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Bauvertrag – Abnahme bei Fortführung des Baus und Inbetriebnahme des Objekts

OLG Celle – Az.: 6 U 54/16 – Urteil vom 10.08.2017

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 26. April 2016 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird, soweit jene sie nicht zurückgenommen hat, unter Abweisung der mit ihr erweiterten Klage zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der in diesem durch die Streithilfe verursachten Kosten und die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu 9 OH 2/14 Landgericht Hannover.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte oder der Streithelfer Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerin verlangt restlichen Bauwerklohn.

Am 11 Juli 2013 schlossen die Parteien den Vertrag über die Rohbauarbeiten für das Nahversorgungszentrum auf dem Grundstück X. Laut Protokoll vom 05. März 2014 lehnte der Beklagte die Abnahme des Werks wegen gravierender Mängel ab. Die Klägerin verankerte im Bereich des Obergeschosses die beiden Mauerwerksschalen nicht miteinander, baute die Entwässerungsfolie über der zweiten unteren Mauerwerksschicht über den Stürzen und an der Südostecke des … keine vertikale Dehnungsfuge ein. Mit Schlussrechnung vom 17. September 2014 berechnete die Klägerin 743.673,46 Euro netto und verlangte unter Berücksichtigung der Abschlagszahlungen und der Schlusszahlung noch 364.454,63 Euro.

Die Klägerin hat diesen Betrag nebst Zinsen geltend gemacht. Sie hat gemeint, der Beklagte habe ihr Werk abgenommen, indem er inzwischen das fertig gestellte Objekt in Betrieb genommen habe. Der Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt. Er hat weitere Mängel als die unstreitigen vorgetragen, gemeint, das Werk der Klägerin sei weder abgenommen noch abnahmereif, und ferner, die Klägerin habe nur Leistungen im Werte von 627.721,40 Euro erbracht und daher keinen weiteren Zahlungsanspruch.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat das Werk der Klägerin als nicht abgenommen und nicht abnahmereif angesehen. Das Landgericht hat diese Ansicht darauf gestützt, dass die Entwässerungsfolie frühestens über der dritten Mauerwerksschicht von unten anzubringen sei und die Verankerung der Mauerwerksschalen fehle.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe der Senat sich zur näheren Sachdarstellung bezieht, wendet die Klägerin sich mit der Berufung, mit welcher sie hauptsächlich begehrt, den Klaganspruch dem Grunde nach für begründet zu erklären und festzustellen, dass der Beklagte mit der Verankerung und der Dehnfuge in Annahmeverzug ist, hilfsweise Abschlagszahlung.

Mittlerweile hat die Klägerin an den offenen Stoßfugen der fehlenden Verankerung der Verblendmauerschale und an den Rissen im Mauerwerk weiter gearbeitet und behauptet nunmehr, sie habe insoweit vollständig nacherfüllt. Sie hat die Berufung hinsichtlich des Feststellungsantrags zurückgenommen.

Der Senat hat beschlossen, Beweis zu erheben, ob die Verankerung des Verblendmauerwerks sowie die Stürze und Wände wegen Rissen aus technischer Sicht so wesentlich mangelhaft sind, dass das Werk der Klägerin noch immer nicht als abnahmereif anzusehen ist. Architekt Dipl.-Ing. Y hat als vom Senat hinzugezogener Sachverständiger am 24. Februar 2017 einen Ortstermin durchgeführt. Der Senat hat durch Beschluss vom 02. März 2017 seinen Beweisbeschluss geändert und dem Sachverständigen die Frage gestellt, ob das Werk der Klägerin nach den von ihm insbesondere in dem Ortstermin gewonnenen Erkenntnissen aus technischer Sicht abnahmereif ist oder nicht. Der Sachverständige hat daraufhin sein Gutachten vom 30. März 2017 erstattet, auf dessen Inhalt der Senat verweist.

Wegen des weiteren Inhalts des Parteivorbringens verweist er auf die zwischen den Parteien und dem Streithelfer gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.

B.

Die Berufung ist unbegründet.

Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag derzeit nicht gerechtfertigt. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf weitere Schlusszahlung restlichen Werklohns ist nicht fällig (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB). Weder hat der Beklagte das Werk der Klägerin abgenommen, noch ist es abnahmereif.

1. In der Fortführung des Baus und der Inbetriebnahme des Objekts liegt keine Abnahme der Rohbauarbeiten der Klägerin durch den Beklagten. Dieser hat durch dieses Verhalten das Werk der Klägerin nicht stillschweigend als im Wesentlichen vertragsgerechte Leistung gebilligt. Indem er in dem Abnahmeprotokoll vom 05. März 2014 angekreuzt und unterschrieben hat „Die Abnahme wird wegen fehlender Leistung bzw. gravierenden Mängeln abgelehnt‘, hat er ausdrücklich das Gegenteil erklärt.

2. Das Werk der Klägerin hat nach wie vor wesentliche Mängel. Der Sachverständige Y hat für den Senat überzeugend auf Seite 8 seines Gutachtens vom 30. März 2017 ausgeführt, „bezüglich der Verankerung der Verblendfassaden l(ä)gen sehr wesentliche Ausführungsfehler vor; in der Summe beurteile (er) dies als so gravierend, dass (er) bezüglich des zweigeschossigen Gebäudes aus technischer Sicht eine Abnahme nicht empfehle.“

a) Der Sachverständige hat dieses einleuchtend damit begründet, dass an der Südfassade das Betonrähm nicht, wie zu seiner aussteifenden Wirkung erforderlich, um die Anschlussecke herumgeführt sei; das Hintermauerwerk der Verblendschale im Attikabereich mit 5 bis 6 cm gegenüber dem zulässigen Vorstand von höchstens 3,8 cm erheblich zu weit vorstehe (Seite 13 des Gutachtens). Zur Nordfassade hat er einleuchtend festgestellt, dass die Schalenabstände von 18,5 bis 20,5 cm im Attikabereich mit den verwendeten Ankern nicht zu bewältigen seien.

b) Mit der Behauptung, bei der Nordfassade gebe es im Übergang von Erd- zu Obergeschoss einen Versatz im Hintermauerwerk, der im unteren Bereich einen geringeren Schalenabstand als im oberen bewirke, kann die Klägerin den wesentlichen Mangel der Nordfassade nicht erfolgreich anzweifeln. Es bleibt jedenfalls der statisch ungenügende Zustand im oberen Bereich, der wesentlich ist. Davon abgesehen hat die Behauptung keine Substanz. Die Klägerin hat nicht diejenigen Pläne des Streithelfers aufgezeigt, aus denen der Versatz sich ergibt.

Die Ausführungen Dr.-Ing. Z in dessen Stellungnahme vom 01. Juni 2017 sind nicht geeignet, die Überzeugung des Senats von der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen Y zu erschüttern, ohne dass es dessen Erläuterung seines Gutachtens bedurfte. Dr.-Ing. Z bringt keine Argumente vor, die sich dem Sachverständigen Y hätten vorhalten lassen, sondern setzt lediglich seine Ansicht von der Abnahmereife an die Stelle derjenigen des Sachverständigen Y und beschäftigt sich mit der Frage, welche Art der Sanierung der Fassaden ausreichend ist, deren Beantwortung nach Überzeugung des Senats an der fehlenden Abnahmereife nichts ändert.

Die Klägerin hat nicht den Anspruch auf Abschlagszahlung, den sie hilfsweise verfolgt. Dieser besteht nicht neben dem Anspruch auf Schlusszahlung. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen (BGH, Urteil vom 15. Juni 2000 zu VII ZR 30/99, Rz. 1.7) und dort in Bezug genommenen Fall des OLG Bremen (BauR 1980, 580) gibt es hier keinen „einmal begründeten Anspruch auf Abschlagszahlung“, der durch den Übergang zum Verlangen nach Schlusszahlung nicht nachträglich wegfällt. Der Anspruch auf weitere Abschlagszahlung ist hier ebenso in vollem Umfang streitig wie derjenige auf weitere Schlusszahlung, während im Falle des Bundesgerichtshofs für Teilgewerke Ansprüche bereits unstreitig entstanden waren und im Falle des OLG Bremen der Beklagte zugestanden hatte, dass jedenfalls Bauleistungen im Werte von 48.600 DM erbracht waren.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Halbs. 1, § 708 Nr. 10 Satz 1, 2, § 711 Satz 1, 2 ZPO. – Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vorliegen.

 

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