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Mangelhafte Werkleistung – Anwendbarkeit Deliktsrecht

AG Mannheim – Az.: 3 C 4444/19 – Urteil vom 19.12.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird jedoch nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen Schlechterfüllung eines Werkvertrags bzw. wegen unerlaubter Handlung.

Der Kläger ist Eigentümer eines Pkw Mercedes-Benz G 300 CDI. Am 20.04.2016 brachte er sein Fahrzeug zur Inspektion in die Niederlassung der Beklagten in M.. Dort wurde von den Mitarbeitern der Beklagten unter anderem die Bremsflüssigkeit erneuert. Hierfür war es zunächst erforderlich, die in die Bremssättel eingeschraubten Bremsnippel zu entfernen, um sie nach Austausch der Bremsflüssigkeit wieder anzuschrauben. Bei diesem Vorgang ist darauf zu achten, dass die Bremsnippel nicht zu fest angeschraubt werden, da sie ansonsten nicht mehr entfernt werden können, ohne dass dabei das Gewinde zerstört wird.

Am 21.04.2016 wurde dem Kläger das Fahrzeug von Mitarbeitern der Beklagten nach durchgeführter Inspektion übergeben und von diesem entgegengenommen. Die Rechnung der Beklagten, datierend vom 20.04.2016, wurde von ihm beglichen.

Am 04.07.2019 übergab der Kläger seinen Pkw zur anstehenden Inspektion der Mercedes-Benz-Servicewerkstatt … GmbH & Co. KG. Deren Mechaniker stellten im Zuge der Wartungsarbeiten fest, dass die Bremsnippel zu fest auf die Bremssättel angeschraubt waren. Die Werkstatt tauschte die Bremssättel samt Anbauteile vollständig aus und stellte dem Kläger hierfür 3.231,87 € in Rechnung. Dieser wandte sich daraufhin mit einer entsprechenden Schadensmeldung an die Beklagte, welche eine Ersatzpflicht jedoch verneinte.

Der Kläger behauptet, die Bremsnippel seien von den Mechanikern der Beklagten im Zuge der Inspektion am 20.04.2016 zu fest angeschraubt worden. Hierdurch sei an den Bremssätteln seines Pkw dergestalt ein Schaden entstanden, dass die daran befestigten Entlüftungsnippel nicht mehr herausgeschraubt werden konnten, ohne dass dabei das Gewinde zerstört worden wäre. Der Austausch der gesamten Bremsanlage sei die einzige Möglichkeit der Schadensbehebung gewesen. Neben der Beklagten komme kein anderer Verursacher in Betracht, da im Zeitraum zwischen den beiden Inspektionen keinerlei Arbeiten an dem Pkw vorgenommen worden seien.

Der Kläger ist der Ansicht, dass eine etwaige Verjährung jedenfalls daran scheitere, dass die Beklagte ihm den Mangel arglistig verschwiegen habe. Auch sei der Mangel für ihn nicht erkennbar gewesen.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.231,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.08.2019 zu bezahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 413,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.08.2019 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt: Die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Kläger habe die am 20.04.2016 durchgeführte Inspektion als vertragsgemäß akzeptiert.

Die Beklagte ist der Ansicht, vertragliche Ansprüche seien bereits verjährt und deliktische Ansprüche seien im vorliegenden Fall von vornherein mangels abtrennbarer Eigentumsverletzung ausgeschlossen.

Die letzte mündliche Verhandlung hat am 14.11.2019 stattgefunden. Auf das Sitzungsprotokoll (AS 62) wird verwiesen.

Für weitere Details zum Sach- und Streitstand wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger stehen weder Schadensersatzansprüche aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 1 BGB zu.

I.

Ob die Beklagte das Werk mangelhaft geleistet hat, kann vorliegend dahinstehen, da die Gewährleistungsansprüche des Klägers am 23.04.2018 um 24:00 Uhr verjährt sind. Hierauf beruft sich die Beklagte erfolgreich.

Die Verjährungsfrist für die potenziell bestehenden werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche des Klägers beträgt nach § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB zwei Jahre. Bei der Inspektion des Pkw und insbesondere auch beim Austausch der Bremsflüssigkeit mit anschließendem Anschrauben der Bremsnippel, handelt es sich um die „Wartung“ einer Sache im Sinne dieser Vorschrift (OLG Koblenz, Urt. v. 20. Dez. 2007 – Az.: 5 U 906/07).

Diese Frist beginnt gemäß § 634a Abs. 2 BGB mit der Abnahme des Pkw. Die von der Beklagten dargelegte Abnahme durch den Kläger am 21.04.2016 wurde von diesem nicht bestritten und ist somit als zugestanden anzusehen. Demgemäß waren die Gewährleistungsansprüche des Klägers im Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung, am 05.08.2019, bereits verjährt.

Soweit der Kläger einwendet, dass die Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen habe und daher Verjährung noch nicht eingetreten sei, vermag er damit nicht durchzudringen. Dasselbe gilt für den Einwand, dass der Mangel für ihn vor der Inspektion im Jahr 2019 nicht erkennbar gewesen sei.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Umstände eines arglistigen Verschweigens nach § 634a Abs. 3 S. 1 BGB trägt der Kläger (Sprau in Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 634a Rn. 22). Dieser bleibt jedoch in dieser Hinsicht jeglichen substantiierten Vortrag schuldig. Die bloße Behauptung „[d]ie Beklagte hatte den engsprechenden Mangel arglistig verschwiegen“ (AS 60) reicht erkennbar nicht aus.

Der Einwand der mangelnden Erkennbarkeit mag zwar in der Sache richtig sein, ändert jedoch nichts am Eintritt der Verjährung. Denn der Gesetzgeber hat sich bewusst für eine kenntnisunabhängige Verjährung in § 634a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB entschieden (vgl. Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, 2014, § 634a Rn 37). Dies ergibt sich auch aus einem Umkehrschluss zu § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB, der nur für die nicht von § 634a Abs. 1 Nr. 1, 2 BGB erfassten Fälle auf die regelmäßige Verjährungsfrist verweist, welche grds. kenntnisabhängig ist (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Gesetzgeber verfolgt damit in zulässiger Weise das Ziel, schneller Rechtsfrieden zu schaffen.

II.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Denn die Beklagte hat keine von der mangelhaften Werkleistung abgrenzbare Verletzung des Eigentums begangen. Damit ist § 823 Abs. 1 BGB vorliegend nicht einschlägig.

Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB ist die Verletzung eines Rechtsguts. Die Bremsanlage des Pkw stellt grds. auch Eigentum des Klägers dar, welches Schaden genommen hat.

Die Annahme einer Eigentumsverletzung durch die Beklagte würde jedoch mit den Wertungen des Gesetzes nicht im Einklang stehen. Denn das „primäre“ – weil privatautonom eingegangene – Schuldverhältnis zwischen den Parteien besteht in dem geschlossenen Werkvertrag. Aus diesem erwachsen dem Kläger nach einem so langen Zeitraum jedoch keine Ansprüche mehr (s.o.). Diese Wertung würde umgangen, wenn das Deliktsrecht unbefangen neben vertraglichen Ansprüchen zur Anwendung käme.

Die vertraglichen Gewährleistungsansprüche stehen grds. zwar unabhängig neben den Ansprüchen aus unerlaubter Handlung (Hager in Staudinger, BGB, 2017, § 823 Rn. B 106). Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass die Deliktshaftung „die Vertragsordnung aus den Angeln hebt“ (so BGH, Urt. v. 18. Jan. 1983 – Az.: VI ZR 310/79). Aus diesem Grund ist strikt danach zu trennen, welche Schutzgüter der jeweilige Regelungskomplex im Blick hat. Während die vertraglichen Mängelgewährleistungsansprüche das Äquivalenzinteresse zu schützen bestimmt sind, wird mit dem Deliktsrecht der Schutz des Integritätsinteresses verfolgt.

Mit der mangelhaften Werkleistung macht der Kläger vorliegend ausschließlich eine Verletzung seines Äquivalenzinteresses geltend. Eine darüberhinausgehende Schädigung seines Integritätsinteresses ist hingegen nicht gegeben.

Diese läge nur vor, wenn die Eigentumsverletzung über die mangelhafte Werkleistung hinausginge, mit dieser also nicht „stoffgleich“ wäre (vgl. BGH, Urt. v. 27. Jan. 2005 – Az.: VII ZR 158/03).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die beschädigte Bremsanlage war Teil des Wartungsprogramms und damit auch des Werkvertrags. Denn die Beklagte sollte nach dem Vortrag des Klägers unter anderem die Bremsflüssigkeit austauschen. Zwischen den Parteien bestand Einigkeit darüber, dass die Mechaniker der Beklagten zu diesem Zweck sowohl an den Bremsnippeln als auch an den Bremssätteln tätig werden müssen.

Sofern die Werkleistung daraufhin von der Beklagten mangelhaft ausgeführt wurde, deckt sich der dadurch entstandene Schaden (Mangelunwert) mit dem Schaden am Eigentum des Klägers. „Stoffgleichheit“ liegt vor. Es würde der Gesetzessystematik widersprechen, diesen Schaden, der nur auf enttäuschte Vertragserwartung des Klägers zurückzuführen ist, über das Deliktsrecht auszugleichen (BGH, Urt. v. 12. Feb. 1992 – Az.: VIII ZR 276/90).

§ 823 Abs. 1 BGB ist somit nicht einschlägig.

Der Hinweis des Klägers, dass die Beklagte lediglich mit dem Austausch der Bremsflüssigkeit beauftragt worden sei und die Bremssättel und Bremsnippel nicht vom Werkvertrag der Parteien umfasst gewesen seien, geht fehl. Denn bei diesen Teilen des Pkw handelt es sich um Bauteile, die zwar nicht selbst Teil der Werkleistung „Austausch der Bremsflüssigkeit“ sind, die in diese aber derart einbezogen sind, dass ohne ihre Einbeziehung der vertraglich geschuldete Leistungserfolg nicht erzielt werden konnte (BGH, Urt. v. 27. Jan. 2005 – Az.: VII ZR 158/03, juris Rn. 36).

Ein Austausch der Bremsflüssigkeit erforderte unstreitig das vorherige Abschrauben der Bremsnippel von den Bremssätteln. Die hieran vorgenommenen Arbeiten waren also von den vertraglichen Absprachen der Parteien umfasst. Der daran entstandene Schaden verletzt somit ausschließlich das Äquivalenzinteresse des Klägers.

III.

Die Klage war damit abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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