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Widerrufsrecht bei Werkvertrag?

Amtsgericht Bad Segeberg,  Az.: 17 C 230/14, Urteil vom 13.04.2015

Tatbestand:

Die Kläger begehren von der Beklagten die Rückzahlung einer aufgrund eines Vertrages über die Renovierung einer Treppe geleisteten Anzahlung.

Am 20.05.2014 wandten sich die Kläger im Rahmen einer Ausstellung an die Beklagte. Die Kläger beabsichtigten, die in ihrem Wohnhaus befindliche Treppe zu renovieren.

werkvertragAm 19.06.2014 suchte ein Mitarbeiter der Beklagten die Kläger in ihrer Wohnung auf. Der Mitarbeiter der Beklagten erstellte nach Besichtigung der Treppe ein Angebot für die Durchführung einer Treppenrenovierung, das mit einem Betrag in Höhe von 4.275,07 € endete. Da den Klägern dieser Betrag zu hoch war, bot der Mitarbeiter der Beklagten den Klägern eine Treppenrenovierung zu einem Preis in Höhe von 3.600,00 € an, sofern die Kläger eine Anzahlung in Höhe von 150,00 € leisten. Die Kläger stimmten dem zu und leisteten die Anzahlung. Die Treppenrenovierung sollte im Januar 2015 durchgeführt werden. Für die Renovierung der Treppe sollten dabei individuell nach Maß hergestellte, nicht vorgefertigte Teile verwendet werden.

Mit Schreiben vom 26.06.2014 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten die Kündigung des Vertrages. In der Folgezeit ließen sich die Kläger von der Verbraucherzentrale Hamburg beraten.

Mit Schreiben vom 12.08.2014 forderte die Verbraucherzentrale Hamburg im Namen der Kläger die Beklagte zur umgehenden Erstattung der von den Klägern geleisteten Anzahlung auf. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens vom 12.08.2014 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 35 d.A.).

Die Beklagte machte gegenüber den Klägern Ansprüche aus dem Werkvertrag unter Berücksichtigung ersparter Aufwendungen in Höhe von 1.804,65 € geltend. Wegen der Einzelheiten über die Berechnung dieses Anspruchs wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage B 1, Bl. 27 d.A.).

Für die Beratung durch die Verbraucherzentrale Hamburg wurden den Klägern am 24.06.2014 Kosten in Höhe von 22,00 €, am 24.07.2014 Kosten in Höhe von 20,00 €, am 18.11.2014 Kosten in Höhe von 22,00 € sowie am 20.01.2015 Kosten in Höhe von weiteren 22,00 € in Rechnung gestellt.

Die Kläger haben zunächst im Mahnverfahren gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 150,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.09.2014 sowie Mahnkosten in Höhe von 42,00 € geltend gemacht.

Mit ihrer Klage machen die Kläger folgende Zahlungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend:

Rückzahlung der Anzahlung: 150,00 €

Kosten für Beratung durch die Verbraucherzentrale: 86,00 €

Porto: 14,65 €

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 250,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 150,00 € seit dem 03.09.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Kläger hätten um den Termin zur Angebotsunterbreitung und zur Durchführung von Vertragsverhandlungen in ihrer Wohnung am 19.06.2014 ausdrücklich gebeten (Beweis: Zeugnis des Herrn Wolfgang Gase; Zeugnis der Frau Elfriede Lau). Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 06.01.2015 die Aufrechnung gegen die Klageforderung mit einem Teil der ihr aus dem Vertrag zustehenden Ansprüche gegen die Kläger erklärt.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 150,00 € sowie auf Erstattung von Rechtsberatungskosten in Höhe von 83,54 € und Portokosten in Höhe von 14,65 € zu.

1. Soweit die Kläger vorgetragen haben, sie hätten den Werkvertrag nicht unterzeichnet, folgt hieraus allerdings nicht, dass zwischen den Parteien kein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist. Der Abschluss des Vertrages bedarf vorliegend nicht der Schriftform (§§ 125, 126, 127 BGB). Eine solche ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung. Entsprechend scheidet ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB aus.

2. Den Klägern steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch jedoch gemäß § 357 Abs. 1 BGB zu. Die Kläger haben wirksam ihre auf den Abschluss des am 19.06.2014 geschlossenen Werkvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen.

a. Den Klägern steht ein Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Dabei findet vorliegend das BGB in der ab dem 13.06.2014 gültigen Fassung Anwendung, da der zugrunde liegende Vertrag am 19.06.2014 zustande gekommen ist (vgl. Art. 229 § 32 EGBGB).

Gemäß § 312 Abs. 1 BGB findet die Bestimmung des § 312b BGB Anwendung. Auf der Grundlage des unstreitigen Vorbringens der Parteien ist davon auszugehen, dass die Kläger Verbraucher i.S. des § 13 BGB sind, die Beklagte ist Unternehmerin i.S. des § 14 BGB. Ferner hat der zugrundeliegende Vertrag eine entgeltliche Leistung der Beklagten zum Gegenstand. Für die Anwendbarkeit des § 312 Abs. 1 BGB ist unerheblich, ob der zwischen den Parteien zustande gekommene Vertrag als Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB oder als Kaufvertrag gemäß § 651 BGB einzuordnen ist (jurisPK-BGB/Junker, 4. Aufl. 2014, § 312 Rn. 24 f., 33). Darüber hinaus liegt auch unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beklagten keiner der in § 312 Abs. 2 bis Abs. 6 BGB genannten Ausnahmefälle vor. Die Beklagte hat auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 27.01.2015 hin nicht dargetan, dass es sich bei der vertragsgegenständlichen Treppenrenovierung um eine „erhebliche Umbaumaßnahme“ i.S. des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB handelt. Erheblich sind nur solche Umbaumaßnahmen, die dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar sind; hierzu gehört die Renovierung einer Innentreppe eines Gebäudes erkennbar nicht (vgl. jurisPK-BGB/Junker, 4. Aufl. 2014, § 312 Rn. 50 f.).

Darüber hinaus handelt es sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag, da der Werkvertrag unstreitig in der Wohnung der Kläger zustande gekommen ist (§ 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB). Dass der Vertrag nicht mit der Geschäftsführerin der Beklagten, sondern mit einem ihrer Mitarbeiter geschlossen worden ist, ist im Hinblick auf § 312b Abs. 1 S. 2 BGB unerheblich.

Eine der in § 312g Abs. 2 BGB genannten Bereichsausnahmen kommt vorliegend nicht zur Anwendung. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die Voraussetzungen des § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 BGB nicht vor. Die Beklagte hat auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 27.01.2015 hin nicht schlüssig dargetan, dass eine „dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeit“ vorgenommen werden sollte. Dringend sind die Arbeiten nur, wenn sie zur sofortigen Wiederherstellung der Funktionstauglichkeit erforderlich sind und der Verbraucher darauf angewiesen ist (jurisPK-BGB/Junker, 4. Aufl. 2014, § 312g Rn. 86). Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten sollten die Renovierungsarbeiten erst im Januar 2015 durchgeführt werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen auch die Voraussetzungen des § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte hierzu überhaupt hinreichend vorgetragen hat. Denn das Vorbringen der Beklagten, es handele sich „bei dem Vertragsgegenstand um die Lieferung und den Einbau von Waren, die speziell für die Bedürfnisse der Besteller – mithin hier der Kläger – individuell nach Maß hergestellt werden und nicht vorgefertigt sind“, stellt eine bloße Rechtsbehauptung dar, ohne dass konkrete Tatsachen dargelegt werden, aus denen sich ergibt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bereichsausnahme vorliegen. Insbesondere hat die Beklagte zu der von der Rechtsprechung zu § 312d Abs. 4 Nr. 1 Var. 1 BGB a.F. entwickelten und auch unter Geltung des neuen Rechts notwendigen wirtschaftlichen und technischen Komponente (s. hierzu jurisPK-BGB/Junker, 4. Aufl. 2014, § 312g Rn. 21 f. m.w.Nachw.) nicht vorgetragen. Die Bestimmung des § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB kommt vorliegend schon deshalb nicht zur Anwendung, weil Gegenstand des Vertrages nicht die „Lieferung von Waren“ ist. Anders als § 312 Abs. 1 BGB betrifft § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB nicht sämtliche Verträge, die eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand haben, sondern lediglich Verträge zur Lieferung von Waren (jurisPK-BGB/Junker, 4. Aufl. 2014, § 312g Rn. 16 m.w.Nachw.). Hierzu gehören sowohl Kaufverträge nach §§ 433 ff. BGB als auch Kaufverträge nach § 651 BGB. Demgegenüber sind Werkverträge nach §§ 631 ff. BGB als Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen anzusehen (jurisPK-BGB/Junker, 4. Aufl. 2014, § 312 Rn. 25, 33).

Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über die Renovierung der in dem Haus der Kläger befindlichen Treppe handelt es sich nicht um einen Kaufvertrag nach § 651 BGB, sondern um einen Werkvertrag. Dies folgt allerdings nicht alleine aus dem Umstand, dass das Endprodukt, nämlich die Treppe, eine unbewegliche Sache ist. Denn liegt ein Kaufvertrag nach § 651 BGB vor, käme es für die Bestimmung der Beweglichkeit auf den Zeitpunkt der Lieferung an (vgl. BGH, Urt. v. 23.07.2009 – VII ZR 151/08, BGHZ 182, 140 = NJW 2009, 2877, 2878 Rn. 13). Ebenso folgt alleine aus dem Umstand, dass die von der Beklagten herzustellenden Bestandteile (Treppenstufen u.Ä.) zum Einbau in ein Bauwerk bestimmt sind nicht, dass der Vertrag als Werkvertrag anzusehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.07.2009 – VII ZR 151/08, BGHZ 182, 140 = NJW 2009, 2877, 2878 Rn. 15; a.A. Mankowski, MDR 2003, 854, 856; Schudnagies, NJW 2002, 396, 398). Auch auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten beschränkte sich ihre vertragliche Verpflichtung indes nicht auf die Herstellung und Lieferung einer Treppe (zur Anwendbarkeit des § 651 BGB in einem solchen Fall vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 03.01.2008 – 5 U 685/07; s. ferner BGH, Urt. v. 23.07.2009 – VII ZR 151/08, BGHZ 182, 140 = NJW 2009, 2877, 2878 Rn. 14). Vielmehr hat sich die Beklagte dazu verpflichtet, die in dem Objekt bereits vorhandene Treppe zu renovieren. Die Beklagte selbst hat im Rahmen ihrer als Anlage B 1 zur Akte gereichten Aufstellung Kosten für Montage und die Baustelleneinrichtung in Ansatz gebracht. Maßgeblich für die Einordnung als Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB und nicht als Kaufvertrag gemäß § 651 BGB ist dabei, ob die Einbau- und Montageleistungen im Hinblick auf den mit der Herstellung des Gesamtwerks bezweckten Erfolg im Vordergrund stehen, auf welcher der beiden Leistungen (Pflicht zur Eigentumsübertragung zu montierender Einzelteile oder Herstellungspflicht) bei der gebotenen Gesamtbetrachtung also der Schwerpunkt liegt. Dabei ist vor allem auf die Art des zu liefernden Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung und Montage sowie auf die Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses abzustellen (BGH, Beschl. v. 16.04.2013 – VIII ZR 375/11, juris Rn. 6 f.). Soweit die Beklagte für die Renovierung der Treppe mehrere Tritt- und Setzstufen sowie Aluprofile anfertigen sollte, bildete die Übertragung von Eigentum und Besitz an den vorgenannten Elementen auch unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beklagten nicht den Schwerpunkt des Vertrags. Geschuldet war vielmehr ein über die bloße technische Herstellung der beweglichen Einzelelemente hinausgehender Gesamterfolg, nämlich die fachgerechte Renovierung der bereits in dem Gebäude vorhandenen Treppe durch Einpassung und Einfügung der herzustellenden Einzelteile (vgl. BGH, Beschl. v. 16.04.2013 – VIII ZR 375/11, juris Rn. 8 [Parkettboden]; BGH, Urt. v. 07.03.2013 – VII ZR 162/12, NJW 2013, 1431 Rn. 18; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl. 2015, § 651 Rn. 4; MünchKomm-BGB/Busche, 6. Aufl. 2012, § 651 Rn. 10; abw. für den Einbau passgenauer Fenster OLG Koblenz, Beschl. v. 04.06.2013 – 3 U 1521/12, juris Rn. 28, ohne allerdings auf das Vorliegen eines „reinen“ Werkvertrages eingehen zu müssen). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass sich nach der von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegten Aufstellung die Materialkosten lediglich auf 855,95 € und damit auf etwa 1/4 der Gesamtauftragssumme belaufen. Darüber hinaus sind Arbeiten an bereits hergestellten Sachen, die zum Zwecke der Reparatur oder sonstigen Veränderung der Sache erfolgen, wie vorliegend die Renovierung einer bereits vorhandenen Treppe, allein Gegenstand eines Werkvertrags. Das gilt selbst dann, wenn speziell für diese Arbeiten einzelne Ersatzteile hergestellt und geliefert werden (MünchKomm-BGB/Busche, 6. Aufl. 2012, § 651 Rn. 11 m.w.Nachw.; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl. 2015, § 651 Rn. 4).

Die Beschränkung des § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB auf Verträge über die Lieferung von Waren entspricht Art. 16 lit. c der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher und ist daher richtlinienkonform. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Norm und ihrer Bedeutung als Ausnahmebestimmung (vgl. hierzu Erman/Koch, BGB, 14. Aufl. 2014, § 312g Rn. 5; zu § 312d Abs. 4 Nr. 1 Var. 1 BGB a.F. vgl. BGH, Urt. v. 19.03.2013 – VIII ZR 295/01 = BGHZ 154, 239 = NJW 2003, 1665, juris Rn. 13) ist weder eine extensive Normauslegung noch eine analoge Anwendung bezogen auf Werkverträge möglich.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die Kläger hätten sie ausdrücklich um den Termin in ihrer Wohnung gebeten, ist dieses Vorbringen rechtlich unerheblich. Anders als das bis zum 13.06.2014 in Kraft gewesene Recht sieht das nunmehr geltende Recht einen Ausschluss des Widerrufsrechts bei einer Bestellung durch den Verbraucher nicht vor. Insoweit gelten lediglich Bereichsausnahmen, insbesondere § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 BGB (vgl. jurisPK-BGB/Junker, 4. Aufl. 2014, § 312b Rn. 2), die vorliegend nach dem oben Gesagten jedoch nicht eingreifen.

Das Widerrufsrecht der Kläger ist auch nicht gemäß § 356 Abs. 4 Satz 1 BGB erloschen. Die Beklagte hat ihre Dienstleistung unstreitig nicht vollständig erbracht. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 356 Abs. 4 Satz 1 BGB liegen ersichtlich nicht vor.

b. Die Kläger haben zudem das ihnen gemäß §§ 312g Abs. 1, 355 BGB zustehende Widerrufsrecht wirksam gegenüber der Beklagten ausgeübt. Die Kläger haben mit Schreiben gegenüber der Beklagten den Widerruf erklärt (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Schreiben ist der Beklagten unstreitig zugegangen.

Aus dem Schreiben der Kläger vom 26.06.2014 ergab sich zweifelsfrei der Wille, sich vom Vertrag zu lösen. Den Begriff „Widerruf“ mussten die Kläger dabei nicht verwenden (vgl. Erman/Koch, BGB, 14. Aufl. 2014, § 355 Rn. 7; Prütting/Wegen/Weinreich/Stürner, BGB, 9. Aufl. 2014, § 355 Rn. 8). Nach dem bis zum 13.06.2014 geltenden Recht entsprach es allgemeiner Meinung, dass die Absicht, sich vom Vertrag zu lösen, auch durch die Verwendung des Begriffs „Rücktritt“ oder „Kündigung“ hinreichend zum Ausdruck kommt (BGH, Urt. v. 21.10.1992 – VIII ZR 143/91, NJW 1993, 128, juris Rn. 16; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.10.2007 – 24 U 75/07, MDR 2008, 133, juris Rn. 9; OLG Bremen, Urt. v. 29.02.2012 – 1 U 66/11, juris Rn. 38; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 355 Rn. 6).

Hieran hat sich auch unter Geltung des neuen Rechts nichts geändert (ebenso Erman/Koch, BGB, 14. Aufl. 2014, § 355 Rn. 7). Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, eine Umdeutung einer Kündigungserklärung in einen Widerruf komme nicht (mehr) in Betracht (so jurisPK-BGB/Hönninger, 7. Aufl. 2014, § 355 Rn. 20), kann das Gericht dem nicht folgen. Aus § 355 Abs. 1 Satz 3 BGB folgt lediglich, dass „Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrages“ aus der Erklärung eindeutig hervorgehen muss. Die Regelung setzt Art. 11 Abs. 1 Satz 1 lit. b der Richtlinie 2011/83/EU um. Insoweit ist nunmehr eine eindeutige Erklärung des Verbrauchers notwendig, insbesondere genügt die kommentarlose Rücksendung der Ware oder ein sonstiges konkludentes Verhalten nicht mehr (vgl. BT-Drucks. 17/12637, S. 60; Erman/Koch, BGB, 14. Aufl. 2014, § 355 Rn. 7). Wie sich aus Erwägungsgrund 44 der Richtlinie 2011/83/EU ergibt, sollte es dem Verbraucher aber auch weiterhin freistehen, den Vertrag „mit seinen eigenen Worten“ zu widerrufen. Notwendig ist danach lediglich eine „unmissverständliche“ Erklärung. Es genügt daher auch nach neuem Recht jede Erklärung des Verbrauchers, aus der sein Wille, sich vom Vertrag zu lösen, für den Unternehmer erkennbar hervorgeht (vgl. BT-Drucks. 17/12637, S. 60; Prütting/Wegen/Weinreich/Stürner, BGB, 9. Aufl. 2014, § 355 Rn. 8). Weitergehende Ausführungen des Verbrauchers können im Rahmen der Widerrufserklärung schon im Hinblick auf § 355 Abs. 1 Satz 4 BGB nicht verlangt werden (zutreffend Erman/Koch, BGB, 14. Aufl. 2014, § 355 Rn. 7).

Die Kläger haben den Widerruf fristgemäß erklärt. Das Schreiben vom 26.06.2014 ist von den Klägern innerhalb der zwei-Wochen-Frist des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB abgegeben worden. Im Hinblick hierauf kommt es vorliegend nicht darauf an, dass die Widerrufsfrist nicht gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB am 19.06.2014 zu laufen begonnen hat, da eine Unterrichtung der Kläger durch die Beklagte über ihr Widerrufsrecht nicht erfolgt ist (§ 356 Abs. 3 Satz 1 BGB).

c. Aus dem Gesagten folgt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB unverzüglich, gemäß § 357 Abs. 1 BGB jedoch spätestens nach 14 Tagen ab Zugang der Widerrufserklärung (§ 355 Abs. 3 Satz 2 BGB) die Anzahlung in Höhe von 150,00 € zurück zu gewähren.

Soweit die Beklagte mit einem Anspruch aus § 649 Satz 2 BGB die Aufrechnung erklärt hat, geht diese Aufrechnung ins Leere, da die Kläger nach dem oben Gesagten den Werkvertrag wirksam widerrufen haben. Ein Anspruch der Beklagten gegen die Kläger gemäß § 357 Abs. 1 BGB besteht nicht. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die Kläger ihrerseits eine Leistung der Beklagten „empfangen“ haben.

3. Der Anspruch auf die Verzugszinsen folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Kläger schlüssig zum Verzugsbeginn vorgetragen. Dabei kann dahinstehen, ob die von den Klägern vorgelegten Schreiben der Verbraucherzentrale Hamburg als Mahnung i.S. des § 286 Abs. 1 BGB anzusehen sind. Denn die Beklagte befand sich gemäß §§ 357 Abs. 1, 355 Abs. 3 Satz 2, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Schreibens vom 26.06.2014 in Verzug.

Ferner schuldet die Beklagte als Teil des Verzugsschadens gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB die von den Klägern geltend gemachten Portokosten in Höhe von 14,65 €. Den Anfall dieser Kosten hat die Beklagte nicht bestritten.

Den Klägern steht gegen die Beklagte dem Grunde nach ferner ein Anspruch auf Erstattung der ihnen durch die Inanspruchnahme der Verbraucherzentrale unstreitig entstandenen Kosten zu. Hinsichtlich der Beratungen am 24.07.2014 in Höhe von 20,00 €, am 18.11.2014 in Höhe von 22,00 € sowie am 20.01.2015 in Höhe von weiteren 22,00 €, insgesamt also in Höhe von 64,00 € sind diese Kosten Teil des von der Beklagten zu erstattenden Verzugsschadens (§§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB), weil die Beklagte sich nach dem oben Gesagten zu diesem Zeitpunkt mit der Rückzahlung in Verzug befunden hat. Den Klägern steht darüber hinaus ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Beratung am 24.06.2014 in Höhe von 22,00 € zu. Dieser Anspruch folgt zwar nicht aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sich die Beklagte nach dem oben Gesagten am 24.06.2014 noch nicht in Verzug befunden hat. Der Anspruch der Kläger folgt jedoch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB. Die Beklagte hat eine Pflicht aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis zwischen den Parteien, das durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen entstanden ist, verletzt. Die Beklagte war nach dem oben Gesagten gemäß § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB i.V. mit Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 EGBGB verpflichtet, die Kläger über das Widerrufsrecht zu informieren (zur Rechtslage unter Geltung des HWiG vgl. BGH, Urt. v. 19.09.2006 – XI ZR 204/04, BGHZ 169, 109 = NJW 2007, 357, juris Rn. 40 ff.; BGH, Urt. v. 26.02.2008 – XI ZR 74/06, NJW 2008, 1585, juris Rn. 18; Häublein, NJW 2006, 1553 ff.). Dies hat die Beklagte unstreitig unterlassen. Das für das Bestehen eines Schadensersatzanspruches notwendige (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 19.09.2006 – XI ZR 204/04, BGHZ 169, 109 = NJW 2007, 357, juris Rn. 42.; BGH, Urt. v. 26.02.2008 – XI ZR 74/06, NJW 2008, 1585, juris Rn. 21) Vertreten müssen wird vorliegend gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Die Beklagte hat nichts vorgetragen, das dieser Vermutung entgegensteht, insbesondere hat sie nicht dargetan, sich in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden zu haben. Die Pflichtverletzung ist unter Zugrundelegung des unstreitigen Parteivorbringens auch kausal für den eingetretenen Schaden, nämlich die Inanspruchnahme der Rechtsberatung der Verbraucherzentrale Hamburg durch die Kläger. Hätte die Beklagte die Kläger über das ihnen zustehende Widerrufsrecht belehrt, wären die Kläger über ihre Rechte im Bilde gewesen. Es ist davon auszugehen, dass die Kläger unter Bezugnahme auf die Belehrung den Vertrag widerrufen hätten. Die Inanspruchnahme der Verbraucherzentrale Hamburg am 24.06.2014 wäre dann nicht notwendig gewesen.

Der Höhe ist der Anspruch der Kläger indes begrenzt auf die Kosten, die bei der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts entstanden wären. Da die Kläger die Verbraucherzentrale ersichtlich nicht nur mit der Geltendmachung der Rückzahlung, sondern auch der Prüfung der Sach- und Rechtslage beauftragt haben, wäre bei Beauftragung eines Rechtsanwaltes eine 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG angefallen, zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV-RVG sowie Umsatzsteuer in Höhe von 19 % nach Nr. 7008 VV-RVG. Unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 150,00 € hätte sich demnach eine Geschäftsgebühr in Höhe von 58,50 €, eine Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 11,70 € sowie Umsatzsteuer in Höhe von 13,34 € ergeben. Insgesamt wären bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts demnach Kosten in Höhe von 83,54 € entstanden. In dieser Höhe können die Kläger die Erstattung der durch die Beauftragung der Verbraucherzentrale Hamburg entstandenen Kosten geltend machen. Wegen der weitergehend entstandenen Kosten steht den Klägern dagegen kein Erstattungsanspruch zu, weil sie insoweit gegen ihre sich aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergebende Schadensminderungsobliegenheit verstoßen haben. Die weitergehende Klage ist daher unbegründet und abzuweisen.

Die weitergehend von den Klägern aufgeführten Kosten sind nicht im Erkenntnisverfahren, sondern in dem sich ggf. anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 104 ff. ZPO geltend zu machen.

4. Das Gericht war nicht gehalten, der Beklagten zu dem Schriftsatz der Kläger vom 30.03.2015 vor Abfassung der Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren. Denn der vorgenannte Schriftsatz der Kläger enthält kein neues, entscheidungserhebliches Vorbringen.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 BGB.

Die Berufung gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Dem Rechtsstreit liegen keine abstrakten und/oder klärungsbedürftigen Rechtsfragen zugrunde. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 S. 1 ZPO. Vorliegend geht es ausschließlich um eine einzelfallbezogene Rechtsanwendung.

Von einer Rechtsbehelfsbelehrung nach § 232 ZPO wird bezogen auf das Urteil gemäß § 495a Satz 1 ZPO abgesehen.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 40, 39 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

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