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Mängelhaftung Werkunternehmer bei Missachtung eines Bedenkenhinweises durch den Bauleiter

Eine Kaskade von Baufehlern: Ein Blick in den Sumpf der Mängelhaftung

Ein Streitfall aus dem Baurecht bringt uns in die Welt der Werkunternehmer, Bauleiter und die juristischen Schwierigkeiten, die entstehen können, wenn auf der Baustelle etwas schiefgeht. Die entscheidenden Fragen in diesem Fall: Was passiert, wenn ein Bauleiter einen Bedenkenhinweis ignoriert? Wer haftet dann für den entstandenen Mangel? Dabei gibt es hier eine besondere Komplikation – es geht nicht um einen einzelnen Fehler, sondern um eine ganze Reihe von Fehlern, die sich über die verschiedenen Ebenen des Bauvorhabens hinweg ziehen.

Direkt zum Urteil Az: I-16 U 55/21 springen.

Die Problematik der Mängelhaftung im Baurecht

Die Klägerin, eine Bauträgerin, baute 2013/2014 drei fünfstöckige Gebäude in C. Dabei beauftragte sie die Beklagte zu 2 mit der Planung und Ausführung der Treppenhäuser, während die Beklagte zu 1 die Natursteinplatten in den Treppenhäusern verlegte. Später stellte sich heraus, dass die Auftrittsbreiten der Treppenstufen in allen Treppenhäusern teilweise zu gering waren. Dies führte zu Mängelhaftungsansprüchen und schlussendlich zu einem Gerichtsverfahren.

Ein verzwickter Streit um Fehler und Verantwortlichkeiten

Der Fall wird durch mehrere sich überschneidende Streitpunkte komplexer: die technischen Mängel, die angeblich schon in der Planungsphase angelegt waren, die Kosten der Mängelbeseitigung und schließlich ein Urteil gegen die Klägerin aus einem anderen Zivilverfahren. All das führt zu einer Kaskade von Verantwortlichkeiten und möglichen Haftungsansprüchen.

Das Urteil: Haftung und Verantwortung bei Baufehlern

Das Oberlandesgericht Köln wies die Berufung der Klägerin zurück. Es wurde festgestellt, dass die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens tragen muss und das erstinstanzliche Urteil sowie dieser Beschluss vorläufig vollstreckbar sind. Bei diesem komplexen Fall wurden verschiedene Aspekte berücksichtigt, um die Verantwortlichkeiten festzulegen und die richtige Entscheidung zu treffen.

Dieser Fall ist ein lehrreiches Beispiel dafür, wie komplex und vielschichtig Baurechtsfälle sein können und wie wichtig es ist, alle Details und Verantwortlichkeiten sorgfältig zu prüfen. Es zeigt auch, wie wichtig die Rolle des Bauleiters ist und welche Folgen es haben kann, wenn Bedenkenhinweise ignoriert werden.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: I-16 U 55/21 – Beschluss vom 05.10.2021

Die Berufung der Klägerin gegen das am 23.04.2021 verkündete Urteil der 32. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 32 O 16/19 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das erstinstanzliche Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages erbringen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.816,68 EUR festgesetzt.

Gründe

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Mangelbeseitigungs-Kostenvorschuss und zweitinstanzlich zusätzlich auf Erstattung der ihr im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit beim LG Köln (8 O 129/20) entstandenen Kosten in Anspruch.

Die Klägerin erstellte in 2013/2014 als Bauträgerin drei 5geschossige A-Häuser in der B Straße 302, 304 und 306 in C. Die Beklagte zu 2.) war u.a. mit der Ausführungsplanung der Ausführung der Treppenhäuser beauftragt, die Beklagte zu 1.) verlegte die Natursteinplatten in den Treppenhäusern.

Nachdem die entstandene A gegenüber der Klägerin die zT zu geringe Auftrittsbreiten der Treppenstufen moniert hatte, führte die Klägerin gegen die Beklagte zu 2.) das selbständige Beweisverfahren 32 OH 6/17, Landgericht Köln, durch. Der Sachverständige D stellte fest, dass in allen Treppenläufen jeweils 4-5 Treppenstufen eine zu geringe Auftrittsbreite aufweisen, diese Unterschreitung bereits in der Ausführungsplanung angelegt gewesen ist, sich die technische Mangelhaftigkeit als Ausführungs-, Planungs- und Bauleitungsfehler darstellt und die Kosten der Mängelbeseitigung mit 25.000 EUR netto je Treppenhaus – insgesamt 89.250 EUR brutto – zu veranschlagen sind.

Die Klägerin wurde in dem von der A geführten Zivilverfahren LG Köln 8 O 129/20 mit Urteil vom 10.12.2020 u.a. verurteilt, die drei Treppenläufe DIN-gemäß umzubauen (GA 279-282).

Wegen des weiteren Sachverhalts, der dem hiesigen Rechtsstreit zugrunde liegt sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Vorschussklage gegen beide Beklagten abgewiesen, da nach der durchgeführten Zeugen-Beweisaufnahme feststehe, dass die Beklagte zu 1.) bezüglich der zu geringen Auftrittsbreite eine mündliche Bedenkenanzeige gegenüber der Bauleitung der Klägerin erstattet habe und die Bauleitung sie angewiesen habe, ihre Leistung dennoch zu erbringen. Damit überwiege der Verursachungsbeitrag der Klägerin und scheide eine Haftung beider Beklagten aus. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der sie zugleich ihre Klage um einen höheren Zinssatz sowie die ihr im Zusammenhang mit dem weiteren Rechtsstreit LG Köln 8 O 129/20 entstandenen Kosten von 2.217,45 EUR, 5.784,23 EUR und 3.565 EUR erweitert.

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung insbesondere, dass das Landgericht die rechtlichen Grundsätze des – infolge unzureichender Beweiswürdigung fälschlicherweise bejahten – Bedenkenhinweises verkannt habe. Die einzelnen Berufungsrügen ergeben sich aus Ziffer B. I. dieses Beschlusses.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des LG Köln vom 23.04.2021, Az 32 O 416/19, aufzuheben und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag iHv 89.250,00 EUR für die Beseitigung von Mängeln (Auftrittsbreiten der Treppenstufen in den drei Treppenhäusern) an dem Bauprojekt B Str. 302-306, C, nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag iHv 5.784,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2020 sowie weitere 2.217,45 EUR und 3.565 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen jeweils sinngemäß, die Berufung im Umfang der erweiterten Anträge zurückzuweisen.

Sie verteidigen im Einzelnen das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel nach einstimmiger Überzeugung des Berufungsgerichts offensichtlich nicht begründet ist, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

I.

Zur Begründung der offensichtlichen Erfolglosigkeit der Berufung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss vom 06.09.2021 Bezug genommen. Darin heißt es:

„Der Klägerin steht gegen die beiden Beklagten der gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 BGB iVm § 13 VOB/B geltend gemachte Anspruch auf Kostenvorschuss iHv 89.250 EUR nicht zu.

Das Landgericht hat nach der durchgeführten Zeugen-Beweisaufnahme festgestellt, dass die Beklagte zu 1.) bezüglich der zu geringen Auftrittsbreite eine mündliche Bedenkenanzeige gegenüber der Bauleitung der Klägerin erstattet und die Bauleitung sie angewiesen hatte, ihre Leistung dennoch wie geplant zu erbringen. Aufgrund dieser Feststellungen überwiege der Verursachungsbeitrag der Klägerin und scheide eine Haftung beider Beklagten aus.

Die dagegen erhobenen Rügen der von der Klägerin eingelegten Berufung bleiben erfolglos:

1. Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung insbesondere die vom Landgericht in Würdigung der Beweisaufnahme getroffenen drei Feststellungen, wonach

– die Zeugen E den Zeugen F vor Arbeitsausführung mündlich über die aufgrund der Vorarbeiten zu erwartenden zu geringen Auftrittsbreiten informierten,

– der Zeuge F daraufhin die Anweisung gab, die Verlegarbeiten trotzdem auszuführen,

– wobei der Zeuge F für die Bauleitung vor Ort zuständig gewesen sei.

Diese Rüge greift vor dem Hintergrund des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu allen drei Feststellungen nicht durch. Nach dieser Norm hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen hierbei vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH, Beschl. v. 21.03.2018 – VII ZR 170/17 = NJW-RR 2018, 651 f.; Beschl. v. 04.09.2019 – VII ZR 69/17 = NJW-RR 2019, 1343 Rz. 11). Konkrete Anhaltspunkte können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweisaufnahme unvollständig ist oder die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche (s. u.a. BGH, Urt. v. 21.06.2016 – VI ZR 403/14 = NJW-RR 2017, 219 Rz. 10; v. 08.06.2004 – VI ZR 199/04 = NJW 2004, 2828 Rz. 13).

Konkrete Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts liegen indes nicht vor. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden, denn dieses hat sich mit den jeweiligen Inhalten der einzelnen protokollierten (GA 197 ff.) Zeugen-Aussagen ausführlich befasst, diese in Beziehung zueinander gesetzt und nachvollziehbar bewertet. Die von dem Landgericht in Kammerbesetzung auf den Seiten 6 bis 8 des Urteils gezogenen Schlüsse zum tatsächlichen Hergang sind plausibel. Insbesondere ergibt sich – entgegen der Einschätzung der Berufung – aus den Aussagen der im Lager der Klägerin stehenden Zeugen auch, dass der Zeuge F bezüglich des konkreten Bauvorhabens „in der Bauleitung tätig“ (so der Zeuge F) bzw als „Hilfsbauleiter oder Mitbauleiter“ „in die Rolle des Bauleiters hinweingewachsen“ (so der Zeuge G) war. Sofern das Landgericht nicht ausdrücklich die persönlichen Beziehungen der beiden Zeugen E [Enkel bzw. Ehemann der Geschäftsführerin der Beklagten zu 1.)] erwähnt, ist dies insoweit irrelevant, als es zum einen ohnehin gerade keinen Erfahrungssatz gibt, dass Zeugen, die einer Prozesspartei nahestehen, von vornherein parteiisch und unzuverlässig sind (BGH, Urt. v. 18.01.1995 – VIII ZR 23/94 = NJW 1995, 955, zitiert nach juris Rz. 12) und zum anderen auch die Zeugen F und G als Arbeitnehmer der Klägerin dem Rechtsstreit nicht unbeteiligt gegenüber stehen.

2. Soweit die Berufung beanstandet, die Beklagte zu 1.) habe stets vorgetragen, dass die Anweisung zur Arbeitsfortsetzung von dem Zeugen G erfolgt sei, was aber nicht mit den vom Landgericht getroffenen Feststellungen übereinstimme, wonach der Zeuge F die Anweisung erteilt habe, gereicht ihr dies nicht zum Erfolg. Denn es ist anerkannt, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände jedenfalls hilfsweise zu Eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind (BGH, Urt. v. 03.04.2001 – VI ZR 203/00 = NJW 2001, 2177, zitiert nach juris, Rz. 9). Damit haben die Beklagten die von dem Zeugen F erteilte Anweisung vorgetragen.

3. Die Berufung rügt schließlich noch, das LG habe – auf Basis seiner Beweis-Feststellungen – in rechtlicher Hinsicht verkannt, dass die Beklagte zu 1.) sich aufgrund des Verschließens des Ansprechpartners F gegen den erteilten Bedenkenhinweis jedenfalls an die Klägerin oder den Bauleiter Myslisch hätte wenden müssen.

Auch dieser Einwand hat keinen Erfolg.

a. Zum einen war der Zeuge F gemäß den vom Landgericht für den Senat bindend getroffenen tatsächlichen Feststellungen bei dem konkreten Bauobjekt jedenfalls Teil der Bauleitung und damit grundsätzlich der richtige Adressat des mündlichen Bedenkenhinweises (vgl. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 5. Teil Rz. 70). Die Beklagte zu 1.) durfte sich damit auf seine Anweisungen verlassen.

b. Zum anderen liegen die Voraussetzungen eines „Verschließens“ nicht vor. Zwar ist anerkannt, dass für den Fall, dass der Bauleiter sich den vorgetragenen Bedenken verschließt, der Auftraggeber selbst informiert werden muss (vgl. nur Jurgeleit a.a.O. mit BGH-Rechtsprechung; OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.02.2013 – 23 U 185/11 = BauR 2013, 1283 ff., zitiert nach juris Rz. 104). Dieser Grundsatz gilt aber nur in den Fällen, in denen der Bauleiter außerhalb der Sphäre des Bauherrn steht, insbesondere weil er mit dem Bauherrn durch einen Werkvertrag verbunden ist. Er erfasst aber nicht die vorliegende Konstellation, in der der Bauleiter (der Zeuge F) insoweit zur Sphäre des Bauherrn (der Klägerin) gehört, als er zu diesem in einem Arbeitsverhältnis steht. In dieser Konstellation ist der Bedenkenhinweis bereits unmittelbar in die Sphäre des Bauherrn gelangt und stammt die diesen Hinweis missachtende Anweisung ebenfalls aus der Bauherren-Sphäre. Es gibt damit keinen Anlass, die Klägerin als Bauherrin vor einer Untätigkeit des von ihr betriebsintern mit den Aufgaben der Bauleitung betreuten Zeugen H zu schützen.“

II.

An dieser Begründung des Hinweisbeschlusses vom 06.09.2021 hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest. Die von der Klägerin dagegen mit Schriftsatz vom 27.09.2021 erhobenen Einwendungen geben keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung:

1. Soweit die Klägerin weiterhin das Beweisergebnis des Landgerichts moniert und ein non liquet befürwortet, bleibt es aus den bereits im Hinweisbeschluss vom 06.09.2021 unter Ziffer 1 dargelegten Gründen dabei, dass die erstinstanzlichen Feststellungen den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO binden.

2. Auch der Einwand der Klägerin, der vom Landgericht auf Basis der Aussagen der Zeugen I und J E festgestellte Bedenkenhinweis seitens der Beklagten zu 1.) sei jedenfalls nicht eindeutig, dh inhaltlich nicht klar, vollständig und erschöpfend genug gewesen, bleibt erfolglos.

Die Belehrung muss so eindeutig sein, dass die Tragweite einer Nichtbefolgung klar wird (BGH Urt. vom 10.04.1975 – VII ZR 184/74, NJW 1975, 1217; Ingenstau/Korbion/Oppler, VOB, 21. Aufl., § 4 Abs. 3 VOB/B Rn. 64; Beck’scher VOB-Kommentar/Ganten, 3. Aufl., § 4 Abs. 3 VOB/B Rn. 53). Danach liegt hier eine hinreichend klare Bedenkenmitteilung vor. Zum einen verkürzt die Klägerin die Aussage des Zeugen I E. Denn dieser hat nicht nur angegeben, dem Zeugen F seien vorgefertigte Schablonen gezeigt und mitgeteilt worden, dass diese „nicht passen“, sondern darüber hinaus klarstellend weiter ausgeführt, er habe durch Auflegen der Schablonen festgestellt, dass im Innenkern der Treppe die Stufen-Maße nicht gegeben, sondern zu klein waren und dies Herrn F gesagt (GA 197R).

Zum anderen verkennt die Klägerin, dass zur Bewertung der erforderlichen Eindeutigkeit auch der Horizont der Klägerin als gewerblich tätige Bauträgerin und die dem entsprechende Sach- und Fachkunde des bei ihr angestellten Zeugen F zu berücksichtigen ist. Somit bedurfte die Mitteilung der Beklagten zu 1.), dass die Stufen zu klein waren, im Hinblick auf die Folgen einer dennoch auf dieser Grundlage mit Natursteinplatten versehenen Treppen keiner weiteren Ausführung, denn die Mangelhaftigkeit dieser Leistung war angesichts der – auch bereits aus Laiensicht – auf der Hand liegenden Gefahren einer zu geringen Auftrittsbreite für Leib und Leben der Treppenbenutzer offensichtlich.

3. Soweit die Klägerin weiterhin bei ihrer Ansicht verbliebt, der Zeuge F sei ihr nicht als Bauleiter zuzurechnen, vermögen ihre wiederholten Ausführungen die im Hinweisbeschluss vom 06.09.2021 unter Ziffer 3 begründete gegenteilige Auffassung des Senats nicht zu erschüttern.

4. Schließlich hat auch der Einwand der Klägerin, die Missachtung eines Bedenkenhinweises führe allenfalls zu einem mitwirkenden Verschulden des Auftraggebers, nicht aber zu einem vollständigen Wegfall der Mängelhaftung, keinen Erfolg.

Dass die Missachtung eines Bedenkenhinweises auch dazu führen kann, dass der Auftraggeber die nachteiligen Folgen allein tragen muss, wird bereits in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH vom 10.04.1975 (- VII ZR 184/74, NJW 1975, 1217) ausdrücklich ausgeführt. Bestätigt wird diese höchstrichterliche Ansicht auch dadurch, dass der BGH mit Beschluss vom 23.09.2004 (- VII ZR 301/03) eine gegen das Urteil des OLG Celle vom 25.09.2003 (- 5 U 14/03 = BauR 2004, 1992) gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde ohne Begründung zurückgewiesen hat, obwohl dort ebenfalls darauf abgestellt wurde, dass bei einem nicht beachteten Bedenkenhinweis die Haftung des Bauunternehmers vollständig zurücktreten kann.

Im Streitfall ist der vollständige Wegfall der Mängelhaftung insbesondere auch deshalb berechtigt, weil die Klägerin aufgrund ihrer vorstehend unter Ziffer 2. bereits erwähnten Sach- und Fachkunde die ebenfalls dort bereits erwähnten naheliegenden Folgen der Bedenkenhinweis-Missachtung kannte und dennoch deren Verwirklichung durch Anordnung der nicht den Bauvorschriften entsprechenden Fertigstellung der Treppenstufen herbeiführte.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.

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