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Bauvertrag – Werklohnforderung – Schlussrechnung und Abnahme

Der Bau einer Studentenwohnanlage endete in einem handfesten Konflikt um die Rechnung. Eine Metallbaufirma forderte Geld für Zusatzarbeiten, die der Bauherr jedoch nicht anerkannte. Das Gericht musste klären, ob mündliche Absprachen ohne Belege Gültigkeit haben und wer am Ende die Zeche zahlt, wenn sich Vertragspartner widersprüchlich verhalten.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 74 O 430/17 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Landshut
  • Datum: 16.07.2020
  • Aktenzeichen: 74 O 430/17
  • Verfahrensart: Klageverfahren
  • Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Zivilrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Fachfirma für Metallbauarbeiten mit Verglasung, die die Begleichung einer restlichen Werklohnforderung verlangte.
  • Beklagte: Eine Bauträgergesellschaft, die die geltend gemachten Werklohnforderungen bestritt und einen Gegenanspruch wegen angeblich nicht erbrachter Wartungsleistungen für Fenster geltend machte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Metallbaufirma hatte im Auftrag einer Bauträgergesellschaft Leistungen für eine Studentenwohnanlage erbracht. Nach Erbringung der Leistungen und Rechnungsstellung wurde ein Teil des Werklohns von der Bauträgergesellschaft nicht bezahlt, woraufhin die Metallbaufirma Klage einreichte.
  • Kern des Rechtsstreits: Im Mittelpunkt stand die Frage nach der Höhe und Fälligkeit des restlichen Werklohnanspruchs der Metallbaufirma sowie die Berechtigung eines Gegenanspruchs der Bauträgergesellschaft wegen angeblich nicht erbrachter, kostenfreier Wartungsleistungen.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Teils des von der Klägerin geforderten Werklohns in Höhe von 31.754,95 Euro zuzüglich Zinsen. Die Klage wurde im Übrigen abgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht befand den Werklohnanspruch der Klägerin als teilweise begründet, da nicht alle von ihr geltend gemachten Mehrungen und Regiearbeiten nachgewiesen werden konnten. Der Gegenanspruch der Beklagten auf Minderung des Werklohns wegen fehlender Wartungsleistungen wurde abgewiesen, da die Beklagte widersprüchlich handelte und sich zudem in Zahlungsverzug befand, was der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht gab. Der Werklohnanspruch wurde für fällig erachtet.
  • Folgen: Die Kosten des Verfahrens wurden anteilig zwischen der Klägerin (41%) und der Beklagten (59%) aufgeteilt. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Fall vor Gericht


Streit auf der Baustelle: Wer zahlt die offene Rechnung?

Jeder, der schon einmal Handwerker beauftragt oder ein Bauprojekt begleitet hat, kennt die Situation: Die Arbeiten sind abgeschlossen, doch bei der Endabrechnung gibt es Unstimmigkeiten. Vielleicht tauchen Posten auf, an die man sich nicht erinnern kann, oder es wird über die Qualität der Arbeit gestritten. Ein ähnlicher Fall landete vor dem Landgericht Landshut. Eine Metallbaufirma forderte von einem Bauunternehmen die Bezahlung ihrer letzten, offenen Rechnung. Das Bauunternehmen weigerte sich jedoch, den vollen Betrag zu zahlen und brachte eigene Forderungen ins Spiel. Das Gericht musste nun klären, wer im Recht ist.

Ein Bauprojekt, zwei unterschiedliche Rechnungen

Schlussrechnung auf Schreibtisch unter Licht, Zahlungsverweigerung wegen Zusatzleistungen.
Schlussrechnung mit Zusatzleistungen: Fehlende Unterschrift führt zu Zahlungsstreit in Studentenwohnanlage. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Eine Firma, die auf Metallbau und Verglasungen spezialisiert ist, wurde von einer Bauträgergesellschaft beauftragt. Die Bauträgerin, also ein Unternehmen, das Grundstücke kauft, bebaut und dann verkauft oder vermietet, errichtete eine neue Studentenwohnanlage. Die Metallbaufirma sollte hierfür verschiedene Arbeiten ausführen. Beide Seiten schlossen im Februar 2013 einen Bauvertrag, in dem alle grundlegenden Leistungen und Preise festgelegt wurden. Später kamen noch einige offizielle Zusatzaufträge, sogenannte Nachträge, hinzu.

Nachdem die Metallbaufirma ihre Arbeiten im Juni 2013 beendet hatte, stellte sie Ende des Jahres eine Schlussrechnung. Das ist die finale Abrechnung, die alle erbrachten Leistungen zusammenfasst. Auf dieser Rechnung stand ein Betrag, der deutlich höher war als ursprünglich vereinbart. Die Firma begründete dies mit zusätzlichen Arbeiten und Material, die während der Bauphase notwendig geworden seien. Sie behauptete, der Bauleiter der Bauträgerin vor Ort habe diese Zusatzleistungen mündlich in Auftrag gegeben. Doch die Bauträgerin weigerte sich, diesen Mehrbetrag zu zahlen und beglich auch den unstrittigen Teil der Rechnung nicht.

Das Kernproblem: Fehlende Unterschriften und ein widersprüchlicher Vertrag

Das Gericht stand vor zwei zentralen Fragen, um diesen Fall zu lösen. Erstens: Muss die Bauträgerin für die zusätzlichen Arbeiten bezahlen, die nicht im ursprünglichen Vertrag standen? Und zweitens: Darf die Bauträgerin im Gegenzug Geld für eine nicht durchgeführte Fensterwartung von der Rechnung abziehen?

Um die erste Frage zu beantworten, musste das Gericht das Konzept der Beweislast betrachten. Die Beweislast legt fest, wer vor Gericht einen bestimmten Umstand beweisen muss. In der Regel muss derjenige, der etwas fordert, auch beweisen, dass sein Anspruch berechtigt ist. Hier forderte die Metallbaufirma Geld für zusätzliche Arbeiten. Also lag es an ihr, dem Gericht zu beweisen, dass diese Arbeiten tatsächlich vom Bauunternehmen in Auftrag gegeben wurden. Wie konnte sie das tun? Zum Beispiel durch unterschriebene Auftragszettel, E-Mails oder die Aussage eines Zeugen.

Die zweite Frage war juristisch komplizierter. Im Bauvertrag stand, dass die Metallbaufirma für fünf Jahre die Fenster kostenlos warten müsse. Diese Pflicht sollte jedoch erst mit der sogenannten förmlichen Abnahme beginnen. Eine Förmliche Abnahme ist ein offizieller Termin, bei dem beide Vertragspartner gemeinsam die erbrachte Arbeit überprüfen, Mängel festhalten und in einem Protokoll unterschreiben, dass die Arbeit im Wesentlichen vertragsgemäß erledigt wurde. Das Kuriose war: Die Bauträgerin behauptete steif und fest, eine solche förmliche Abnahme habe es nie gegeben. Gleichzeitig verlangte sie aber Geld, weil die kostenlose Wartung nicht durchgeführt wurde – eine Wartung, die laut Vertrag erst nach ebenjener Abnahme beginnen sollte.

Wer bekommt Recht? Das Urteil des Gerichts

Das Gericht fällte ein differenziertes Urteil. Es verurteilte die Bauträgerin, einen Teil der geforderten Summe an die Metallbaufirma zu zahlen, nämlich 31.754,95 Euro zuzüglich Zinsen. Den Rest der Forderung wies das Gericht jedoch ab. Gleichzeitig entschied das Gericht, dass die Bauträgerin ihrerseits keinen Anspruch auf Schadenersatz für die ausgefallene Fensterwartung hat und diesen Betrag nicht von der Rechnung abziehen darf. Die Kosten des gesamten Gerichtsverfahrens wurden zwischen beiden Parteien aufgeteilt, je nachdem, wer zu welchem Anteil gewonnen oder verloren hatte.

Die Begründung: Warum eine fehlende Unterschrift teuer werden kann

Warum kam das Gericht zu diesem Ergebnis? Schauen wir uns die Argumentation für den Hauptanspruch an, also die Bezahlung der Rechnung. Das Gericht stellte fest, dass ein Grundbetrag von 40.846,65 Euro unstrittig war. Von dieser Summe zog es jedoch die Kosten für all jene Zusatzarbeiten ab, für die die Metallbaufirma keinen Beweis vorlegen konnte.

Dabei ging es um Posten wie zusätzliche Verglasungen oder die Anmietung eines Krans. Die Metallbaufirma behauptete, der Bauleiter vor Ort habe alles beauftragt. Doch vor Gericht konnte der befragte Bauleiter sich nach so langer Zeit nicht mehr konkret erinnern. Er gab zwar an, dass er Aufträge für sogenannte Regiearbeiten – das sind kleinere Arbeiten, die nach Stundenaufwand abgerechnet werden – immer auf speziellen Zetteln, den Regiezetteln, unterschrieben hätte. Genau solche unterschriebenen Zettel konnte die Metallbaufirma aber nicht vorlegen. Da die Beweislast bei der Metallbaufirma lag und sie diese Beweise nicht erbringen konnte, ging das Gericht davon aus, dass diese Arbeiten nicht beauftragt wurden. Die Kosten dafür in Höhe von insgesamt 9.091,70 Euro wurden daher von der Rechnung gestrichen. Übrig blieb der Betrag, den die Bauträgerin nun zahlen muss.

Der juristische Widerspruch: Warum die Forderung nach Wartung scheiterte

Noch interessanter ist die Begründung, warum die Bauträgerin mit ihrer Gegenforderung scheiterte. Sie wollte rund 35.000 Euro für die nicht durchgeführte Fensterwartung. Das Gericht lehnte dies aus zwei Gründen ab.

Der erste und wichtigste Grund war ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Dieser Grundsatz, verankert im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 242 BGB), besagt vereinfacht, dass sich jeder bei der Ausübung seiner Rechte und Pflichten ehrlich und fair verhalten muss. Man darf sich nicht widersprüchlich verhalten, um sich einen unfairen Vorteil zu verschaffen. Genau das hatte die Bauträgerin aber versucht. Einerseits argumentierte sie, die Rechnung sei nicht fällig, weil die Arbeit nie förmlich abgenommen wurde. Andererseits verlangte sie Schadenersatz für eine Wartungspflicht, die laut Vertrag erst mit der Abnahme beginnt. Das ist, als würde man sagen: „Das Rennen hat nie offiziell begonnen, aber du wirst disqualifiziert, weil du nicht als Erster im Ziel warst.“ Ein solches widersprüchliches Verhalten ist rechtlich unzulässig.

Das Recht, die Arbeit zurückzuhalten

Als zweiten Grund nannte das Gericht das Zurückbehaltungsrecht. Dieses Recht (§ 273 BGB) erlaubt es einem Vertragspartner, seine eigene Leistung so lange zu verweigern, bis der andere Teil seine fällige Verpflichtung erfüllt hat. Ein alltägliches Beispiel: Eine Werkstatt kann die Herausgabe des reparierten Autos verweigern, bis der Kunde die Rechnung bezahlt hat.

Übertragen auf den Fall bedeutet das: Da die Bauträgerin der Metallbaufirma noch einen erheblichen Betrag schuldete (mindestens die nun vom Gericht zugesprochenen 31.754,95 Euro), war die Metallbaufirma im Gegenzug nicht verpflichtet, die kostenlose Wartung durchzuführen. Sie durfte ihre Leistung „zurückbehalten“, bis die offene Rechnung vollständig bezahlt war. Die Bauträgerin befand sich im Zahlungsverzug, und konnte deshalb nicht gleichzeitig die Erfüllung einer Gegenleistung verlangen.

Wann ist eine Rechnung fällig, wenn die Abnahme verweigert wird?

Zuletzt stellte das Gericht klar, dass der Werklohnanspruch der Metallbaufirma fällig, also zur Zahlung bereit, ist. Obwohl die Bauträgerin eine förmliche Abnahme immer bestritten hatte, machte sie im Laufe des Verfahrens keine konkreten Mängel an der Arbeit mehr geltend. In einem solchen Fall greift die sogenannte Abnahmefiktion. Das Gesetz fingiert, also tut so, als ob eine Abnahme stattgefunden hätte, um zu verhindern, dass ein Auftraggeber die Zahlung unendlich hinauszögern kann, indem er sich einfach weigert, die Arbeit abzunehmen. Mit dieser fiktiven Abnahme wurde die Schlussrechnung der Metallbaufirma endgültig fällig.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass bei Bauverträgen ohne schriftliche Belege für Zusatzarbeiten ein hohes Kostenrisiko besteht – die Metallbaufirma musste auf über 9.000 Euro verzichten, weil sie keine unterschriebenen Auftragszettel vorlegen konnte. Gleichzeitig können sich Auftraggeber nicht widersprüchlich verhalten, indem sie einerseits eine Abnahme verweigern, aber andererseits Leistungen fordern, die erst nach dieser Abnahme beginnen sollen. Wenn der Auftraggeber noch Geld schuldet, kann der Auftragnehmer seine weiteren Leistungen solange verweigern, bis die offenen Rechnungen bezahlt sind. Für die Praxis bedeutet dies: Jede Zusatzarbeit sollte schriftlich bestätigt werden und wer sich widersprüchlich verhält, verliert am Ende meist seine Ansprüche.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was passiert, wenn die Schlussrechnung plötzlich höher ist als erwartet?

Wenn die Schlussrechnung eines Auftrags, wie beispielsweise bei Bau- oder Handwerksleistungen, plötzlich höher ausfällt als ursprünglich vereinbart, kann das überraschend sein. Grundsätzlich ist der vereinbarte Preis für die Leistung bindend. Zusätzliche Forderungen, sogenannte Mehrforderungen oder Nachträge, sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Wann Mehrforderungen für Zusatzleistungen gerechtfertigt sind

Ein Handwerker oder Dienstleister darf für Zusatzleistungen, die nicht im ursprünglichen Vertrag enthalten waren, nur dann mehr berechnen, wenn diese Leistungen eindeutig und nachweislich von Ihnen als Auftraggeber beauftragt wurden. Dies betrifft Arbeiten, die

  • über den ursprünglich vereinbarten Leistungsumfang hinausgehen,
  • durch eine Änderung der ursprünglichen Planung notwendig wurden, oder
  • aufgrund unvorhersehbarer Umstände anfielen, die eine Anpassung des Auftrags erforderten und von Ihnen genehmigt wurden.

Wenn der Auftragnehmer einfach Arbeiten ausführt, die nicht besprochen oder genehmigt wurden, kann er diese in der Regel nicht zusätzlich in Rechnung stellen. Ihre Zustimmung zu diesen zusätzlichen Arbeiten ist entscheidend.

Die Bedeutung der Beweislast und schriftlicher Dokumentation

Derjenige, der eine Forderung geltend macht, muss diese in der Regel auch beweisen. Das bedeutet, wenn der Handwerker eine höhere Rechnung schickt, weil er Zusatzleistungen erbracht hat, liegt die Beweislast dafür, dass diese Zusatzleistungen von Ihnen beauftragt wurden, grundsätzlich bei ihm. Er muss also beweisen, dass Sie diese zusätzlichen Arbeiten tatsächlich in Auftrag gegeben haben.

Hier liegt oft der Knackpunkt:

  • Mündliche Absprachen sind schwer nachzuweisen: Viele Zusatzleistungen werden im Laufe eines Projekts mündlich besprochen. Das Problem ist, dass solche mündlichen Absprachen im Streitfall oft nur schwer zu beweisen sind. Es steht dann Aussage gegen Aussage.
  • Die Bedeutung schriftlicher Vereinbarungen und Nachweise: Um sich vor unberechtigten Forderungen zu schützen, sind schriftliche Vereinbarungen von größter Bedeutung. Wenn Zusatzleistungen anfallen, sollten Sie darauf bestehen, dass diese schriftlich als Ergänzung zum ursprünglichen Vertrag festgehalten werden, bevor die Arbeiten ausgeführt werden. Darin sollte der Umfang der zusätzlichen Leistung und der dafür anfallende Preis klar beschrieben sein.

Auch detaillierte Leistungsnachweise, oft als Regiezettel bezeichnet, sind wichtig. Diese sollten jede geleistete Arbeitsstunde, verwendetes Material und erfolgte Arbeiten auflisten und von Ihnen oder einer bevollmächtigten Person täglich oder nach Abschluss von Arbeitspaketen abgezeichnet werden. Ein solcher unterschriebener Regiezettel kann als Nachweis dienen, dass bestimmte Arbeiten von Ihnen anerkannt wurden.

Fehlen solche schriftlichen Vereinbarungen oder Nachweise, erschwert das dem Auftragnehmer den Beweis seiner Mehrforderung erheblich. Für Sie als Auftraggeber bedeutet das, dass Sie bei fehlenden Nachweisen des Auftragnehmers nicht ohne Weiteres zahlen müssen.


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Warum ist die Abnahme einer Bauleistung entscheidend für die Bezahlung?

Die Abnahme einer Bauleistung ist ein zentraler Schritt in jedem Bauvertrag und von großer Bedeutung, insbesondere für die Bezahlung des Bauunternehmers. Stellen Sie sich die Abnahme als eine Art offizielle Bestätigung oder „Quittung“ vor: Mit ihr bestätigt der Bauherr, also Sie, dass das Bauwerk oder die erbrachte Leistung im Wesentlichen vertragsgemäß fertiggestellt ist.

Die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung

Die Hauptfunktion der Abnahme ist, dass sie die Fälligkeit des Werklohns auslöst. Das bedeutet: Der Bauunternehmer hat in der Regel erst dann einen Anspruch auf die vollständige Bezahlung seiner Leistung, wenn diese von Ihnen als Bauherr abgenommen wurde. Vor der Abnahme können zwar Abschlagszahlungen vereinbart sein, die Schlusszahlung wird jedoch erst mit der Abnahme fällig.

Was bedeutet Abnahme und welche Folgen hat sie?

Die Abnahme ist mehr als nur ein formeller Akt; sie hat weitreichende rechtliche Konsequenzen:

  1. Fälligkeit des Werklohns: Wie bereits erwähnt, wird der noch ausstehende Werklohn mit der Abnahme zur Zahlung fällig.
  2. Beginn der Gewährleistungsfrist: Mit der Abnahme beginnt die Frist, in der der Bauunternehmer für Mängel der Bauleistung haftet (die sogenannte Gewährleistungsfrist). Entdecken Sie danach Mängel, können Sie diese innerhalb dieser Frist geltend machen.
  3. Übergang des Risikos: Das Risiko für die Bauleistung geht mit der Abnahme vom Bauunternehmer auf den Bauherrn über. Das bedeutet: Sollte das Bauwerk nach der Abnahme ohne Verschulden des Unternehmers beschädigt oder zerstört werden (z.B. durch höhere Gewalt), tragen Sie als Bauherr in der Regel das Risiko des Schadens. Vor der Abnahme liegt dieses Risiko meist beim Unternehmer.
  4. Umkehr der Beweislast bei Mängeln: Vor der Abnahme muss der Bauunternehmer beweisen, dass die Leistung mangelfrei ist. Nach der Abnahme kehrt sich die Beweislast um: Wenn Sie einen Mangel entdecken, müssen Sie beweisen, dass dieser Mangel bereits zum Zeitpunkt der Abnahme vorhanden war und nicht erst später entstanden ist.

Die Abnahme kann förmlich erfolgen (z.B. durch einen gemeinsamen Termin mit einem schriftlichen Abnahmeprotokoll, in dem Mängel festgehalten werden) oder auch stillschweigend. Eine stillschweigende Abnahme liegt vor, wenn Sie die Bauleistung ohne ausdrückliche Erklärung als vertragsgerecht anerkennen – beispielsweise, indem Sie das Gebäude beziehen und die Leistung über längere Zeit ohne Beanstandung nutzen.

Die Abnahmefiktion: Wenn die Abnahme als erfolgt gilt

Um zu verhindern, dass die Bezahlung durch eine grundlos verweigerte Abnahme künstlich verzögert wird, sieht das Gesetz in bestimmten Fällen eine sogenannte Abnahmefiktion vor. Das bedeutet: Obwohl keine ausdrückliche Abnahmeerklärung erfolgt ist, gilt die Leistung als abgenommen. Dies kann unter anderem dann der Fall sein, wenn:

  • Der Bauunternehmer Ihnen die Fertigstellung der Leistung schriftlich mitteilt, Sie eine angemessene Frist zur Abnahme setzen und Sie innerhalb dieser Frist keine Mängel rügen oder die Abnahme verweigern.
  • Sie das Werk tatsächlich in Gebrauch nehmen und nutzen, ohne innerhalb einer angemessenen Frist Mängel zu rügen.

Diese Regelung schützt den Bauunternehmer davor, dass die Fälligkeit des Werklohns auf unbestimmte Zeit hinausgezögert wird. Für Sie als Bauherr bedeutet dies, dass Sie Fristen für die Abnahme ernst nehmen und eventuelle Mängel rechtzeitig und nachweisbar rügen sollten, um Ihre Rechte zu wahren.


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Kann ich die Zahlung der Schlussrechnung verweigern, wenn die Arbeiten Mängel haben?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen können Sie einen Teil der Zahlung der Schlussrechnung verweigern, wenn die erbrachten Arbeiten Mängel aufweisen. Dieses Recht nennt man im deutschen Bauvertragsrecht das Zurückbehaltungsrecht. Es dient dazu, Druck auf den Bauunternehmer auszuüben, damit dieser die mangelhafte Leistung nachbessert.

Wann darf ich Geld einbehalten?

Damit Sie die Zahlung rechtmäßig einbehalten dürfen, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein:

  • Tatsächlicher Mangel: Es muss ein tatsächlich vorhandener und nachweisbarer Mangel an der Bauleistung vorliegen. Das bedeutet, die erbrachte Arbeit weicht von der vertraglich vereinbarten Qualität, den allgemein anerkannten Regeln der Technik oder den gesetzlichen Vorschriften ab. Kleinere, unwesentliche Schönheitsfehler rechtfertigen in der Regel keinen Zahlungseinbehalt.
  • Mängelrüge und Fristsetzung: Sie müssen den Bauunternehmer über den Mangel schriftlich informieren (rügen). Dabei sollten Sie den Mangel genau beschreiben und dem Unternehmer eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer er die Möglichkeit hat, den Mangel zu beheben. Erst wenn diese Frist fruchtlos verstrichen ist, also der Unternehmer den Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt hat, können Sie Ihr Zurückbehaltungsrecht wirksam ausüben.

Wie viel darf ich einbehalten?

Es ist wichtig zu verstehen, dass Sie nicht die gesamte Schlussrechnung verweigern dürfen. Das Zurückbehaltungsrecht besteht nur in einem angemessenen Umfang. Die Höhe des einbehaltenen Betrags muss im Verhältnis zu den Kosten der Mängelbeseitigung stehen.

Das bedeutet, Sie dürfen in der Regel einen Betrag einbehalten, der deutlich höher ist als die reinen Kosten für die Beseitigung des Mangels. Dies dient als Druckmittel, um den Unternehmer zur Nachbesserung zu bewegen. Als Orientierung gilt hier oft:

  • Zurückbehaltener Betrag (Orientierung) = Voraussichtliche Mängelbeseitigungskosten × 2

Dieser Orientierungswert ist jedoch keine starre Regel, sondern soll sicherstellen, dass genügend Druck besteht und eventuelle Folgeschäden oder Gutachterkosten abgedeckt sind. Der einbehaltene Betrag darf jedoch niemals so hoch sein, dass er den Unternehmer unbillig benachteiligt. Wenn die Mängel behoben sind, müssen Sie den einbehaltenen Betrag – gegebenenfalls abzüglich der Kosten für eine Ersatzvornahme, falls Sie den Mangel selbst beheben lassen mussten – auszahlen.

Das Zurückbehaltungsrecht ist ein wichtiges Instrument, um Ihre Interessen bei Mängeln zu wahren, muss aber korrekt und verhältnismäßig angewendet werden.


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Wie schütze ich mich als Auftraggeber vor unklaren Zusatzkosten und Streitigkeiten?

Der wirksamste Schutz vor unklaren Zusatzkosten und Streitigkeiten als Auftraggeber liegt in klar formulierten, schriftlichen Vereinbarungen und einer lückenlosen Dokumentation. Dies schafft Transparenz und eine belastbare Grundlage für den gesamten Projektablauf.

Klare Vereinbarungen als Grundlage

Bevor ein Projekt beginnt, ist es entscheidend, alle Details schriftlich festzuhalten. Ein umfassender Vertrag oder eine detaillierte Auftragsbestätigung ist hierfür unerlässlich. Dazu gehören:

  • Eine präzise Leistungsbeschreibung: Was genau soll gemacht werden? Welche Arbeiten sind im Preis enthalten, welche nicht? Je detaillierter die Beschreibung, desto geringer das Potenzial für Missverständnisse. Beispiel: Statt „Badsanierung“ besser „Abriss alter Fliesen, Verlegen neuer Fliesen (Typ X), Installation Duschkabine (Modell Y), Einbau Waschbecken mit Armatur (Typ Z)“.
  • Feste Kosten oder eine transparente Kalkulationsgrundlage: Ist ein Festpreis vereinbart? Oder wird nach Aufwand abgerechnet? Bei Aufwandsabrechnung müssen Stundensätze für Personal und Maschinen sowie Materialkosten klar definiert sein.
  • Ein verbindlicher Zeitplan: Wann beginnt die Arbeit? Wann soll sie voraussichtlich abgeschlossen sein? Werden Zwischenfristen für bestimmte Abschnitte vereinbart?
  • Zahlungsmodalitäten: Wann werden welche Teilzahlungen fällig (z.B. nach Baufortschritt oder Erreichen bestimmter Meilensteine)?

Änderungen und Zusatzleistungen schriftlich festhalten

Im Laufe eines Projekts kommt es oft zu Änderungen oder dem Wunsch nach zusätzlichen Leistungen, sogenannten Nachträgen. Diese müssen ebenso sorgfältig behandelt werden wie der ursprüngliche Auftrag.

  • Jede Abweichung oder Zusatzleistung sollte vor der Ausführung schriftlich vereinbart werden. Dies beinhaltet eine Beschreibung der zusätzlichen Arbeiten, die damit verbundenen Kosten und eine Anpassung des Zeitplans.
  • Ohne eine solche schriftliche Vereinbarung können Zusatzkosten schwer nachvollziehbar oder bestreitbar sein. Stellen Sie sicher, dass sowohl Sie als auch der Auftragnehmer diese Änderungen unterschreiben.

Laufende Dokumentation des Projekts

Eine fortlaufende Dokumentation des Projektverlaufs ist ein starkes Werkzeug zur Vermeidung und Klärung von Streitigkeiten.

  • Fotos und Videos: Halten Sie den Baufortschritt regelmäßig in Bildern fest. Fotografieren Sie besonders kritische Stellen, Mängel, oder auch den Zustand vor und nach bestimmten Arbeitsschritten. Dies dient als visueller Nachweis.
  • Protokolle und schriftliche Kommunikation: Führen Sie Protokolle von Besprechungen, in denen getroffene Absprachen und Entscheidungen festgehalten werden. Bestätigen Sie wichtige mündliche Absprachen zusätzlich per E-Mail oder Nachricht. Bewahren Sie sämtliche Korrespondenz (E-Mails, SMS, Briefe) auf.
  • Bautagebücher oder Fortschrittsberichte: Manche Auftragnehmer führen solche Bücher; es ist hilfreich, wenn Sie als Auftraggeber diese regelmäßig einsehen oder eigene Notizen machen, wann welche Arbeiten durchgeführt wurden.

Beweissicherung durch Unterschriften

Unterschriften sind ein wesentliches Element zur Bestätigung von Vereinbarungen und zur Beweissicherung.

  • Lassen Sie sich jede wichtige Vereinbarung, jede Änderung und jeden abgeschlossenen Arbeitsschritt vom Auftragnehmer unterschreiben. Das gilt nicht nur für den Hauptvertrag und Nachträge, sondern auch für Abnahmeprotokolle, Lieferscheine oder Bestätigungen über erhaltene Leistungen.
  • Ein unterschriebener Auftragsschein, ein Abnahmeprotokoll oder ein Änderungsauftrag belegt, dass beide Parteien mit dem Inhalt einverstanden waren. Dies verbessert Ihre Beweissituation erheblich, sollte es später zu Meinungsverschiedenheiten über Umfang, Qualität oder Kosten kommen.

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Welche rechtlichen Konsequenzen hat es, wenn ich die Schlussrechnung nicht fristgerecht bezahle?

Wenn Sie eine Schlussrechnung nicht innerhalb der vereinbarten Frist bezahlen, können verschiedene rechtliche Konsequenzen eintreten, die über den ursprünglichen Rechnungsbetrag hinausgehen und Ihre Position in einer Auseinandersetzung schwächen können.

Kosten durch Zahlungsverzug

Zunächst können Ihnen zusätzliche Kosten entstehen, sobald Sie mit der Zahlung in Verzug geraten. Dies geschieht in der Regel, wenn die Zahlungsfrist abgelaufen ist und Sie entweder eine Mahnung erhalten haben oder ein genaues Datum für die Fälligkeit der Zahlung vertraglich festgelegt war.

  • Mahngebühren: Der Unternehmer kann Ihnen für jede notwendige Mahnung Kosten in Rechnung stellen, die durch die Erinnerung an die ausstehende Zahlung entstehen, wie beispielsweise Portokosten.
  • Verzugszinsen: Ab dem Zeitpunkt des Zahlungsverzugs können Verzugszinsen anfallen. Dies sind gesetzlich festgelegte Zinsen auf den ausstehenden Betrag, die täglich anwachsen. Für Verbraucher liegen diese Zinsen aktuell bei 5 Prozentpunkten über dem sogenannten Basiszinssatz, für Geschäfte zwischen Unternehmen sogar bei 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Das bedeutet, dass die zu zahlende Summe stetig steigt, je länger die Zahlung ausbleibt.

Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das sogenannte Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers. Wenn Sie mit der Zahlung einer Schlussrechnung in Verzug sind, darf der Unternehmer unter Umständen eigene Leistungen zurückhalten. Das betrifft vor allem Leistungen, die im Zusammenhang mit der nicht bezahlten Rechnung stehen.

  • Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Handwerker mit der Sanierung Ihres Badezimmers beauftragt. Ist eine Teilleistung erbracht und die zugehörige Rechnung fällig, aber Sie zahlen diese nicht, könnte der Handwerker berechtigt sein, die Arbeiten am Badezimmer einzustellen, bis Sie die offene Rechnung beglichen haben. Für Sie bedeutet das eine Verzögerung des gesamten Projekts.

Schwächung der eigenen Position und Verstoß gegen Treu und Glauben

Ein ungerechtfertigtes Zurückhalten von Zahlungen kann Ihre Position in einem möglichen Streitfall erheblich schwächen. Im deutschen Recht gilt der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dieser besagt, dass sich jeder Vertragspartner fair, ehrlich und rücksichtsvoll verhalten muss.

  • Wenn Sie eine Zahlung ohne triftigen, rechtlich anerkannten Grund – beispielsweise bei nachweisbaren und ordnungsgemäß gerügten Mängeln – zurückhalten, kann dies als Verstoß gegen diesen Grundsatz gewertet werden.
  • Praktische Auswirkung: Auch wenn Sie später versuchen, eigene Ansprüche (z.B. wegen Mängeln) geltend zu machen, kann Ihnen Ihr ungerechtfertigtes Zahlungsverhalten in einem Gerichtsverfahren negativ ausgelegt werden. Das Gericht könnte dies als Zeichen dafür werten, dass Sie von Anfang an nicht bereit waren, Ihre vertraglichen Pflichten vollständig zu erfüllen, was Ihre Glaubwürdigkeit und die Durchsetzbarkeit Ihrer eigenen Forderungen mindern kann. Es ist wichtig, Zahlungseinbehalte stets nachvollziehbar zu begründen und den Unternehmer über angebliche Mängel oder offene Fragen rechtzeitig zu informieren.

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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Beweislast

Die Beweislast bezeichnet im Rechtsverfahren die Pflicht, einen bestimmten Sachverhalt so zu belegen, dass das Gericht darauf vertrauen kann. Grundsätzlich muss die Partei, die eine Forderung stellt oder einen Anspruch geltend macht, beweisen, dass dieser Anspruch berechtigt ist (beispielsweise Vertragsänderungen oder Zusatzleistungen). Im Bauvertrag ist das besonders wichtig bei Nachträgen: Die Firma, die mehr Geld verlangt, muss nachweisen, dass diese Zusatzarbeiten tatsächlich beauftragt wurden – etwa durch unterschriebene Auftragszettel oder Zeugen. Ohne diese Beweise können Forderungen abgewiesen werden.

Beispiel: Wenn ein Handwerker mehr Arbeit in Rechnung stellt als vereinbart, muss er belegen, dass der Auftraggeber diese Zusatzarbeit auch wirklich bestellt hat.

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Förmliche Abnahme

Die förmliche Abnahme ist ein offizieller und wichtiger Akt im Bauvertrag, bei dem der Auftraggeber und der Auftragnehmer gemeinsam die fertiggestellte Leistung prüfen. Dabei wird festgestellt, ob die Arbeit im Wesentlichen vertragsgerecht ausgeführt ist. Dieses Ergebnis wird schriftlich in einem Abnahmeprotokoll festgehalten, in dem auch Mängel dokumentiert werden. Die förmliche Abnahme bewirkt, dass der Werklohn fällig wird und die Gewährleistungsfrist (Haftungszeit für Mängel) beginnt. Ohne diese Abnahme kann die Bezahlung oft verweigert oder zumindest verzögert werden.

Beispiel: Bei einem Hausbau prüfen Bauherr und Bauunternehmer gemeinsam, ob alle Arbeiten fertig und richtig sind, und bestätigen dies mit Unterschriften.

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Abnahmefiktion

Die Abnahmefiktion ist eine gesetzliche Regelung, die vorsieht, dass eine Bauleistung als abgenommen gilt, auch wenn keine tatsächliche oder formelle Abnahme stattgefunden hat. Dies gilt etwa, wenn der Auftraggeber die Leistung nutzt, keine Mängel innerhalb angemessener Frist rügt oder auf eine Abnahmeaufforderung nicht reagiert. Die Abnahmefiktion verhindert, dass Auftraggeber die Bezahlung dauerhaft verzögern, indem sie sich weigern, die Abnahme durchzuführen. Damit wird der Werklohn fällig, und die Gewährleistungsfrist beginnt.

Beispiel: Wenn Sie ein neu gebautes Haus beziehen und es über längere Zeit ohne Beanstandungen nutzen, gilt die Bauleistung automatisch als abgenommen.

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Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB)

Das Zurückbehaltungsrecht erlaubt einem Vertragspartner, seine eigene vertragliche Leistung so lange zu verweigern, bis der andere Vertragspartner seine Gegenleistung erfüllt hat. Im Bauvertrag kann das bedeuten, dass ein Unternehmer Wartungsleistungen oder Nachbesserungen einstellen darf, solange die Zahlungen des Auftraggebers ausstehen. Dieses Recht schützt vor unberechtigter Leistungserbringung bei noch offenstehenden Forderungen. Es darf jedoch nicht missbraucht werden; der zurückbehaltende Teil muss im Zusammenhang mit der noch nicht erfüllten Pflicht stehen.

Beispiel: Ein Maler liefert nicht die letzte Farbschicht an, bis der Kunde die ausstehende Rechnung vollständig bezahlt hat.

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Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB)

Der Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet alle Vertragsparteien zu einem fairen, ehrlichen und widerspruchsfreien Verhalten bei der Vertragserfüllung. Niemand darf sich verhalten, als ob er Rechte habe, die ihm nicht zustehen, oder den Vertragspartner durch taktisches Vorgehen benachteiligen. Im Streitfall bedeutet das, dass ein Auftraggeber nicht gleichzeitig die Abnahme verweigern und dennoch Schadenersatz für daraus resultierende Pflichten verlangen darf. Ein widersprüchliches Verhalten kann zur Abweisung von Ansprüchen führen und schlägt sich auf die Glaubwürdigkeit in Gerichtsverfahren nieder.

Beispiel: Man kann nicht behaupten, ein Auto nicht gekauft zu haben, aber trotzdem eine Rückerstattung verlangen, weil es nicht funktioniert.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 631 ff. BGB (Werkvertragsrecht): Das Werkvertragsrecht regelt Verträge, bei denen eine Partei die Herstellung eines Werkes oder die Erbringung eines bestimmten Erfolges gegen Entgelt verspricht, wie beispielsweise den Bau eines Gebäudes oder die Errichtung einer Verglasung. Es definiert die Pflichten des Unternehmers, ein mangelfreies Werk herzustellen, und des Bestellers, die vereinbarte Vergütung zu zahlen und das Werk abzunehmen. Das Werkvertragsrecht bildet die rechtliche Grundlage für die Beziehungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und legt die Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung und -vergütung fest.
    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der gesamte Rechtsstreit basierte auf dem zwischen der Metallbaufirma und der Bauträgerin geschlossenen Bauvertrag, der rechtlich als Werkvertrag einzuordnen ist und dessen Regelungen die Grundlage aller gegenseitigen Ansprüche bildeten.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben): Dieser grundlegende Rechtsprinzip fordert, dass jeder bei der Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten ehrlich und fair handeln muss. Er verbietet insbesondere ein widersprüchliches Verhalten, bei dem eine Partei erst eine bestimmte Haltung einnimmt und später eine entgegengesetzte Position, um sich daraus einen unfairen Vorteil zu verschaffen. Treu und Glauben dient als Korrekturmechanismus, um die Anwendung des Gesetzes in besonderen Fällen an die konkreten Umstände anzupassen und Missbrauch von Rechten zu verhindern.
    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht wies die Gegenforderung der Bauträgerin für die Fensterwartung ab, da ihr widersprüchliches Verhalten (keine Abnahme, aber Schadenersatzforderung) gegen diesen Grundsatz verstieß.
  • Grundsätze der Beweislast im Zivilprozess: Die Beweislast bestimmt, welche Partei vor Gericht die Folgen trägt, wenn eine behauptete Tatsache nicht bewiesen werden kann. Grundsätzlich muss die Partei, die sich auf eine für ihren Anspruch günstige Tatsache beruft, diese auch beweisen. Dies bedeutet, dass derjenige, der etwas fordert, die anspruchsbegründenden Umstände darlegen und beweisen muss, während derjenige, der sich auf Einwendungen beruft, diese beweisen muss. Scheitert ein Beweis, geht dies zu Lasten der beweisbelasteten Partei.
    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Metallbaufirma konnte die Beauftragung der zusätzlichen Arbeiten nicht beweisen, da die Beweislast bei ihr lag und sie keine unterschriebenen Auftragszettel vorlegen konnte, was zur Abweisung dieser Forderung führte.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 640 BGB (Abnahme des Werkes) und § 641 BGB (Fälligkeit der Vergütung): Die Abnahme ist der Zeitpunkt, an dem der Besteller das fertiggestellte Werk als vertragsgemäß anerkennt und die Verantwortung dafür übernimmt. Sie ist von zentraler Bedeutung, da mit ihr die Gefahr für das Werk vom Unternehmer auf den Besteller übergeht und gleichzeitig die Vergütung des Werkunternehmers fällig wird. Das Gesetz sieht auch Regelungen vor, unter welchen Umständen eine Abnahme als stillschweigend erfolgt oder fingiert wird, um eine willkürliche Zahlungsverweigerung durch den Besteller zu verhindern.
    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl die Bauträgerin eine förmliche Abnahme bestritt, wurde der Werklohnanspruch der Metallbaufirma fällig, da das Gericht eine fiktive Abnahme annahm, weil die Bauträgerin keine Mängel mehr geltend machte.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 273 BGB (Zurückbehaltungsrecht): Dieses Recht erlaubt es einem Vertragspartner, die Erfüllung seiner eigenen fälligen Leistung so lange zu verweigern, bis der andere Vertragspartner seine ihm obliegende, ebenfalls fällige Gegenleistung erbracht hat. Es dient als legitimes Druckmittel, um den Gegenüber zur Vertragserfüllung anzuhalten. Die Voraussetzungen dafür sind in der Regel das Bestehen von wechselseitigen Forderungen aus demselben Rechtsverhältnis und die Fälligkeit der eigenen Forderung.
    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Metallbaufirma war nicht verpflichtet, die kostenlose Fensterwartung durchzuführen, da sie sich auf ihr Zurückbehaltungsrecht berufen konnte, weil die Bauträgerin die fällige Schlussrechnung nicht vollständig beglichen hatte.

Das vorliegende Urteil


LG Landshut – Az.: 74 O 430/17 – Endurteil vom 16.07.2020


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