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Werkvertrag – Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung

LG Bonn – Az.: 20 O 339/16 – Urteil vom 30.11.2017

I.

Der Beklagte wird verurteilt,

1.

an die Klägerin 13.295,87 EUR brutto als Kostenvorschuss nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.10.2016 zu zahlen,

2.

an die Klägerin 1.677,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.10.2016 zu zahlen,

2.

die Klägerin von außergerichtlichen Kosten in Höhe von 1.029,35 EUR freizustellen,

II.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche über den Betrag von 13.295,87 EUR hinausgehenden mangelbedingten Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die bei der Beseitigung der mangelhaften Werkleistung des Beklagten hinsichtlich der Holzterrasse, Winkelsteinmauer, Stufenanlage und Fertigrasen an dem Grundstück der Klägerin, Xallee ##, ##### W entstehen.

III.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

V.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Gartenbauarbeiten am Grundstück der Klägerin, Xallee ##, ##### W, auf der Grundlage der Auftragsbestätigung des Beklagten vom 10.04.2015, in welcher dieser die Verpflichtung übernahm,  im Garten der Klägerin Erdarbeiten, das Erstellen von L-Steinmauern und einer Holzterrasse, sowie das Verlegen von Fertigrasen zu einem Preis von 10.220.93 EUR brutto durchzuführen.

Unter dem 11.08.2015 stellte der Beklagte eine erste Abschlagsrechnung in Höhe von 8.527,90 EUR, welche nicht von der Klägerin beglichen wurde. Mitte August 2015 schloss der Beklagte die Arbeiten ab. Unter dem 17.08.2015 stellte der Beklagte eine weitere Rechnung, die mit „2. Abschlagsrechnung“ überschrieben war, in der die erste Rechnung berücksichtigt wurde. Diese Rechnung beglich die Klägerin unstreitig vollständig mit Zahlung von 11.357,80 EUR.

Im April und Mai 2016 führte der Beklagte Nachbesserungsarbeiten durch.

Per E-Mail forderte die Klägerin den Beklagten am 27.05.2016 mit Fristsetzung zum 03.06.2016 und zum 13.06.2016 und erneut per E-Mail am 06.06.2016 zur Nachbesserung und Mängelbeseitigung auf.

Die Klägerin beauftragte den Sachverständigen B mit einem Privatgutachten (Ortstermin 20.06.2016). In seinem Gutachten vom 27.06.2016 stellte dieser zahlreiche Mängel fest. Ergänzend wird auf die Anlage K 6 Bezug genommen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.07.2016 leitete die Klägerin dem Beklagten dieses Gutachten zu und forderte ihn zur Mängelbeseitigung bis zum 15.07.2016 auf (Anlage K 7). Der Sachverständige B schätzte die Kosten der Mängelbeseitigung im Auftrag der Klägerin mit Schreiben vom 18.08.2016 auf 13.923,00 EUR brutto. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.08.2016 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung dieses Betrages als Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung mit Frist zum 12.09.2016 auf. Die Kosten des Privatgutachtens beliefen sich auf 1.677,00 EUR (Anlage K 10 und K 11).

Die Klägerin behauptet, bei der Bauausführung sei es zu zahlreichen Mängeln gekommen. Sie macht sich dafür die Ausführungen des Privatgutachtens des Sachverständigen B zu Eigen und behauptet, dass bei der Erstellung der Holzterrasse die „Fachregeln des Zimmerhandwerkes 02 – Balkone und Holzterrassen“ des Bund Deutscher Zimmermeister e.V. sowie die Produktstandards und Anwendungsempfehlungen „Terrassen und Balkonbeläge“ des Gesamtverband Deutscher Holzhandel e.V. zu beachten seien. Danach weise die Holzterrasse ein zu geringes Gefälle von nur 0,1 – 0,5 % statt  1 – 2 % auf, sodass Wasser auf der Terrasse stehen bleibe bzw. nur verzögert abfließe. Die Unterkonstruktion der Holzterrasse sei mangelhaft, da die Unterkonstruktionshölzer flach statt hochkant verlegt seien, teilweise unsachgemäß mit Bauschaum fixiert bzw. unterfüttert seien und die Dielenstöße jeweils nur auf einem einzigen statt zwei einzelnen Unterlagshölzern ausgeführt worden seien. Als Folge seien die Schraubenabstände zum jeweiligen Brettende mit ca. 15 mm deutlich zu gering. Der Abstand der Konstruktionshölzer variiere, abweichend von der Auftragsbestätigung, zwischen 27 – 60 cm statt zwischen 40 – 50 cm, was zu einem uneinheitlichen Schraubenbild auf der gesamten Terrasse führe. Die Abstände der Dielenstöße zueinander betrügen, statt mindestens 3 bis maximal 10 mm, nur 0,5 – 1,5 mm. Die Winkelsteinmauer sei entsprechend der Rechnungen, jedoch abweichend von der Auftragsbestätigung, mit L-Steinen mit den Maßen 40:40:80 cm gebaut worden. Die Hinterfüllung der Winkelsteinmauer bestehe nicht wie erforderlich aus frostsicherem Material, sondern aus stark lehmigem Boden. Auch befinde sich entgegen der Herstellervorschriften hinter den Bauteilen kein horizontal verlaufendes Gelände, sondern eine Böschung mit unterschiedlich geneigter Oberfläche. Die L-Steine würden am  – aus Gartensicht  – rechten Teil der Mauer nicht weit genug (mindestens 10 cm) in das Gelände einbinden. Am Fuß der L-Steine sei auf Grasnarbenhöhe ein nicht fachgerechter Betonkeil als Schubschwelle über die gesamte Mauerlänge eingebaut worden. Der L-Stein neben der Stufenanlage sei im Eckbereich etwa daumennagelgroß beschädigt. Der linke und der rechte Mauerteil liefen nicht parallel zueinander. Der linke Mauerteil sei zwar tief genug in das Gelände eingebunden, jedoch nicht lotrecht, sondern um 2 cm nach vorne gekippt. Die Auftrittshöhe der einzelnen auf dem Zwischendepot befindlichen Stufe betrage ca. 10 cm und weiche damit deutlich von den Höhen der anderen Stufen ab, die jeweils eine Höhe von ca. 15 cm hätten. Die linke Seitenwange des Treppenlaufes sei nicht fachgerecht verputzt worden. Auch die Arbeiten am Rasen seien nicht fachgerecht gemäß DIN 18917 „Landschaftsbauarbeiten – Rasen- und Saatarbeiten“ ausgeführt worden. Die Unebenheiten im Rasen würden, ebenso wie die gesamte Höhe des Rasens im Bezug zur Einfassung, das nach dieser Norm zulässige Höchstmaß überschreiten.

Zudem behauptet sie, eine Schlussrechnung sei von dem Beklagten bisher nicht gestellt worden. Bei der Rechnung vom 17.08.2015 habe es sich um eine zweite Abschlagsrechnung gehandelt. Sie ist der Ansicht, dass es nie zu einer Abnahme des Werkes gekommen sei.

Sie habe zwischen dem Abschluss der Arbeiten im August 2015 und Wiederaufnahme der Gespräche im März 2016 gegenüber dem Beklagten mehrfach Mängel gerügt. Da der Beklagte niemals reagiert habe, sei es notwendig gewesen über ihn Schuldnerauskünfte einzuholen. Dafür seien zwei Mal 4,50 EUR aufgewendet worden.

Die Klägerin beantragt,

1.)  den Beklagten zu verurteilen, an sie 13.923,00 EUR brutto als Kostenvorschuss nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.09.2016 zu zahlen,

2.)  den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.677,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 13.09.2016 sowie 9,00 EUR Auslagen zu zahlen,

3.)  festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche über den Betrag von 13.923,00 EUR hinausgehende Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang mit der Neuherstellung der Holzterrasse, dem Erstellen der Winkelsteinmauern, der Stufenlage und des Verlegens des Fertigrasens auf dem Grundstück der Klägerin, Xallee ##, ##### W entstehen,

4.)  den Beklagten zu verurteilen, sie von außergerichtlichen Kosten in Höhe von 1.029,35 EUR freizustellen.

Der Beklagte beantragt,  die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Parteien hätten im Nachhinein vereinbart, die mit „2. Abschlagsrechnung“ überschriebene Rechnung als Schlussrechnung anzusehen. Es sei vereinbart gewesen, dass nur für die Holzterrasse eine Bodenplatte hergestellt werde und die einzelne Stufe noch absacken dürfe. Auch sei das geringe Ausmaß des Gefälles der Holzterrasse zwischen den Parteien vereinbart worden. Die Nachbesserungsarbeiten im April und Mai 2016 habe er auf seine Initiative hin durchgeführt. Die Mängelbeseitigungsmaßnahmen seien unverhältnismäßig.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschluss vom 03.05.2017 durch schriftliches Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. F. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle vom 22.03.2017 und 09.11.2017 sowie das vorgenannte Sachverständigengutachten des Sachverständigen F vom 01.08.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

Das Landgericht Bonn ist gemäß §§ 29 ZPO, 23 GVG örtlich und sachlich zuständig. Auch der Feststellungsantrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ist zulässig. Es besteht ein Feststellungsinteresse der Klägerin, denn die Kosten der Mängelbeseitigung konnten bisher nur geschätzt werden und stehen ebenso nicht fest wie weitere Schäden im Rahmen der Mangelbeseitigung. Ein Feststellungsantrag ist auch neben einer bezifferten Kostenvorschussklage zulässig (vgl. dazu OLG Düsseldorf 13.01.2017 – I-22 U 134/16, 22 U 134/16).

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten unter Teilabweisung im Übrigen einen Anspruch auf Zahlung von 13.295,87 EUR brutto als Kostenvorschuss nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit (= 21.10.2016). Der Anspruch folgt aus §§ 637 Abs. 3, 634 Nr. 2, 631 BGB.

Die Parteien haben einen wirksamen Werkvertrag gemäß § 631 BGB geschlossen. Nachdem der Beklagte die Arbeiten bis August 2015 abgeschlossen hatte, nahm die Klägerin das Werk mit vorbehaltloser sofortiger Zahlung der „zweiten Abschlagsrechnung“ vom 17.08.2015 entgegen ihrer Ansicht konkludent ab. Eine konkludente Abnahme kommt immer dann in Betracht, wenn der Auftraggeber durch sein Verhalten für den Auftragnehmer zum Ausdruck bringt, dass er das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht ansieht. Das kann auch dann der Fall sein, wenn die Leistung Mängel hat oder noch nicht vollständig fertig gestellt ist. Hier konnte der Beklagte als Auftragnehmer durch die vorbehaltlose Zahlung des restlichen Werklohns das Verhalten der Klägerin in diesem Sinne als Billigung seiner erbrachten Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht verstehen und zwar unabhängig von der Frage, ob die Parteien diese Rechnung ausdrücklich als Schlussrechnung deklarierten. Dafür spricht auch der lange zeitliche Abstand zwischen dem Abschluss der Arbeiten im August 2015 und der substantiierten Rüge von Mängeln im Frühjahr 2016. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, mehrfach zwischendrin Mängelrüge erhoben zu haben, ist dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert und wird durch den vorgelegten E-Mail Schriftwechsel nicht bestätigt. Darauf wurde auch bereits in der ersten mündlichen Verhandlung und in dem Beschluss vom 03.05.2017 ausdrücklich hingewiesen. Für eine konkludente Abnahme spricht auch die Mail vom 12.08.2015, in der zum Ausdruck kommt das mit dem Abschluss der Arbeiten Ende der Woche fest gerechnet wird und Abschlussrechnung sowie Endabnahme in Aussicht gestellt wird (Anlage K 14, Bl. 50 der Akten). Ebenso spricht die Mail vom 03.09.2015 (Anlage K 15), in der eine korrigierte Abschlussrechnung verlangt wird und lediglich noch ein Austausch der versenkbaren Beregnungsanlage gefordert wird, für eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten.

Die vom Beklagten vorgenommenen Arbeiten sind mangelhaft gemäß § 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Istbeschaffenheit des Werkes negativ von seiner Sollbeschaffenheit abweicht und damit mangelbehaftet ist. Das Gericht stützt diese Überzeugung auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen F, wobei dessen umfassenden Ausführungen überzeugen und keine Zweifel an dessen Fachkunde, Sorgfalt oder Neutralität aufkommen lassen. Aufgrund dessen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Gefälle der Terrassenkonstruktion und des Zwischendecks nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Die Neigung liegt mit einem Bereich zwischen 0,2 und 1,6 % insgesamt unterhalb der erforderlichen Neigung von 2 %, was zu Pfützenbildung und verlangsamtem Abtrocknen führt Ferner schwankt die Neigung innerhalb der Terrasse unregelmäßig. Der vereinbarte und technisch zulässige Tragholzabstand von 40-50 cm wurde nicht eingehalten, so dass ein erhöhtes Risiko späterer Schäden besteht. Die Brettstöße wurden entgegen der Vorgaben nicht auf zwei Unterlagshölzern ausgeführt, was zu einer verstärkten Wasseransammlung auf der Unterkonstruktion sowie zu einer minderwertigeren Art der Befestigung mit sichtbaren Verschraubungen und ungleichmäßigem Schraubenabständen, abweichend von Positionen 04.01 der Auftragsbestätigung, führt. Auch wurde der Bohlenbelag der Terrassendielen aus dem Werkstoff Hartholz nicht fachgerecht sondern entgegen den heranzuziehenden Regelwerken knirsch verarbeitet, was zu einem erhöhten Risiko von Folgeschäden durch Spannungsrisse führt. Der angrenzende Wandsockel wurde nicht sauber beigeputzt, was den Wassereintritt in die Wand mit weiteren Folgeschäden begünstigt. Betreffend die Winkelsteinwand ist wegen einer nicht fachgerechten Verschiebesicherungen die Standsicherheit nicht gewährleistet. Es liegt ein Schiefstand vor, der die fehlerhafte Gründung und Hinterfüllung belegt.  Es fehlen seitliche Höhenanschlüsse, wodurch Absturzgefahr besteht und es zu Erosion kommt. Die Stufenanlagen sind wegen unregelmäßiger und überhöhter Auftrittshöhen ebenfalls nicht verkehrssicher. Die Verwendung eines Putzes an dieser frei bewirteten Stelle war nicht geeignet. Die Rasenfläche wurde unzureichend vorbereitet; der verwendete Untergrund eignet sich nicht als Rasentragschicht. Es bestehen Unebenheiten auf der gesamten Fläche, Höhenanschlüsse wurden fehlerhaft hergestellt. Insgesamt ist die Rasenfläche daher nicht fachgerecht hergestellt.

Aufgrund dieser festgestellten erheblichen Mängel ist es erforderlich – auch hier folgt das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigengutachtens – die in der Winkelsteinmauer verbauten L-Steine gegen geeignete Bauteile sowie die gesamte Treppenanlage auszutauschen. Die mangelhafte Rasenanlage ist vollständig zu erneuern. Ebenso ist die Holzterrasse und die Unterkonstruktion sowie die mittlere Nutzebene ordnungsgemäß neu herzustellen. Fehlende Stufen sind nachzuliefern.

Dass eine andere Beschaffenheit als die Übliche betreffend die Konstruktion der Terrasse, der Neigungswinkel, der Rasenfläche oder der Stufenanlage vereinbart wurde, ist von der Klägerin bestritten worden. Der Beklagte hat insoweit keinen Beweis angetreten. Insoweit ist sein im Übrigen auch sehr vager Vortrag dazu nicht bewiesen, sodass es auf eine Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht ankommt.

Die Klägerin hat dem Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 07.07.2016 eine Frist zur Nacherfüllung bis zum 15.07.2016 gesetzt, die erfolglos abgelaufen ist. Im Hinblick auf die vorherigen Schreiben mit Aufforderungen zur Mängelbeseitigung war diese Frist auch angemessen und die Aufforderung ausreichend konkret. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, da eine weitere Fristsetzung im Hinblick auf die bereits fehlgeschlagenen Nacherfüllungsbemühungen im Frühjahr 2016 gemäß § 637 Abs. 2 Satz 2 BGB entbehrlich war.

Der Anspruch ist auch nicht gemäß § 640 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin hat das Werk zwar – wie oben ausgeführt – mit vorbehaltloser Zahlung der „zweiten Abschlagsrechnung“ vom 17.08.2015 entgegen ihrer Ansicht konkludent abgenommen. Jedoch hat der Beklagte, der die Beweislast für die Kenntnis der Klägerin von Mängeln bei Abnahme des Werkes trägt, hierzu nichts vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Abnahme Kenntnis von konkreten Mängeln hatte.

Der Anspruch auf Kostenvorschuss zur Selbstvornahme besteht in Höhe von 13.295,87 EUR brutto. Dem liegt die überzeugende Schätzung des Sachverständigen F in Höhe von 13.706,42 EUR brutto zu Grunde. Von dieser Kostenermittlung ist ein Betrag i.H.v. 410,55 EUR brutto abzuziehen, den sich die Klägerin als Sowiesokosten anrechnen lassen muss; dabei handelt es sich um drei laufende Metern zusätzlicher Stufen die nach der Berechnung des Sachverständigen in die Stufenkonstruktion einzufügen sind. Diese Kosten hätte die Klägerin allerdings auch bei ordnungsgemäßer Ausführung des Werkes durch den Beklagten tragen müssen.

Die Maßnahmen zur Mängelbeseitigung und der damit verbundene Kostenvorschuss sind auch entgegen der Ansicht des Beklagten nicht unverhältnismäßig gemäß § 635 Abs. 3 BGB. Es handelt sich um gravierende Mängel an der gesamten Werkleistung, die die Funktion erheblich beeinträchtigen und nicht nur um optische oder unwesentliche Fehler an dem Werk des Beklagten. Gemessen an dem ursprünglichen Auftragsumfang und der so genannten zweiten Abschlagsrechnung von 11.357,80 EUR halten sie sich in einem zumutbaren wirtschaftlichen Rahmen und stehen damit bei Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles in einem vernünftigen Verhältnis zum Erfolg (dazu Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, Rn 96 ff.).

Aus denselben dargelegten Gründen ist auch der Feststellungsantrag der Klägerin gemäß §§ 637 Abs. 1, 634 Nr. 2, 631 BGB begründet. Der Tenor konkretisiert diesen Anspruch lediglich geringfügig abweichend vom Klageantrag zur Klarstellung.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß §§ 634 Nr. 4, 636, 280 BGB als Schadensersatzanspruch neben der Leistung einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Privatgutachten des Sachverständigen B in Höhe von 1.677,90 EUR und auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.029,35 EUR.

Die Kosten vorgerichtlicher Privatgutachten können als Gewährleistungsanspruch insoweit neben dem Nacherfüllungsanspruch und ohne Fristsetzung bzw. aus Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflicht bestehen. Voraussetzung für einen materiell rechtlichen Anspruch auf Erstattung solcher Kosten ist, dass die Beauftragung des Privatgutachters unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nach Zeitpunkt, Inhalt und Umfang des Auftrags bei objektiver, verständiger Sicht erforderlich erscheinen durfte. Das war vorliegend der Fall. Im privaten Baurecht ist bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Privatgutachters zwar ergänzend zu berücksichtigen, dass sich der Auftraggeber zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen auf die Rüge von Mangelerscheinungen/-symptomen beschränken darf.  Hier bestand aber angesichts der vorangegangenen vergeblichen Mangelbeseitigungsversuche des Beklagten Anlass zur Einschaltung eines Sachverständigen. Vorliegend waren die Mängel nicht ohne weiteres zu erkennen und von dem Beklagten in Abrede gestellt worden, so dass der darauf gegründete Nacherfüllungsanspruch weiter wissenschaftlich untermauert werden musste. Auch als verständige und wirtschaftlich denkende Auftraggeberin durfte sich die Klägerin daher zur Einschaltung eines Privatgutachters herausgefordert sehen. Da der Beklagte auch mit der Mangelbeseitigung in Verzug war und seine Leistungstreuepflichten verletzt hatte, besteht auch eine materieller Schadensersatzanspruch auf Freistellung von Beratungskosten durch einen Anwalt. Die Einschaltung eines Rechtsbeistands war auch insoweit aus Sicht der Klägerin vernünftig und zweckmäßig.

Die Zinsentscheidungen folgen aus §§ 286, 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB. Die Vorschussforderung und die Kosten des Privatsachverständigen sind ab Rechtshängigkeit der Klage zu verzinsen. Verzug ist insoweit nicht durch das Anwaltsschreiben vom 30.08.2016 unter Fristsetzung zum 12.09.2016 eingetreten, denn dies war das erste Schreiben unter Bezifferung des Vorschussanspruchs mit einseitiger Leistungszeitbestimmung. Es hätte einer weiteren Mahnung bedurft, um den Beklagten in Verzug zu setzen, § 286 Abs. 1 BGB. Eine Mahnung war auch nicht gemäß § 286 Abs. 2 BGB entbehrlich. Daher ist die Klage teilweise abzuweisen, soweit Verzugszinsen vor Rechtshängigkeit geltend gemacht wurden. Ebenso unterliegt die Klage der Abweisung, soweit 9 EUR für zwei Schuldnerauskünfte geltend gemacht wurden. Insoweit fehlt es bereits an einem schlüssigen Klagevortrag wann und warum diese eingeholt wurden oder veranlasst waren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das geringfügige Teilunterliegen in der Hauptsache ohne Kostenfolge und mit einem Teil der Nebenforderungen führt nicht zu einer Kostenquote. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

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