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Schadensersatzansprüche gegenüber Statiker

LG Köln – Az.: 7 O 430/15 – Urteil vom 23.12.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens LG Köln, 7 OH 51/11, trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen Mängeln an einem Bauwerk geltend, an dessen Errichtung der Beklagte beteiligt war.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks C 0 in 00000 L. Er erwarb das Grundstück Anfang 2001 und ließ auf dem Grundstück im selben Jahr ein Wohnhaus errichten. Mitte März 2001 beauftragte der Kläger dazu den Beklagten mit der Erstellung der Statik für das Bauvorhaben. Unter dem 30.03.2001 übermittelte der Beklagte dem Kläger die statische Berechnung. Diese wurde von dem Kläger anstandslos entgegengenommen. Am 23.04.2001 erstellte der Beklagte seine Rechnung (Anl. K2), welche vom Kläger kurze Zeit später ausgeglichen wurde. Auf Grundlage der statischen Berechnungen des Beklagten wurde dem Kläger im Juni 2001 die Baugenehmigung erteilt. Im Anschluss daran wurde das Einfamilienhaus von der als Generalunternehmerin eingesetzten – und im Jahr 2010 in Insolvenz gefallenen – Firma Bauunternehmung M GmbH errichtet und im Dezember 2001 durch Mieter bezogen.

Im Jahr 2003 zeigten sich an dem Gebäude Risse im Bereich des Gästezimmers (Obergeschoss), der Giebelwand sowie Haarrisse an den Innenwänden des Schlafzimmers und des Ankleidezimmers. Am 11.03.2003 fand eine Begehung statt, an dem der Kläger, der Beklagte und Vertreter der Firma M teilnahmen. In einem anlässlich der Begehung von dem Beklagten angefertigten Protokoll sind verschiedene Mängel festgehalten, u.a. Risse in den Decken und in mehreren Wänden des Dachgeschosses. Für weitere Einzelheiten zu dem Inhalt des Protokolls wird auf Anlage K3 verwiesen. Die Teilnahme des Beklagten an dem Begehungstermin wurde nicht vergütet. Nach dem Termin kam es bis zum Jahr 2011 nicht zu weiteren Kontaktaufnahmen zwischen dem Kläger und dem Beklagten hinsichtlich des streitgegenständlichen Bauvorhabens.

Im Jahr 2011 zeigten sich weitere Risse an dem Haus. Der vom Kläger beauftragte Privatgutachter T kam in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 14.12.2011 (Anl. K4) zu dem Ergebnis, dass die Statik des Beklagten mangelbehaftet sei. So seien beispielsweise Windlasten, die auf den Dachstuhl wirken, nicht berücksichtigt worden. Daraufhin leitete der Kläger mit am 30.12.2011 beim Landgericht Köln eingegangenem Schriftsatz gegen den Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren ein (Az. 7 OH 51/11). In seinem Gutachten vom 18.04.2013 kam der beauftragte Sachverständige L1 zu dem Ergebnis, dass Mängel der statischen Berechnung und konstruktiven Detaillierung/Planung des Beklagten vorlagen. Die Mängel beträfen insbesondere die nicht berücksichtigten Dachschub- und Windlasten und die konstruktiv mangelnde Aussteifung des Hauses. Ferner lägen auch Mängel der Bauausführung vor. Nach Anfertigung eines Ergänzungsgutachtens endete das selbständige Beweisverfahren im Oktober 2014.

Schadensersatzansprüche gegenüber Statiker
(Symbolfoto: Jat306/Shutterstock.com)

Der Kläger behauptet, der Beklagte sei nicht nur als Statiker, sondern auch „baubegleitend“ als planender Architekt tätig geworden. Die von dem Beklagten erbrachten Statikerleistungen seien in vielfacher Hinsicht mangelhaft. Der Beklagte habe nach dem Begehungstermin im März 2003 Umfang und Erheblichkeit der Mangelhaftigkeit von Planung und Ausführung gegenüber dem Kläger bewusst verschwiegen. Die Beseitigung der von dem Beklagten zu verantwortenden Mängel verursache Kosten von 187.841,50 EUR brutto zuzüglich Planungskosten i.H.v. 17.500 EUR. Der Kläger ist der Ansicht, Ansprüche gegenüber dem Beklagten seien nicht verjährt. Es liege ein Organisationsverschulden des Beklagten vor, weshalb die übliche Verjährungsfrist nicht eingreife. Eine Verlängerung der Verjährungsfrist ergebe sich auch aus dem Rechtsinstitut der Sekundärhaftung sowie aufgrund des bewussten Verschweigens offenbarungspflichtiger Mängel.

Am 17.02.2015 hat der Kläger gegen den Beklagten den Erlass eines Mahnbescheides beantragt. Nach Widerspruch und Abgabe des Verfahrens an das Landgericht Köln beantragt der Kläger,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 205.341,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2011 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 3323,55 EUR freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe die statische Berechnung mangelfrei erstellt. Es sei zu vermuten, dass die Generalunternehmerin abweichend von der Statik gearbeitet habe. Er sei nicht „baubegleitend“ als Architekt tätig gewesen und sei in das Bauvorhaben nicht weiter einbezogen gewesen. Die Teilnahme an dem Begehungstermin im März 2003 sei eine reine Gefälligkeit gegenüber dem Kläger gewesen. In dem Termin seien keine Fehler des Beklagten festgestellt worden. Der Beklagte beruft sich auf die Verjährung möglicher Gewährleistungsansprüche.

Die Kammer hat das selbständige Beweisverfahren vor der Kammer, Az. 7 OH 51/11 zu Beweiszwecken beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der Sitzung vom 16.12.2016 sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere besteht kein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus §§ 631, 633, 634 Nr. 4, 280, 281 BGB.

1.

Die Parteien haben im März 2001 unstreitig einen Vertrag über die Erbringung von Statikerleistungen (Tragwerksplanung) geschlossen.

Eine darüber hinausgehende weitere Vereinbarung ist dagegen nicht feststellbar. Der Vortrag des Klägers diesbezüglich bleibt vage und unsubstantiiert. Soweit der Kläger in der Klageschrift vorträgt, der Beklagte sei neben der Erstellung der Statik auch „baubegleitend“ tätig gewesen und habe die Baustelle regelmäßig besichtigt, bleibt schon unklar, welche konkrete Tätigkeit der Beklagte übernommen haben soll. Auch der Vortrag in der Replik (dort Seite 3, Bl. 93) führt nicht weiter. Dort behauptet der Kläger, der Beklagte sei neben seiner Tätigkeit als Statiker auch „planerisch als Architekt“ tätig geworden. Der Kläger erläutert schon nicht, mit welchen Leistungsphasen eines Architekten der Beklagte konkret beauftragt worden sein soll. Der Kläger trägt auch nichts dazu vor, wann und in welcher Weise eine entsprechende Beauftragung des Beklagten mit planerischen Architektenleistungen erfolgt sein soll. Auch die sonstigen Umstände sprechen nicht für eine entsprechende Beauftragung. Denn unstreitig ist, dass der Beklagte mit Rechnung vom 23.04.2001 ausschließlich Statikerleistungen abgerechnet hat (Anl. K2). Die Rechnungsstellung erfolgte lange vor dem Beginn der Bauarbeiten, die nach dem klägerischen Vortrag erst in der zweiten Jahreshälfte 2001 starteten. Insofern wäre zu erwarten gewesen, dass der Beklagte zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere Rechnung gestellt hätte, wenn er mit der Tätigkeit einer „Baubegleitung“ oder eines „planerischen Architekten“ beauftragt worden wäre. Die Tatsache, dass eine solche Rechnung nicht existiert, ist ein Indiz dafür, dass es eine solche Beauftragung nicht gegeben hat. Ein weiteres Indiz ist, dass es nach der Begehung im März 2003 keine weitere Kontaktaufnahme zwischen den Parteien gegeben hat. Den entsprechenden Vortrag des Beklagten hat der Kläger nicht bestritten. Wäre der Beklagte tatsächlich mit einer Art Bauüberwachung betraut gewesen, wäre zu erwarten gewesen, dass er auch die Mängelbeseitigung durch die Generalunternehmerin begutachtet. Dazu ist jedoch nichts vorgetragen. An diesem Ergebnis ändert die Erstellung des „Schal- und Bewehrungsplanes“ gemäß Anl. K8 durch den Beklagten nichts, weil der Plan alleine keine Anhaltspunkte für planerische Vorgaben des Beklagten als Architekt bietet.

Letztlich bleibt der Kläger auch beweisfällig, weil der Beklagte eine entsprechende Beauftragung substantiiert bestritten hat und der Kläger für einen entsprechenden Vertragsschluss die Beweislast trägt, jedoch keinerlei Beweis angeboten hat.

2.

Es kann dahinstehen, ob die von dem Beklagten erbrachten Statikerleistungen mangelhaft waren.

Denn etwaige Gewährleistungsansprüche der Klägerin sind gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB verjährt.

Die – möglichen – Ansprüche sind im Jahr 2001 entstanden, so dass für den Beginn der Verjährung noch das bis zum 31.12.2001 geltende Recht vor der Schuldrechtsreform anwendbar ist (Art. 229 § 6 EGBGB). Inhaltlich bedeutet dies jedoch keine Änderung, weil auch nach dem alten Schuldrecht die Gewährleistungsfrist bei Bauwerken gemäß § 638 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. fünf Jahre betrug und gemäß § 638 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. mit der Abnahme des Werkes begann. Die Abnahme des Werkes setzt nach der Rechtsprechung regelmäßig jedenfalls die Vollendung der Leistungen des Architekten bzw. des Sonderfachmanns voraus (BGH BauR 1999, 934; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. Rn. 2867). Über die Vollendung hinaus ist ein vom Auftraggeber zum Ausdruck gebrachte Wille notwendig, die erbrachte Leistung als vertragsgemäß anzuerkennen (BGH, BauR 1996, 386). In der vorbehaltlosen Zahlung des Honorars kann eine schlüssige Abnahme liegen (OLG Köln, BauR 1992, 514; OLG Celle BeckRS 2013, 16489; Werner/Pastor aaO).

So liegt der Fall hier. Unstreitig ist die Rechnung des Beklagten vom 23.04.2001 wenige Tage später vom Kläger ausgeglichen worden. Da dies nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten ohne Vorbehalt geschah, ist darin die Annahme der Leistungen des Beklagten durch den Kläger als vertragsgemäß anzunehmen. Die Abnahme – und damit der Beginn der Verjährungsfrist – kann folglich mit Ende April / Anfang Mai 2001 angenommen werden.

Da die Verjährungsfrist sowohl nach dem alten als auch nach dem neuen Schuldrecht fünf Jahre beträgt, sind die Übergangsvorschriften gemäß Art. 229 § 6 Abs. 3, 4 EGBGB ohne Auswirkungen auf den Lauf der Verjährung. Die – behaupteten – Ansprüche des Klägers verjährten deshalb im Mai 2006.

Zwar kommt der Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB grundsätzlich verjährungshemmende Wirkung zu. Die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens am 30.12.2011 kam jedoch offenkundig um mehr als fünf Jahre zu spät, um noch eine Hemmung der Verjährung bewirken zu können.

3.

Aus den vom Kläger vorgetragenen Gründen rechtfertigt sich keine Verlängerung der Gewährleistungsfrist. Auch ist der Beklagte nicht gehindert, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen.

a.

Entgegen der Ansicht des Klägers liegt kein Fall der so genannten Sekundärhaftung vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gebietet es die dem Architekten vom Auftraggeber eingeräumte Vertrauensstellung, dem Bauherrn im Laufe der Mängelursachenprüfung auch Mängel des eigenen Architektenwerkes zu offenbaren, damit der Bauherr seine Rechte auch gegenüber dem Architekten rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung wahrnehmen kann (BGH IBR 2013,750, BGH IBR 2007, 85; Werner/Pastor Rn. 2874). Geschieht dies nicht, kann der Architekt sich nicht auf den Eintritt der Verjährung hinsichtlich seines mangelhaften Architektenwerkes berufen (BGH aaO; Werner/Pastor aaO). Diese aus der Stellung des Architekten als Sachwalter des Bauherrn abgeleitete Pflicht setzt aber voraus, dass der Architekt umfassend, d.h. mindestens mit der Objektüberwachung beauftragt ist (BGH BauR 2009, 1607; Werner/Pastor aaO).

Nach diesen Maßgaben ist eine Sekundärhaftung des Beklagten vorliegend gleich aus zwei Gründen ausgeschlossen. Erstens ist das Institut der Sekundärhaftung nach der Rechtsprechung nur auf Architekten anwendbar, nicht aber auf Sonderfachleute, wie hier den mit der Tragwerksplanung beauftragten Statiker. Dass der Beklagte Aufgaben eines Architekten übernommen hat, kann entsprechend der obigen Ausführungen nicht angenommen werden. Zweitens ist das Institut der Sekundärhaftung nach der Rechtsprechung nur anwendbar, wenn der Architekt umfassend beauftragt war. Denn Anknüpfungspunkt für die Sekundärhaftung des Architekten ist der übernommene Aufgabenkreis. Eine Pflicht zur Aufklärung über eigene Fehler muss sich aus den übernommenen Betreuungsaufgaben ergeben. Derartige Betreuungspflichten folgen für den umfassend beauftragten Architekten daraus, dass er die Objektüberwachung und die Objektbetreuung übernommen hat (BGH NJW 2009, 3360). Ausdrücklich hat der BGH entschieden, dass gegenüber einem Architekten, der lediglich mit den Leistungsphasen 1-6 beauftragt ist, nicht die Grundsätze der Sekundärhaftung angewendet werden dürfen, weil der Architekt keine zentrale Stellung bei der Durchführung des gesamten Bauwerks hat (BGH NJW 2009, 3360). Sogar nach dem Vortrag des Klägers in der Replik war der Beklagte aber nur „planerisch als Architekt“ tätig, so dass hier maximal die Leistungsphasen 1-5 in Betracht kämen.

Das Institut der Sekundärhaftung ist daher vorliegend nicht anwendbar.

b.

Auch unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens ergibt sich keine Verlängerung der Gewährleistungsfrist.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine der Arglist gleichstehende Obliegenheitsverletzung auch dann vorliegen, wenn ein Unternehmer die Erfüllungsgehilfen, deren er sich zur Erfüllung der Offenbarungspflicht bedient, unsorgfältig aussucht oder ihnen keine ausreichende Möglichkeit gibt, Mängel wahrzunehmen, so dass sie auch nicht in der Lage sind, diese zu offenbaren, was entsprechend auch beim Einsatz eigener Mitarbeiter gelten kann (BGH NJW 2009, 582 m.w.N.). Eine Gleichsetzung mit einem arglistigen Verhalten, das zu einer entsprechenden Verjährung führt, kommt jedoch nicht bei jedem Fehler des Unternehmers bei der Auswahl seines Personals oder bei der Einsetzung auf der Baustelle in Betracht. Der Fehler muss vielmehr ein solches Gewicht haben, dass es gerechtfertigt ist, den Unternehmer demjenigen Unternehmer gleichzustellen, der einen Mangel arglistig verschweigt. Den Unternehmer muss der Vorwurf treffen, er habe mit seiner Organisation die Arglisthaftung vermeiden wollen (vergl. BGH a.a.O. m.w.N.). Dieser Vorwurf ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Unternehmer Personal zur Erfüllung seiner Offenbarungspflicht einsetzt, von dem er weiß, dass es dieser Pflicht nicht nachkommen wird oder nicht nachkommen kann. Gleiches gilt, wenn er zwar ein entsprechendes Wissen nicht hat, er aber die Augen vor dieser Erkenntnis verschließt (BGH a.a.O.; KG Berlin, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 7 U 7/13 -, Rn. 26, juris). Ein Organisationsverschulden kann auch einen arbeitsteilig organisierten Architekten treffen (BGH NJW 2009, 582; Werner/Pastor, Rn. 2800). Für einen Rückgriff auf diese Grundsätze ist allerdings bei einem allein tätigen Unternehmer oder Architekten kein Raum (BGH NJW 2009, 582).

Nach diesen Grundsätzen kann ein Organisationsverschulden insbesondere dann vorliegen, wenn das Bauunternehmen bzw. der Architekt sich Erfüllungsgehilfen bedient, um Teile seines Werkes herzustellen oder zu überwachen. Schon daran fehlt es hier. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagte sich Erfüllungsgehilfen bedient hätte, um seine Pflichten als Statiker zu erfüllen. Vielmehr war es so, dass der Kläger sich zur Errichtung des Bauwerks einer Generalunternehmerin bedient hat. Weiterhin ist die Anwendung des Instituts des Organisationsverschuldens auch deshalb unanwendbar, weil der Beklagte – wie oben erläutert – gerade nicht als Architekt tätig geworden ist, sondern nur als Statiker. Dass die Rechtsprechung des BGH zum Organisationsverschulden aber auch auf Sonderfachleute ausgedehnt werden könnte, ist nicht ersichtlich und ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Rechtsprechung (BGH NJW 2008,145).

c.

Eine Verlängerung der Verjährungsfristen ergibt sich entgegen dem Vortrag des Klägers auch nicht aus dem bewussten Verschweigen offenbarungspflichtiger Mängel durch den Beklagten.

Im Falle der arglistigen Täuschung gilt gemäß § 634a Abs. 3 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist. Dies gilt vorliegend auch unter Berücksichtigung der Überleitungsvorschriften zum Verjährungsrecht, weil die Verjährung zum Stichtag 01.01.2002 noch nicht eingetreten war (Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB). Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels liegt vor, wenn der Unternehmer, Architekt oder Sonderfachmann den Mangel kennt, ihn für erheblich bezüglich des Bestands und der Benutzung des Bauwerks hält, den Mangel aber dennoch nicht mitteilt oder ihn beseitigt, obwohl er nach Treu und Glauben, insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung des Mangels, zur Offenbarung verpflichtet gewesen wäre (BGH NJW 2012, 1653; Werner/Pastor Rn. 2794). Arglist setzt danach immer Kenntnis von dem Mangel voraus; bloße Nachlässigkeiten reichen zum Vorwurf einer arglistigen Täuschung nicht aus (Werner/Pastor aaO). Wer sich auf eine arglistige Täuschung durch seinen Vertragspartner beruft, muss diese darlegen und beweisen (BGH NJW 2001,64; Werner/Pastor Rn. 2792).

Für eine derartige arglistige Täuschung ist vorliegend nichts ersichtlich. Erst recht ist sie durch den Kläger nicht bewiesen worden. Selbst wenn der Vortrag des Klägers zutreffen sollte, dass die von dem gerichtlichen Sachverständigen festgestellten Planungsfehler in der Statik für ein Fachmann erkennbar waren, bedeutet dies noch lange nicht, dass der Beklagte diese Fehler auch tatsächlich erkannt hat. Einziger greifbarer Anknüpfungspunkt ist das Begehungsprotokoll vom 11.03.2003. Dies möchte der Kläger so gewertet wissen, dass der Beklagte diese Mängel erkannt habe, sie jedoch heruntergespielt habe. Für diese Ansicht gibt das Protokoll bei objektiver Würdigung jedoch nichts her. Vielmehr handelt es sich bei den unter Ziff. 4 des Protokolls festgehaltenen Vermutungen des Beklagten um solche, die eine Schuldzuweisung in Richtung des Generalunternehmers enthalten. So wird beispielsweise moniert, dass die Ringbalken zeitlich in einer falschen Reihenfolge betoniert worden sind, was eindeutig ein Ausführungsfehler und kein Planungsfehler ist. Dies war offenbar auch das Verständnis der an der Begehung beteiligten Parteien. Denn unter Ziff. 3 des Protokolls ist eindeutig festgehalten, dass sich „Herr M „, also der Generalunternehmer, um die Mängelbeseitigung kümmern wird. Inwiefern aus diesem Protokoll demnach eine Kenntnis des Beklagten von eigenen Fehlern gefolgert werden soll, erschließt sich nicht. Erst recht ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein arglistiges Handeln des Beklagten.

d.

Schließlich hilft auch der Vortrag, dass das Gericht im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens um eine inzidente Prüfung der Verjährungsproblematik ersucht wurde, dem Beklagten nicht weiter.

Das mit einem selbständigen Beweisverfahren befasste Gericht hat keine inhaltliche Sachprüfung durchzuführen, denn diese Prüfung bleibt dem Hauptsacheprozess vorbehalten (Zöller, ZPO, 31. Aufl. § 490 Rn. 3). Etwas anderes kann ausnahmsweise nur gelten, wenn kein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens besteht und dieses daher gemäß § 485 ZPO unzulässig wäre. Die Verjährung beseitigt aber schon deshalb nicht das rechtliche Interesse des Antragstellers an der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, weil erst im Hauptsacheverfahren feststeht, ob der Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens sich auf diese Einrede berufen wird (Zöller, ZPO, § 485 Rn. 7a).

Im Übrigen würde selbst dann, wenn man mit dem Kläger annimmt, die Kammer hätte bereits im selbständigen Beweisverfahren die Frage der Verjährung prüfen müssen, das Unterlassen eines Hinweises nicht zulasten des Beklagten gehen und dazu führen, dass dieser sich im Rechtsstreit nun nicht mehr auf Verjährung berufen kann.

4.

Weitere Gründe, die eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung bzw. einer Verlängerung der Verjährungsfrist hätten bewirken können, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Somit sind die Ansprüche insgesamt verjährt und nicht mehr durchsetzbar, nachdem der Beklagte sich auf die Verjährung auch berufen hat.

5.

Mangels Anspruchs in der Hauptsache bestehen auch die Nebenansprüche auf Verzinsung und auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten nicht.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 205.341,50 Euro

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