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Schadensersatzanspruch beim vom Besteller außerordentlich gekündigten Hausbauvertrag

OLG Köln – Az.: I-11 U 7/21 – Urteil vom 13.04.2022

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 27.11.2020 – 18 O 8/19 – wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das vorgenannte Urteil dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird. Im Hinblick auf die Widerklage verbleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Landgerichts. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil und das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Widerklage und der Kostenentscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Grund und Folgen eines gescheiterten Hausbauvertrags.

Am 20.10.2014 schlossen sie unter Bezugnahme auf eine Bau- und Leistungsbeschreibung (Anlage K 2, Bl. 32 ff. LGA) einen Vertrag über die Erstellung eines Ausbauhauses auf einem noch zu benennenden Grundstück (Anlage K 1, Bl. 28 ff. LGA) sowie eine Zusatzvereinbarung, welche unter anderem die Errichtung eines Kellers vorsah (Anlage K 1a, Bl. 31 LGA). Mit Formular vom 21.11.2014 benannten die Beklagten das Grundstück A-Straße 52 in B (Anlage K 7, Bl. 107 LGA). Hierbei handelte es sich um ein Hanggrundstück mit von der Straße aufsteigendem Gelände. In der Nähe der Straße verläuft auf dem Grundstück ein mittels Baulast gesicherter privater Abwasserkanal.

Im Juni 2015 unterzeichneten die von der Klägerin beauftragte Architektin sowie die Beklagten ein Planungsprotokoll (Anlage K 16, Bl. 117 ff. LGA). Die Architektin erstellte eine Genehmigungsplanung, die am 20.07.2015 erstellt und am 31.07.2015 geändert wurde (Anlage Ki 14, Bl. 304 ff. LGA) und den Bau eines Kellers vorsah. Ferner holte die Klägerin ein Baugrundgutachten vom 24.07.2015 ein (Anlage K 31, Bl. 259 ff. LGA).

Die Beklagten schlossen ein „Bausicherheitspaket“ gemäß der Baubeschreibung ab (Bl. 88 OLGA). Am 03.05.2016 vereinbarten die Parteien statt dem Bau eines Kellers den Bau einer Bodenplatte (Anlage K 14, Bl. 115 LGA). Nach dieser Änderung betrug der vereinbarte Preis für das Ausbauhaus EUR 190.857,48.

Unter dem 03.08.2016 erstellte die von der Klägerin beauftragte Architektin die Genehmigungsplanung, welche den Bau einer Bodenplatte vorsah (Bl. 137 ff. LGA). Die Baugenehmigung lag der Klägerin am 12.09.2016 vor (Bl. 68 OLGA).

Mit Schreiben vom 09.11.2016 teilte die Klägerin den Beklagten mit, dass zwischen dem vereinbarten Preis und den durch die Beklagten an die Klägerin abgetretenen Darlehensauszahlungsansprüchen eine Differenz in Höhe von EUR 685,00 vorliege (Anlage Ki 24, Bl. 110 OLGA). Die Beklagten zahlten diese Differenz an die Klägerin (Bl. 68 OLGA).

Die Beklagten führten auf dem zu bebauenden Grundstück Erdarbeiten durch und erstellten das Planum für die Bodenplatte. Auch waren Zufahrtsmöglichkeiten sowie Lager- und Arbeitsflächen gegeben (Bl. 68 OLGA). Eine Hangsicherung führten die Beklagten nicht aus.

Vor Beginn der Erstellung der Bodenplatte meldete die Nachunternehmerin der Klägerin im Hinblick auf die Abböschung des Planums an der Straßenseite Bedenken an, welche die Klägerin mit Schreiben vom 09.12.2016 an die Beklagten weiterleitete (Anlage K 27, Bl. 157 LGA). Bis Maßnahmen der Hangsicherung erfolgt seien, könne die Bodenplatte nicht ausgeführt werden. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.02.2017 warfen die Beklagte der Klägerin ihrerseits Planungsversagen vor. Mit weiterem Schreiben vom 17.05.2017 forderten sie die Klägerin auf, die Bautätigkeit spätestens bis zum 31.05.2017 aufzunehmen und spätestens bis zum 31.12.2017 abzuschließen (Anlage K 29, Bl. 162 LGA). Mit Schreiben vom 23.05.2017 teilte die Klägerin den Beklagten daraufhin mit, dass laut Mitteilung des Kellerbauers die geplante Abfangung des Geländes nicht möglich sei, da hierbei der private Abwasserkanal überbaut werden würde und nicht mehr zugänglich wäre (Anlage Ki 5, Bl. 226 LGA). Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.07.2017 (Anlage Ki 9, Bl. 228 LGA) setzten die Beklagten der Klägerin erneut eine Frist zur Aufnahme der Bautätigkeit bis spätestens zum 02.08.2017 und eine Frist zur Fertigstellung des Objekts bis spätestens zum 31.12.2017. Mit Schreiben vom 08.08.2017 erklärten die Beklagten die Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund (Anlage K 30, Bl. 164 LGA).

Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Vergütung für bis zur Kündigung erbrachte und nicht erbrachte Leistungen geltend gemacht, insgesamt EUR 29.130,09.

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Werklohn für erbrachte Leistungen 11.160,39 EUR

  • Architektenkosten 6.912,71 EUR
  • Bodengutachten 517,65 EUR
  • Bemusterung C 859,18 EUR
  • D 606,90 EUR
  • E 446,25 EUR
  • F 1.639,20 EUR
  • Baustellengespräch, Statik
  • Haustechnik G 178,50 EUR
  • Vorplanung Lüftung
  • Werklohn für nicht erbrachte Leistung 10 % gem. Vertrag 17.969,70 EUR.

Die Beklagten haben mit ihrer Widerklage Schadensersatz bzw. den Ersatz vergeblich getätigter Aufwendungen im Zusammenhang mit der Kündigung und dem Scheitern des Bauvorhabens in Höhe von zuletzt EUR 30.322,91 verlangt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das Urteil des Landgerichts vom 27.11.2020 verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage lediglich hinsichtlich der Kosten für ein Bodengutachten in Höhe von EUR 517,65 stattgegeben. Der Widerklage hat es in Höhe von EUR 25.484,34 stattgegeben, wovon EUR 12.474,84 auf Bereitstellungszinsen, EUR 10.494,55 auf eine Nichtabnahmeentschädigung und EUR 2.514,95 auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten entfallen. Im Übrigen hat es die Klage und die Widerklage abgewiesen.

Gegen die teilweise Klageabweisung sowie die teilweise Verurteilung auf die Widerklage hin richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie ist der Auffassung, dass eine wirksame Kündigung aus wichtigem Grund nicht vorliege, da der Erfüllungsanspruch der Beklagten nicht fällig gemäß § 6 Abs. 1 und 2 des Hausvertrags gewesen sei. Die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten hätten die Voraussetzungen für die Fälligkeit nicht vorgetragen. Insbesondere hätten die Beklagten nicht gemäß § 5 Abs. 5 des Hausvertrags die Erdarbeiten erbracht und den Unterbau des Baugrundstücks für die Bauarbeiten so vorbereitet, dass die Klägerin die Bodenplatte darauf hätte verlegen können. Im Vertrag sei eindeutig geregelt, dass die Erdarbeiten und die Vorbereitung des Baugrundstücks für die Bauarbeiten durch die Beklagten zu erbringen seien. Dazu gehöre auch die Hangsicherung. Sach- und fachgerecht hergestellt seien der Unterbau und das Planum lediglich bei Herstellung einer Böschung, welche das Abrutschen des Unterbaus und des Planums verhindern würden. Aus der Leistungsbeschreibung ergebe sich, dass die Beklagten den Unterbau zu erstellen gehabt hätten. Eine Baugrube im klassischen Sinne habe es vorliegend nicht gegeben. Entgegen der Ansicht des Landgerichts gehe es nicht um eine Sicherung außerhalb der Baugrube, sondern um eine Sicherung des Planums. Die von den Beklagten hergestellte Schotterschicht sei nicht ausreichend gewesen, da sie aufgrund fehlender bzw. unzureichender Hangsicherung abzurutschen gedroht habe. Soweit es in der Leistungsbeschreibung auf S. 59 für den Fall, dass z.B. durch Hanglage Mehrleistungen notwendig sein sollten, heiße, dass diese zusätzlich auf Nachweis in Rechnung gestellt würden, handele es sich entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht um eine speziellere Regelung. Die Hanglage werde ausdrücklich nur als Beispiel aufgeführt. Im Übrigen ergebe sich bei verständiger Würdigung des Vertragswerks und der Leistungsbeschreibung, dass die in den Blick genommenen Mehrkosten lediglich diejenigen Mehrkosten seien, welche die originären Leistungen der Klägerin betreffen würden. Würde die Klägerin die Hangsicherung schulden, wäre es zudem systemwidrig, wenn die Beklagten vor Abnahme dieser Leistung selbst die Tragfähigkeit, mithin die ordnungsgemäße Ausführung dieser Teilleistung und damit die Mangelfreiheit auf eigene Kosten nachweisen müssten. Schließlich habe auch das Bodengutachten nichts mit der Hangsicherung zu tun. Mangels Fälligkeit der Leistungen der Klägerin liege auch kein wichtiger Grund i.S.d. § 314 BGB vor.

Unabhängig hiervon sei die Setzung einer Beginnfrist nicht verzugsbegründend gewesen. Erforderlich sei vielmehr, dass die zur Erbringung der fälligen Leistung gesetzte Frist ergebnislos ablaufe. Die Kündigung sei indes vor der Fertigstellungsfrist erfolgt. Soweit die Beklagten als Grund für die Kündigung auf die nicht wieder aufgenommene Bautätigkeit abgestellt hätten, sei zudem entgegen der Ansicht des Landgerichts eine Kündigungsfrist von drei Monaten nicht mehr angemessen. In dem Schreiben der Beklagten vom 08.08.2017 sei daher eine freie Kündigung zu sehen.

Hinsichtlich der Höhe der Vergütung ist die Klägerin der Auffassung, dass die Architektenleistungen nicht lediglich eine vorbereitende Leistung, sondern eine Hauptleistung darstellen würden. Die Genehmigungsplanung sei für die Beklagten von Wert gewesen, da sie auf deren Basis das erworbene Grundstück hätten bebauen bzw. zu einem höheren Preis hätten veräußern können. Auch die von der Firma Glatthaar abgerechneten Leistungen seien vergütungspflichtig. Für die Bodenplatte sei jedenfalls eine Statik erstellt worden. Ebenfalls seien die Planung der Lüftungsanlage, die Erstellung der Statik des Hauses sowie die Klärung der Zuwegung für die Anlieferung der Wandelemente erbracht worden und damit zu vergüten.

Im Hinblick auf die Widerklage meint die Klägerin, dass bereits keine Pflichtverletzung der Klägerin vorliege, da sie die Sicherung des Erdbaus nicht geschuldet habe. Auch hätten die Beklagten wiederum nicht dargelegt, dass die Leistungen bei Fristsetzung fällig gewesen seien. An der erstinstanzlich erhobenen Einrede der Verjährung halte sie fest.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 27.11.2020 – 18 O 8/19 –

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie über den bereits ausgeurteilten Betrag hinaus weitere EUR 28.613,25 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. die Widerklage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragen die Beklagten ferner, die Klage abzuweisen, soweit ihr stattgegeben worden ist.

Die Klägerin beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagten rügen Verspätung, soweit sich die Klägerin nunmehr auf eine mangelnde Fälligkeit des Herstellungsanspruchs der Beklagten beruft. Unabhängig hiervon sind sie der Auffassung, dass alle vertraglichen Fälligkeitsvoraussetzungen vorlägen. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sei die Hangsicherung in Form des Baus einer Stützmauer in den Pflichtenkreis der Klägerin gefallen. Die Stützmauer sei aufgrund der Hanglage und der konkreten Planung der Klägerin zwingend erforderlich gewesen. Um den funktionalen Werkerfolg herbeizuführen, hätte die Mauer gebaut werden müssen. Die Stützmauer sei auch Teil der Baugenehmigung gewesen. Zudem habe sich die Stützmauer nach der Planung außerhalb der Baugrube befunden.

Das Verstreichenlassen der Beginnfrist durch die Klägerin habe eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Immer dann, wenn z.B. der für die Fertigstellung erforderliche Zeitraum nur schwer einzuschätzen sei und sich der Unternehmer trotz Fristsetzung zur Aufnahme der Arbeiten passiv verhalte, gebe dies Anlass zur Sorge, dass sich der Unternehmer der Pflicht zur Mängelbeseitigung entziehen werde. Es wäre zudem unzumutbar, den Ablauf der Fertigstellungsfrist abzuwarten in Ansehung der Tatsache, dass sich der Unternehmer als unzuverlässig erwiesen habe und er es selbst Wochen nach Zugang der Fristsetzung nicht für erforderlich gehalten habe, die Baustelle einzurichten und zu besetzen. Auch habe es einer Fristsetzung vorliegend nicht bedurft, da sich die Klägerin von Anfang an mit dem Argument, die Erstellung der L-Steinwand sei nicht möglich, beharrlich geweigert habe, ihre Arbeiten aufzunehmen. Schon in der Bedenkenmitteilung der Klägerin an die Beklagten vom 09.12.2016 sei eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung zu sehen.

Die Kündigungsvergütung sei nicht schlüssig dargelegt. Die Klägerin habe die Pauschale nicht aufgelöst, keine Bewertung der im Einzelnen von ihr als vergütungspflichtig angesehenen Leistungen vorgenommen und diese dann nicht von dem Pauschalierungsfaktor abgezogen. Im Rahmen der Anschlussberufung rügen die Beklagten hinsichtlich der ausgeurteilten Klageforderung die Auffassung des Landgerichts, dass es nicht relevant sei, ob die Klägerin bereits die Kosten für das Bodengutachten beglichen habe. Hätte die Klägerin die Rechnung nicht bezahlt, hätte sie den Aufwand erspart und zwar dauerhaft, da die der Rechnung zugrunde liegende Forderung bereits verjährt sei.

Im Hinblick auf die Widerklage sind die Beklagten der Auffassung, dass die Klägerin ihre Pflichten verletzt habe, da sie unbrauchbare Planungsleistungen erbracht und durch ihre Bedenkenhinweise Kooperationspflichten verletzt habe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird des Weiteren auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 23.03.2022 (Bl. 251 f. OLGA) sowie den gesamten Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 517, 519 ZPO) und begründet (§ 520 ZPO) worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Die Anschlussberufung ist zulässig gemäß § 524 Abs. 1, 2 Satz 2 und Abs. 3 ZPO sowie begründet.

1.

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

a)

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für die erbrachte und nicht erbrachte Leistung in Höhe von EUR 29.130,90 aus § 8 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Hausvertrags i.V.m. § 649 Satz 2 BGB a.F.. Denn die Beklagten haben den Hausvertrag vom 20.10.2014, auf den das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung Anwendung findet, mit Schreiben vom 08.08.2017 wirksam außerordentlich gekündigt.

aa)

Nach dem Rechtsgedanken des § 314 BGB ist der Besteller eine Bauwerkvertrags berechtigt, diesen außerordentlich zu kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Fortsetzung des Vertrags ist für den Besteller unzumutbar, wenn der Unternehmer seine Pflichten derart verletzt, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder die Erreichung des Vertragswecks gefährdet ist (BGH, NJW 2000, 2988, 2990; NJW 2016, 1945, 1949; MünchKommBGB/Busche, 8. Aufl. 2020, § 648a Rn. 3 f.). Vorliegend liegen Vertragsverletzungen durch die Klägerin von solch einem Gewicht vor, dass eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für die Beklagten unzumutbar war.

(1)

Die Klägerin befand sich mit dem Beginn ihrer Arbeiten gemäß § 286 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB in Verzug. Gemäß § 6 Abs. 2 des Hausvertrags hatte die Klägerin mit ihren Arbeiten spätestens innerhalb von zehn Wochen nach Vorliegen der in § 6 Abs. 1 des Hausvertrags festgelegten Bau- und Liefervoraussetzungen zu beginnen und die Arbeiten in angemessener Frist durchzuführen. Die Parteien vereinbarten hiermit eine nach dem Kalender berechenbare Frist für den Beginn der Arbeiten der Klägerin. Ob die Klausel in § 6 Abs. 2 des Hausvertrags gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam ist (vgl. hierzu OLG Frankfurt, NZBau 2021, 328, 333 f.), kann dahingestellt bleiben. Denn die Klägerin kann sich als Verwenderin dieser Klausel jedenfalls nicht auf deren Unwirksamkeit berufen (BGH, NJW-RR 1998, 594, 595; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 307 Rn. 11).

Im Zeitpunkt des anwaltlichen Schreibens der Beklagten vom 17.05.2017 war der Baubeginn gemäß § 6 Abs. 1 und 2 des Hausvertrags fällig. Nach § 6 Abs. 1 des Hausvertrags muss die Klägerin die vertraglich geschuldeten Leistungen erbringen, wenn der Bauherr die ihm nach § 5 Abs. 1 bis 5 des Hausvertrags obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erbracht hat, die Baugenehmigung für das Gebäude rechtswirksam erteilt ist und dem von der Klägerin beauftragten Architekten im Original vorliegt sowie der Klägerin der Nachweis gemäß § 4 des Hausvertrags (Sicherheiten) im Original vorliegt. Diese Voraussetzungen lagen im Mai 2017 vor.

(a)

Die Beklagten hatten ihre Verpflichtung gemäß § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 lit. b) des Hausvertrags erfüllt. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Hausvertrags waren die Beklagten verpflichtet, die für das Bauvorhaben vollziehbare Baugenehmigung zu beschaffen. Die Klägerin hat den Vortrag der Beklagten, dass ihr die Baugenehmigung für die Errichtung des Ausbauhauses mit Bodenplatte am 12.09.2016 vorgelegen habe (Bl. 68 OLGA), nicht bestritten. Dass der Klägerin die Baugenehmigung am 12.09.2016 vorlag, ergibt sich zudem aus dem von den Beklagten vorgelegten Schreiben der Klägerin an die Beklagten vom 21.09.2016 (Anlage Ki 20, Bl. 105 OLGA).

(b)

Auch hatten die Beklagten ihre Verpflichtung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 des Hausvertrags erfüllt. Hiernach hat der Bauherr für das Bauvorhaben eine Bauwesenversicherung, eine Haftpflichtversicherung und eine Gebäudeversicherung (insbesondere gegen Feuerschäden) abzuschließen. Unbestritten schlossen die Beklagten das „Bausicherheitspaket“ gemäß der Baubeschreibung der Klägerin ab (Bl. 88 OLGA). Aus den von den Beklagten vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass dieses eine Bauleistungsversicherung, eine Haftpflichtversicherung, eine Feuer-Rohbauversicherung und eine Gebäudeversicherung enthielt (Anlage Ki 21, Bl. 106 OLGA). Aus dem von den Beklagten vorgelegten Schreiben der H GmbH vom 19.08.2015 ergibt sich zudem eine Deckungszusage im Hinblick auf die vorgenannten Versicherungen (Anlage Ki 22, Bl. 108 OLGA).

(c)

Die Regelung in § 5 Abs. 4 des Hausvertrags, wonach der Bauherr die Baustelle unter Beachtung der Liefervoraussetzungen gemäß Bau- und Leistungsbeschreibung so vorzubereiten hat, dass mit der Montage des Hauses unverzüglich begonnen werden kann, ist auf den vorliegenden Vertrag nicht anwendbar, weil die Klägerin auch die Errichtung der Bodenplatte schuldete. Erst nach der Errichtung der Bodenplatte hätte die Klägerin mit der Montage des Hauses beginnen können.

(d)

Auch haben die Beklagten ihre Verpflichtungen gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 des Hausvertrags erfüllt. Hiernach obliegen dem Bauherrn all die Leistungen und Obliegenheiten, die in der Bau- und Leistungsbeschreibung, auf die in § 1 des Hausvertrags Bezug genommen ist, vorgesehen sind (Erdarbeiten, Vorbereitung des Baugrundstücks für die Bauarbeiten, Bereitstellung hinreichender Zufahrtsmöglichkeiten und der erforderlichen Lager- und Arbeitsflächen usw.). Der Vortrag der Beklagten, dass Zufahrtsmöglichkeiten sowie Lager- und Arbeitsflächen vorhanden gewesen seien (Bl. 68 OLGA), ist nicht bestritten worden. Nach dem erstinstanzlichen Tatbestand hatten die Beklagten zudem das Planum erstellt. Aus dem Schreiben der Klägerin vom 09.12.2016 ergibt sich, dass die Erstellung des Planums bereits vor diesem Zeitpunkt erfolgt war.

Entgegen der Ansicht der Klägerin schuldeten die Beklagten darüber hinaus nicht die Planung und Errichtung der sowohl in der Genehmigungsplanung vom 20.07.2015 / 31.07.2015 als auch in der Genehmigungsplanung vom 03.08.2016 (vgl. Anlagen Ki 14, Bl. 304 LGA, und Anlage K 18, Bl. 137 LGA) vorgesehenen Stützmauern zur Sicherung des entsprechend der Genehmigungsplanung angehobenen Geländes und des zur Straße hin abfallenden Hanges. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine von der Klägerin geschuldete Leistung. Die Bedenkenanmeldung der Klägerin vom 09.12.2016 war daher ungerechtfertigt.

Die streitige Frage, ob der Unternehmer im Rahmen des Werkvertrags aufgrund der Erfolgsverpflichtung auch die nicht ausgeschriebenen Leistungen schuldet, wenn sie zur Verwirklichung des Bauerfolgs erforderlich sind (s. Leupertz, BauR 2010, 273, 282; ablehnend Motzke, NZBau 2011, 705), kann dahingestellt bleiben. Denn vorliegend ergibt bereits eine Auslegung des Hausvertrags gemäß §§ 133, 157 BGB, dass die Klägerin die Planung und Errichtung der Stützmauern zur Sicherung des Geländes und des Hanges schuldete.

Umfang und Inhalt der geschuldeten Leistung des Unternehmers im Rahmen des Bauvertrags sind durch Auslegung zu ermitteln (BGH, NJW 2004, 2588, 2589; Motzke, NZBau 2011, 705, 708 f.). Die Vertragsauslegung folgt den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten allgemeinen Grundsätzen (BGH, NZBau 2002, 500, 501; NZBau 2003, 149). Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut der Leistungsbeschreibung, welchem eine besondere Bedeutung zukommt. Wie ein Wortlaut zu verstehen ist, hängt vom objektiven Empfängerhorizont ab. Weiter gilt das Gebot der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung und der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrags. Grundlage der Auslegung eines Bauvertrags sind dabei alle Umstände, die die Willensbildung beeinflussen (Kniffka, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 4 Rn. 107, 110, 116a; ders., BauR 2015, 1893, 1894). So können Umstände wie die konkreten Verhältnisse des Bauwerks und seines Umfelds, technischer und qualitativer Zuschnitt, architektonischer Anspruch und Zweckbestimmung des Gebäudes für die Auslegung bedeutsam sein (BGH, NJW 2007, 2983, 2984; NZBau 2009, 648, 649; NZBau 2014, 160). Zu berücksichtigen sind auch die Verkehrssitte und Treu und Glauben. Insgesamt ist ein Bauvertrag als sinnvolles Ganzes auszulegen (BGH, NZBau 2003, 149).

Der Umfang der vom Hausgrundpreis erfassten Leistungen ergibt sich nach § 1 Abs. 1 des Hausvertrags aus der Bau- und Leistungsbeschreibung für den gewählten Haustyp. Zusatzleistungen sind nach dieser Regelung von der Klägerin nur zu erbringen, soweit diese ausdrücklich vereinbart und in der Zusatzvereinbarung zum Hausvertrag ausgeführt sind. In § 6 Abs. 1 des Hausvertrags heißt es weiter:

„Soweit im vorliegenden Vertrag oder einer schriftlichen Zusatzvereinbarung nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, schuldet das Unternehmen die Leistungen, die in der Bau- und Leistungsbeschreibung als die im Grundpreis enthaltenen Leistungen ausgewiesen sind. Sollten weitere Leistungen erforderlich werden – z.B. zur Erfüllung von Auflagen der Baubehörde oder wegen der Beschaffenheit des Grundstücks -, sind diese vom Bauherrn zu erbringen bzw. dem Unternehmen zusätzlich gesondert vom Bauherrn zu vergüten.“

Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 des Hausvertrags werden die für die Erlangung der Baugenehmigung erforderlichen Architektenleistungen vom Unternehmen erbracht. In der Baubeschreibung (Anlage K 2, Bl. 32 ff. LGA) heißt es auf Seite 4 hinsichtlich der Architektenleistung:

„Nach dem Vertragsabschluss beraten Sie I-Architekten ausführlich und legen gemeinsam mit Ihnen die gesamte Konstruktion Ihres Traumhauses fest. I übernimmt dann die Zeichnungen und statischen Berechnungen für Ihr Haus und erstellt das Baugesuch.“ (Bl. 37 LGA).

Als im Preis enthaltene Architektenleistung wird die Grundlagenermittlung genannt.

Für den Fall, dass die Klägerin nach dem Vertrag auch beauftragt ist, den Keller oder die Bodenplatte zu liefern, wird sie gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 des Hausvertrags eine Baugrunduntersuchung wie in der Bau- und Leistungsbeschreibung beschrieben durchführen lassen. Im Hinblick auf den Inhalt des Bodengutachtens sieht die Baubeschreibung auf S. 29 eine Beurteilung der Gründung und insbesondere einen Gründungsvorschlag vor (Bl. 62 LGA). Nur für den hier nicht vorliegenden Fall, dass die Erstellung des Kellers oder der Bodenplatte nicht vom Leistungsumfang des Hausvertrags erfasst und der Keller bzw. die Bodenplatte nicht von der Klägerin zu erstellen ist, heißt es in § 5 Abs. 2 Satz 5 des Hausvertrags: „Das Baugrundrisiko trägt in diesem Fall der Bauherr.“

Unter der Überschrift „Fachbauleitung“ heißt es ferner auf S. 29 der Baubeschreibung:

„Vor Baubeginn führen Sie zusammen mit Ihrem Fachbauleiter eine Grundstücksbesichtigung durch, bei der die anfallenden Erd- und Kanalarbeiten sowie Zufahrtswege und Stellplätze abgestimmt werden. Die Fachbauleitung umfasst die Vorbereitung, Überwachung und Abwicklung der vertraglich vereinbarten Leistung.“

Dem Bauherren obliegen nach § 5 Abs. 5 des Hausvertrags im Übrigen all die Leistungen und Obliegenheiten, die in der Bau- und Leistungsbeschreibung vorgesehen sind (Erdarbeiten, Vorbereitung des Baugrundstücks für die Bauarbeiten, Bereitstellung hinreichender Zufahrtsmöglichkeiten und der erforderlichen Lager- und Arbeitsflächen usw.). Ab S. 53 der Baubeschreibung sind die „Bauherrenleistungen und Liefervoraussetzungen“ näher beschrieben (Bl. 86 ff. LGA). Unter der Überschrift „Bodenplatte/Keller“ heißt es in diesem Abschnitt auf S. 59 unter dem Punkt „Baugrundbeschaffenheit“ (Bl. 96 LGA):

„Es wird ein ebenes Gelände ohne Gefälle oder Anstieg, bezogen auf das Straßenniveau vorausgesetzt. Sollten z.B. durch Hanglage Mehrleistungen notwendig sein, so werden Ihnen diese zusätzlich auf Nachweis in Rechnung gestellt. […] Der Baugrund bzw. die Aufschüttung muss eine Mindestbodenpressung von 0,2 MN/m² aufnehmen. Der statischen Berechnung wird ein Bettungsmodul von (ks) von mindestens 15 MN/m³ zugrunde gelegt.

Gründungsmehraufwendungen für davon abweichende Baugründe sind gesondert zu vergüten. Die Tragfähigkeit des Unterbaus ist durch den Bauherrn auf seine Kosten nachzuweisen.“

Auf der nächsten Seite 60 heißt es (Bl. 97 LGA):

„Aushub, Frostsicherheit und Baugrube

Sie sorgen für das Abschieben des Humus-Materials, den Aushub der Baugrube, die Herstellung des frostsicheren Unterbaus und das Einbringen einer kapillarbrechenden Schicht in ausreichender Stärke von ca. 15 cm sowie für die Erstellung eines Schurgerüstes in der Baugrube. Die Festlegung der Ausschachtungstiefe erfolgt in Abstimmung mit dem Vermesser. Der gelagerte Aushub darf bei der Ausführung der Bodenplatte oder des Kellers und dem Aufbau des Hauses zu keinen Behinderungen führen. Sollte Ihr Baugrund nicht den Bodenklassen 3 bis 5 entsprechen, so können Ihnen hier Mehrkosten entstehen.

Zwischen Böschung und Außenkante des Baukörpers muss in jedem Fall ein Mindestarbeitsraum von 1 m verbleiben. Die Gestaltung von Böschung und Arbeitsraum hat nach DIN 4124 zu erfolgen, ansonsten gilt DIN 18300. Der Einbau von frostunempfindlichen Schottermaterial hat nach DIN 18196 zur Herstellung der Frostsicherheit zu erfolgen und der Bauherr weist durch einen Bodengutachter nach, dass der vorhandene Boden als frostunempfindlich einzustufen ist. Über die Dauer der Bauzeit ist Grund-, Tag- oder Sickerwasser von Ihnen unter Beachtung der eventuell vorliegenden behördlichen Auflagen aus der Baugrube zu entfernen.

Erforderliche Abdichtungs- und Isoliermaßnahmen führen Sie ebenso aus wie alle Sicherheitsmaßnahmen, sofern sie von der vertraglich vereinbarten Leistung abweichen. Nach dem Aushub wird die Baugrube durch Sie gegen Ein- und Absturz gesichert.

Sauberkeitsschicht

Die von Ihnen erbrachte Sauberkeitsschicht darf eine max. Maßtoleranz von ± 2 cm in der Höhe nicht überschreiten. […]“

Dem Wortlaut der vorzitierten vertraglichen Regelungen ist der objektiv erklärte Parteiwille zu entnehmen, dass die Planung und Errichtung der Stützmauern zur Sicherung des Geländes und des Hanges zu den Aufgaben der Klägerin gehörte.

Zwar sind nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Hausvertrags Zusatzleistungen von der Klägerin nur zu erbringen, soweit diese ausdrücklich vereinbart und in der Zusatzvereinbarung zum Hausvertrag aufgeführt sind. Allerdings heißt es in § 1 Abs. 6 Satz 2 des Hausvertrags für den Fall, dass über die im Grundpreis enthaltenen Leistungen – z.B. wegen der Beschaffenheit des Grundstücks – weitere Leistungen erforderlich werden sollten, diese vom Bauherrn zu erbringen bzw. der Klägerin zusätzlich gesondert vom Bauherrn zu vergüten sind. Eine ausdrückliche Zusatzvereinbarung ist nach diesem Wortlaut im Hinblick auf weitere erforderliche Leistungen nicht zwingend notwendig. Bei der Planung und Errichtung der Stützmauern zur Sicherung des Geländes und des Hanges handelt es sich um zur Errichtung des Ausbauhauses erforderliche Leistungen. Denn ausweislich der Genehmigungsplanung sollten sowohl die Bodenplatte als auch das Ausbauhaus selbst teilweise auf aufgeschüttetem Gelände errichtet werden (vgl. Anlage K 18, Bl. 137 LGA). Offen ist nach § 1 Abs. 6 Satz 2 des Hausvertrags indes, ob weitere wegen der Beschaffenheit des Grundstücks erforderliche Leistungen von den Beklagten zu erbringen oder der Klägerin zusätzlich gesondert von den Beklagten zu vergüten sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 23.03.2022 geht aus der Formulierung des § 1 Abs. 6 Satz 2 des Hausvertrags nicht hervor, dass zusätzliche Leistungen immer dann von dem Bauherrn zu erbringen sind, wenn die Klägerin schon die Grundleistung nicht schuldet. Der Hausvertrag selbst enthält keine weiterführende Regelung, ob weitere wegen der Beschaffenheit des Grundstücks erforderliche Leistungen von den Beklagten zu erbringen oder der Klägerin zusätzlich gesondert von den Beklagten zu vergüten sind. Bereits vom Wortlaut her fällt die Planung und Errichtung von Stützwänden im Erdreich nicht unter den in § 5 Abs. 5 des Hausvertrags verwendeten Begriff „Erdarbeiten“. Soweit in § 5 Abs. 5 des Hausvertrags in Klammern auch die „Vorbereitung des Baugrundstücks für die Bauarbeiten“ als Leistung und Obliegenheit des Bauherrn genannt wird, verweist § 5 Abs. 5 des Hausvertrags zugleich auf die Bau- und Leistungsbeschreibung. Aus dem Wortlaut der Baubeschreibung ergibt sich nach einem objektiven Empfängerhorizont indes, dass die Klägerin zur Planung und Errichtung der Stützmauern verpflichtet war.

Die Planung und Errichtung von Stützmauern als Hangsicherung kann vom Wortlaut her im Kapitel „Bauherrenleistungen und Liefervoraussetzungen“ nicht den Überschriften „Aushub, Frostsicherheit und Baugrube“ oder „Sauberkeitsschicht“ zugeordnet werden, während sie unter den Begriff „Baugrundbeschaffenheit“ fällt.

Zwar heißt es unter der Überschrift „Aushub, Frostsicherheit und Baugrube“, dass der Bauherr einen frostsicheren Unterbau herzustellen hat. Angesichts der Überschrift steht hierbei jedoch die Frostsicherheit im Vordergrund. Darüber hinaus beziehen sich die Ausführungen unter der Überschrift „Aushub, Frostsicherheit und Baugrube“ auf die Herstellung einer Baugrube, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Soweit vorgesehen ist, dass zwischen Böschung und Außenkante des Baukörpers ein Mindestarbeitsraum von 1 m verbleiben muss, ist hiermit nach einem objektiven Empfängerhorizont der Raum zwischen der Außenkante des Baukörpers und den zu einer Böschung angeschrägten Seitenflächen einer unter der Geländeoberfläche liegenden Baugrube gemeint. Auch die in diesem Zusammenhang genannte DIN 4124 gilt nach ihrem Titel für Baugruben und Gräben. Ferner heißt es in diesem Abschnitt lediglich, dass die Baugrube nach dem Aushub durch den Bauherrn gegen Ein- und Absturz gesichert wird. Die Sicherung einer Baugrube als solcher gegen Ein- und Absturz ist jedoch von der Sicherung eines Geländes und Hanges zur Herstellung der Standsicherheit eines Gebäudes zu unterscheiden.

Die Klägerin trägt selbst vor, dass es vorliegend mangels Unterkellerung keine Baugrube im klassischen Sinne gegeben habe (Bl. 54 OLGA). Aufgrund der Hanglage habe vielmehr tragfähiges Erdmaterial aufgeschüttet und verdichtet werden müssen. Hierauf habe eine Schotterschicht durch die Beklagten aufgebracht werden müssen. Im hinten ansteigenden Bereich habe demgegenüber Erdmaterial abgetragen werden müssen. Diese Ausführungen sind auch anhand der vorliegenden Genehmigungsplanung vom 03.08.2016 nachvollziehbar, auf der das vorhandene Gelände und das geplante Gelände eingezeichnet sind (Anlage K 18, Bl. 137 LGA). Von einer „Hanglage“, „Aufschüttung“ und abweichenden „Baugründen“ ist jedoch lediglich unter der Überschrift „Baugrundbeschaffenheit“, nicht aber unter der Überschrift „Aushub, Frostsicherheit und Baugrube“ die Rede.

Soweit es unter der Überschrift „Baugrundbeschaffenheit“ heißt, dass für den Fall, dass z.B. durch Hanglage Mehrleistungen notwendig sein sollten, diese dem Bauherrn zusätzlich auf Nachweis in Rechnung gestellt werden, und Gründungsmehraufwendungen für davon abweichende Baugründe gesondert zu vergüten sind, spricht der Wortlaut nach dem objektiven Empfängerhorizont dafür, dass im Falle der Notwendigkeit einer Sicherung des Geländes und des Hanges zur Errichtung des Ausbauhauses die Klägerin diese Leistung zu planen und zu errichten hat, wenn auch gegen eine zusätzliche Vergütung. Denn nach dem Wortlaut wird in diesem Fall die Klägerin solche Mehrleistungen gegen eine zusätzliche Vergütung ausführen. Dies ergibt sich auch aus einem Vergleich der Formulierung des Textes unter der Überschrift „Baugrundbeschaffenheit“ mit der Formulierung des Textes unter den Überschriften „Aushub, Frostsicherheit und Baugrube“ und „Sauberkeitsschicht“. Während in letzteren Absätzen der Bauherr ausdrücklich adressiert wird („Sie sorgen für das Abschieben […].“, „Erforderliche Abdichtungs- und Isoliermaßnahmen führen Sie ebenso aus […]“ und „Die von Ihnen erbrachte Sauberkeitsschicht […]“), fehlt eine solche Adressierung des Bauherrn in dem Absatz unter der Überschrift „Baugrundbeschaffenheit“. Hier wird allein die Preisgestaltung thematisiert. Soweit die Klägerin argumentiert, dass mit den unter der Überschrift „Baugrundbeschaffenheit“ bezeichneten Mehrleistungen lediglich solche Leistungen gemeint seien, welche die „originären Leistungen“ der Klägerin betreffen würden, ergibt sich eine solche Einschränkung aus dem Wortlaut nicht.

Auch die Begleitumstände des Vertragsschlusses, die Interessenlage der Parteien und der Vertragszweck sprechen dafür, dass die Klägerin die Planung und Errichtung der in der Genehmigungsplanung vom 03.08.2016 vorgesehenen Stützmauern schuldete. In dem Zeitpunkt, in dem die Parteien den Hausvertrag schlossen, war das Grundstück, auf dem das Ausbauhaus errichtet werden sollte, noch nicht benannt. Dies erfolgte erst in dem Grundstücksnachweis vom 26.11.2014. Obwohl das zu bebauende Grundstück noch nicht benannt war, ist der Hausvertrag auf die Lieferung und Erstellung eines Ausbauhauses gerichtet. Die Bestimmung der zu diesem Zweck zu erbringenden Leistungen war im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses damit noch gar nicht abschließend möglich. Dennoch wollten die Parteien sich bereits zu diesem Zeitpunkt vertraglich binden.

Für den Fall, dass aufgrund der Hanglage des Grundstücks zur Errichtung des Ausbauhauses Hangsicherungsmaßnahmen zwingend erforderlich werden würden, entsprach es dem Interesse der Beklagten, dass die Klägerin solche plant und ausführt. Die Beklagten schlossen den Hausvertrag über die Errichtung eines Ausbauhauses einschließlich einer Bodenplatte, um die vertraglich vereinbarten Leistungen aus einer Hand zu erhalten. Die Klägerin schuldete gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 des Hausvertrags die Durchführung einer Baugrunduntersuchung. Das Bodengutachten sollte nach der Baubeschreibung die Gründung beurteilen und einen Gründungsvorschlag enthalten. Ausweislich der Baubeschreibung war die Klägerin zudem mit der Grundlagenermittlung beauftragt. Im Rahmen der Grundlagenermittlung hat der Planer die Probleme, die sich aus der Bauaufgabe, den Planungsanforderungen und den Zielvorstellungen ergeben, zu untersuchen, analysieren und klären (BGH, NZBau 2013, 515, 516). Auch ist im Rahmen der Grundlagenermittlung unter anderem die technische Realisierbarkeit des gewünschten Bauvorhabens zu überprüfen (Schrammel/Mitterer, in: Motzke/Bauer/Seewald, Prozess in Bausachen, 3. Aufl. 2018, § 6 Rn. 113). Ferner heißt es auf S. 4 der Baubeschreibung, dass die Architekten der Klägerin die gesamte Konstruktion des Hauses festlegen würden und die Klägerin die statischen Berechnungen für das Haus übernehmen würde. Sind aufgrund einer Hanglage Hangsicherungsmaßnahmen im Hinblick auf die Standsicherheit der Bodenplatte und des Ausbauhauses erforderlich, greifen die vorgenannten Leistungen sowie die Planung und Errichtung der Hangsicherung ineinander. Eine Hangsicherung, welche mit der Bodenplatte und dem Ausbauhaus bebautes Gelände sichert, kann nicht unabhängig von dem zu errichtenden Haus geplant und errichtet werden. Vielmehr müssen die Konstruktion und Statik der Hangsicherung und des darauf zu errichtenden Gebäudes aufeinander abgestimmt werden. So ist für die Konstruktion der Hangsicherung und deren Standsicherheit unter anderem die aufzunehmende Last des Hauses entscheidend. Entgegen der Ansicht der Klägerin in ihren Schriftsätzen vom 23.03.2022 und 24.03.2022 reichte es angesichts der Tatsache, dass das durch eine Hangsicherung zu sichernde Gelände teilweise mit der Bodenplatte und dem Ausbauhaus bebaut werden sollte, nicht aus, eine allein auf das Schotterpolster abzielende Hangsicherung zu erstellen.

Ausweislich der von der Klägerin vorformulierten Baubeschreibung war der Klägerin demgegenüber bewusst, dass z.B. im Falle einer Hanglage des Grundstücks besondere Maßnahmen zwingend erforderlich werden können, um den Erfolg der Errichtung des Ausbauhauses herbeizuführen. Da eine Bepreisung solcher Leistungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht möglich war, entsprach es dem Interesse der Klägerin, für diesen Fall bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu vereinbaren, dass für eine solche zwingend erforderliche Leistung ein Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung besteht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass es unter der Überschrift „Baugrundbeschaffenheit“ heißt, dass die Tragfähigkeit des Unterbaus durch den Bauherrn auf seine Kosten nachzuweisen ist. Diese Regelung betrifft lediglich den Nachweis der Tragfähigkeit des Unterbaus.

Für die vorstehende Auslegung spricht schließlich auch das Verhalten der Klägerin nach Vertragsschluss, welches als Indiz für die Auslegung von Bedeutung sein kann (Grüneberg/Ellenberger, a.a.O., § 133 Rn. 17). Obwohl nach der Baubeschreibung vorgesehen ist, dass der Fachbauleiter mit den Beklagten unter anderem die anfallenden Erdarbeiten abstimmt (vgl. S. 29 der Baubeschreibung, Bl. 62 LGA), ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin die Beklagten vor ihrer Bedenkenanmeldung vom 09.12.2016 darauf hinwies, dass die Beklagten die in der Genehmigungsplanung vorgesehenen Stützwände zu planen und zu errichten hätten. Auch am Ende des Planungsprotokolls heißt es:

„Nach Abschluss der Bauantragsprüfung in unserem Hause, erfolgt eine Beauftragung an unseren Subpartner J, der mit Ihnen ein Baustellengespräch vereinbart. Zu diesem Termin ist es wichtig, dass Sie bereits ein Erdbauunternehmen beauftragt haben, das an diesem Gespräch teilnimmt.“

Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin die Beklagten darauf hinwies, dass die Beklagten im Hinblick auf die Planung und Errichtung der Stützmauern einen weiteren Architekten oder Sonderfachmann, wie z.B. einen Tragwerksplaner, hinzuziehen müssten. Es ist davon auszugehen, dass zwischen den Parteien bereits vor der Erstellung des Planums durch die Beklagten Streit über die Hangsicherung ausgebrochen wäre, hätte die Klägerin die Beklagten bereits vor diesem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass die Beklagten nach ihrer Auffassung auch die Stützwände als Hangsicherung zu errichten hätten.

Da hiernach die Klägerin die Planung und Errichtung der Stützwände schuldete, war ihre Bedenkenanmeldung vom 09.12.2016 ungerechtfertigt. Vielmehr hätte es der Klägerin oblegen, die Beklagten auf die zusätzlichen Kosten für die Planung und Errichtung der Stützwände hinzuweisen. Ein solcher Hinweis hätte vorliegend bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung erfolgen müssen. Es gehört zu den grundlegenden Aufgaben des Architekten, auch von sich aus bereits im Planungsstadium den Kostenrahmen abzustecken und den Bauherrn zutreffend über die voraussichtlichen Baukosten zu beraten. Insbesondere beim privaten Auftraggeber, dessen wirtschaftliche Verhältnisse nicht offenliegen und der die ihm aufgrund seiner Bauvorstellungen entstehenden Kosten regelmäßig schlecht einschätzen kann, ist eine gründliche Aufklärung notwendig (BGH, NZBau 2013, 386; Werner, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Rn. 2270). Mit einer frühzeitigen Kostenermittlung soll dem Bauherrn ermöglicht werden, ggf. eine einfachere Ausführung zu wählen oder das Bauvorhaben ganz fallen zu lassen (Werner, in Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 2270). Allein die Einzeichnung der Stützmauern in der Genehmigungsplanung reichte für einen Hinweis gegenüber den Beklagten als bautechnische Laien entgegen der Ansicht der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 24.04.2022 nicht aus.

(e)

Schließlich liegt auch die letzte Fälligkeitsvoraussetzung für den Beginn der Arbeiten durch die Klägerin vor. Nach § 6 Abs. 1 lit. c) des Hausvertrags muss der Klägerin der Nachweis gemäß § 4 des Hausvertrags (Sicherheiten) im Original vorliegen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Hausvertrags ist der Bauherr verpflichtet, spätestens acht Wochen vor dem vorgesehen Beginn der Arbeiten seine Darlehensauszahlungsansprüche gegenüber der das Bauvorhaben finanzierenden Bank, Kreditinstitut oder Versicherungsunternehmen an das Unternehmen abzutreten. Finanziert der Bauherr nur einen Teil der Vergütung (Preis) für das Haus über ein Darlehen und erbringt den Rest aus vorhandenem Eigenkapital, ist der Bauherr verpflichtet, zusätzlich zur Abtretung seiner Darlehensauszahlungsansprüche gemäß § 4 Abs. 1 des Hausvertrags spätestens acht Wochen vor dem vorgesehenen Baubeginn der Arbeiten einen Betrag in Höhe der Differenz zwischen der nach dem vorliegenden Hausvertrag geschuldeten Gesamtvergütung und dem über Darlehen finanzierten Betrag auf ein dazu gesondert einzurichtendes Bankkonto bei einer Bank seiner Wahl einzuzahlen und den Anspruch auf Auszahlung dieses Bankguthabens zur Sicherheit an das Unternehmen abzutreten (§ 4 Abs. 2 des Hausvertrags). Aus dem Schreiben der Klägerin an die Beklagten vom 09.11.2016 ergibt sich, dass die Beklagten Darlehensauszahlungsansprüche an die Klägerin abgetreten hatten und zum Hauskaufpreis in Höhe von EUR 190.857,48 lediglich noch eine Differenz in Höhe von EUR 685,00 bestand (Anlage Ki 24, Bl. 110 OLGA). Diese Differenz zahlten die Beklagten ausweislich der Anlage Ki 25 (Bl. 111 OLGA) am 16.11.2016 an die Klägerin (Bl. 68 OLGA).

(f)

Im Mai 2017 waren auch bereits zehn Wochen nach Vorliegen der in § 6 Abs. 1 des Hausvertrags festgelegten Bau- und Liefervoraussetzungen verstrichen. Die Bau- und Liefervoraussetzungen gemäß § 6 Abs. 1 des Hausvertrags lagen nach den vorstehenden Ausführungen bereits vor der Bedenkenanmeldung der Klägerin an die Beklagten vom 09.12.2016 vor.

(g)

Die Klägerin war auch nicht deshalb an dem Beginn der Arbeiten gehindert, weil die geplante Hangsicherung wegen des privaten Abwasserkanals nicht möglich war. Die insoweit erfolgte Mitteilung der Klägerin an die Beklagten vom 23.05.2017 war vielmehr ebenfalls ungerechtfertigt. Die Klägerin trägt im Rahmen des Rechtsstreits selbst nicht mehr vor, dass der private Abwasserkanal bei der Ausführung der geplanten Abfangung überbaut worden wäre. Gemäß dem erstinstanzlichen Tatbestand ist unstreitig, dass die Ausführung der Planung der Klägerin nicht zu einer Überbauung des privaten Abwasserkanals geführt hätte. Die Klägerin beruft sich im Rahmen des Rechtsstreits auch nicht darauf, dass ihr die genaue Lage des Abwasserkanals nicht bekannt gewesen sei. Vielmehr führt sie aus, dass allein die Beklagten mit Schreiben vom 14.02.2017 behauptet hätten, dass der Kanal überplant sei, was ausweislich des Schreibens der Klägerin an die Beklagten vom 23.05.2017 nicht richtig ist. Nach Auffassung der Klägerin war die Planung der von ihr beauftragten Architektin fehlerfrei.

(2)

Berücksichtigt man das Verhalten der Klägerin im Rahmen einer Gesamtschau, so hat die Klägerin ihre Pflichten derart verletzt, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört und die Erreichung des Vertragswecks gefährdet war. Die Klägerin befand sich nicht nur in Verzug. Sie hatte zudem ihre Hinweispflicht verletzt und die Beklagten als bautechnische Laien bereits seit der Phase der Grundlagenermittlung darüber im Unklaren gelassen, dass zur Absicherung des Geländes und des Hanges Stützmauern erforderlich werden würden und diese Mehrkosten verursachen würden. Die Beklagten wurden vielmehr in Sicherheit gewiegt und vertrauten darauf, dass sich das Bauvorhaben wie geplant würde errichten lassen (vgl. OLG Nürnberg, Urt. v. 17.06.2011 – 2 U 1369/10, BeckRS 2021, 21312). Die Durchführung der Planung und Errichtung der Stützmauern lehnte die Klägerin beharrlich ab, obwohl sie diese schuldete. Zuletzt berief sich die Klägerin vorgerichtlich hierbei mit Schreiben vom 23.05.2017 darauf, dass die Abfangung aufgrund des privaten Abwasserkanals nicht möglich sei, obwohl dieser Grund nach dem Klägervortrag nicht vorlag. Schritte zur einvernehmlichen Lösung der aufgekommenen Problematik unternahm die Klägerin trotz ihres überlegenen Fachwissens nicht. Vielmehr ließ sie die Beklagten mit der Situation allein. Es liegt auch kein widersprüchliches Verhalten der Beklagten vor, welches im Rahmen der Gesamtabwägung zu einem anderen Ergebnis führen könnte. Zwar hieß es in dem Schreiben der Beklagten vom 14.02.2017, dass ihre finanziellen Möglichkeiten ausgeschöpft seien und nur die von der Klägerin geplanten Kosten finanziert werden könnten (Anlage Ki 1, Bl. 219 ff. LGA). Entsprechendes haben die Beklagten im Rahmen des Rechtsstreits vorgetragen (Bl. 360 f. LGA). Da die Klägerin die Beklagten jedoch unter Verletzung ihrer Hinweispflichten zu keinem Zeit punkt auf die Mehrkosten für die Planung und Errichtung der Stützmauern hinwies und den Beklagten diese darlegte, steht nicht fest, wie hoch diese Mehrkosten gewesen wären und ob die Beklagten diese Mehrkosten tatsächlich nicht hätten finanzieren können.

bb)

Ferner lag im Zeitpunkt der Kündigung am 08.08.2017 auch die gemäß entsprechender Anwendung des § 314 Abs. 2 BGB erforderliche Fristsetzung vor (vgl. OLG Koblenz, NZBau 2014, 499). Die Beklagten setzten der Klägerin mit Schreiben vom 17.05.2017 für die Aufnahme der Bautätigkeit erfolglos eine Frist bis spätestens zum 31.05.2017. Da die Parteien in § 6 Abs. 2 des Hausvertrags ausdrücklich eine Ausführungsfrist für den Beginn der Arbeiten der Klägerin vereinbarten, reicht eine Fristsetzung im Hinblick auf die Aufnahme der Bautätigkeit aus. Nur wenn die Parteien eine Frist für den Beginn des vertraglich geschuldeten Bauwerks und/oder eine Fertigstellungsfrist nicht vereinbart haben, gilt, dass der Unternehmer im Zweifel nach Vertragsschluss mit der Herstellung alsbald zu beginnen und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen hat und erst mit dem Ablauf einer angemessenen Fertigstellungsfrist die Fälligkeit der Leistung eintritt (Frechen, in Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 2300). Letztere Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor. Auch ist die vorliegende Konstellation nicht mit dem Fall zu vergleichen, in dem eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt wird und eine Frist für den Beginn der Mängelbeseitigung nicht ausreicht (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 23.02.2006 – VII ZR 84/05, juris; Urt. v. 08.07.1982 – VII ZR 301/80, juris). In dem Schreiben vom 17.05.2017 drohten die Beklagten der Klägerin auch für den Fall, dass die Klägerin die Frist unbeachtet lassen sollte, an, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund zu kündigen. Indem die Klägerin mit ihrer Bedenkenanmeldung und ihrem Schreiben vom 23.05.2017 ernsthaft zu erkennen gegeben hat, dass sie die ihr obliegende Hangsicherung nicht vornehmen und mit den Arbeiten nicht beginnen werde, war den Beklagten ein weiteres Zuwarten bis zum Ablauf der Fertigstellungsfrist nicht zumutbar.

cc)

Schließlich haben die Beklagten die Kündigung am 08.08.2017 auch innerhalb einer angemessenen Frist erklärt. In entsprechender Anwendung von § 314 Abs. 3 BGB kann der Kündigungsberechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er von dem Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat (KG, NZBau 24, 26). Zum einen soll der andere Vertragsteil in angemessener Zeit Klarheit darüber erhalten, ob von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird. Zum anderen gibt der Kündigungsberechtigte mit einem längeren Zuwarten zu erkennen, dass für ihn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses trotz Vorliegens eines Kündigungsgrundes nicht unzumutbar ist (OLG Stuttgart, Urt. v. 31.01.2017 – 10 U 70/17, BeckRS 2017, 159887). Die Bestimmung der angemessenen Frist hat sich im Einzelfall an den genannten beiden Regelungszwecken auszurichten und die hierin niedergelegten gegenläufigen Interessen der Vertragsparteien zum Ausgleich zu bringen. Die Angemessenheit der Kündigungsfrist bestimmt sich unter Berücksichtigung ihres Zwecks, der Bedeutung des Kündigungsgrundes, der Auswirkung für die Beteiligten und des Umfangs der erforderlichen Ermittlungen (BGH, NZM 2010, 552, 553; MünchKommBGB/Gaier, 8. Aufl. 2019, § 314 Rn. 31). Vorliegend lief die Frist zur Aufnahme der Bautätigkeit am 31.05.2017 ab. Die Beklagten erklärten die Kündigung aus wichtigem Grund mit Schreiben vom 08.08.2017, mithin gute zwei Monate nach Fristlauf. Dies stellt vorliegend noch eine angemessene Kündigungsfrist dar. Zu berücksichtigen ist vorliegend, dass die Parteien ausweislich der von den Beklagten mit der Klageerwiderung vom 01.08.2019 (Bl. 208 ff. LGA) vorgelegten Korrespondenz darüber stritten, welchem Leistungssoll und welcher Risikosphäre die Planung und Errichtung der Stützmauern zur Sicherung des Hanges und des Planums zuzuordnen waren. Die von der Klägerin verwendeten Vertragsregelung en und die von der Klägerin verwendete Baubeschreibung bedurften insoweit einer Auslegung. Darüber hinaus hatte die Kündigung aus wichtigem Grund große Auswirkungen auf beide Parteien, da das Bauvorhaben hierdurch scheiterte. Für die Beklagten stand überdies im Raum, aus finanziellen Gründen keinen weiteren Unternehmer mehr mit der Realisierung des Bauvorhabens beauftragen zu können. Dadurch, dass die Beklagten einen letzten Versuch, den Vertrag zu retten, unternahmen und der Klägerin mit Schreiben vom 17.07.2017 eine weitere Frist bis zum 02.08.2017 setzten, haben sie den Kündigungsgrund nicht verwirkt. Eine Überlegenszeit von guten zwei Monaten ist vor diesem Hintergrund erkennbar nicht zu lang.

b)

Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von EUR 11.160,39 für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen aus § 631 BGB.

Da sich die Wirkung einer Kündigung aus wichtigem Grund auf die Zukunft beschränkt, bleibt dem Unternehmer grundsätzlich der Anspruch auf Vergütung für die bisher erbrachten Leistungen, deren Umfang er auf der Grundlage des Werkvertrages berechnen kann (BGH, BauR 2003, 880, 881). Die Klägerin beziffert ihre erbrachten Leistungen mit EUR 11.160,39 (Bl. 26 LGA).

Zu den erbrachten Leistungen gehören allerdings nur diejenigen Bauleistungen, die sich im Zeitpunkt der Kündigung im Bauwerk verkörpern bzw. die schon in das Werk eingeflossen sind (BGH, Urt. v. 09.03.1995 – VII ZR 23/93, juris; OLG Köln, Urt. v. 17.03.2021 – 11 U 281/19, juris Rn. 60; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.03.2020 – 22 U 222/19, juris Rn. 127; OLG Stuttgart, NZBau 2021, 323, 327; Oberhauser in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 4. Aufl., 2022, § 648 Rn. 32; Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2019, § 648 Rn. 24). Für Vorarbeiten und Planungen, die keine eigenständige Leistung darstellen und deren Vergütung in die Baupreise eingerechnet ist, kann der Unternehmer keine Vergütung verlangen, wenn die Bauleistung selbst nicht ausgeführt worden ist (OLG Köln, Urt. v. 17.03.2021 – 11 U 281/19, juris Rn. 60; Schmitz, in: Ingenstau/Korbion, VOB, 21. Auflage 2020, § 8 Abs. 2 VOB/B Rn. 28; BeckOGK/Reiter, Stand: 15.01.2022, § 648 Rn. 104; Kniffka, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O., Teil 8 Rn. 46). Entscheidend ist hiernach, ob die Leistungen einen eigenständigen Werkerfolg darstellen sollten, was im Wege der Auslegung des Werkvertrags gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist (OLG München, BauR 2013, 1868).

Nach diesen Grundsätzen sind sämtliche von der Klägerin abgerechneten Leistungen keine erbrachten Leistungen. Diese waren sämtlich nur Vorarbeiten und Planungsleistungen, welche keine eigenständigen Leistungen darstellten und deren Vergütung in die Baupreise eingerechnet war.

aa)

Die Einholung des Bodengutachtens, für welche die Klägerin eine Vergütung in Höhe von EUR 517,65 brutto gemäß der Rechnung des Bodengutachters vom 27.07.2015 (Anlage K 20, Bl. 143 LGA) geltend macht, stellte keine eigenständige Leistung dar (vgl. auch OLG Köln, Beschl. v. 16.08.2021 – 11 U 175/20). Zwar ist dem Landgericht zuzugeben, dass die Regelungen in § 5 Abs. 2 Satz 1 des Hausvertrags und auf S. 29 der Baubeschreibung zunächst dafür sprechen, dass die Einholung des Bodengutachtens als eigenständiger Werkerfolg geschuldet war. Hiergegen spricht allerdings, dass für die Einholung des Bodengutachtens als vorbereitende Handlung in § 6 Abs. 1 und 2 des Hausvertrags keine Ausführungsfrist vereinbart war. Eine solche war lediglich für den Beginn und die Durchführung der Bauarbeiten vorgesehen. Des Weiteren spricht die Regelung in § 1 Abs. 7 Sätze 2, 3 und 4 des Hausvertrags dagegen, dass die Einholung des Bodengutachtens als selbständiger Werkerfolg geschuldet war. Nach dieser Regelung behält sich der Unternehmer an Angebotsunterlagen, Bauzeichnungen und anderen technischen Unterlagen das Eigentums- und Urheberrecht vor. Der Bauherr darf diese Unterlagen nur im Rahmen des vorliegenden Vertrags nutzen und insbesondere Dritten nicht zugänglich machen. Beabsichtigt der Bauherr, Unterlagen, die er vom Unternehmen zur Verfügung gestellt bekommen hat, insbesondere Pläne und Leistungsbeschreibungen anderweitig, d.h. außerhalb des im Hausvertrag geregelten Bauvorhabens zu verwenden, so ist hierfür die ausdrückliche und vorherige schriftliche Genehmigung des Unternehmens erforderlich. Das Bodengutachten kann auch unter den Begriff „technische Unterlagen“ fallen. Jedenfalls fällt es aber unter diejenigen Unterlagen, welche die Beklagten von der Klägerin zur Verfügung gestellt bekommen haben. Nach der Regelung in § 1 Abs. 7 des Hausvertrags dürfen die Beklagten solche Unterlagen gerade nicht frei verwenden, was gegen die Vereinbarung der Einholung des Bodengutachtens als eigenständigen Werkerfolg spricht.

Soweit ausnahmsweise ein Vergütungsanspruch nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gewährt wird, wenn der Unternehmer die bereits hergestellten Bauteile nicht selbst verwenden kann, diese für die Weiterführung des Bauvorhabens uneingeschränkt tauglich sind und ihre Verwendung dem Besteller unter Berücksichtigung aller Umstände zumutbar ist (BGH, Urt. v. 09.03.1995 – VII ZR 23/93, juris), liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 23.03.2021 hat der Beklagte zu 1) erklärt, dass die Beklagten das Grundstück Ende 2019 hätten verkaufen müssen, da sie zu einer Durchführung des Bauvorhabens nach der Kündigung aus finanziellen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen seien.

bb)

Hinsichtlich der Architektenleistungen in Höhe von EUR 5.809,00 netto bzw. EUR 6.912,71 brutto gemäß den Rechnungen der Architektin vom 24.01.2016 und 13.02.2019 (Anlage K 19, Bl. 141 f. LGA) argumentiert das Landgericht zu Recht, dass die Regelung in § 1 Abs. 7 des Hausvertrags, die den Parteien jedwede Verwendung der Pläne und Bauzeichnungen außerhalb des im Vertrag geregelten Bauvorhabens untersagt, einer Einordnung als eigenständige Leistung entgegensteht. Die Argumentation der Klägerin, dass die Beklagten das erworbene Grundstück auf Basis der Genehmigungsplanung hätten bebauen können bzw. zu einem höheren Preis veräußern können, verfängt aufgrund dieser Regelung gerade nicht.

cc)

Die Durchführung eines Baustellengespräches, in welchem der Nachunternehmer mit der Zusatzleistung des Einbaus der Leerrohre in die Bodenplatte beauftragt wurde (Bl. 22 LGA, Anlage K 15, Bl. 116 LGA), stellt gemäß den vertraglichen Vereinbarungen keine zwischen den Parteien eigenständig vereinbarte Leistung dar. Hinsichtlich der Statik der Bodenplatte steht wiederum § 1 Abs. 7 des Hausvertrags der Vereinbarung einer eigenständigen Leistung entgegen.

dd)

Die Vorplanung für die Lüftungsanlage, für welche die Klägerin EUR 150,00 netto bzw. EUR 178,50 brutto gemäß der Nachunternehmerrechnung vom 14.05.2018 (Anlage K 22, Bl. 145 LGA) verlangt, stellt gemäß den vertraglichen Vereinbarungen keine zwischen den Parteien eigenständig vereinbarte Leistung dar. Die Planungsleistung ist im Hinblick auf die Lüftungsanlage auf S. 21 der Baubeschreibung (Bl. 54 LGA) nicht gesondert erwähnt.

ee)

Zu Recht hat das Landgericht auch die statische Berechnung aufgrund der Regelung in § 1 Abs. 7 des Hausvertrags nicht als eigenständige Leistung angesehen.

ff)

Bei der Ortsbesichtigung durch eine Subunternehmerin zur Aufklärung etwaiger Zuwegungsprobleme im Zusammenhang mit der geplanten Anlieferung von Fertigwandelementen handelt es sich wiederum nicht um eine Leistung, im Hinblick auf welche die Parteien einen eigenständigen Werkerfolg vereinbart hätten.

gg)

Auch die Bemusterung am 19.10.2015, für welche die Klägerin EUR 859,18 brutto gemäß der Nachunternehmerrechnung vom 26.10.2015 (Anlage K 25, Bl. 154 LGA) begehrt, war nach den vertraglichen Regelungen nicht als ein eigenständiger Werkerfolg vereinbart.

2.

Die Widerklage ist demgegenüber in dem erstinstanzlich tenorierten Umfang zulässig und begründet.

a)

Soweit die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz der Bereitstellungszinsen in Höhe von EUR 12.474,84 und einen Anspruch auf Ersatz der Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von EUR 10.494,55 geltend machen, kann allerdings ersterer Anspruch nicht auf §§ 280 Abs. 1 und 3, 281, 284 BGB und letzterer Anspruch zugleich auf §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB gestützt werden. Denn gemäß § 284 BGB kann der Gläubiger anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281 284 BGB und der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB stehen damit grundsätzlich in einem Alternativverhältnis (BGH, NJW 2005, 2848, 2850). Die Beklagten haben vorliegend gegen die Klägerin vielmehr unter Anwendung der Rentabilitätsvermutung einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von EUR 22.969,39 allein aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB.

aa)

Eine Pflichtverletzung durch die Klägerin i.S.d. § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt vor. Sie hat trotz Fälligkeit die Bauarbeiten nicht aufgenommen. Auf obige Ausführungen wird insoweit verwiesen.

bb)

Die Beklagten haben der Klägerin mit Schreiben vom 17.05.2017 gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Frist zur Aufnahme der Bautätigkeit bis spätestens zum 31.05.2017 gesetzt. Dass sich diese Frist auf den Beginn der Arbeiten bezog, ist aufgrund der Vereinbarung einer Ausführungsfrist für den Beginn der Arbeiten in § 6 Abs. 2 des Hausvertrags unschädlich. Auf obige Ausführungen wird wiederum verwiesen.

cc)

Das Vertretenmüssen der Klägerin wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Zu ihrer Entlastung hat sie nicht hinreichend vorgetragen. Sie selbst beruft sich im Rechtsstreit nicht darauf, dass ihr die Herstellung der Abfangung aufgrund der Lage des Privatkanals nicht möglich gewesen sei (s.o.).

dd)

Die Beklagten können im Rahmen des Schadensersatzanspruches statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB sowohl Ersatz der Bereitstellungszinsen in Höhe von EUR 12.474,84 als auch Ersatz der Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von EUR 10.494,55 verlangen.

(1)

Den Beklagten steht ein Ersatz für die Bereitstellungszinsen in Höhe von EUR 12.474,84 nach der Rentabilitätsvermutung zu.

Nach überwiegender Auffassung bedeutet die Einführung des § 284 BGB nicht, dass die Erstattung von Aufwendungen auf die Leistung im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung kraft der Rentabilitätsvermutung verdrängt wird. Die Rentabilitätsvermutung gilt vielmehr fort (BGH, NJW 2009, 1870, 1871; OLG Karlsruhe, NJW 2005, 989, 991; LG Bonn, NJW 2004, 74, 75; BeckOK BGB/Lorenz, 61. Ed., Stand: 01.02.2022, § 281 Rn. 50; MünchKommBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, § 284 Rn. 39; Staudinger/Schwarze, BGB, a.a.O., § 284 Rn. 16; BeckOGK/Dornis, Stand: 01.03.2020, § 284 Rn. 132 f.; Grüneberg/Grüneberg, a.a.O., § 281 Rn. 23). Hierfür spricht insbesondere, dass eine Verdrängung der Rentabilitätsvermutung durch § 284 BGB der Tendenz des § 284 BGB widerspräche, die Rechtsposition des Gläubigers zu verbessern (BT-Drucks. 14/6014, 143; Staudinger/Schwarze, a.a.O., § 284 Rn. 16).

Nach der Rentabilitätsvermutung sind Aufwendungen des Gläubigers, die sich im Falle der Nichterfüllung der Gegenleistung als nutzlos erweisen, unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten erstattungsfähig, wenn ihnen im Falle der Erfüllung ein Gegenwert gegenübergestanden hätte. Dafür besteht eine widerlegbare Vermutung, da angenommen werden darf, dass die Parteien Leistung und Gegenleistung als gleichwertig einschätzen mit der Folge, dass die Aufwendungen durch die Vorteile der erwarteten Gegenleistung ausgeglichen werden (BGH, Urt. v. 24.09.1999 – V ZR 71/99, juris). Hierbei gilt die Rentabilitätsvermutung nur für solche Aufwendungen, die erwerbswirtschaftlichen und nicht lediglich ideellen Zwecken dienen. Denn die Aufwendungen können nach der für die Berechnung von Vermögensschäden maßgeblichen Differenzmethode nur einen Ausgleich finden, wenn ihnen ohne die Leistungsstörung ein Vermögenswert gegenüber gestanden hätte (OLG Hamm, Urt. v. 08.07.2014 – 28 U 66/11, BeckRS 2016, 11336). Die Vermutung gilt damit insbesondere für den Gläubiger eines Sachleistungsanspruchs (Grüneberg/Grüneberg, a.a.O., § 281 Rn. 23; BeckOK BGB/Lorenz, a.a.O., § 281 Rn. 50). Eine über das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung hinausgehende Gewinnerwartung ist nicht erforderlich (BeckOK BGB/Lorenz, a.a.O., § 281 Rn. 51).

(a)

Die Beklagten erwarben im Vertrauen auf die Lieferung und Erstellung des Ausbauhauses ein Grundstück und nahmen zur Finanzierung des Kaufpreises für das Grundstück sowie zur Finanzierung der Vergütung für die Klägerin drei verschiedene Darlehensverträge auf, nämlich den Darlehensvertrag X1 über einen Darlehensbetrag in Höhe von EUR 245.000,00 (vgl. Bl. 425 ff. LGA), den Darlehensvertrag X2 über einen Darlehensbetrag in Höhe von EUR 20.000,00 (vgl. Bl. 450 ff. LGA) sowie den Darlehensvertrag 2004422454 (KfW-Refinanzierungsmittel) über einen Darlehensbetrag in Höhe von EUR 50.000,00 (vgl. Bl. 472 ff. LGA). Der Darlehensvertrag 200442245 sah ab dem 19.11.2015 Bereitstellungszinsen in Höhe von 0,25% pro Monat vor (Bl. 425 f. LGA). Im Hinblick auf den Darlehensvertrag X2 waren ab dem 06.05.2016 Bereitstellungszinsen in Höhe von 0,15% pro Monat vereinbart (Bl. 451 LGA). Der Darlehensvertrag 2004422454 sah ab dem 28.11.2015 eine Bereitstellungsprovision von 0,25% pro Monat vor (Bl. 474 LGA).

Die Beklagten zahlten in dem Zeitraum von November 2015 bis Dezember 2017 Bereitstellungszinsen in Höhe von insgesamt EUR 12.474,84. Insoweit kann auf die Aufstellung in dem erstinstanzlichen Urteil verwiesen werden (vgl. Bl. 1110 LGA). Die Aufstellung ist lediglich dahingehend zu korrigieren, dass die Beklagten im Januar 2017, nämlich am 31.01.2017 im Hinblick auf den Darlehensvertrag X1 nur Bereitstellungszinsen in Höhe von EUR 350,43, nicht in Höhe von EUR 380,43 zahlten (vgl. Bl. 531 LGA). Die Beklagten haben insoweit auch lediglich den Betrag in Höhe von EUR 350,43 eingeklagt (vgl. Bl. 1073 LGA). Hieraus erklärt sich die Differenz von EUR 30,00 zwischen der in dem erstinstanzlichen Urteil angegebenen Summe und dem von den Beklagten eingeklagten Betrag. Die Beklagten haben die Zahlung der Bereitstellungszinsen gemäß der Aufstellung im erstinstanzlichen Urteil durch die Vorlage der Kontoauszüge sämtlich nachgewiesen (Anlage Ki 19, Bl. 507 ff. LGA).

Diese Bereitstellungszinsen stellen als Finanzierungskosten Aufwendungen dar, welche infolge der Nichtleistung durch die Klägerin nutzlos geworden sind. Das Landgericht hat zu Recht sämtliche Bereitstellungszinsen bis zur Reduzierung der Darlehensverträge X1 und X2 im Januar 2018 und Schließung des Darlehenskontos 2004422454 im Dezember 2017 berücksichtigt (vgl. Anlage Ki 18, Bl. 421-424, 495 LGA).

(b)

Den gezahlten Bereitstellungszinsen hätte im Falle der Leistung durch die Klägerin der Wert des Ausbauhauses gegenüber gestanden. Die Klägerin hat die Rentabilitätsvermutung nicht widerlegt. Insbesondere hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass der Zweck der Finanzierungskosten auch ohne die Nichtleistung durch die Klägerin nicht erreicht worden wäre.

(c)

Keine nach der Rentabilitätsvermutung ersatzfähige Aufwendung stellt demgegenüber die von den Beklagten an ihre finanzierende Bank aufgrund einer Reduzierung des Darlehensvertrags X1 gezahlte Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von EUR 10.495,55 dar. Bei dieser Nichtabnahmeentschädigung handelt es sich nicht um ein freiwilliges Vermögensopfer. Indem die Beklagten ihrer Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB nachgekommen sind und den Darlehensvertrag reduziert haben, haben sie durch die Verpflichtung zur Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung vielmehr unfreiwillig einen Vermögensschaden erlitten.

(2)

Im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung hat die Klägerin allerdings neben dem Ersatz für die Bereitstellungszinsen in Höhe von EUR 12.474,84 auch Ersatz für die Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von EUR 10.495,55 zu leisten. Dass die Beklagten diese am 26.02.2018 und 27.02.2018 an die finanzierende Bank zahlten, steht aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge fest (vgl. Bl. 552 f. LGA). Eine doppelte Kompensation der Beklagten erfolgt hierdurch nicht. Denn die Beklagten fordern kein Geldäquivalent anstelle des Leistungsobjekts (vgl. hierzu MünchKommBGB/Ernst, a.a.O., § 284 Rn. 33), was nach der Differenzhypothese dazu führen würde, dass sich die Bereitstellungszinsen rentiert hätten (vgl. Lorenz, NJW 2004, 26, 28). Auch verlangen sie keinen Ersatz für solche Vorteile, die ihnen aufgrund des Ausbleibens der Leistung entgangen sind (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 24.09.1999 – V ZR 71/99, juris). Im Falle der Erstattung der Nichtabnabnahmeentschädigung sind die Beklagten im Hinblick auf die Leistung noch nicht so gestellt, wie sie stünden, wenn die Leistung erbracht worden wäre. Bei der Nichtabnahmeentschädigung handelt es sich um Kosten, welche zwecks Schadensminderung entstanden sind, mithin um einen Folgeschaden. Die Nichtabnahmeentschädigung fällt jedoch nicht unter den Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 BGB, da sie nach der fristlosen Kündigung durch die Beklagten auf dem endgültigen Ausbleiben der Leistung beruht (vgl. BGH, NJW 2010, 2426, 2427 Rn. 13).

ee)

Die Haftung der Klägerin ist nicht gemäß § 9 des Hausvertrags ausgeschlossen. Hiernach sind Schadensersatzansprüche jedweder Art sowohl gegen die Klägerin als auch gegen die Organe, Mitarbeiter, Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen der Klägerin ausgeschlossen, soweit der Schaden durch die Klägerin, ihre gesetzlichen Vertreter oder ihre Erfüllungsgehilfen nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. Diese Haftungsbegrenzung gilt u.a. dann nicht für Schadensersatzansprüche wegen eines schuldhaften Verstoßes gegen wesentliche Vertragspflichten, soweit durch den Verstoß die Erreichung des Vertragszweck gefährdet wird, wobei in diesem Fall bei einfacher Fahrlässigkeit nur für den vertragstypischen, vernünftigerweise vorhersehbaren Schaden gehaftet wird. Indem die Klägerin trotz Fälligkeit nicht mit den Bauarbeiten begonnen hat, hat sie schuldhaft gegen wesentliche Vertragspflichten verstoßen. Die Bereitstellungszinsen, welche die Beklagten im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gezahlt haben, stellen bei einem auf die Lieferung und Errichtung eines Ausbauhauses vertragstypischen, vernünftigerweise vorhersehbaren „Schaden“ dar. Gleiches gilt für die Nichtabnahmeentschädigung infolge der Reduzierung des Darlehensvertrags.

ff)

Ein Verstoß der Beklagten gegen die Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 254 Abs. 2 BGB liegt nicht vor. Eine Obliegenheit der Beklagten zum Erwerb eines anderen Objekts (vgl. Reim, NJW 2003, 3662, 3667) wird weder von der Klägerin behauptet noch ist eine solche ersichtlich. Nach dem Beklagtenvortrag fehlten ihnen vielmehr die finanziellen Möglichkeiten zur Beauftragung der Errichtung eines Fertighauses durch einen Dritten. Indem die Beklagten die Darlehen vorzeitig teilweise abgelöst haben, sind sie ihrer Minderungsobliegenheit nachgekommen (vgl. Reim, NJW 2003, 3662, 3667). Entgegen der Ansicht der Klägerin bestand keine Obliegenheit der Beklagten, sich das Darlehen auszahlen zu lassen. Die Beklagten beabsichtigten nach ihrem Vortrag gerade nicht, das Bauvorhaben fortzuführen. Darüber hinaus ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die von den Beklagten bei Auszahlung zu zahlenden Zinsen geringer als die Bereitstellungszinsen gewesen wären. Soweit die Klägerin einwendet, dass die Beklagten den Darlehensvertrag mangels Ablauf der Widerrufsfest aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung hätten kündigen können (Bl. 593 LGA), ist dieser Vortrag aufgrund seiner Pauschalität nicht nachvollziehbar und unbeachtlich.

gg)

Der Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von EUR 22.969,39 aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB ist nicht gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Der Anspruch ist frühestens mit der ungerechtfertigten Bedenkenanmeldung vom 09.12.2016 entstanden. Die Verjährung begann damit am 01.01.2017 um 0:00 Uhr und lief am 31.12.2019 um 24:00 Uhr ab. Die Widerklage ging am 27.12.2019 beim Landgericht ein (Bl. 315 LGA) und wurde der Klägerin alsbald (§ 167 ZPO) am 09.01.2020 zugestellt (Bl. 375 LGA).

b)

Schließlich haben die Beklagten gegen die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von EUR 2.514,95 aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, 2 BGB.

aa)

Die Rechtsanwaltskosten sind ebenfalls Bestandteil des ersatzfähigen Schadens. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war nach der unberechtigten Bedenkenanmeldung vom 09.12.2016, die bereits für sich eine erhebliche Pflichtverletzung darstellte, für die Beklagten als Laien aufgrund der Diskussion über die vertragliche Risikoverteilung sowie die vertraglichen Pflichten zwischen den Parteien bei zugleich auslegungsbedürftigen Vertragsregelungen erforderlich und zweckmäßig.

bb)

Die Zugrundelegung eines Gegenstandswerts in Höhe von EUR 50.000 begegnet keinen Bedenken. Zutreffend hat das Landgericht zudem eine 1,5 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG, erhöht aufgrund der zwei Auftragsgeber um 0,3 auf 1,8 gemäß Nr. 1008 VV RVG, in Höhe von insgesamt EUR 2.093,40 aufgrund der Bedeutung der Angelegenheit für die Beklagten, der Komplexität des Vertragswerks sowie der damit verbundenen Haftungsrisiken für den beratenden Rechtsanwalt als gerechtfertigt angesehen. Anwendbar ist die Anlage 2 zum RVG in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung. Unter Hinzurechnung einer Pauschale für Post und Telekommunikation gemäß Nr. 7002 VV VRG in Höhe von EUR 20,00 beläuft sich das zu zahlende Honorar auf EUR 2.113,40 netto, mithin EUR 2.514,95 brutto. Die Beklagten haben diesen Betrag ausweislich des vorgelegten Kontoauszuges gezahlt (Bl. 554 LGA).

cc)

Der Haftungsausschluss des § 9 des Hausvertrags greift wiederum nicht. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass es sich bei den Rechtsanwaltskosten um einen vertragstypischen, vernünftigerweise zu erwartenden Schaden handelt.

c)

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Die Widerklage wurde der Klägerin am 13.01.2020 zugestellt.

III.

Aufgrund der geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Anschlussberufung war die Kostenentscheidung erster Instanz nicht abzuändern. Hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens beruht die Kostenentscheidung auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Rechtsstreit betrifft lediglich die einzelfallbezogene Anwendung nicht klärungsbedürftiger Rechtsgrundsätze.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf EUR 54.615,24 festgesetzt (Berufung EUR 54.097,59, Anschlussberufung EUR 517,65).

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