einem Pauschalpreisvertrag vorgesehenen Leistungsinhalts, die an den Grundlagen der getroffenen Preisvereinbarung rührt, eine Anpassung der Pauschale an die veränderten Verhältnisse. Das gilt in gleicher Weise für den Fall der Erbringung erheblicher zusätzlicher Leistungen wie für den Fall erheblicher Minderleistungen. Voraussetzung eines solchen erhöhten Vergütungsanspruchs durch Vertragsanpassung ist, dass zu dem Leistungsinhalt, der einer Pauschalpreisvereinbarung zugrunde liegt, erhebliche, zunächst nicht vorgesehene Leistungen auf Veranlassung des Bestellers hinzukommen (vgl. BGH, a.a.O.).
Ändert der Unternehmer die Leistung eigenmächtig oder erbringt er zusätzliche Leistungen ohne Auftrag, steht ihm kein vertraglicher Vergütungsanspruch zu, wenn der Auftraggeber diese Leistungen nicht als vertragliche genehmigt beziehungsweise anerkennt. Er kann jedoch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus Bereicherung haben. Solche Ansprüche kommen namentlich dann in Betracht, wenn die Leistungen notwendig waren; für eine mangelfreie Errichtung des Bauwerks notwendige Leistungen werden in aller Regel dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen. Der Unternehmer kann dann Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB auf der Grundlage der üblichen Vergütung fordern (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1972 – VII ZR 143/70 -, juris, Rn. 29 ff.; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, 5. Teil, Rn. 189 und 306). Bei ausreichenden Grundlagen gibt § 287 ZPO dem Gericht auch die Möglichkeit, den dem Unternehmer zustehenden Werklohn durch Schätzung zu ermitteln (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 13. Juli 2006 – VII ZR 68/05 -, juris, Rn. 10).
3. Um hiernach zu einem (weiteren) Vergütungsanspruch des Klägers zu gelangen, wäre es erforderlich gewesen, dass der Kläger zum Einen die Entkernungsarbeiten gemäß Angebot [Anlage B 1] nach den dort angebotenen Preisen in Rechnung gestellt und zum Anderen davon getrennt die im Einzelnen zu bezeichnenden Zusatzleistungen abgerechnet hätte. Das hat der Kläger – obschon in der mündlichen Verhandlung am 5. April 2013 und aufgrund der Ausführungen auf den Seiten 6 und 7 des angefochtenen Urteils vom Landgericht darauf hingewiesen – nicht getan.
Zwar sollen nach dem Vorbringen des Klägers die Positionen
● 36 Stunden a 30,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer für „Putz abklopfen und Heraklit entfernen“ am 24., 26. und 27. März 2012,
● 30 Stunden a 30,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer für „Laminatboden entfernen“ am 29. März 2012 und
● sechs Stunden a 30,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer für eine nachträglich erbetene Bohrung
aus der Rechnung Nr. o2./2012 [Anlage K 2] nicht die ursprünglich angefragten Arbeiten betreffen. Die so behaupteten Zusatzarbeiten sind jedoch völlig unzureichend beschrieben mit der Folge, dass sie sich nicht von den in Anlage B 1 genannten Entkernungsarbeiten abgrenzen lassen. Es ist nicht einmal vorgetragen, in welcher Etage die behaupteten Zusatzarbeiten ausgeführt worden sein sollen.
Jedenfalls an der fehlenden Abgrenzbarkeit von den in Anlage B 1 genannten Arbeiten – infolge inhaltlich unzureichender Beschreibung – scheitert auch die Zuerkennung einer Vergütung für die mit Rechnung Nr. o1./2012 [Anlage K 1] abgerechneten (behaupteten) Zusatzarbeiten. Soweit diese als „in Groser Wohnung“, „In Kleine wohnung“ und „in Rechte wohnung“ erbracht bezeichnet wurden, hat der Senat durch Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 28. April 2015 versucht, eine Abgrenzung hinzubekommen – was vielleicht gelungen wäre, wenn sich diese Wohnungen im Obergeschoss befunden hätten. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung jedoch angegeben, dass sich diese Wohnungen im Dachgeschoss befanden, und hat dies dem Senat auch anhand eines – von seinem Prozessbevollmächtigten vorgelegten und als Anlage zum Protokoll genommenen – Planes gezeigt. Sollten diese Arbeiten jedoch im Dachgeschoss ausgeführt worden sein, lassen sie sich nicht von den in Anlage B 1 genannten Arbeiten abgrenzen, bei denen man – nach Beweislastgrundsätzen – davon ausgehen muss, dass deren Erbringung vom Kläger zum Pauschalpreis versprochen wurde.
Soweit Ringankerarbeiten vom Kläger als erbracht behauptet wurden, steht der Zuerkennung einer Vergütung entgegen, dass der Beklagte erklärt hat, die Ringankerarbeiten seien der Firma D. in Auftrag gegeben worden und er habe diese Firma für die Ringankerarbeiten auch bezahlt. Der Kläger konnte nicht beweisen, vom Beklagten mit der Ausführung von Ringankerarbeiten beauftragt worden zu sein und es kann keineswegs als ausgeschlossen angesehen werden, dass der Kläger bei der Erbringung von Ringankerarbeiten rechtlich als Nachunternehmer der Firma D. zu beurteilen ist.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestehen nicht.